Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.04.2013, Az. I ZB 77/12

I. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 6505

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 77/12
vom

18. April 2013

in der Zwangsvollstreckungssache

-
2
-
Der [X.] Zivilsenat des [X.]gerichtshofs hat am 18. April 2013 durch [X.]
Dr.
Bornkamm und [X.], Prof. Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff und Dr.
Koch

beschlossen:

Die Sache wird zur Entscheidung über die weiteren Beschwerden der Gläubigerin und des Schuldners gegen den Beschluss der Zi-vilkammer
82 des [X.] vom 19.
März 2012 an das [X.] abgegeben.

Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 8.424,33

festgesetzt.

Gründe:

[X.] Der Schuldner wurde mit Urteil des [X.] vom 26.
August 2009 verurteilt, die von ihm angemietete Wohnung, bestehend aus zwei Zimmern, Nebengelassen und einem Kellerraum, zu räumen und an die Gläubigerin herauszugeben. Die Gläubigerin beauftragte den zuständigen [X.] mit der Vollstreckung des Räumungstitels. Dieser beraumte den Räumungstermin auf den 31.
Mai 2010 an. Am 26.
Mai 2010 erwirkte der Schuldner beim [X.]
Vollstreckungsgericht
die einstwei-1
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3
-
lige Einstellung der Räumung bis längstens 1.
Juni 2010.
Neuer Räumungster-min wurde daraufhin auf den 10.
Juni 2010 anberaumt, der auch durchgeführt wurde.

Der Gerichtsvollzieher berechnete
der Gläubigerin für die Durchführung der Zwangsräumung Kosten in Höhe von 11.323,42

beglichen wurden.

Auf Antrag der Gläubigerin setzte das [X.] die von dem Schuldner an die Gläubigerin zu erstattenden Kosten der Zwangsvollstre-ckung (gemäß der Kostenrechnung des Gerichtsvollziehers) auf 11.323,42

fest. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Schuldners hatte teil-weise Erfolg. Nachdem der Schuldner die Kosten des Gerichtsvollziehers in Höhe von 89,50

ten des
Schlüsseldienstes in Höhe von 71,40

hat das Beschwerdegericht wie folgt entschieden:

d-ner an die Gläubigerin zu erstattenden Kosten der Zwangsvollstreckung auf 11.192,32

s-zinssatz seit dem 13.
September 2010 festgesetzt, wovon ein Teilbetrag in [X.] von 7.603,23

h-te der Gläubigerin auf Einlegung von Rechtsmitteln gegen den Gerichtskosten-ansatz des
Obergerichtsvollziehers S.

zu
seiner [X.] 527/10 und
auf Rückzahlung etwaiger von der Gläubigerin an diesen Gerichtsvollzieher überzahlter Kosten der Zwangsvollstreckung an den Schuldner.

Wegen eines weiteren [X.] in Höhe von 3.589,09

n-sen erfolgt die Festsetzung ohne die vorgenannte Einschränkung Zug um Zug.

Der weitergehende [X.] der Gläubigerin vom 9.
Septem-ber 2010 wird zurückgewiesen.

Hiergegen richten sich die vom Beschwerdegericht zugelassenen [X.] der Gläubigerin und des Schuldners. Die Gläubigerin [X.] mit ihrem Rechtsmittel die Wiederherstellung des Kostenfestsetzungsbe-2
3
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4
-
schlusses der Rechtspflegerin. Der Schuldner will mit seiner Rechtsbeschwerde eine Aufhebung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des [X.] erreichen, soweit darin die von ihm an die Gläubigerin zu erstattenden Kosten der Zwangsvollstreckung aus dem Räumungsurteil des [X.] vom 26.
August 2009 auf einen über 2.899,09

Betrag festgesetzt worden sind.

I[X.] [X.] hat angenommen, gemäß §
103 Abs.
2 ZPO, der auch bei einer Kostenfestsetzung nach §
788 Abs.
2 ZPO zur Anwendung komme, müssten dem [X.] die Kostenberechnung und die zur Rechtfertigung der einzelnen Ansätze erforderlichen Belege beigefügt werden. Zur Berücksichtigung eines Ansatzes genüge es, dass der [X.] ihn glaubhaft gemacht habe. Diesen formellen Anforderungen genüge der Antrag der Gläubigerin. Das Kostenfestsetzungsverfahren nach den §§
103
ff. ZPO sei ein Massenverfahren. Daher reiche bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungsmaßnahme eine typisierende Betrachtung aus. Dies gelte auch im Zwangsvollstreckungsverfahren.

Der Schuldner werde durch die im Kostenfestsetzungsverfahren nicht gebotene Prüfung des Anfalls oder der Notwendigkeit der einzelnen Vollstre-ckungspositionen nicht rechtlos gestellt. Bei einer vom Gerichtsvollzieher durch-geführten Zwangsräumung seien sowohl der Gläubiger (§
13 Abs.
1 Nr.
1 GVKostG) als auch der Schuldner (§
788 Abs.
1 ZPO und §
13 Abs.
1 Nr.
2 GVKostG) Kostenschuldner. Demzufolge könnten beide gegen den Kostenan-satz des Gerichtsvollziehers Erinnerung einlegen und damit auch die Höhe der von dem Gerichtsvollzieher berechneten Auslagen überprüfen lassen (§
5 Abs.
2 [X.]. §
66 Abs.
2 bis 8 GKG).

5
6
-
5
-

Im vorliegenden Fall könne allerdings eine Erinnerungsbefugnis des Schuldners zweifelhaft sein, weil der Gerichtsvollzieher aufgrund der vollständi-gen Zahlung der Kosten durch die Gläubigerin von ihm keine Kosten mehr for-dern könne. Daher komme die Festsetzung der Zwangsvollstreckungskosten im Umfang der vom Schuldner erhobenen Einwände nur Zug um Zug gegen Abtre-tung des Rechts auf Einlegung von Rechtsbehelfen gegen den Kostenansatz des Gerichtsvollziehers sowie Abtretung des Anspruchs der Gläubigerin gegen den Gerichtsvollzieher auf Rückzahlung möglicherweise überzahlter Beträge in Betracht.

II[X.] Gegen die Beschwerdeentscheidung des [X.] über den [X.] des Gerichtsvollziehers ist nicht die Rechtsbeschwerde zum [X.]-gerichtshof, sondern allein die weitere Beschwerde zum [X.] statthaft. Die [X.] sind daher in weitere Beschwerden
umzu-deuten;
die Sache ist zur Entscheidung über die weiteren Beschwerden an das [X.] (hier: [X.]) abzugeben.

1. Gegen die Beschwerdeentscheidung des [X.] über den [X.] des Gerichtsvollziehers ist die Rechtsbeschwerde zum [X.]ge-richtshof nicht statthaft.

a) Für die Erinnerung und die Beschwerde gegen den Kostenansatz des Gerichtsvollziehers gelten nach §
5 Abs.
2 Satz
2 GVKostG die Regelungen in §
66 Abs.
2 bis 8 GKG entsprechend. Nach §
66 Abs.
3 Satz
3 GKG findet eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des [X.] nicht statt. Damit ist auch eine Rechtsbeschwerde an den [X.]gerichtshof ausgeschlossen ([X.], Beschluss vom 1.
Oktober 2002
IX
ZB
271/02, [X.], 70; [X.] vom 11.
September 2008
I
ZB
22/07, [X.] 2008, 187 Rn.
7).

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-
6
-
b) Dieser Ausschluss gilt auch hinsichtlich des Ansatzes von Gerichts-vollzieherkosten, wenn es sich dabei
wie im vorliegenden Fall

um Vollstre-ckungskosten handelt. Durch den Verweis in §
5 Abs.
2 Satz
1 GVKostG auf §
766 Abs.
2 ZPO wird allein die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Erinnerung geregelt. Der [X.] gegen Entscheidungen über die [X.] richtet sich dagegen nach den gemäß §
5 Abs.
2 Satz
2 GVKostG entsprechend anzuwendenden Regelungen in §
66 Abs.
2 bis 8 GKG ([X.], [X.] 2008, 187 Rn.
8; [X.], Beschluss vom 7.
Februar 2013
VII
ZB
58/12, juris Rn.
6).

aa) Die Vorschrift des §
5 Abs.
2 Satz
1 GVKostG regelt allein, welches Gericht für die Entscheidung über Erinnerungen gegen den Kostenansatz des Gerichtsvollziehers zuständig ist. Sie weist
die Entscheidung über Erinnerungen gegen den Ansatz von Kosten der Zwangsvollstreckung in Übereinstimmung mit §
766 Abs.
2 ZPO
aus Gründen des Sachzusammenhangs
dem nach §
764 Abs.
1 ZPO für die Anordnung von und für die Mitwirkung bei [X.] zuständigen Vollstreckungsgericht zu und belässt es im Üb-rigen
mit Rücksicht auf die Ortsnähe
bei der Zuständigkeit des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Gerichtsvollzieher seinen Amtssitz hat.

[X.]) Gemäß §
5 Abs.
2 Satz
2 GVKostG sind auf die Erinnerung und die Beschwerde §§
5a und 66 Abs.
2 bis 8 GKG entsprechend anzuwenden. [X.] die Entscheidung über die Erinnerung findet gemäß §
66 Abs.
2 Satz
1 GKG die (unbefristete) Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdege-genstands 200

ersteigt. Gegen eine Entscheidung über die Beschwerde nach einer Erinnerung gegen einen Kostenansatz ist nach §
66 Abs.
4 Satz
1 GKG (nur) die weitere Beschwerde zulässig, wenn das [X.] als Be-schwerdegericht entschieden und es die weitere Beschwerde
wegen der grund-sätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen hat. 11
12
13
-
7
-
Das beruht auf der Entscheidung des Gesetzgebers, die Rechtsbeschwerde zum [X.]gerichtshof zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung nur im [X.] zu ermöglichen, während er zur Klärung von [X.] die weitere Beschwerde eingeführt und die Rechtsbeschwerde ausdrücklich (§
66 Abs.
3 Satz
3 GKG) ausgeschlossen hat ([X.], [X.] 2008, 187 Rn.
14; [X.], Beschluss vom 7.
Februar 2013

VII
ZB
58/12, juris Rn.
7).

c)
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht ändert daran nichts. Die Bindungswirkung des §
574 Abs.
3 Satz
2 ZPO tritt nur hinsichtlich des Vorliegens eines [X.] nach §
574 Abs.
2 ZPO ein, eröffnet aber nicht ein gesetzlich nicht vorgesehenes Rechtsmittel ([X.], Beschluss vom 27.
Februar 2003
I
ZB
22/02, [X.]Z 154, 102, 103
f.; [X.], [X.] 2008, 187 Rn.
15; [X.], Beschluss vom 7.
Februar 2013
VII
ZB
58/12, juris Rn.
8).

2. Gegen die Entscheidung, die das Amtsgericht als Vollstreckungsge-richt über die Erinnerung gegen den Ansatz von Gerichtsvollzieherkosten der Zwangsvollstreckung getroffen hat (§
5 Abs.
2 Satz
1 [X.]. §
766 Abs.
2 ZPO), war demnach gemäß §
5 Abs.
2 Satz
2 GVKostG in Verbindung mit §
66 Abs.
2 GKG die (unbefristete) Beschwerde zum [X.] (§
72 GVG) statthaft. Gegen die Beschwerdeentscheidung des [X.] ist nach §
5 Abs.
2 Satz
2 GVKostG in Verbindung mit §
66 Abs.
4 GKG die weitere Be-schwerde zum [X.] (hier: zum [X.]) zulässig, da das [X.] sie in seinem Beschluss wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Fragen zugelassen hat.

3. Die [X.] sind mit Rücksicht darauf, dass gegen die Beschwerdeentscheidung des [X.] nicht die Rechtsbeschwerde zum 14
15
16
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8
-
[X.]gerichtshof, sondern nur die weitere Beschwerde zum [X.] statthaft ist, nicht als unzulässig zurückzuweisen, sondern in weitere [X.] umzudeuten. Bei [X.] ist eine Umdeutung unter der Voraussetzung zulässig, dass es sich um vergleichbare Prozesserklärungen handelt, die sich in ihrer Intention und rechtlichen Wirkung entsprechen. So verhält es sich hier. Die weitere Beschwerde zielt ebenso wie die Rechtsbe-schwerde auf die Änderung einer Beschwerdeentscheidung des [X.] durch ein übergeordnetes Gericht ab. Die weitere Beschwerde setzt
ebenso wie die Rechtsbeschwerde
voraus, dass das [X.] die Beschwerde we-gen grundsätzlicher
Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Fragen in dem Beschluss zugelassen hat. Die Sache ist danach zur Entscheidung über die weiteren Beschwerden an das [X.] abzugeben
(vgl. [X.], [X.] 2008, 187 Rn.
17; Beschluss vom 7.
Februar 2013

VII
ZB
58/12, juris Rn.
9).

-
9
-
4. Wegen der im Rechtsbeschwerdeverfahren angefallenen Gerichtskos-ten macht der Senat von der Möglichkeit des §
21 GKG Gebrauch.

Bornkamm
Pokrant
Schaffert

Kirchhoff
Koch
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 27.06.2011 -
30 M 8063/10 -

LG [X.], Entscheidung vom 19.03.2012 -
82 T 625/11 -

17

Meta

I ZB 77/12

18.04.2013

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.04.2013, Az. I ZB 77/12 (REWIS RS 2013, 6505)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6505

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