Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.05.2015, Az. III ZR 263/14

III. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 10722

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
[X.]I ZR 263/14

Verkündet am:

21. Mai 2015

F r e i t a g

Justizamtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] § 14; [X.] §
2

Überlässt der Betreiber eines Seniorenheims interessierten Pflegegästen oder [X.] im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Wohn-
und [X.] als Anlage zu einem vorformulierten Vertragsentwurf eine "Beitrittserklä-rung", in der sich ein Dritter als Beitretender verpflichtet, selbständig und neben dem [X.] für dessen Verpflichtungen aus dem Vertrag aufzukommen, liegt hierin eine Zuwiderhandlung gegen § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 10 [X.], wenn der Beitritt des [X.] im Wohn-
und Betreu-ungsvertrag nicht vereinbart ist.

[X.], Urteil vom 21. Mai 2015 -
[X.]I ZR 263/14 -
OLG [X.]

[X.]

-

2

-

Der [X.]I.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. Mai
2015 durch den Vizepräsidenten [X.] und [X.], [X.],
Dr. Remmert
und Reiter

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] Ober-landesgerichts [X.] vom 23. Juli 2014 teilweise aufgehoben und neu gefasst:

Auf die Berufung der [X.] wird das Urteil der 2. Zivil-kammer des [X.] vom 30. Juli 2013 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Unter Abweisung der Klage im Übrigen wird die Beklagte ver-urteilt, unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000
Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der [X.], es zu unterlassen, einem [X.] oder [X.]
im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Vertrags zur Kurzzeit-
und Verhinderungspflege als Anlage zu einem vor-formulierten Vertragsentwurf eine "Beitrittserklärung"
mit fol-gendem Inhalt zu überlassen:

"Der Beitretende verpflichtet sich gegenüber dem Träger, selbständig und neben dem [X.] für die Verpflichtungen des [X.] (z.B. Zahlungen) aus dem oben genannten -

3

-

Vertrag sowie für alle weiteren Verpflichtungen des [X.] gegenüber dem Träger aufzukommen. Der Träger kann die Erfüllung seiner Ansprüche sowohl vom [X.] als auch vom [X.] verlangen."

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die weitergehende Revision des [X.] und die [X.]revision der [X.] werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits
tragen der Kläger 10
% und die Beklagte
90 %.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Der Kläger, ein Verbraucherverband, nimmt die Beklagte, eine Betreibe-rin von Seniorenheimen, im Zusammenhang mit dem Abschluss von Wohn-
und Betreuungsverträgen auf Unterlassung in Anspruch. Die Beklagte fügt diesen
-
auch nach Inkrafttreten des Wohn-
und [X.]gesetzes ([X.]) am 1. Oktober 2009 von ihr als "Heimvertrag Kurzzeit-
und Verhinderungspfle-ge"
bezeichneten
-
Verträgen als Anlage folgende
Beitrittserklärung bei:

"Der Beitretende verpflichtet sich gegenüber dem Träger, [X.] und neben dem [X.] für die Verpflichtungen des [X.] (z.B. Zahlungen) aus dem oben genannten [X.]
-

4

-

sowie für alle weiteren Verpflichtungen des [X.] gegen-über dem Träger aufzukommen. Der Träger kann die Erfüllung seiner Ansprüche sowohl vom [X.] als auch vom [X.] verlangen."

Eine vom Kläger bezüglich dieser Erklärung geforderte Unterlassungser-klärung
gab die Beklagte nicht ab.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Vorlage der [X.]n
Beitrittserklärung, verbunden mit der Aufforderung an den [X.], diese Erklärung von einer dritten Person unterzeichnen zu lassen, versto-ße gegen § 14 [X.]. Das routinemäßige Verlangen von Beitrittserklärungen versetze den pflegebedürftigen Menschen in die gesetzeswidrige Drucksituati-on, Dritte zu veranlassen, eine entsprechende Erklärung abzugeben. Der Klä-ger hat begehrt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, bei Abschluss eines [X.] zur Kurzzeit-
und Verhinderungspflege den Vertragspartner ([X.]) zu veranlassen, eine Erklärung wie die streitgegenständliche Bei-trittserklärung beizubringen,
und/oder bei Abschluss eines solchen Vertrags eine dritte Person, die selbst nicht Partner des Vertrags werden soll, zu veran-lassen, eine solche Erklärung abzugeben.

Die Beklagte hat einen Verstoß gegen § 14 [X.] verneint. Diese Norm schütze nur Bewerber um einen Heimplatz und nicht Dritte, die durch die [X.] einer solchen Erklärung Verpflichtungen eingingen. Zukünftige [X.] würden nicht veranlasst, die streitgegenständliche Erklärung beizubringen. Es bestehe bei ihr die Weisung, dass der Abschluss des [X.] unabhängig sei.

Das [X.] hat -
nach Vernehmung von Zeugen
-
die Beklagte zu der vom Kläger begehrten Unterlassung verurteilt. Auf die hiergegen gerichtete 2
3
4
5
-

5

-

Berufung der
[X.] hat das [X.] das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte unter Zurückweisung der Berufung und Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, es zu unterlassen, dem [X.] im Zusammenhang
mit dem Abschluss des [X.] als Anlage zu dem vorformulierten Vertragsentwurf die streitgegenständliche Beitrittserklärung zu überlassen.
Mit der vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren, soweit es abgewiesen worden ist, weiter. Die [X.] begehrt mit ihrer [X.]revision die vollständige Abweisung
der [X.].

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.] ist zulässig und teilweise begründet. Die [X.] der [X.] ist zulässig, jedoch unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch des [X.] nach § 2 Abs. 1, 2 Nr. 10 [X.] in dem von ihm erkannten Umfang bejaht, weil die in der Überlassung der Beitrittserklärung an einen interessierten [X.] oder seinen Betreuer bestehende Geschäftspraxis der [X.]
mit dem in §
14 des Wohn-
und [X.]gesetzes ([X.]) vom
29. Juli 2009 ([X.] I S. 2319) geregelten Verbraucherschutz nicht vereinbar sei. Zwar lasse sich § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht entnehmen, dass eine Sicherheit durch
-
wie vorliegend
-
Schuldbeitritt grundsätzlich nicht verlangt werden könne. Die von der [X.] gewünschte Beitrittserklärung sei jedoch von § 14 Abs.
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-

[X.] nicht gedeckt, weil sie der in § 14 Abs. 1 Satz 2 [X.] geregelten Be-grenzung der Sicherheiten
auf das Doppelte eines Monatsentgelts nicht ent-spreche und sie entgegen § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] im Vertrag nicht geregelt sei.

Die Beitrittserklärung sei vom [X.] beizubringen. Der Umstand, dass sie nicht Vertragsbedingung sei, ändere an einem Verlangen der Sicher-heitsleistung durch die Beklagte nichts. Schon das Überlassen des Vertrags-entwurfs nebst der Beitrittserklärung als einer von mehreren Anlagen wecke bei dem Verhandlungspartner den Eindruck, Vertragsentwurf und Anlagen seien ein einheitliches Ganzes und die Beitrittserklärung ebenso zu beschaffen wie die anderen Anlagen. Nach der von den Zeugen bekundeten Übung der [X.]n bestehe die hohe Wahrscheinlichkeit, dass bereits im [X.] daran der an dem Pflegeplatz Interessierte die Beitrittserklärung besorge. Der Hinweis an den
[X.] im Rahmen der späteren Besprechung bei [X.], das Beibringen der Beitrittserklärung sei freiwillig, habe hierauf keinen Einfluss mehr. Die Geschäftspraxis der [X.] begründe somit die Gefahr, dass der [X.] die Beitrittserklärung in dem Glauben besorge, es handele sich hierbei um einen für den Vertragsabschluss wesentlichen Umstand.

Da der Vertragsentwurf die Verpflichtung zur Beibringung einer Sicher-heitsleistung nicht vorsehe, bedeute die Praxis der [X.] eine mit §
14 Abs.
1 Satz 1 [X.] unvereinbare Umgehung.

Allerdings sei der Unterlassungsanspruch des [X.] auf die [X.] der [X.] gegenüber dem Verbraucher im Sinne des Wohn-
und [X.]gesetzes zu beschränken. Durch eine entsprechende Untersagung werde dem Schutz des Verbrauchers ausreichend Rechnung ge-8
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tragen. Es sei an ihm als Verhandlungspartner der [X.], den [X.] nebst Anlagen zu prüfen und zu klären, welcher Dritte als Beitretender in Betracht komme. Werde der [X.] untersagt, dies dadurch in die Wege zu leiten, dass sie dem interessierten [X.] den Vertragsentwurf einschließ-lich der Beitrittserklärung in der bisherigen Form überlasse, werde zugleich der Gefahr vorgebeugt, dass der [X.] eine solche Beitrittserklärung besorge. Für eine Untersagung der Geschäftspraxis der [X.] gegenüber dem [X.] bestehe dann kein verbraucherschützender Anlass mehr.

[X.].

Die Revision des [X.] ist teilweise
begründet. Das angefochtene Ur-teil hält der rechtlichen Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

1.
Zu Recht hat
das Berufungsgericht allerdings festgestellt, dass die vom Kläger beanstandete Geschäftspraxis der [X.] gegen § 14 Abs. 1 [X.] verstößt mit der Folge, dass die Beklagte vom Kläger nach § 2 Abs. 1 Satz
1, Abs.
2 Nr. 10 [X.] auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann. Die Annahme des [X.], in der von der [X.] vor [X.] geübten Geschäftspraxis liege das Verlangen von Sicherheiten im [X.] von § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.], ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

a) Der Begriff "verlangen"
in § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist nach dem [X.] unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Vorschrift auszulegen.

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-

Zweck des
§ 14 [X.] ist der Ausgleich zwischen dem Sicherungsbe-dürfnis des Unternehmers und dem Schutzbedürfnis des Verbrauchers (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der zivilrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes nach der Föderalismusreform,
BT-Drucks. 16/12409, S.
10
f; [X.]/[X.], [X.], 74. Aufl., § 14 [X.] Rn. 1). Der Verbraucher soll vor Nachteilen geschützt werden, die ihm aus der doppelten Abhängigkeit vom Unternehmer und der Komplexität der miteinander verbundenen Leistungen für
die Wahrung seiner Interessen drohen. Zugleich sollen die Nachteile, die sich für den Verbraucher daraus ergeben, dass er oft nicht über das notwendige Wissen und die erforderliche Erfahrung verfügt, um als gleichberechtigter Ver-handlungs-
und Vertragspartner gegenüber dem Unternehmer auftreten zu können, ausgeglichen werden (BT-Drucks. 16/12409, [X.], 11).

Der Begriff "verlangen"
in § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist vor dem Hinter-grund
dieser vom Gesetzgeber beabsichtigten Schutz-
und Ausgleichsfunktion des Wohn-
und [X.]gesetzes auszulegen. Die Komplexität der miteinander verbundenen vertraglichen Leistungen kann -
wie auch vorliegend
-
ihren Ausdruck in umfangreichen Texten des Wohn-
und [X.] und den zahlreichen ihm beigefügten Anlagen finden. Darüber hinaus versetzt der Wissens-
und Erfahrungsvorsprung des Unternehmers im Verhältnis zu dem an einem Pflegeplatz interessierten Verbraucher den Unternehmer in die Lage, durch die Gestaltung der [X.] und ihres Fortgangs im Vorfeld eines Vertragsschlusses gegenüber dem Interessenten auch ohne die ausdrückliche Forderung der Beibringung einer Sicherheit
einen hierauf bezo-genen hohen Erwartungsdruck aufzubauen, der aus der -
maßgeblichen
-
Sicht des Verbrauchers in seiner Wirkung einem ausdrücklichen Verlangen gleich-kommt. Die Schutz-
und Ausgleichsfunktion des § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] ge-bietet in solchen Fällen ein Verständnis des Begriffs "verlangen"
dahingehend, 14
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dass auch derartige Situationen eines -
wenn auch stillschweigend erzeugten
-
hohen [X.] von ihm erfasst werden.

Die in diesem Zusammenhang erfolgte, revisionsrechtlich nur einge-schränkt überprüfbare tatrichterliche Würdigung des [X.], schon das Überlassen des Vertragsentwurfs nebst
Anlagen erwecke in dem Verhand-lungspartner den Eindruck, der Vertragsentwurf und die Anlagen seien ein ein-heitliches
Ganzes und die in Anlage 3 beigefügte Beitrittserklärung ebenso zu beschaffen wie die Einzugsermächtigung (Anlage 2) und die Vollmacht (An-lage
4), begegnet keinen Bedenken. Gleiches gilt für die -
ebenfalls auf den
Empfängerhorizont abstellende
-
Wertung des [X.], die [X.] der [X.] begründe die Gefahr, dass der an einem Vertrags-abschluss interessierte [X.] die Beitrittserklärung als ein von der [X.] gewünschtes Sicherungsmittel in dem Glauben besorge, es handele sich hierbei um einen für den Vertragsabschluss wesentlichen Umstand. Unter Be-rücksichtigung der Schutz-
und Ausgleichsfunktion des § 14 Abs.
1 Satz 1 [X.] stellt eine solche Geschäftspraxis ein "Verlangen"
im Sinne dieser Vor-schrift dar.

Soweit die Beklagte in ihrer [X.]revisionsschrift
hiergegen unter Be-zugnahme auf die Aussage des Zeugen S.

anführt, das Interesse der [X.]n sei primär darauf gerichtet, ihre Häuser zu belegen, ändert diese -
dem Verbraucher nicht bekannte
-
interne Priorisierung der [X.] nichts an dem hohen Erwartungsdruck, der gegenüber dem Verbraucher durch ihre im [X.] zu ihm geübte Geschäftspraxis im Hinblick auf die Beibringung der Beitrittserklärung entsteht.

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-

Soweit die Beklagte des Weiteren unter Hinweis auf das Ergebnis der Be-weisaufnahme geltend macht, Angehörige, Betroffene und Betreuer würden vor Abschluss des Vertrags ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Verpflich-tung zur Unterzeichnung der Beitrittserklärung nicht bestehe, könnte eine sol-che Erklärung die Geschäftspraxis der [X.] nur dann in einem anderen Licht erscheinen lassen, wenn schon
mit der Überlassung der
Vertragsunterla-gen einschließlich der Beitrittserklärung ein solcher ausdrücklicher Hinweis er-teilt würde. Nach den -
von der [X.]revision nicht angegriffenen
-
Feststel-lungen des [X.] erfolgt der Hinweis jedoch nicht bei Überlassung der
Vertragsunterlagen, sondern im Rahmen der späteren Besprechung des [X.]. Ein erst zu diesem Zeitpunkt erteilter Hinweis vermag der bis dahin bereits verwirklichten Geschäftspraxis der [X.]
-
Aushändigung der Beitrittserklärung gemeinsam mit dem Vertragsentwurf und anderen vom Verbraucher beizubringenden Erklärungen
-
und dem durch sie hervorgerufenen Erwartungsdruck nicht mehr hinreichend entgegenzuwirken. Zahlreiche Verbraucher werden eine von einem [X.] unterzeichnete
Beitritts-erklärung bereits zum Vertragsabschluss mitbringen, um letzteren nicht zu ge-fährden. Der erst dann erfolgende Hinweis auf die fehlende Verpflichtung zur Beibringung der Beitrittserklärung vermag die von § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] geschützte Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers als gleichberechtigtem
Verhandlungspartner nicht mehr ausreichend herzustellen und wird,
wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat,
häufig keine Veranlassung geben, die bereits unterzeichnete Beitrittserklärung -
entgegen
der ursprünglichen Absicht des Verbrauchers
-
doch nicht zum Vertrag zu nehmen. Das in der Geschäfts-praxis der [X.] liegende "Verlangen"
einer Sicherheit im Sinne von §
14 Abs.
1 Satz 1 [X.] wirkt vielmehr trotz des Hinweises der [X.] auf die Freiwilligkeit der Beitrittserklärung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses fort.

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-

b) Ist somit davon auszugehen, dass die Beklagte von an dem Abschluss eines Wohn-
und [X.] interessierten Verbrauchern Sicherheiten im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] "verlangt", folgen die Unvereinbarkeit ihres Verhaltens mit § 14 Abs. 1 [X.] und der entsprechende Unterlassungs-anspruch des [X.] bereits daraus, dass die Erbringung der von ihr verlang-ten Sicherheiten entgegen § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht vertraglich [X.] ist. Ob darüber hinaus der in der Beitrittserklärung vorgesehene [X.] überhaupt eine -
bei Vereinbarung im Vertrag
-
ihrer Art nach gemäß §
14 [X.] zulässige Sicherheit darstellt, bedarf daher keiner Entscheidung
(für die Zulässigkeit auch nicht in § 14 [X.] genannter Sicherheiten: [X.]/
[X.], § 14 [X.] [Stand: 1. Oktober 2014] Rn. 9, 12; [X.]/[X.]
aaO §
14 [X.] Rn. 3; Bregger in jurisPK-[X.], 7. Aufl., § 14 [X.] Rn. 10; vgl. auch [X.], Urteil vom 3. November 2011 -
I-17 [X.], juris Rn.
14; einschränkend dagegen [X.], Urteil vom 31. Mai 2013 -
4
O 113/12, juris Rn.
38; Rasch, Wohn-
und [X.]gesetz, § 14
Rn. 11 f).
Gleiches gilt für die Frage, ob in Bezug auf die Höhe der verlangten Sicherheit ein Verstoß gegen § 14 Abs. 1 Satz 2 [X.] vorliegt.

Entgegen der Auffassung der [X.]
gilt
§ 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] auch nicht nur für vom Verbraucher "zu leistende"
Sicherheiten. Erforderlich ist nach der genannten Vorschrift allein, dass der Unternehmer "von dem [X.] Sicherheiten"
verlangt. Damit genügt grundsätzlich das Verlangen nach der Beibringung von Sicherheiten unabhängig davon, von wem diese "geleistet"
werden. Ob ausnahmsweise solche Sicherheiten von § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht erfasst werden, die den Verbraucher unter keinen denkbaren Umständen belasten (können), bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn der [X.] eines [X.] kann den Verbraucher zusätzlich belasten. Der
Kläger
weist insofern zutreffend darauf hin, dass die Inanspruchnahme des persönlichen 19
20
-

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-

Kredits bei einem [X.] die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des [X.]
einschränkt. Er kann die Bereitschaft des [X.] zum Schuldbeitritt -
ähnlich wie bei einer Bürgschaft
-
nicht mehr im bisherigen Umfang in Anspruch [X.], da der Dritte sich regelmäßig zum Schuldbeitritt nur innerhalb eines be-stimmten (Kredit-)Rahmens
bereitfinden wird (so
zur Bürgschaft als Sicherheit im Rahmen eines Mietverhältnisses [X.], Urteil vom 20. April 1989 -
IX
ZR 212/88,
[X.]Z 107, 210, 213; [X.], [X.], 429, 430; [X.], [X.], 857, 858). Dabei mögen Angehörige des [X.] zur Gewäh-rung eines größeren persönlichen Kredits gewillt
sein. Auch sie werden jedoch im Regelfall nicht zur Übernahme unbegrenzter und durch das Vermögen des [X.] nicht abgedeckter Verbindlichkeiten bereit sein.
Die von der [X.] in diesem Zusammenhang angestellte Überlegung, der Schuld-beitritt beruhe regelmäßig auf einer eigenen Leistungspflicht (Unterhaltspflicht) des [X.] mit der Folge einer vollen Leistungstragungspflicht im Innen-verhältnis,
ist spekulativ und ohne Grundlage im Sachvortrag der Parteien.

2.
Das Berufungsurteil ist jedoch insofern rechtsfehlerhaft, als das [X.] das Verbot der vom Kläger beanstandeten Geschäftspraxis der [X.] auf die Überlassung der Beitrittserklärung an den [X.] be-schränkt. Der Schutzzweck des § 14 Abs. 1 [X.] erfordert eine Erstreckung des Verbots auch auf solche Dritte, die für den [X.] oder in seinem Inte-resse handeln und denen von den Mitarbeitern der [X.] die [X.] Beitrittserklärung überlassen wird.

a) Das Berufungsgericht hat
auf der Grundlage des Ergebnisses der Be-weisaufnahme festgestellt, dass der Vertragsentwurf mit den Anlagen nach der Übung der [X.] nicht nur Interessenten für Heimplätze
persönlich, son-dern auch anderen Personen, zum Beispiel ihren Angehörigen oder Betreuern,
21
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-

13

-

überlassen wird. Nach den von ihm in Bezug genommenen Aussagen der [X.] Sa.

und S.

sind Verhandlungspartner der [X.] häufig Ange-hörige, Bevollmächtigte
und Betreuer. Nur selten erscheint ein Interessent ohne Begleitung.

Das Berufungsgericht erkennt zutreffend, dass durch die Überlassung der Beitrittserklärung sowohl an die Angehörigen als auch an die Interessenten die hohe Wahrscheinlichkeit begründet wird, dass bereits im [X.] daran der an dem Pflegeplatz Interessierte die Voraussetzungen für den Abschluss des Wohn-
und [X.] ("[X.]") herbeiführen will und die Bei-trittserklärung des [X.] besorgt. Nichts anderes gilt indes für Dritte, insbesondere Angehörige des Interessenten oder ihm sonst nahe stehende Personen, denen von der [X.] die Beitrittserklärung überlassen wird. Auch sie werden bemüht sein, die Voraussetzungen für den Vertragsschluss herbeizuführen und häufig entweder selbst die Beitrittserklärung abgeben oder einen weiteren [X.] hierzu zu bewegen versuchen. Für die Überlassung der Beitrittserklärung an sie
gilt ebenfalls die -
zutreffende
-
Erwägung des [X.]s, dass die Geschäftspraxis der [X.] die Gefahr begründet, dass der an einem Vertragsschluss Interessierte die Beitrittserklärung als ein von der [X.] gewünschtes Sicherungsmittel in dem Glauben besorgt, es handele sich hierbei um einen für den Vertragsschluss wesentlichen Umstand.

Das Berufungsgericht erkennt weiter zutreffend, dass es Aufgabe des Verhandlungspartners der [X.] ist, den -
ihm überlassenen
-
[X.] nebst Anlagen zu prüfen und bei einer Entscheidung für den Abschluss des Vertrags die in den Anlagen gewünschten Erklärungen abzugeben oder beizubringen. Es übersieht hierbei jedoch, dass unmittelbarer Verhandlungs-partner vielfach nicht der [X.] selbst ist
beziehungsweise (etwa bei De-23
24
-

14

-

menzerkrankungen) gar nicht sein kann, sondern ein für ihn oder in seinem In-teresse handelnder Dritter. Der Schutzzweck von § 14 [X.] erfordert es in solchen Fällen gleichermaßen, dass dem für den potenziellen [X.] han-delnden [X.]
die Beitrittserklärung
nicht entsprechend der
Geschäftspraxis der [X.] als Anlage zum Vertragsentwurf überlassen wird.

b) Die Einbeziehung der vorgenannten [X.] in das vom Berufungsge-richt ausgesprochene Verbot ist mit dem Wortlaut von §
14 Abs.
1 Satz
1 [X.]
vereinbar. Danach kann der Unternehmer von dem Verbraucher [X.] für die Erfüllung seiner Pflichten aus dem Vertrag verlangen, wenn dies im Vertrag vereinbart ist. Dies bedeutet nicht, dass das "Verlangen"
des [X.] stets gegenüber dem Verbraucher persönlich erfolgen muss. "Vom Verbraucher"
verlangt wird eine Sicherheit vielmehr auch dann, wenn das [X.] gegenüber einem für den Verbraucher
handelnden
[X.], [X.] gegenüber einem Vertreter oder Verhandlungsführer des [X.] wird. Auch ein solches Verlangen erfolgt innerhalb des zwischen dem Unternehmer und dem [X.] bestehenden vorvertraglichen Rechtsverhält-nisses und damit gegenüber dem [X.] als Verbraucher.

3.
Der Unterlassungsanspruch des [X.] nach § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] umfasst aus den vorstehenden Gründen auch die im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Vertrags zur Kurzzeit-
und Verhinderungspflege erfolgende Überlassung der Beitrittserklärung an
Dritte.

Soweit der Kläger dagegen mit dem Klageantrag zu 2 weitergehend
die Unterlassung begehrt, bei Abschluss eines "[X.]"
eine dritte Person zu veranlassen, die streitgegenständliche Beitrittserklärung abzugeben, ist die Klage -
wenn auch nur in geringfügigem Umfang
-
unbegründet. Insofern be-25
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-

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-

steht weder unter dem Gesichtspunkt des Schutzes unmittelbar des [X.]s noch unter dem Gesichtspunkt des Schutzes eines [X.] ein Interesse des Verbraucherschutzes auf Unterlassung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz
1
[X.]. Wird der [X.] untersagt, im Zusammenhang mit dem Vertrags-schluss die Beitrittserklärung sowohl dem interessierten [X.] als auch [X.] zu überlassen, wird zugleich wirksam und hinreichend der Gefahr [X.], dass ein Dritter -
sei es der für den [X.] handelnde Dritte, sei es eine weitere Person
-
die Beitrittserklärung abgibt. Der Senat folgt insofern dem zutreffenden Ansatz des [X.], das lediglich den Kreis derer, de-nen die Beitrittserklärung nicht überlassen werden darf, zu eng gezogen hat. Dass trotz des Verbots der Überlassung der Beitrittserklärung an den [X.] selbst und an Dritte unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes die Notwendigkeit besteht, das Verbot auf die Veranlassung Dritter zur Abgabe der Beitrittserklärung zu erstrecken, legt die Revision des [X.] nicht dar.

Aus den vorstehenden Gründen bedarf die von der Revision angespro-chene Frage, ob nicht nur der Verbraucher, sondern auch der für die Abgabe der Beitrittserklärung in Betracht kommende Dritte selbst in den Schutzbereich des § 14 [X.] einbezogen ist, keiner Entscheidung. Sollte dies zu bejahen sein, wäre ein hinreichender Schutz auch des [X.] durch das Verbot der Überlassung der Beitrittserklärung an den [X.] und
Dritte wirksam und hinreichend gewährleistet.

[X.]I.

Die [X.]revision der [X.] ist -
unabhängig von einer etwaigen Beschränkung der Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht (§ 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO)
-
zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Inso-28
29
-

16

-

fern wird auf die vorstehenden Ausführungen zur Zuwiderhandlung
der [X.] gegen § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] Bezug genommen (s.o. zu [X.] 1).

IV.

Das angefochtene Urteil des [X.] war auf die Revision des [X.] teilweise aufzuheben, wobei der Senat in der Sache selbst entscheiden konnte, da die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs.
3 ZPO).

[X.]

[X.]

[X.]

Remmert
Reiter
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 30.07.2013 -
2 O 252/12 -

OLG [X.], Entscheidung vom 23.07.2014 -
1 [X.] -

30

Meta

III ZR 263/14

21.05.2015

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.05.2015, Az. III ZR 263/14 (REWIS RS 2015, 10722)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 10722

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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