Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2012, Az. VIII ZR 181/12

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 416

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[X.]UNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 181/12
Verkündet am:

12. Dezember 2012

Ermel,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

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-

Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren ge-mäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 3. Dezember 2012
durch den Vorsitzenden [X.], die Richterin Dr.
Milger, die
Richter Dr.
Achilles und Dr.
Schneider sowie die Richterin Dr.
Fetzer
für Recht erkannt:

Auf die Revision der [X.]eklagten wird das Urteil der 9. Zivilkammer des [X.] vom 8. Mai 2012
-
unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels
-
im Kostenpunkt und
insoweit aufgehoben, als die [X.]eklagte zur Zahlung von mehr als 399,60

nebst Zinsen und vorgerichtlichen
Kosten verurteilt worden ist. In-soweit wird die [X.]erufung der Klägerin gegen das Urteil des Amts-gerichts [X.] vom 1. Dezember 2011
zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 1/10
und die [X.]eklagte zu 9/10 zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die [X.]eklagte ist seit Oktober 2006 Mieterin einer preisgebundenen Woh-nung der Klägerin in [X.].

. Nach dem Mietvertrag war zusätzlich die jeweils zulässige Miete als vertragliche Miete vereinbart. Zunächst betrug die
Miete 446

.

Mit Schreiben vom 16. Oktober 2010 teilte die Klägerin der [X.]eklagten
mit,
dass die im Mietvertrag vorgesehene Abwälzung der Schönheitsreparatu-1
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ren unwirksam sei und sie
im Hinblick darauf nach § 28 Abs. 4 II.
[X.]V zu einer Mieterhöhung

,
berechtigt sei; diese Zahlungen wurden von der [X.]eklagten ab Dezember 2010 erbracht.

Mit Schreiben vom 19. November 2010 verlangte die Klägerin o-natlich erhöhte Kostenmiete außerdem rückwirkend ab 1. Dezember 2009.
Die [X.]eklagte ist der Auffassung, dass der Mietgebrauch
ihrer im [X.] gelegenen Wohnung durch ein an der Fassade des Gebäudes in der [X.] vom 20. September
2010 bis zum 19. Januar 2011
angebrachtes Gerüst sowie
durch die Abdeckung
des Daches in der [X.] vom 20. bis 26. September 2010 erheblich beeinträchtigt gewesen und die Miete deshalb
im jeweiligen [X.]raum
in Höhe von 10 % wegen des Gerüsts und in Höhe von 40 % wegen
der Dacharbeiten gemindert
sei.
Insoweit hat sie die Aufrechnung mit einem Anspruch auf Erstattung der
zunächst gezahlten Miete
erklärt.
Die Klägerin hat -
soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse -
Zahlung der Erhöhungsbeträge
für den [X.]raum Dezember 2009 bis November 2010,
begehrt.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen.
Das [X.] hat das erstin-stanzliche Urteil abgeändert und der Klage bis auf einen Teil
der Nebenforde-rung stattgegeben. Mit der vom [X.]erufungsgericht zugelassenen Revision [X.] die [X.]eklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter.

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Entscheidungsgründe:
Die Revision hat zum Teil Erfolg.
I.
Das [X.]erufungsgericht hat zur [X.]egründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Der Klägerin stehe die erhöhte Kostenmiete für den von ihr geltend ge-machten [X.]raum zu. Sie sei berechtigt, einen Zuschlag nach § 28 Abs. 4 II.
[X.]V zu verlangen, weil die im Mietvertrag vorgesehene Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter unwirksam sei und sie deshalb ohne den Zuschlag nicht die volle Kostenmiete erhalte. Die
[X.]eifügung einer Wirtschaft-lichkeitsberechnung sei entbehrlich, da diese der [X.]eklagten aufgrund eines [X.] bekannt
und
daher eine Zusatzberechnung nach § 10 Abs. 1 Satz 3 Wo[X.]indG ausreichend gewesen sei.
Eine [X.]erechnung und Erläuterung des [X.]etrages
sei nicht erforderlich gewesen, da es sich um eine vom Gesetz zugelassene pauschale Erhöhung gehandelt habe.
Die Mieterhöhung verstoße auch nicht gegen [X.] und Glauben. Dass die [X.]eklagte zu [X.]eginn des [X.] habe, könne eine [X.]widrigkeit schon deshalb nicht begründen, weil der von der Klägerin geforderte Zuschlag die Abnutzung der Wohnung während des laufenden Mietverhältnisses abgelten solle, also eine andere Zielrichtung habe.
Die Klägerin sei auch zur rückwirkenden Geltendmachung des Zuschlags berechtigt. Zwar greife § 4 Abs. 8 Satz
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NMV
nicht direkt ein, da die Klägerin den Zuschlag im Hinblick auf die unwirksame Abwälzung der [X.] schon bei [X.]eginn des Mietverhältnisses hätte fordern können und deshalb keine Änderung der laufenden Aufwendungen eingetreten sei. Es liege aber 5
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eine vergleichbare
Interessenlage
vor, wenn für die Vertragsparteien -
wie hier
-
erst nachträglich erkennbar werde,
dass der Vermieter die Schönheitsreparatu-ren zu tragen habe
und er die Kosten hierfür im Rahmen der Wirtschaftlich-keitsberechnung auf den Mieter umlegen könne; dies rechtfertige eine analoge Anwendung des § 4 Abs. 8 Satz 2 NMV.
Die von der [X.]eklagten erklärte Aufrechnung sei unwirksam, da ihr kein
Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Miete zustehe. Die [X.]eklagte habe keine erheblichen [X.]eeinträchtigungen dargelegt, die eine Minderung rechtfertigen könnten.
Aus der Aufstellung der [X.]eklagten ergebe sich, dass sie die [X.]eein-trächtigungen nur an zweieinhalb Tagen habe wahrnehmen können und sich die von den Arbeiten ausgehenden üblichen [X.]eeinträchtigungen im Rahmen des [X.] gehalten hätten. Das bloße Vorhandensein eines Gerüsts be-rechtige im Übrigen ohnehin nicht zur Minderung.

II.
Diese [X.]eurteilung hält rechtlicher Nachprüfung
nicht in allen Punkten stand.
Das [X.]erufungsgericht ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass die
Klägerin den Kostenzuschlag für den geltend gemachten [X.]raum auch rück-wirkend verlangen kann. Zu Unrecht hat das [X.]erufungsgericht aber eine Minde-rung der Miete in dem von der [X.]eklagten geltend gemachten [X.]raum verneint und deshalb die von der [X.]eklagten wegen überzahlter Miete erklärte Aufrech-nung als unwirksam angesehen.
1. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des [X.]s ([X.]surteil vom 24. März 2010 -
VIII ZR 177/09, [X.]GHZ 185,
114 Rn.
12 ff.)
geht das [X.]eru-fungsgericht davon aus, dass der Vermieter preisgebundenen Wohnraums ei-10
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nen Zuschlag nach § 28 Abs. 4 II. [X.]V für Schönheitsreparaturen verlangen kann, wenn sich herausstellt, dass die im Mietvertrag vorgesehene
Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter nicht wirksam ist
und der Vermieter deshalb angesichts seiner Verpflichtung zur Ausführung der [X.] einen geringeren [X.]etrag als die Kostenmiete erhält.
a) Entgegen der Auffassung der Revision war das auf Zahlung dieses
Zuschlags gerichtete [X.] der Klägerin nicht im Hinblick auf eine von der [X.]eklagten durchgeführte und noch nicht abgewohnte Anfangs-renovierung treuwidrig und deshalb unzulässig. Der Zuschlag nach § 28 Abs. 4 II. [X.]V dient dazu, die in unregelmäßigen Abständen -
je nach Fälligkeit der Schönheitsreparaturen -
anfallenden Kosten zeitanteilig auf die Mietzeit zu ver-teilen; hieran ändert sich durch eine vom Mieter durchgeführte Anfangsrenovie-rung nichts. Mit dem Zuschlag werden entgegen der Auffassung der Revision nicht die Kosten der Anfangsrenovierung abgegolten, sondern die seither ein-tretende Abnutzung, die eine spätere erneute Renovierung erforderlich machen wird und
deren anteilige Kosten durch den pauschal berechneten
Zuschlag ab-gedeckt werden
sollen. Entgegen der Auffassung der Revision
hat die Klägerin die [X.]eklagte auch nicht durch eine unwirksame Renovierungsklausel zur [X.] veranlasst, denn eine Verpflichtung zu einer
Anfangsrenovierung war der [X.]eklagten nicht auferlegt.
b) Zutreffend hat das [X.]erufungsgericht ferner angenommen, dass die Klägerin ihr [X.] ausreichend begründet hat. Da die Erhö-hung lediglich den (pauschalen) Zuschlag nach § 28 Abs. 4 II. [X.]V betraf, be-durfte es keiner Vorlage einer Wirtschaftlichkeitsberechnung über die im Übri-gen unveränderte Grundmiete. Dem [X.]erufungsgericht ist auch darin beizupflich-ten, dass die Klägerin den gesetzlich
zulässigen
pauschalen (Höchst-)[X.]etrag ansetzen durfte, ohne zu erläutern, warum sie nicht einen unterhalb dieser 13
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Grenze liegenden [X.]etrag gewählt hatte; anderenfalls
hätte die Klägerin entge-gen dem Zweck der Pauschalierung konkrete [X.]erechnungen anstellen müssen.
c) Dem [X.]erufungsgericht ist schließlich auch darin beizupflichten, dass die Klägerin den Zuschlag rückwirkend für den [X.]raum ab 1. Dezember 2009 verlangen kann (§ 4 Abs. 8 Satz 2 NMV). Ob bei dem Zuschlag, den der [X.]
für die nicht wirksam abgewälzten Schönheitsreparaturen verlangt, eine "Änderung von laufenden Aufwendungen"
gegenüber der ursprünglichen Wirt-schaftlichkeitsberechnung vorliegt,
hat der [X.] schon im Rahmen des § 8a Abs. 3 Wo[X.]indG, §
4 Abs. 1 Satz 1 NMV 1970 offen gelassen ([X.]surteil
vom 24. März 2010 -
VIII ZR 177/09,
aaO Rn.18). Diese
Frage bedarf auch im Rahmen des § 4 Abs. 8 Satz 2 NMV 1970 keiner Entscheidung, da auch hier zumindest eine analoge Anwendung geboten ist.
Denn nach dem Zweck der Kostenmiete ist der hier gegebene Fall, dass die Aufwendungen von vornherein (zunächst unerkannt) höher als die Kosten waren, ebenso zu behandeln wie eine nachträgliche Erhöhung
der
laufenden
Aufwendungen.
2.
Zu Recht beanstandet die Revision
jedoch, dass das [X.]erufungsgericht die [X.]eeinträchtigungen des Mietgebrauchs
durch das während eines [X.]raums von vier Monaten an der Fassade des Hauses angebrachte Gerüst und
die rund eine Woche andauernden Dacharbeiten als unerheblich angesehen und des-halb gemeint hat, der [X.]eklagten
stehe mangels
einer Minderung der Miete auch kein Rückforderungsanspruch wegen einer eingetretenen Überzahlung zu.
Das [X.]erufungsgericht überspannt die an die Darlegung eines Mangels zu stellenden Anforderungen, wenn es den detaillierten und durch Lichtbilder [X.] Vortrag der [X.]eklagten
über die [X.] für unsubstantiiert hält. Es liegt auf der Hand, dass die Nutzung einer Dachgeschosswohnung er-heblich eingeschränkt ist, wenn über einen [X.]raum von rund einer Woche sämtliche
Dachziegel entfernt und über eine
[X.]auschuttrutsche in einen Contai-15
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ner zum Abtransport befördert werden. Die von der [X.]eklagten
eingereichten Lichtbilder belegen
zudem, dass ihr [X.]alkon durch
herabgefallenen Schutt in Mitleidenschaft gezogen war und dass das unmittelbar vor den Fenstern ihrer
Wohnung aufgebaute Gerüst eine erhebliche
[X.]eeinträchtigung darstellte.
[X.] der Auffassung des [X.]erufungsgerichts
steht der Annahme einer Minde-rung auch nicht entgegen, dass die [X.]eklagte sich während der Dacharbeiten nicht durchgehend in ihrer Wohnung aufgehalten hat.

III.
Das [X.]erufungsurteil kann somit
bezüglich der Entscheidung zur
Aufrech-nung
keinen [X.]estand haben, es ist daher insoweit aufzuheben
(§ 562 Abs. 1 ZPO). Der [X.] entscheidet in der Sache selbst, da es keiner weiteren Fest-stellungen bedarf
(§ 563 Abs. 3 ZPO). Unter [X.]erücksichtigung einer geschulde-o-rauszahlungh-rend der vom 20. bis 26. September 2010 andauernden Dacharbeiten und der (geringeren,
aber nicht unerheblichen)
[X.]eeinträchtigungen durch das unmittel-bar vor den Fenstern der Wohnung
aufgebaute Gerüst bis zum 19. Januar 2011 hält der [X.] die von der [X.]eklagten angesetzte Minderungsquote, aus der sich ein [X.]etrag von rund

ergibt,
für angemessen, so dass nach der [X.] lediglich ein [X.]etrag von 399,60

e-züglich des
darüber hinausgehenden [X.]etrages ist deshalb die [X.]erufung der Kläge-

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rin gegen das klageabweisende erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen. Die wei-tergehende Revision ist bezüglich des [X.] zurückzuweisen.
[X.]all
Dr. Milger
Dr. Achilles

Dr. Schneider
Dr. Fetzer
Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 01.12.2011 -
45 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 08.05.2012 -
I-9 [X.] -

Meta

VIII ZR 181/12

12.12.2012

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2012, Az. VIII ZR 181/12 (REWIS RS 2012, 416)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 416

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VIII ZR 181/12

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