Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.05.2010, Az. 6 AZR 1015/08

6. Senat | REWIS RS 2010, 6477

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Gegenstand

Rufbereitschaftszulage für Arbeitsleistung während der Rufbereitschaft


Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 5. November 2008 - 2 [X.]/08 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zahlung einer [X.] für Arbeitsleistungen während der Rufbereitschaft.

2

Der Kläger ist im Rahmen seiner Tätigkeit für die Beklagte zur Ableistung von Rufbereitschaft verpflichtet. Auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis findet [X.] der [X.] für die Arbeitnehmer der [X.] ([X.]) vom 10. März 2005 Anwendung. Dieser enthält zur Rufbereitschaft folgende Regelung:

        

Abschnitt V

        

Arbeitszeitbezogene Zulagen/Zuschläge

        

...

        

§ 18   

                 

[X.]

        

(1)

Beginn und Ende der Rufbereitschaft sind nach betrieblichen Belangen festzusetzen.

        

(2)

Der Arbeitnehmer erhält für Rufbereitschaft eine [X.] in Höhe von 1,76 [X.] (ab 30. Juni 2007 in Höhe von 1,79 [X.]) je Stunde.

        

(3)

Neben der [X.] wird für die genehmigte Benutzung des privaten Pkw für Fahrten zwischen Wohnung und Einsatzstelle im Rahmen der Rufbereitschaft eine km-Pauschale in Höhe von 0,27 [X.] gezahlt.“

3

Die Rufbereitschaft wird im Einsatzbereich des [X.] in einem Jahresplan festgelegt. Die Parteien streiten über die Weitergewährung der Zulage nach § 18 Abs. 2 [X.] für Arbeitseinsätze des [X.] im Rahmen der Rufbereitschaft zwischen Dezember 2006 bis März 2007. Die Beklagte vergütete diese Arbeitseinsätze als Arbeitszeit mit der Vollarbeitsvergütung [X.] der jeweiligen Zuschläge. Die [X.] zahlte sie daneben nicht.

4

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Rufbereitschaft bestehe auch während einer tatsächlichen Inanspruchnahme der Arbeitsleistung fort.

5

Der Kläger hat zuletzt beantragt:

        

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger und Berufungskläger 135,51 Euro brutto und Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über den Basiszinssatz aus

        

36,95 Euro seit dem 25. Januar 2007,

        

35,20 Euro seit dem 25. Februar 2007,

        

12,32 Euro seit dem 25. März 2007 sowie aus

        

51,04 Euro seit dem 25. April 2007

        

zu zahlen.

6

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klagabweisungsantrages vorgetragen, die Rufbereitschaft ende, sobald die Arbeitsleistung abgerufen werde. Ein tatsächlicher Arbeitseinsatz schließe das Vorliegen von Rufbereitschaft während seiner Dauer aus.

7

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet. Die [X.] nach § 18 Abs. 2 [X.] ist für [X.]en, in denen der Arbeitnehmer während der angeordneten Rufbereitschaft Arbeitsleistungen erbringt, nicht zu zahlen.

9

1. Nach § 18 Abs. 2 [X.] erhält der Arbeitnehmer „für Rufbereitschaft“ die tariflich festgelegte Zulage. Rufbereitschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass der Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort so wählen muss, dass er auf Abruf die Arbeit innerhalb einer [X.]spanne aufnehmen kann, die den Einsatz nicht gefährdet(Senat 19. Dezember 1991 - 6 [X.] - [X.] § 67 Nr. 1 = EzA BGB § 611 Arbeitsbereitschaft Nr. 1). Für diese Leistung, die in der Beeinträchtigung seiner Freizeitgestaltung liegt, erhält der Arbeitnehmer die Zulage nach § 18 Abs. 2 [X.] (Senat 22. Januar 2004 - 6 [X.] - zu II 2 a der Gründe).

2. Wird der Arbeitnehmer während der Rufbereitschaft zur tatsächlichen Arbeitsleistung herangezogen, erbringt er in dieser [X.] eine andere Form der Leistung als die durch die [X.] abgegoltene. Für diese Arbeitsleistung erhält er die vertraglich oder tariflich für [X.] vorgesehene Vergütung, gegebenenfalls zuzüglich der einschlägigen Zulagen. Auch wenn er sich in dieser [X.] noch innerhalb der angeordneten Rufbereitschaft befindet(vgl. zur Dauer der [X.] - 6 [X.] - Rn. 18, [X.] § 8 Nr. 6 = [X.] 100 [X.]-AT § 8 Rufbereitschaftsentgelt Nr. 5 für den [X.]; 28. Juli 1994 - 6 [X.] - zu II 2 der Gründe, [X.] § 15 Nr. 33 = [X.] § 15 Rufbereitschaft Nr. 4 zu § 15 Abs. 6b Unterabs. 3 [X.]), bedarf es angesichts der gänzlich verschiedenen Leistungszwecke der Vergütung für Rufbereitschaft und [X.] einer ausdrücklichen Regelung, wenn eine [X.] neben dem für anfallende Arbeit während der Rufbereitschaft geschuldeten Entgelt gezahlt werden soll. Eine solche Anordnung enthält § 18 Abs. 2 [X.] im Unterschied zu § 15 Abs. 6b Unterabs. 3 [X.] nicht.

a) Anders als in § 15 Abs. 6b Unterabs. 3 [X.] haben die Tarifvertragsparteien nicht durch die Aufnahme eines Zusatzes in § 18 Abs. 2 [X.] ausdrücklich das Verhältnis der für angefallene Arbeit während der Rufbereitschaft zu zahlenden Vergütung zu der Vergütung für die gesamte [X.] der Rufbereitschaft klargestellt(vgl. hierzu Senat 9. Oktober 2003 - 6 [X.] - [X.] 108, 72, 74).

b) Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich eine derartige Anordnung auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung über die Rufbereitschaft im [X.] entnehmen.

aa) Aus § 18 Abs. 3 [X.], der die Entschädigung für den Einsatz des privaten PKW für die Fahrt zwischen Wohnung und Einsatzort regelt, lassen sich entgegen der Auffassung des [X.] keine Rückschlüsse darauf ziehen, dass Einsätze während der Rufbereitschaft nach Auffassung der Tarifvertragsparteien noch zur Rufbereitschaft zählten und darum die [X.] auch für diese [X.]en weiter zu zahlen sei. § 18 Abs. 3 [X.] regelt einen anderen Sachverhalt. Die Arbeitszeit beginnt gemäß § 11 Abs. 1 des Arbeitszeittarifvertrags für die Arbeitnehmer von Schienenverkehrs- und Schieneninfrastrukturunternehmen des [X.] (A[X.]-S) vom 10. März 2005, der gemäß § 1 iVm. der Anlage zum A[X.]-S auch für das Arbeitsverhältnis der Parteien gilt, erst am vorgeschriebenen Arbeitsplatz.

Aus § 18 Abs. 3 [X.] folgt vielmehr, dass die Tarifvertragsparteien dann, wenn zu der [X.] weitere Ansprüche hinzutreten sollten, ausdrückliche Regelungen für erforderlich angesehen und solche auch getroffen haben. Daran fehlt es für Arbeitseinsätze während der Rufbereitschaft.

bb) Daraus, dass die [X.] im Abschnitt V „Arbeitszeitbezogene Zulagen/Zuschläge“ geregelt ist, folgt ebenfalls nichts für die Auffassung des [X.]. Daraus lässt sich nicht folgern, dass die Tarifvertragsparteien die [X.] auch für [X.]en, in denen der Arbeitnehmer zu Arbeitseinsätzen herangezogen wird und [X.] leistet, weiter gewähren wollten, denn Rufbereitschaft ist keine Arbeitszeit([X.] 3. Oktober 2000 - C-303/98 - [[X.]] Rn. 50, Slg. 2000, [X.]; [X.]/[X.] [X.] 15. Aufl. § 7 Rn. 14; [X.] [X.] § 2 Rn. 31). Außerdem enthält Abschnitt V des [X.] auch Regelungen, die sich nicht unmittelbar auf die Arbeitszeit beziehen. So sieht § 13 Abs. 1 [X.] etwa eine Arbeitsbefreiung an Vorfesttagen vor. § 16 Abs. 3 [X.] regelt eine Schichtzulage, die unabhängig von der konkreten Lage der Arbeitszeit wegen der besonderen Belastungen durch die Schichtarbeit gewährt wird.

c) Schließlich ergibt sich eine Vergütungspflicht der Arbeitseinsätze innerhalb der Rufbereitschaft auch nicht aus dem Zweck der tariflichen [X.] in § 18 Abs. 2 [X.]. Wie ausgeführt dient diese dem Ausgleich des Eingriffs in die Freizeitgestaltung des Arbeitnehmers. Wird er zum Arbeitseinsatz herangezogen, endet seine Freizeit, so dass kein Ausgleich für das Bereithalten zur Arbeitsleistung mehr erforderlich ist. Der Arbeitgeber schuldet lediglich die Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung.

3. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Oye    

        

    B. Schipp    

                 

Meta

6 AZR 1015/08

20.05.2010

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Schwerin, 19. März 2008, Az: 2 Ca 1129/07, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.05.2010, Az. 6 AZR 1015/08 (REWIS RS 2010, 6477)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6477

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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