Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.04.2015, Az. VII ZB 62/14

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 12970

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 62/14
vom

8. April 2015

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 520 Abs. 2 Satz 2, Satz 3
Beantragt der Prozessbevollmächtigte des Berufungsklägers, die Frist für die Berufungsbegründung "um einen Monat bis zum 22.09.2014 zu verlängern", obgleich die Monatsfrist nach § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO bis zum 29.
September 2014 läuft, und verlängert der Vorsitzende auf diesen Antrag hin die Frist für die Berufungsbegründung bis zum 22. September 2014, so ist diese Fristverlänge-rungsverfügung in aller Regel nach ihrem objektivem Inhalt dahin zu verstehen, dass damit die Frist für die Berufungsbegründung -
unter abschließender Ver-bescheidung des [X.]

lediglich bis zum 22.
September 2014 verlängert und ein etwa weitergehender Antrag stillschweigend abgelehnt worden ist (Fortführung von [X.], Beschluss vom 21.
Juni 1989

VIII
ZB 5/89, NJW-RR 1989, 1278).
[X.], Beschluss vom 8. April 2015 -
VII ZB 62/14 -
O[X.]

[X.]
-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat am
8.
April
2015
durch [X.]
Eick, die
Richter Dr.
Kartzke
und Prof.
Dr.
Jurgeleit
und die Richterinnen [X.] und Sacher
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der [X.] gegen den
Beschluss des 10.
Zivilsenats des [X.] vom 3.
November 2014 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
[X.]: 82.911,30

Gründe:
I.
Die Klägerin verlangt von der [X.] restliches Honorar für Ingenieur-leistungen nebst Zinsen sowie Ersatz vorprozessualer
Rechtsverfolgungskos-ten.
Das [X.] hat der Klage mit Urteil vom 23.
Juni 2014 ganz
über-wiegend stattgegeben. Dieses Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten der [X.] am 27.
Juni 2014 zugestellt worden.
Im [X.] an die Einlegung der Berufung im Namen der [X.] hat deren Prozessbevollmächtigter mit Schriftsatz vom 25.
August 2014 [X.], die Frist zur Begründung der Berufung "um einen Monat bis zum 22.09.2014 zu verlängern".
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3
-
3
-
Am
26.
August 2014
hat die stellvertretende Vorsitzende des [X.] verfügt:
"Auf begründeten Antrag des [X.]vertreters wird die Frist zur
Einreichung der Berufungsbegründung

bis zum 22.09.2014 verlängert."
Die auf den 22.
September 2014 datierte
und an das Berufungsgericht adressierte Berufungsbegründung ist vom Prozessbevollmächtigten der [X.] per Telefax am 22.
September 2014 um 23.53 Uhr versehentlich an das erstinstanzliche [X.] gefaxt worden. Da das Telefaxgerät des Landge-richts defekt war, ist das Telefax auf dem Server des [X.]s gespeichert und am Morgen des 23.
September 2014 beim [X.] ausgedruckt und an das Berufungsgericht weitergeleitet worden, bei dem es noch am selben
Tag eingegangen ist. Zudem hat der Prozessbevollmächtigte der [X.] die Be-rufungsbegründung nochmals am 23.
September 2014 direkt an das [X.] gefaxt (Eingang: 23.
September 2014, 8:07
Uhr).
Die [X.] hat die Auffassung vertreten, von einer Verspätung der Be-rufungsbegründung am 23.
September 2014 könne nicht ausgegangen werden; die Frist für die Berufungsbegründung
sei erst am 29.
September 2014 abge-laufen. Vorsorglich hat die [X.] Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für die Berufungsbegründung beantragt.
Mit Beschluss vom 3.
November 2014 hat das Berufungsgericht diesen Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung der [X.] als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat das Berufungsgericht im [X.] ausgeführt, die Frist für die Berufungsbegründung
sei nur bis zum 22.
September 2014 verlängert worden. Eine andere Auslegung komme auch unter Berücksichtigung des [X.] vom 25.
August 2014 nicht in Betracht. Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist für die Be-4
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7
-
4
-
rufungsbegründung
könne der [X.] nicht gewährt werden. Sowohl das Wählen der falschen Telefaxnummer als auch das rechtzeitige Unterlassen der Beantragung einer weiteren
Verlängerung der Frist für die Berufungsbegrün-dung stellten ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten der [X.] dar, das sich diese
nach §
85 Abs.
2 ZPO wie eigenes Verschulden zurechnen [X.] müsse.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Rechtsbeschwerde der [X.]. Der angefochtene Beschluss verletze die [X.] in ihrem verfassungs-rechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz und auf rechtliches Gehör. Das Berufungsgericht habe den [X.] der [X.] vom 25.
August
2014 unter Verkennung wesentlicher Ausle-gungsgrundsätze interessenwidrig dahingehend ausgelegt, dass mit ihm nur eine Fristverlängerung von weniger als einem Monat, nämlich bis zum 22.
September
2014,
begehrt werde. Entgegen der Auffassung des Berufungs-gerichts sei der [X.] vom 25.
August 2014 dahin auszule-gen, dass eine Fristverlängerung von einem vollen Monat bis zum 29.
September 2014 begehrt worden sei. Das Berufungsgericht habe den Inhalt des [X.] verkannt und übersehen, dass über einen Teil des Verlängerungsantrags (Zeitraum bis zum 29.
September
2014) noch gar nicht entschieden worden sei. Diese ausstehende Entscheidung über die Frist-verlängerung müsse nachgeholt werden, was auf den rechtzeitig gestellten [X.] auch nach Ablauf der Frist erfolgen könne.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§
522 Abs.
1 Satz
4 i.V.m. §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 ZPO). Sie ist jedoch nicht zulässig. Die
Voraussetzungen 8
9
-
5
-
des §
574 Abs.
2
ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen ([X.], Beschluss vom 5.
September 2012
VII
ZB 25/12, NJW 2012, 3516 Rn.
7
= ZfBR 2012, 765; Beschluss vom 14.
Januar 2010
I
ZB 97/08, juris Rn.
5 m.w.N.), sind nicht erfüllt. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist eine Entscheidung des [X.] nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Der angefochtene Beschluss verletzt nicht den Anspruch der [X.] auf wirkungsvollen Rechtsschutz und auf rechtliches Gehör.
1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass die [X.] die Berufung entgegen §
520 Abs.
2 ZPO nicht rechtzeitig begründet hat.
a) Es kann dahin stehen, ob die Auslegung des Berufungsgerichts, die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist sei von der [X.] nur bis zum 22.
September
2014 beantragt worden, richtig ist. Selbst wenn zugunsten der [X.] unterstellt wird, sie habe die Verlängerung der [X.] bis zum 29.
September
2014 beantragt, was der Verlängerung um einen Monat entspräche, verhilft dies der Rechtsbeschwerde nicht zum Erfolg. Denn mit der Verfügung der stellvertretenden Vorsitzenden des Berufungs-senats vom 26.
August 2014 ist
die Frist für die Berufungsbegründung lediglich bis zum 22.
September 2014 verlängert und ein etwa weitergehender
Fristver-längerungsantrag stillschweigend abgelehnt worden.
b)
Für den Umfang einer gerichtlichen Fristverlängerung ist der objektive Inhalt der Mitteilung maßgeblich, die an die die Fristverlängerung beantragende [X.] gerichtet ist (vgl. [X.], Beschluss vom 29.
Januar 2009
III
ZB 61/08, [X.] 2009, 643 Rn.
13 m.w.N.). Verlängert der Vorsitzende
die
Berufungs-begründungsfrist für eine kürzere Zeit als beantragt, liegt darin in aller Regel 10
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-
6
-
zugleich die (stillschweigende) Ablehnung des weitergehenden Antrags und nicht ein Vorbehalt, insoweit erst noch entscheiden zu wollen (vgl. [X.], [X.] vom 21.
Juni
1989
VIII
ZB
5/89, [X.] 1989, 1278, 1279;
Althammer
in [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
520 Rn.
16).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze
ist die Verfügung der stellver-tretenden Vorsitzenden vom 26.
August 2014 nach ihrem objektiven
Inhalt da-hin zu verstehen, dass damit die Frist für die Berufungsbegründung

unter ab-schließender Verbescheidung des [X.]

lediglich bis zum 22.
September 2014 verlängert und ein etwa
weitergehender
Antrag still-schweigend abgelehnt worden ist. Der der genannten Verfügung beigefügte Hinweis, dass mit einer weiteren Fristverlängerung nur bei rechtzeitiger Vorlage

oder anwaltlicher Versicherung
-
einer Einwilligungserklärung der Gegenseite gerechnet werden kann, ändert an dieser Auslegung nichts. Nach den [X.] hat der Prozessbevollmächtigte der [X.] die Verfügung vom 26.
August 2014 zunächst auch selbst im Sinne einer ab-schließenden Verbescheidung des [X.] verstanden.
2. Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß §
577 Abs.
6 Satz
3 ZPO abgesehen.

13
14
-
7
-
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.
Eick
Kartzke
Jurgeleit

[X.]

Sacher

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.06.2014 -
28 O 167/13 -

O[X.], Entscheidung vom 03.11.2014 -
10 [X.] -

15

Meta

VII ZB 62/14

08.04.2015

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.04.2015, Az. VII ZB 62/14 (REWIS RS 2015, 12970)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 12970

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII ZB 62/14

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