Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.03.2018, Az. 3 StR 552/17

3. Strafsenat | REWIS RS 2018, 12808

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:060318B3STR552.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3
StR 552/17

vom
6. März
2018
in der Strafsache
gegen

wegen
Betruges

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat
nach Anhörung des [X.] und des [X.] -
zu 2. auf dessen Antrag -
am
6.
März
2018
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO
einstimmig
beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 26.
Juni 2017 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a)
soweit er in den Fällen 1 und 2 der Urteilsgründe verurteilt worden ist,
b)
im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückver-wiesen.
2.
Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Betruges in zehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. [X.] wendet er sich mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
1
-
3
-
Soweit der Angeklagte in den Fällen
3 bis 10
der Urteilsgründe
verurteilt
worden ist, hat
die aufgrund der Sachrüge gebotene umfassende Nachprüfung des Urteils
keinen durchgreifenden Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben. In den Fällen
1 und
2 der Urteilsgründe hat die Verurteilung wegen Betruges hingegen keinen Bestand, was auch die Aufhebung der Gesamtstrafe bedingt. In diesen beiden Fällen wird der Schuldspruch von den Feststellungen nicht getragen.
1.
Fall
1:
a) Die Strafkammer hat festgestellt, dass der Angeklagte am 5.
Novem-ber 2015 unter Vortäuschung der Zahlungsfähigkeit und -willigkeit mit dem Zeugen L.

einen notariellen Vertrag über den Kauf eines mit einem Einfa-milienhaus bebauten Grundstücks für einen Kaufpreis von 185.000

der dem Marktwert entsprach. Zugunsten des Angeklagten wurde eine Auflas-sungsvormerkung eingetragen; der Verkäufer händigte dem Angeklagten sämt-liche Schlüssel für das Haus aus und erteilte sein Einverständnis mit dem vor-zeitigen Beginn von Umbauarbeiten an dem Objekt. Wie von vorneherein be-absichtigt, zahlte der Angeklagte den Kaufpreis nicht. Nachdem der Zeuge L.

die Löschung der Vormerkung hatte erreichen können, verkaufte er
das Grundstück zirka neun Monate später an einen Dritten für einen Kaufpreis von 167.000

der nicht abgeschlossenen Baumaßnahmen "Baustellencharakter" hatte.
b) Auf der Grundlage allein dieser Feststellungen ist ein Vermögens-schaden des Zeugen L.

im Sinne des §
263 Abs.
1 StGB nicht dargetan.
aa) Eine Vermögensschädigung ist nicht schon mit dem Abschluss des notariellen Vertrages eingetreten.
2
3
4
5
6
-
4
-
Im Fall eines erschlichenen Kaufvertrages kann zwar bereits der [X.] einen [X.] des Verkäufers begründen, wenn sei-ne Gegenforderung (Zahlung des Kaufpreises) aufgrund mangelnder Zahlungs-fähigkeit oder -willigkeit des Käufers der gegen ihn entstandenen Forderung (Übereignung und Übergabe der [X.]) nicht gleichwertig ist. Das gilt [X.] grundsätzlich nicht, wenn der Vertrag nur zur Zug-um-Zug-Leistung ver-pflichtet. Das Leistungsverweigerungsrecht sichert die in ihrer Bonität beein-trächtigte Gegenforderung (vgl. [X.], Urteil vom 26.
November 1964 -
1
StR 471/64, juris Rn.
6; Beschluss vom 12.
Juni 2001 -
4
StR 402/00, NStZ-RR 2001, 328, 329). Für Grundstücksgeschäfte bedeutet dies, dass in einem nota-riellen [X.] noch kein Eingehungsbetrug liegt, wenn
-
wie im Regelfall -
die Eintragung im Grundbuch von der vorherigen Kaufpreiszahlung abhängig ist (vgl. [X.], Beschlüsse vom 3.
Januar 1973 -
4
StR 544/72, bei [X.], [X.] 1973, 370; vom 4.
Dezember 1974 -
2
StR 95/74, bei [X.], [X.] 1975, 196; vom 27.
November 1991 -
2
StR 312/91, [X.]R StGB §
263 Abs.
1 Vermögensschaden
37). Eine Vorleistungspflicht des Verkäufers ist hier nicht festgestellt; in Anbetracht der gegebenen Umstände liegt sie im Übrigen auch fern.
bb) Entgegen der Auffassung des [X.] ist den [X.] nicht zu entnehmen, dass der Zeuge L.

durch die freiwillige Über-tragung des Besitzes an seinem Vermögen geschädigt wurde.
Bei Grundstücksgeschäften, bei denen der Verkäufer im Fall des Aus-bleibens der Kaufpreiszahlung
gegen den Verlust seines Eigentums abgesi-chert ist, kann ein Vermögensschaden zwar auch dadurch entstehen, dass [X.] dem Käufer bereits vor Erfüllung seiner Verbindlichkeiten der [X.] eingeräumt wird (vgl. [X.], Urteil vom 26.
November 1964 -
1
StR 471/64, juris Rn.
7; Beschlüsse vom 3.
Januar 1973 -
4
StR 544/72, bei [X.], [X.] 7
8
9
-
5
-
1973, 370; vom 4.
Dezember 1974 -
2
StR 95/74, bei [X.], [X.] 1975, 196). Ein solcher Schaden kann in der hiermit verbundenen Vereitelung einer [X.] Verwertung des Grundstücks und der dadurch entgangenen Nut-zungsmöglichkeit zu sehen sein. Der negative [X.] muss jedoch in Form eines ausgebliebenen Vermögenszuwachses konkret bestimmbar sein (vgl. [X.], Urteil vom 9.
März 1982 -
1
StR 872/81, [X.], 148; Beschluss vom 27.
November 1991 -
2
StR 312/91, [X.]R StGB §
263 Abs.
1 Vermö-gensschaden
37; insoweit überholt [X.], Beschluss vom 20.
Juli 1988 -
2
StR 348/88, NJW 1989, 918 [gegenüber dem -
zahlungsunfähigen -
Täter nicht er-hobene Entgeltforderung für die Gebrauchsüberlassung]). Die Urteilsgründe enthalten hierzu keine Feststellungen; selbst die Dauer des vom Angeklagten ausgeübten Besitzes wird nicht mitgeteilt. Die Auflassungsvormerkung ist dies-bezüglich ohne Bedeutung.
Ansonsten wirkt die vorübergehende Entziehung des Besitzes für sich gesehen vermögensschädigend nur dann, wenn die betroffene Sache einen wirtschaftlichen Wert hat und entweder -
teilweise -
abgenutzt oder verbraucht werden soll (vgl. [X.], Urteil vom 17.
Oktober 1961 -
1
StR 382/61, [X.]St 16, 280, 281) oder wenn die konkrete Besitzübertragung im Geschäftsverkehr ge-wöhnlich an ein Entgelt geknüpft ist (etwa Hotelzimmer) und ein solches nicht erbracht wird (vgl. [X.], Vermögensbegriff und Vermögensschaden im Straf-recht, 1968, S.
233
f.; ferner S/[X.], StGB, 29.
Aufl., §
263 Rn.
158; SSW-StGB/Satzger, 3.
Aufl., §
263 Rn.
152; [X.], StGB, 12.
Aufl., §
263 Rn.
191). Beide Varianten sind hier nicht gegeben. Weder unterliegt ein bebau-tes Grundstück bei einer Besitzüberlassung von maximal neun Monaten be-stimmungsgemäß der Abnutzung oder dem Verbrauch, noch war nach den Feststellungen für die vorzeitige Übergabe eine geldwerte Gegenleistung ver-einbart; dies ist bei einem Grundstückskauf auch nicht üblich.
10
-
6
-
cc) Anders als die Strafkammer angenommen hat, kann der [X.] ebenso wenig in der Differenz zwischen dem zunächst mit dem Ange-klagten vereinbarten und dem später von einem Dritten erzielten Kaufpreis ge-sehen werden, auch wenn sich darin der Wertverlust infolge der -
offensichtlich unsachgemäß ausgeführten -
Umbauarbeiten niederschlagen sollte.
Eine durch die Baumaßnahmen verursachte Vermögensminderung an dem Grundstück stellt einen -
zu dem vom Angeklagten erstrebten Vorteil nicht "stoffgleichen" -
Folgeschaden dar. Sie ist nicht das unmittelbare Ergebnis der Besitzüberlassung, sondern beruht auf gesonderten schädigenden Handlungen des Angeklagten. Ein solcher Folgeschaden kann lediglich im Rahmen der Strafzumessung "als verschuldete Auswirkung der Tat" (§
46 Abs.
2 StGB) von Bedeutung sein (vgl. [X.], Beschluss vom 20.
Juli 1988 -
2
StR 348/88, NJW 1989, 918).
2. Fall
2:
a) Nach den Feststellungen bestellte der Angeklagte im Dezember 2015, als er bei der Firma "[X.]

" beschäftigt war, unter Vortäuschung der [X.] und -willigkeit bei der Firma "D.

" Werbeaufschriften zu einem Gesamtpreis von 2.123

.

' [X.]". Ein Teil der Aufschriften wurde dem Angeklagten im Vertrauen auf die Zahlung
des Entgelts übergeben. Seiner vorgefassten Absicht entsprechend erfüllte jedoch weder er noch die Firma "[X.]

" die Zahlungsverpflich-tung.
11
12
13
14
-
7
-
b) Auf der Grundlage dieser Feststellungen lässt sich nicht abschließend beurteilen, ob der Firma "D.

" ein Vermögensschaden im Sinne des §
263 Abs.
1 StGB entstanden ist.
Ein tatbestandlicher Vermögensschaden tritt ein, wenn die Vermögens-verfügung des [X.] bei wirtschaftlicher Betrachtung unmittelbar zu [X.] nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des [X.] seines Vermögens führt (Prinzip der Gesamtsaldierung). Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach der Verfügung (vgl. [X.], Beschlüsse vom 14.
April 2011 -
2
StR 616/10, [X.], 638, 639; vom 10.
August 2017 -
1
StR 573/16, [X.], 515).
In dem zu beurteilenden Fall kommt in Betracht, dass die Firma "D.

" unmittelbar mit dem Vertragsschluss einen fälligen und durchsetzba-ren Zahlungsanspruch gegen die Firma "[X.]

" in der vereinbarten Höhe erlangt hat, sollte der Angeklagte für diese mit Vertretungsmacht gehandelt ha-ben. Grundlage der Vertretungsmacht könnte insbesondere eine dem Ange-klagten erteilte (Gattungs-)Vollmacht
ebenso wie eine Duldungs-
oder An-scheinsvollmacht gewesen sein. Zu dem Beschäftigungsverhältnis des Ange-klagten bei der Firma "[X.]

" verhalten sich die Urteilsgründe indes nicht. Es wird schon nicht mitgeteilt, in welcher Funktion er für sie tätig war.
Anders als in den Fällen des Verkaufs von Baumaterialien und Fenstern namens der Firma "[X.]

" (Fälle
5 bis 7
der Urteilsgründe) kann auch aufgrund des Gesamtzusammenhangs der Urteilsgründe nicht ausgeschlossen werden, dass ein werthaltiger Anspruch gegen die Arbeitgeberin des Angeklag-ten bestand. Hierfür besteht insbesondere deshalb ein Anhalt, weil sie ersicht-lich durch den
Vertrag begünstigt wurde. Die Werbeaufschriften lauteten auf die 15
16
17
18
-
8
-
Firma "[X.]

"; für den Angeklagten waren sie nicht ohne weiteres per-sönlich vorteilhaft.
[X.]Spaniol Berg

Hoch

Leplow

Meta

3 StR 552/17

06.03.2018

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.03.2018, Az. 3 StR 552/17 (REWIS RS 2018, 12808)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 12808

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