Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.10.2013, Az. XII ZR 125/12

12. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 2184

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Gegenstand

Zugewinnausgleich: Annahme einer unbilligen Härte bei ungewöhnlich langer Trennungszeit


Leitsatz

Allein eine ungewöhnlich lange Trennungszeit von Ehegatten rechtfertigt nicht die Annahme einer unbilligen Härte der Ausgleichpflicht im Rahmen des Zugewinnausgleichs. Vielmehr müssen weitere Gründe hinzutreten, aus denen sich ein Leistungsverweigerungsrecht ergibt (im Anschluss an Senatsurteil vom 6. Februar 2002, XII ZR 213/00, FamRZ 2002, 606).

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats - Familiensenat - des [X.] vom 17. Oktober 2012 aufgehoben, soweit das Teil-Versäumnisurteil des [X.] vom 27. Januar 2009 zu Ziff. 3 über den Betrag von 109.122,68 € nebst Zinsen hinaus aufrechterhalten worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von Zugewinnausgleich in Anspruch.

2

Die Parteien schlossen am 7. Juli 1972 die Ehe miteinander. Seit dem 1. Januar 1990 leben sie voneinander getrennt. Am 5. Juni 2007 ist dem Beklagten der Scheidungsantrag zugestellt worden. Mit [X.] und Endurteil ist die Ehe geschieden und der Versorgungsausgleich durchgeführt worden. In Ziff. 3 des Urteils ist durch Teil-Versäumnisurteil über den Zugewinnausgleich entschieden und der Klägerin antragsgemäß ein Zugewinn in Höhe von 596.938 € zuerkannt worden. Hiergegen hat der Beklagte Einspruch eingelegt, soweit er zu einem höheren Zugewinnausgleich als 109.122,68 € verurteilt worden ist.

3

Unstreitig hatte die Klägerin kein Anfangsvermögen, ihr Endvermögen zum 5. Juni 2007 beläuft sich - ebenfalls unstreitig - auf 47.274,45 €.

4

Auch der Beklagte hatte unstreitig kein Anfangsvermögen. Seinem Anfangsvermögen ist eine am 4. Juni 1996 angefallene Erbschaft nach seiner Mutter in Höhe von 240.000 DM (122.710,05 €) zuzurechnen. Auch das Endvermögen ist - mit Ausnahme von drei Grundstücken - in Höhe von 102.502,19 [X.] sowie in Höhe von 2.553,94 € Verbindlichkeiten unstreitig.

5

Die Parteien streiten über die Bewertung von drei Grundstücken am [X.] im Anfangs- und Endvermögen, die dem Beklagten am 14. Oktober 1982 von seiner Mutter geschenkt worden waren. Es handelt sich um ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück (Flurstück Nr.     ), das am 14. Oktober 1982 noch mit einem Nießbrauch zugunsten der Mutter belastet war. Am 29. Juni 1984 wurde der Nießbrauch im Grundbuch gelöscht. Ferner handelt es sich um zum See hin angrenzende Grundstücke (Flurstücke Nr.    und   ), die mit einem Bootshaus und einem Badehaus bebaut sind.

6

Das Amtsgericht hat das Teil-Versäumnisurteil insoweit aufrechterhalten, als der Beklagte verurteilt worden ist, an die Klägerin einen Zugewinnausgleich von 456.997,87 € nebst Zinsen zu zahlen. Im Übrigen ist das Teil-Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen worden. Auf die Berufung des Beklagten hat das [X.] das Teil-Versäumnisurteil nur insoweit aufrechterhalten, als der Beklagte zur Zahlung von 344.175,90 € nebst Zinsen verurteilt worden ist. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision des Beklagten, mit der er sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist begründet.

8

Auf das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 [X.] noch das bis zum 31. August 2009 geltende Prozessrecht anzuwenden, weil das Verfahren vor diesem [X.]punkt eingeleitet worden ist (vgl. [X.]sbeschluss vom 3. November 2010 - [X.] 197/10 - FamRZ 2011, 100 Rn. 10).

I.

9

Das [X.]erufungsgericht hat seine Entscheidung, die in [X.], 879 veröffentlicht ist, wie folgt begründet:

Der Klägerin stehe ein Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe von insgesamt 344.175,90 € gemäß § 1378 Abs. 1 [X.]G[X.] zu. Sie habe selbst einen Zugewinn in Höhe von 47.274,45 € erzielt. Der Zugewinn des [X.]n belaufe sich auf 735.626,25 €. Sein Endvermögen betrage 1.556.948,25 €. Unstreitig seien das außer den Grundstücken vorhandene Aktivvermögen mit 102.502,19 € sowie Verbindlichkeiten mit 2.553,94 €, so dass sich insoweit ein [X.]etrag von [X.] € errechne. Der Wert der drei Grundstücke am [X.] habe zum 5. Juni 2007 insgesamt 1.457.000 € betragen. Nach dem Gutachten des Sachverständigen Z. sei von folgenden Werten auszugehen:

Flurstück Nr. 1.082.000 €

Flurstück Nr.  239.500 €

Flurstück Nr.  135.500 €

Dem Gutachten des Sachverständigen M. werde nicht gefolgt, weil dieses erhebliche Mängel aufweise. Auch auf das Privatgutachten des Sachverständigen S. könne die Entscheidung nicht gestützt werden, da dieser die Grundstücke nur isoliert betrachtet und dabei nicht bedacht habe, dass es sich um eine zusammenhängende Einheit handle, die im Alleineigentum des [X.]n stehe. Der Sachverständige Z. habe dagegen zutreffend ausgeführt, dass es sich bei dem betreffenden Objekt um ein solches in unmittelbarer Seenähe bzw. direkt am See handle, das aufgrund seines Freizeitwertes und der Prestigewirkung relativ konjunkturunabhängig sei. Für derartige Objekte würden oftmals Liebhaberpreise erzielt. Der Sachverständige habe die Grundstücke deshalb zutreffend als Einheit betrachtet und nicht die vom Sachverständigen S. angesetzten Abschläge vorgenommen. Der Sachverständige Z. habe hinsichtlich des Grundstücks Flurstück [X.] wegen des direkten Seezugangs über die dazugehörigen Grundstücke (Flurstück [X.]   und [X.] ) gegenüber dem [X.]odenrichtwert einen Zuschlag von 15 % vorgenommen.

Das Anfangsvermögen des [X.]n in Form von Zurechnungen gemäß § 1374 Abs. 2 [X.]G[X.] belaufe sich auf 821.322 €. Neben der Erbschaft nach seiner Mutter seien die ihm von dieser übertragenen Grundstücke mit einem indexierten Wert von insgesamt 451.251 € anzusetzen. Der Wert des Nießbrauchs der Mutter an dem Grundstück Flurstück [X.]   sei für den [X.]punkt der Löschung am 29. Juni 1984 mit einem indexierten Wert von 225.682 € unstreitig. Der schenkweise überlassene Nießbrauch sei dem Anfangsvermögen hinzuzurechnen.

Auch bezüglich der [X.]ewertung der Grundstücke zum [X.]punkt der Übertragung auf den [X.]n sei der [X.]ewertung des Sachverständigen Z. zu folgen. Der Wert des [X.] betrage danach 821.322 €, so dass der [X.] einen Zugewinn in Höhe von 735.626,25 € erzielt habe. Danach errechne sich eine Ausgleichsforderung von 344.175,90 €.

Der [X.] könne die Erfüllung der Ausgleichsforderung nicht gemäß § 1381 [X.]G[X.] wegen grober Unbilligkeit verweigern, obwohl die Parteien seit 1990 getrennt gelebt hätten und die wesentliche Wertsteigerung der Grundstücke erst nach der Trennung eingetreten sei. Allein die lange Trennungszeit genüge nicht zur Annahme einer groben Unbilligkeit. Für den [X.]n habe auch nach dem im Jahr 1990 geltenden Recht die Möglichkeit bestanden, einen vorzeitigen Zugewinnausgleich gemäß §§ 1385, 1386 Nr. 1 [X.]G[X.] geltend zu machen. Der [X.] habe zwar einen Fall der unbilligen Härte angenommen, soweit Vermögen erst nach der Trennung erwirtschaftet worden sei und die innere [X.]eziehung dieses Vermögens zur ehelichen Lebensgemeinschaft fehle. Ein solcher Fall liege hier jedoch nicht vor. Wenn der [X.] bereits während der Ehe angeschafft oder erworben worden sei, fehle auch bei einer Wertsteigerung nach der Trennung der Eheleute nicht die innere [X.]eziehung dieses Vermögens zur ehelichen Lebensgemeinschaft. Das Vermögen sei noch in der [X.] des ehelichen Zusammenlebens auf den [X.]n übertragen worden. In der [X.] bis zur Trennung sei das Haus renoviert worden. Auch die Schenkung des Nießbrauchs sei noch vor der Trennung erfolgt. Zu berücksichtigen sei ferner, dass auch der [X.] selbst nichts dazu beigetragen habe, dass das Vermögen an Wert zugenommen habe. Die Mehrung des [X.] sei allein auf die Wertsteigerung der Grundstücke zurückzuführen. Abgesehen davon habe der [X.] bis zum [X.] die Vorteile der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung mit der [X.]n in Anspruch genommen, so dass er sich umgekehrt im Rahmen des Zugewinnausgleichsverfahrens an der Ehe festhalten lassen müsse. Daran ändere auch seine Selbstanzeige beim Finanzamt nichts.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Auf den vorliegenden Rechtsstreit, der vor dem 1. September 2009 anhängig geworden ist, finden nach Art. 229 § 20 Abs. 2 EG[X.]G[X.] die [X.]estimmungen des gesetzlichen Güterrechts in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des [X.] und Vormundschaftsrechts vom 6. Juli 2009 - mit Ausnahme des § 1374 [X.]G[X.] - Anwendung.

2. Die Revision greift das Urteil nur an, soweit das [X.]erufungsgericht sich hinsichtlich der [X.]ewertung der Grundstücke auf das Gutachten des Sachverständigen Z. gestützt hat und dem [X.]n kein Leistungsverweigerungsrecht nach § 1381 [X.]G[X.] zugebilligt hat.

a) Hinsichtlich der Grundstücksbewertung macht die Revision geltend, das [X.]erufungsgericht habe sich nicht ausreichend mit den Abweichungen in den Gutachten der Sachverständigen S. und Z. auseinandergesetzt. Der als Hauptargument angeführte Grund, der Sachverständige S. habe die Grundstücke isoliert betrachtet, während der Sachverständige Z. sie als zusammengehörende Einheit bewertet habe, trete in den Gutachten so nicht klar heraus. Auch der Sachverständige S. habe die besondere Lage der Grundstücke nahezu unmittelbar am [X.] mit einem Zuschlag von 25 % zum [X.]odenrichtwert berücksichtigt. Andererseits habe der Sachverständige Z. für seine [X.]ewertung die zusammenhängende Einheit ebenfalls in Teilflächen A, [X.] und [X.] aufgeteilt und sie nach ihrer unterschiedlichen Lage und Nutzbarkeit verschieden bewertet. Die [X.]eanstandung der [X.]eweiswürdigung ist teilweise begründet.

aa) Nach § 286 ZPO hat das Gericht unter [X.]erücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer [X.]eweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche [X.]ehauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Diese Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht nach § 559 ZPO gebunden. [X.] ist aber zu überprüfen, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den [X.]eweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt ([X.]GH Urteil vom 14. Januar 1993 - [X.] - FamRZ 1993, 668, 670 und [X.]surteil vom 11. Februar 1987 - [X.] - NJW 1987, 1557, 1558).

bb) Im vorliegenden Fall hat sich das [X.]erufungsgericht nicht umfassend und widerspruchsfrei mit dem Gutachten des Sachverständigen Z. auseinandergesetzt, soweit dieses die [X.]ewertung der Grundstücke zum 14. Oktober 1982 (Grundstücksübertragung durch die Mutter) betrifft. Das [X.]erufungsgericht hat zum Endstichtag (5. Juni 2007) ausgeführt, das Objekt liege in unmittelbarer Seenähe bzw. direkt am See, was sich werterhöhend auswirke. Diese Merkmale sind ersichtlich auch der [X.]ewertung hinsichtlich des [X.] zugrunde gelegt worden. Der Sachverständige Z. hat in seinem Gutachten indessen ausgeführt, zum 14. Oktober 1982 habe hinsichtlich des Flurstücks [X.]und der Flurstücke [X.]   und       keine Personalunion bestanden; somit habe der Eigentümer des Flurstücks [X.]  keinen direkten Seezugang über eigenen Grund. Dennoch weise das Grundstück grundsätzlich wegen seiner Seenähe sowie des sehr guten Seeblicks einen Lagevorteil auf.

Hinsichtlich der [X.]ewertung zum 5. Juni 2007 hat der Sachverständige dagegen angegeben, nunmehr habe bezüglich der Grundstücke Personalunion bestanden, so dass für den Eigentümer des Flurstücks [X.]  und der Flurstücke [X.]   und        die Möglichkeit des direkten Seezugangs auf breiter Front über eigenen Grund bestanden habe. Erfahrungsgemäß werde dieser Vorteil vom Markt mit deutlichen Preiszuschlägen gewürdigt, was auch die mitgeteilten Vergleichskaufpreise eindrucksvoll aufzeigten.

Nach den vom [X.]erufungsgericht getroffenen Feststellungen war der [X.] jedoch unstreitig bereits zum 14. Oktober 1982 Eigentümer aller vorgenannten Grundstücke, so dass sich der für das Endvermögen zugrunde gelegte Lagevorteil auch im Anfangsvermögen auswirken dürfte. Der Sachverständige S. hat insofern für den bebauten Teil des Flurstücks [X.] einen Wert von 250 € pro m² - unter [X.]erücksichtigung eines Zuschlags von 25 % zum [X.]odenrichtwert - für angemessen gehalten. Der Sachverständige Z. hat den betreffenden Teil dagegen nur mit 400 DM pro m² (rund 205 €) bewertet. [X.]ei dieser Sachlage ist jedenfalls nicht auszuschließen, dass der Sachverständige Z. zu einem höheren Wert des Grundstücks gelangt wäre, wenn er das unstreitige Parteivorbringen berücksichtigt hätte.

cc) Im Übrigen ist die [X.]eweiswürdigung des [X.]erufungsgerichts dagegen revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Es hat sich mit den verschiedenen Sachverständigengutachten auseinandergesetzt und dargelegt, aufgrund welcher Erwägungen es das Gutachten des Sachverständigen Z. für vorzugswürdig hält. Die vorgenommene Würdigung ist insofern vollständig und rechtlich möglich; sie lässt auch keine Widersprüche erkennen. Solche zeigt auch die Revision nicht auf. Entgegen ihrer Auffassung wird aus der vom [X.]erufungsgericht gegebenen [X.]egründung auch ersichtlich, worin der maßgebliche Unterschied zwischen der dem Sachverständigen Z. attestierten [X.]etrachtung der Grundstücke als zusammenhängende Einheit und der [X.]ewertung durch den Sachverständigen S. gesehen worden ist. Der Sachverständige Z. hat das Flurstück [X.]   zwar auch fiktiv aufgeteilt, um eine [X.]ewertung je nach der konkreten Lage und Nutzbarkeit vornehmen zu können. Er hat es dabei aber nicht bewenden lassen, sondern - im Endvermögen - zusätzlich berücksichtigt, dass der dem Eigentümer dieses Flurstücks mögliche direkte Seezugang auf dem Markt mit deutlichen Preiszuschlägen gewürdigt wird. Der Sachverständige S. hat demgegenüber Zu- und Abschläge vorgenommen, die das [X.]erufungsgericht als nicht nachvollziehbar beurteilen durfte. So erscheint es wenig plausibel, wenn zum 14. Oktober 1982 für den bebauten Teil des Flurstücks [X.]  ein Zuschlag von 25 % gegenüber dem [X.]odenrichtwert vorgenommen, zum Endstichtag aber ein Abschlag von 10 % für angemessen erachtet wird. Die hierfür gegebene [X.]egründung, bei einem bebauten Grundstück bestehe nicht mehr die Planungs- und Gestaltungsfreiheit wie bei einem [X.]augrundstück, vermag die unterschiedliche [X.]ewertung jedenfalls nicht ohne weiteres zu rechtfertigen, denn das Grundstück war bereits 1982, wenn auch mit einem kleineren und einfacheren Haus bebaut.

Da das [X.]erufungsgericht das Gutachten des Sachverständigen Z. - von der oben genannten [X.]eanstandung abgesehen - für in sich schlüssig und zur Wertermittlung geeignet halten konnte, bestand entgegen der Auffassung der Revision auch kein Anlass, eine umfassende Erörterung der Sache mit beiden Gutachtern vorzunehmen. Dass der [X.] dies beantragt hätte, zeigt die Revision nicht auf.

b) Hinsichtlich des dem [X.]n nicht zugebilligten Leistungsverweigerungsrechts nach § 1381 [X.]G[X.] macht die Revision geltend, das [X.]erufungsgericht habe die Würdigung aller maßgeblichen Umstände unterlassen; mit der gegebenen [X.]egründung werde eine grobe Unbilligkeit nicht ausgeräumt. Damit hat die Revision keinen Erfolg.

aa) Ob und ggf. in welchem Umfang der Ausgleich des Zugewinns grob unbillig im Sinne von § 1381 [X.]G[X.] erscheint, unterliegt grundsätzlich der tatrichterlichen [X.]eurteilung, die im Revisionsverfahren nur darauf hin zu überprüfen ist, ob alle wesentlichen Umstände berücksichtigt wurden und das Ermessen in einer dem Gesetzeszweck entsprechenden Weise ausgeübt worden ist (vgl. für § 1587 c [X.]G[X.] aF [X.]sbeschlüsse vom 29. März 2006 - [X.] 2/02 - FamRZ 2006, 769, 770; vom 25. Mai 2005 - [X.] 135/02 - FamRZ 2005, 1238; vom 5. September 2001 - [X.] 56/98 - FPR 2002, 86 und vom 12. November 1986 - IVb Z[X.] 67/85 - FamRZ 1987, 362, 364). Nach diesen Maßstäben ist eine Ausgleichspflicht nicht zu beanstanden.

bb) Der Zugewinnausgleich soll nach seinem Grundgedanken der Teilhabe an dem in der Ehe gemeinsam erwirtschafteten Vermögen dienen. § 1381 [X.]G[X.] ermöglicht eine Korrektur grob unbilliger und dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechender Ergebnisse, die sich in besonders gelagerten Fällen aus der schematischen Anwendung der Vorschriften zur [X.]erechnung des Ausgleichsanspruchs ergeben können. Ob und wann dies der Fall sein kann, hat der Gesetzgeber durch die [X.]eispiele in Absatz 2 der Vorschrift näher verdeutlicht ([X.]GHZ 46, 343, 346). Sie betreffen die Pflichten der Eheleute auf wirtschaftlichem Gebiet und setzen nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift insoweit schuldhaftes Verhalten voraus, was bei Absatz 1 der Vorschrift nicht stets und ausnahmslos der Fall ist ([X.]surteile vom 6. Februar 2002 - [X.]/00 - FamRZ 2002, 606, 608; vom 18. März 1992 - [X.] - FamRZ 1992, 787, 788 und vom 9. Juli 1980 - [X.] - FamRZ 1980, 877 f.).

Im Hinblick darauf hat der [X.] die Anwendbarkeit von § 1381 [X.]G[X.] in einem Fall erwogen, in dem die Ehegatten ungewöhnlich lange getrennt lebten und der [X.] sein Endvermögen erst nach der Trennung erwirtschaftet hatte, weshalb jede innere [X.]eziehung dieses Vermögens zu der ehelichen Lebensgemeinschaft fehlte ([X.]surteil vom 6. Februar 2002 - [X.]/00 - FamRZ 2002, 606, 608).

cc) Die vorgenannte Entscheidung hat das [X.]erufungsgericht berücksichtigt. Es hat allerdings die Auffassung vertreten, der vorliegende Fall sei anders gelagert, weshalb sich aus den betreffenden Gesichtspunkten hier keine unbillige Härte ergebe. Diese [X.]eurteilung hält sich im Rahmen des dem Tatrichter zustehenden Ermessens. Die Annahme, dass dem aus den Grundstücken bestehenden Teil des [X.] des [X.]n nicht jede innere [X.]eziehung zu der ehelichen Lebensgemeinschaft fehlt, ist bereits aufgrund des [X.]punkts des Erwerbs der Grundstücke gerechtfertigt, der etwa acht Jahre vor der Trennung lag. Das auf dem Flurstück [X.]   stehende Haus ist noch während des Zusammenlebens der Parteien erweitert und renoviert worden. Auch die Zuwendung des Nießbrauchs erfolgte mehrere Jahre vor der Trennung.

Darüber hinaus konnte das [X.]erufungsgericht dem Umstand [X.]edeutung beimessen, dass die Parteien keine vollständige wirtschaftliche Trennung herbeigeführt hatten. So sind sie steuerlich weiterhin gemeinsam veranlagt worden, außerdem hat der [X.] die Klägerin durch Zahlung von Trennungs- und nachehelichem Unterhalt an seinen wirtschaftlichen Verhältnissen teilhaben lassen. Dass dies berücksichtigt worden ist, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Revision demgegenüber geltend macht, die Ehe sei endgültig gescheitert gewesen, der [X.] habe eine feste [X.]eziehung zu einer anderen Partnerin aufgenommen, auch die Klägerin sei eine neue [X.]eziehung eingegangen, muss Letzteres schon deshalb außer [X.]etracht bleiben, weil das [X.]erufungsgericht hierzu keine von dem in [X.]ezug genommenen Urteil des Amtsgerichts abweichenden Feststellungen getroffen hat. Dort ist aber davon ausgegangen worden, dass die Klägerin nicht in einer neuen festen Lebensgemeinschaft lebte, ohne dass dies mit der [X.]erufung angegriffen worden war.

dd) Allein die Tatsache, dass die Parteien ungewöhnlich lange keine eheliche Lebensgemeinschaft mehr unterhalten haben, rechtfertigt nicht die Annahme einer unbilligen Härte der Ausgleichspflicht. Im Schrifttum wird zwar die Auffassung vertreten, in solchen Fällen fehle es an einer wesentlichen Voraussetzung für den Ausgleich des in der Trennungszeit erzielten Zugewinns ([X.]/[X.] [X.]G[X.] [2007] § 1381 Rn. 24; [X.] JZ 1960, 394, 396; RGRK/Finke [X.]G[X.] 12. Aufl. § 1381 Rn. 16; [X.] FamRZ 1997, 1, 6; [X.]eckOK [X.]G[X.]/[X.] [Stand: 1. August 2012] § 1381 Rn. 11; [X.] FPR 2005, 352, 355).

Dem vermag der [X.] jedoch nicht beizutreten. Nach der gesetzlichen Regelung des § 1384 [X.]G[X.] fällt die Trennungszeit bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags in den [X.]raum, für den ein Zugewinnausgleich stattfindet. [X.], die in der [X.] zwischen der Trennung und der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags eingetreten sind, sind deshalb in die Ausgleichsberechnung einzubeziehen. Die §§ 1385, 1386 [X.]G[X.] sehen allerdings einen vorzeitigen Zugewinnausgleich bzw. die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft nach mindestens dreijährigem Getrenntleben vor. Nach dem vor dem 1. September 2009 geltenden Zugewinnausgleichsrecht bestanden vergleichbare Möglichkeiten. Der [X.], der von einer Scheidung absehen möchte, ist dadurch in der Lage, einem Ausgleich seines anwachsenden Zugewinns zu begegnen. Wenn er hiervon keinen Gebrauch macht, ist der Ausgleich - ohne Hinzutreten weiterer Umstände - nicht grob unbillig (ebenso OLG [X.]elle FamRZ 1992, 1300, 1301 f.; Soergel/[X.] [X.]G[X.] 12. Aufl. § 1381 Rn. 18; MünchKomm[X.]G[X.]/[X.] 6. Aufl. § 1381 Rn. 23; [X.] [X.], 831, 832; [X.]/[X.] Handbuch des Scheidungsrechts 6. Aufl. [X.] Rn. 250; Haußleiter/[X.] Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung 5. Aufl. [X.]. 1 Rn. 549 ff.; Weinreich/[X.] Familienrecht 5. Aufl. § 1381 Rn. 20; [X.]/[X.]rudermüller [X.]G[X.] 72. Aufl. § 1381 Rn. 19; NK-[X.]G[X.]/[X.] 2. Aufl. § 1381 Rn. 24; [X.]/[X.]udzikiewicz [X.]G[X.] 13. Aufl. § 1381 Rn. 5; [X.]/[X.] Familiensachen 9. Aufl. § 1381 Rn. 17; [X.]raeuer Der Zugewinnausgleich Rn. 549). Dabei ist es grundsätzlich unerheblich, aus welchen Gründen der eine Ehegatte den höheren Zugewinn erzielt hat (so schon [X.]GHZ 46, 343, 349 f.).

3. Die angefochtene Entscheidung kann im Hinblick auf die beanstandete [X.]eweiswürdigung bezüglich des [X.] keinen [X.]estand haben. Der [X.] kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, da es hierzu weiterer tatrichterlicher Feststellungen bedarf. Das Urteil ist im Umfang der Anfechtung aufzuheben und die Sache an das [X.]erufungsgericht zurückzuverweisen.

Für das weitere Verfahren weist der [X.] darauf hin, dass im Anfangsvermögen des [X.]n nicht nur die Zuwendung der Grundstücke im Oktober 1982 sowie der Verzicht auf den Nießbrauch zu berücksichtigen sein dürften, sondern auch der fortlaufende Wertzuwachs der Grundstücke, den diese aufgrund des abnehmenden Wertes des Nießbrauchs zwischen dem Grundstückserwerb und dem Verzicht auf das dingliche Recht erfahren haben (vgl. [X.]surteil [X.]GHZ 170, 324 = FamRZ 2007, 978, 981 f.).

Im weiteren Verfahren werden die Parteien außerdem Gelegenheit haben, zu den Ausführungen des Sachverständigen Z. Stellung zu nehmen, die Flurstücke [X.]  und     hätten am 14. Oktober 1982 noch nicht im Eigentum des [X.]n gestanden.

[X.]                                Weber-Monecke                          Schilling

                       Nedden-[X.]oeger                                  [X.]

Meta

XII ZR 125/12

09.10.2013

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 17. Oktober 2012, Az: 12 UF 777/12, Urteil

§ 1381 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.10.2013, Az. XII ZR 125/12 (REWIS RS 2013, 2184)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2184

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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