Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.07.2017, Az. 4 StR 536/16

4. Strafsenat | REWIS RS 2017, 7804

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Erfordernis einer gesonderten Mitteilung über Verständigungsgespräche in der Hauptverhandlung


Tenor

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 3. Mai 2016 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend bemerkt der [X.] zu der von beiden Angeklagten übereinstimmend erhobenen Verfahrensrüge unter [X.] 2. b der Revisionsbegründungen, soweit damit Verstöße gegen § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO und § 257c StPO ("unzulässige informelle Verständigung") beanstandet werden:

Bedenken gegen die Zulässigkeit der [X.] (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) ergeben sich schon aus der unvollständigen Wiedergabe des Vermerks des Vorsitzenden vom 29. Juli 2015. Vor allem aber haben die Beschwerdeführer - im Hinblick auf die gerügten Verstöße - nicht die von ihnen zurückgenommenen Beweisanträge vorgetragen; daher kann der [X.] die von den Revisionen - in Anlehnung an den Beschluss des [X.] vom 21. April 2016 (2 BvR 1422/15, [X.], 422) - behauptete synallagmatische Verknüpfung mit der Einstellung einer Vielzahl angeklagter Taten nach § 154 Abs. 2 StPO nicht abschließend prüfen.

Im Übrigen wären die [X.] auch unbegründet:

Soweit sich das [X.] in der Hauptverhandlung ereignet hat, bedurfte es keiner gesonderten Mitteilung nach § 243 Abs. 4 StPO (vgl. [X.], Beschluss vom 24. Januar 2017 - 5 [X.], [X.], 299).

Auch liegt die Sachverhaltskonstellation, zu der die Entscheidung des [X.] vom 21. April 2016 ergangen ist, hier - soweit dies nach dem [X.] beurteilt werden kann - nicht vor. Dort ergab sich die wechselseitige Verknüpfung "insbesondere aus dem Hinweis des Vorsitzenden auf die - seines Erachtens bestehende - Möglichkeit der Staatsanwaltschaft, ihre Zustimmung zu einer Verfahrensbeschränkung zurückzunehmen, wenn es nicht zu der erhofften Beschleunigung komme, und auf die Möglichkeit der Verteidigung, zurückgenommene Beweisanträge erneut zu stellen, wenn es umgekehrt nicht zu der erhofften Verfahrensbeschränkung komme" (aaO Rn. 22). Eine solche beabsichtigte gegenseitige Zweckbindung liegt hier nicht vor: Äußerungen des Vorsitzenden in Richtung auf eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 154 Abs. 4 und 5 StPO sind nicht gefallen. Die Verteidiger der Angeklagten stimmten der von der Staatsanwaltschaft beantragten - und mit ebenfalls nicht vorgelegter Zuschrift vom 12. Januar 2016 bereits angekündigten - Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO ausdrücklich zu. Nachdem angesprochen worden war, dass die Beweisanträge sich wohl damit erledigt haben dürften (so das [X.]), kündigten beide Verteidiger an, dass diese Anträge zu gegebener [X.] zurückgenommen werden; sie erklärten unmittelbar nach der Beschlussfassung durch das Gericht die Zurücknahme. Es ist nicht ersichtlich, worin hierbei ein Entgegenkommen der Verteidigung im Sinne eines "do ut des" liegen könnte. Der [X.] geht in Übereinstimmung mit dem [X.] davon aus, dass sich die gestellten und später wieder zurückgenommenen Beweisanträge gerade auf den ausgeschiedenen Verfahrensstoff bezogen haben (so auch die örtliche Staatsanwaltschaft in ihrer Gegenerklärung). Die zunächst gestellten Beweisanträge waren wegen des zwischenzeitlichen Verfahrensgeschehens quasi überholt und der rechtlichen Bedeutungslosigkeit anheimgefallen. Ein Zusammenhang mit weiterem Verfahrensgeschehen oder gar mit der abschließenden Sachentscheidung im Urteil stand nicht im Raum. Anders als in dem Beschluss des [X.] vom 10. September 2014 (5 [X.], [X.], 153), auf den sich die Revision ebenfalls bezieht, äußerte der Vorsitzende sich in diesem Zusammenhang auch nicht zu einer Straferwartung.

[X.]     

       

Roggenbuck     

       

Cierniak

       

Bender     

       

Paul     

       

Meta

4 StR 536/16

19.07.2017

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Halle (Saale), 3. Mai 2016, Az: 2 KLs 1/14

§ 243 Abs 4 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.07.2017, Az. 4 StR 536/16 (REWIS RS 2017, 7804)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 7804

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 StR 536/16 (Bundesgerichtshof)


2 BvR 1422/15 (Bundesverfassungsgericht)

Teilweise stattgebender Kammerbeschluss: Zu den Voraussetzungen einer unzulässigen informellen Verständigung im Strafverfahren - Einvernehmen der …


1 StR 564/17 (Bundesgerichtshof)

Hauptverhandlung in Strafsachen: Mitteilungspflicht bei der Nennung von Strafober- und -untergrenzen durch die Staatsanwaltschaft im …


1 StR 2/19 (Bundesgerichtshof)

Verständigungen im Strafverfahren: Vorliegen eines mitteilungspflichtigen Verständigungsgesprächs


3 StR 511/16 (Bundesgerichtshof)

Verständigung im Strafverfahren: Umfang der Mitteilungspflicht des Vorsitzenden


Referenzen
Wird zitiert von

1 StR 499/20

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.