Bundespatentgericht, Beschluss vom 15.02.2021, Az. 28 W (pat) 66/19

28. Senat | REWIS RS 2021, 10387

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Mein Fahrradhändler" – fehlende Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2017 032 350.6

hat der 28. Senat ([X.]) des Bundespatentgerichts am
15. Februar 2021 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. [X.], des [X.] [X.] und des [X.] Hermann

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

2

[X.]

3

ist am 13. Dezember 2017 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] geführte Register für die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

4

Klasse 12: Fahrräder [auch elektrisch angetrieben]; Teile und Zubehör für die vorgenannten Waren;

5

Klasse 25: Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckung; Radfahrerbekleidung;

6

Klasse 35: Dienstleistungen eines Einzel-, Groß- und/oder Versandhandels, insbesondere über das [X.], für Fahrräder und deren Teile sowie für Elektrofahrräder und deren Teile, Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen, Radfahrerbekleidung; [X.] in einem Computernetzwerk; Öffentlichkeitsarbeit; Beratung bei der Organisation und Führung von Einzelhandelsunternehmen; Verkaufsförderung für Dritte; Zusammenstellung von Daten in [X.].

7

Das [X.], Markenstelle für Klasse 12, hat die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung vom 17. Januar 2018 mit zwei Beschlüssen vom 25. April 2018 und vom 5. Juni 2019, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, vollständig zurückgewiesen.

8

Zur Begründung hat die Erinnerungsprüferin ausgeführt, dem angemeldeten Zeichen fehle für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

9

Die angemeldete Bezeichnung setze sich zusammen aus dem Possessivpronomen „mein“ und dem gängigen [X.] Betriff „Fahrradhändler“ zur Bezeichnung einer Person, die Fahrräder und entsprechendes Zubehör sowie häufig auch hierauf gerichtete [X.] anbiete und erbringe bzw. verkaufe.

Die Wortbildung mit „mein“ sei [X.], wie die Erstprüferin bereits mit diversen Beispielen belegt habe.

Ohne eine Bindungswirkung unterstellen zu wollen, werde auf Zurückweisungen ähnlich gebildeter Marken durch das [X.] hingewiesen: 30 2016 225 767 und 768 (Mein-Ostseemakler/[X.]), 30 2018 202 882 (mein-regio-bauer), 30 2016 213 941 ([X.]), 30 2016 033 004 (Mein Unfallgutachter).

Die in Klasse 12 beanspruchten Fahrräder und das Zubehör würden mit dem angemeldeten Zeichen zwar nicht unmittelbar beschrieben, weil es kein den Waren selbst anhaftendes Merkmal sei, wo sie verkauft würden. Es bestehe aber – ähnlich wie bei der Angabe einer üblichen Verkaufsstätte für diese Waren – ein enger beschreibender Bezug dergestalt, dass der angesprochene Verkehr die angemeldete Bezeichnung als Nennung irgendeines Händlers von Fahrrädern verstehe. Das angemeldete Zeichen suggeriere weiter in [X.]er Weise („mein“), dass sich dieser Händler in irgendeiner Form, sei es durch z. B. günstige Preise, herausragenden Service und Zusatzdienstleistungen oder generell durch die Schaffung eines angenehmen Einkaufserlebnisses, besonders um eine emotionale Beziehung zum Kunden und damit enge Bindung bemühe. Ein herkunftshinweisendes Verständnis im Sinn einer Zuordnung zu einem ganz bestimmten Betrieb sei damit nicht verbunden. Gleiches gelte für die in Klasse 25 beanspruchten Bekleidungs- und Schuhwaren, die allesamt besonders für die Verwendung im Radsport geeignet sowie hierauf ausgerichtet sein könnten und daher häufig in Verkaufsstätten für Fahrräder ebenfalls mit angeboten würden.

Die Einzel-, Groß- und Versandhandelsdienstleistungen würden ihrer Art nach dahingehend beschrieben, dass es sich um entsprechende Dienstleistungen in Bezug auf Fahrräder handele und der Anbieter seine Kundenorientierung durch die [X.]e Voranstellung des [X.] besonders betone bzw. dies zumindest auslobe. Ein herkunftshinweisendes Verständnis vermöge auch hier angesichts des rein beschreibenden Begriffs „Fahrradhändler“ und der [X.]en Kombination mit einem Possessivpronomen nicht begründet zu werden.

Die weiteren Dienstleistungen der [X.], Öffentlichkeitsarbeit, Beratung bei der Organisation und Führung von Einzelhandelsunternehmen, Verkaufsförderung für Dritte und Zusammenstellung von Daten in [X.] könnten sich inhaltlich-thematisch auf den Handel mit Fahrrädern, Zubehörteilen und Accessoires beziehen. Zwar würden die [X.] der Klasse 35 generell eher nicht ihrem konkreten Inhalt nach beschrieben, sondern eher nach Medium und/oder Branche. Die angemeldete Bezeichnung sei jedoch derart oberbegriffsartig, mithin fast ein Synonym für die Zweiradbranche, dass hier das Schutzhindernis auch für die in der Klasse 35 beanspruchten Dienstleistungen greife.

Auch wenn die Anmelderin zu Recht darauf hingewiesen habe, dass Händler keine Fahrräder seien, verhelfe dies der angemeldeten Bezeichnung nicht zur Schutzfähigkeit. Das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft bestehe nicht nur, wenn das angemeldete Zeichen die beanspruchten Waren und Dienstleistungen unmittelbar beschreibe, sondern auch, wenn wie hier ein enger beschreibender Bezug bestehe. Der angesprochene Verkehr verbinde – wie ausgeführt – die angemeldete Bezeichnung wegen der [X.] und der Formulierung sowie des engen sachlichen Zusammenhangs nicht mit einem bestimmten Unternehmen, sondern nur mit dem Hinweis auf irgendeinen Fahrradhändler.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 4. Juli 2019, mit der sie sinngemäß beantragt,

die Beschlüsse des [X.]s, Markenstelle für Klasse 12, vom 25. April 2018 und 5. Juni 2019 aufzuheben.

Ihre Beschwerde hat die Anmelderin nachfolgend – wie bereits ihre Erinnerung
– nicht begründet. Vor Erlass des Erstprüferbeschlusses vom 25. April 2018 hat sie geltend gemacht, dass das Anmeldezeichen einen Eindruck vermittele, der über die Summe seiner einzelnen Bestandteile hinausgehe. Es sei nicht in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen. Das Possessivpronomen „mein“ lasse offen, ob sich das nachfolgende Substantiv „Fahrradhändler“ auf den Verbraucher oder die Anmelderin beziehe. Des Weiteren weist die Anmelderin zur Stützung ihrer Argumentation auf verschiedene aus ihrer Sicht vergleichbare Voreintragungen hin. Bei der Beurteilung der Kennzeichnungskraft sei zudem die branchentypische und [X.] konkrete Markenbenutzung zu berücksichtigen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet und daher zurückzuweisen.

1. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Anmelderin keinen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hat (§ 69 Nr. 1 [X.]) und eine solche auch nicht aus Gründen der Sachdienlichkeit geboten war (§ 69 Nr. 3 [X.]).

2. Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das [X.] dem Anmeldezeichen die Eintragung versagt, da einer solchen das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegensteht.

a) Unterscheidungskraft ist die dem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. [X.] [X.], 610, Rdnr. 42 – [X.]; [X.], 608, Rdnr. 66 f. – [X.]; [X.], 569, Rdnr. 10 – [X.]; [X.], 731, Rdnr. 11 – [X.]; [X.], 1143, Rdnr. 7 – [X.]; [X.], 1044, Rdnr. 9 – [X.]; [X.], 825, Rdnr. 13 – [X.]; [X.], 935, Rdnr. 8 – [X.]; [X.], 850, Rdnr. 18 – [X.]). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. [X.] [X.], 233, Rdnr. 45 – Standbeutel; [X.], 229, Rdnr. 27 – BioID; [X.], 608, Rdnr. 66 – [X.]; [X.] [X.], 710, Rdnr. 12 – [X.]; [X.], 949, Rdnr. 10 – My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.] [X.], 1143, Rdnr. 7 – [X.]; [X.], 1044, Rdnr. 9 – [X.]; [X.], 270, Rdnr. 8 – Link economy).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. [X.] [X.], 411, Rdnr. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.], 943, Rdnr. 24 – SAT.2; [X.] [X.], 935, Rdnr. 8 – [X.]; [X.], 825, Rdnr. 13 – [X.]; [X.], 850, Rdnr. 18 – [X.]).

Hiervon ausgehend besitzen Zeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im [X.]punkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. [X.] [X.], 1143, Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] [X.], 674, Rdnr. 86 – Postkantoor; [X.] [X.], 270, Rdnr. 11 – Link economy; [X.], 952, Rdnr. 10 – [X.]; [X.], 850, Rdnr. 19 – [X.]; [X.], 417 – [X.]; GRUR 2001, 1151 – marktfrisch; GRUR 2001, 1153 – antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. [X.] [X.], 850, Rdnr. 19 – [X.]; [X.], 1050 – [X.]; GRUR 2001, 1143 – [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.] [X.], 1100, Rdnr. 23 – [X.]!; [X.], 850, Rdnr. 28 – [X.]).

Ausgehend von vorgenannten Grundsätzen kommt dem Anmeldezeichen die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft nicht zu.

b) Das Anmeldezeichen setzt sich zusammen aus den beiden geläufigen [X.] Wörtern „Mein“ und „Fahrradhändler“. Das Wort „Fahrradhändler“ ist eine gängige [X.] Bezeichnung einer Person, die Fahrräder und entsprechendes Zubehör sowie häufig auch hierauf gerichtete [X.] entgeltlich anbietet. Dem Substantiv „Fahrradhändler“ ist das Possessivpronomen „Mein“ vorangestellt, wodurch ein sprachregelgerechter Gesamtbegriff gebildet wird.

Die angesprochenen Verkehrskreise, bei denen es sich um fahrradaffine Durchschnittsverbraucher und Fachkreise, insbesondere Fahrradhändler, handelt, werden das Anmeldezeichen in Verbindung mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen als [X.]en Hinweis verstehen, es handele sich um einen Fahrradhändler, der sich in irgendeiner Form, sei es durch z. B. günstige Preise, hochqualitative Produkte, herausragenden Service und Zusatzleistungen oder generell durch die Schaffung eines angenehmen Einkaufserlebnisses, besonders um eine gute, emotionale Beziehung zum Kunden und damit eine enge Bindung bemüht. Auch wird dem Verbraucher vermittelt, als Individuum im Mittelpunkt zu stehen, wodurch ihm eine Identifikation mit dem Produkt (Ware oder Dienstleistung) ermöglicht werden soll. Damit ist für den angesprochenen Verkehrsteilnehmer jedoch keine Aussage verbunden, dass es sich um einen bestimmten Fahrradhändler handelt, da die Bewertung insbesondere von Qualität oder einer guten Anbieter-Kunden-Beziehung subjektiv durch jeden Verbraucher einzeln getroffen wird. Somit handelt es sich bei dem Anmeldezeichen lediglich um eine den Kunden ansprechende Werbeaussage, die jedoch nicht den Anbieter, hier irgendeinen Fahrradhändler, soweit individualisiert, dass sie als Betriebskennzeichnung geeignet wäre.

Demnach weist die sprachregelgerechte Kombination der Begriffe „Mein“ und „Fahrradhändler“ keine schutzbegründende Eigenart auf, die dazu führen würde, dass der Bedeutungsgehalt des [X.] hinreichend weit von dem Eindruck einer bloßen Aneinanderreihung der Einzelbestandteile abweicht.

c) Zu allen beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen steht das Anmeldezeichen in einem engen beschreibenden Bezug.

(1) Die in Klasse 12 beanspruchten Waren „Fahrräder [auch elektrisch angetrieben]; Teile und Zubehör für die vorgenannten Waren“ werden üblicherweise von [X.] vertrieben. Diese Waren können von [X.] individuell auf die persönlichen Bedürfnisse und Wünsche der Verbraucher zugeschnitten werden. Die Bezeichnung „[X.]“ vermittelt dem Verbraucher dabei in [X.]er Weise, dass seine individuellen Bedürfnisse und Wünsche beim Kauf von Fahrrädern sowie dazugehörigen Teilen und Zubehör, beispielsweise einem besonderen Sattel, durch einen derartigen Anbieter in besonders zufriedenstellendem Maße erfüllt werden.

(2) Die in Klasse 25 beanspruchten Waren „Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckung; Radfahrerbekleidung“ werden ebenfalls üblicherweise von [X.] vertrieben und können – auf die individuellen Bedürfnisse und Wünsche eines Verbrauchers abgestimmt – von einem Fahrradhändler angeboten werden.

(3) Die verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen der Klasse 35 „Dienstleistungen eines Einzel-, Groß- und/oder Versandhandels, insbesondere über das [X.], für Fahrräder und deren Teile sowie für Elektrofahrräder und deren Teile, Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen, Radfahrerbekleidung“ betreffen formulierungsgemäß Leistungen des Vertriebs der vorgenannten Waren der Klassen 12 und 25. Beispielsweise werden hiervon „Dienstleistungen des Versandhandels für Fahrräder“ erfasst, also mit dem Versand von Fahrrädern zusammenhängende Dienstleistungen. Gerade angesichts des Aspekts, dass dem Versandhandel in der heutigen [X.] eine immer größere Bedeutung zukommt, können auch derartige Dienstleistungen dem Tätigkeitsbereich eines Fahrradhändlers zugerechnet werden. In Verbindung mit allen eben genannten Dienstleistungen werden die angesprochenen Verkehrskreise das Anmeldezeichen als Hinweis auf einen Fahrradhändler verstehen, der besonders vertrauenswürdig ist und ihnen zuverlässig ihre individuellen Waren zukommen lässt. Somit weist das Anmeldezeichen nur auf den Erbringer und den Gegenstand dieser Dienstleistungen hin.

Die Dienstleistungen „[X.] in einem Computernetzwerk; Öffentlichkeitsarbeit; Verkaufsförderung für Dritte“ können individuelle Bedürfnisse abdeckende Fahrradhändler unterstützen, um ihren Absatz anzukurbeln und ihre Umsätze zu steigern. So kann für diese im [X.] geworben, über diese positiv berichtet oder auf ihre Angebote in besonderer Weise aufmerksam gemacht werden. Gerade im Rahmen der eben genannten [X.] lassen sich die besonderen Qualitäten und Spezialgebiete des betreffenden Fahrradhändlers herausstellen, um dem Kunden die Auswahl „seines“, also seinen Vorstellungen entsprechenden Anbieters zu ermöglichen.

Das Anmeldezeichen bringt des Weiteren zum Ausdruck, dass die Dienstleistung „Beratung bei der Organisation und Führung von Einzelhandelsunternehmen“ für Fahrradhändler bestimmt ist, die in besonderer Weise auf die Kundenwünsche eingehen. Hierzu ist es beispielsweise notwendig, das Fahrradunternehmen so zu organisieren und zu führen, dass den Mitarbeitern mehr Raum und [X.] für die Beratung der Kaufinteressenten zur Verfügung steht.

Bei den Dienstleistungen „[X.] in einem Computernetzwerk; Öffentlichkeitsarbeit; Verkaufsförderung für Dritte“ sowie „Beratung bei der Organisation und Führung von Einzelhandelsunternehmen“ ist zwar zu berücksichtigen, dass Dienstleistungen der Werbung und der Unternehmensberatung in der Regel unabhängig von dem konkreten einzelnen Gegenstand oder der bestimmten Person sind, für den oder die geworben bzw. beraten wird. [X.] Benennungen sind demnach nicht zwangsläufig als inhaltsbeschreibende Sachangaben aufzufassen, sondern können auch unterscheidungskräftig sein (vgl. hierzu [X.]/Hacker/Thiering, [X.], 13. Auflage, § 8, Rdnr. 125). Die Wortkombination „[X.]“ benennt allerdings nicht einen konkreten Gegenstand oder eine bestimmte Person, sondern die Fahrradbranche, die den Ansprüchen der Kunden in hohem Maße gerecht wird (vgl. auch BPatG 29 W (pat) 43/18 – [X.]). Insofern kommt sie nicht als individueller betrieblicher Herkunftshinweis in Betracht.

Schließlich scheidet das beanspruchten Zeichen auch in Verbindung mit der Dienstleistung „Zusammenstellung von Daten in [X.]“ als Unterscheidungsmittel aus. Es macht lediglich deutlich, dass es sich Daten handelt, die für Fahrradhändler gedacht sind, die auf die Wünsche der Abnehmer besonders eingehen. Hierbei kann es sich beispielsweise um [X.] zu den Interessen oder Vorlieben von (potentiellen) Fahrradkunden, um Informationen zu aktuellen Trends auf dem Fahrradsektor oder um Kosten-Nutzen-Analysen für Fahrradhändler handeln.

d) Die von der Beschwerdeführerin angeführten Voreintragungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Etwaige Entscheidungen über (unterstelltermaßen) ähnliche Anmeldungen sind zwar, soweit sie bekannt sind, im Rahmen der Prüfung zu berücksichtigen, ob im gleichen Sinn zu entscheiden ist oder nicht. Sie sind aber keinesfalls bindend (vgl. [X.] [X.], 667 – [X.] u. [X.] [[X.]]). Da das [X.] die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zutreffend bejaht hat, kommt es auf die weiteren Voreintragungen nicht an, weil zum einen aus nicht begründeten Eintragungen anderer Marken keine weitergehenden Informationen im Hinblick auf die Beurteilung der konkreten Anmeldung entnommen werden können und zum anderen auch unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht von einer den rechtlichen Vorgaben entsprechenden Entscheidung abgesehen werden darf (vgl. [X.] [X.], 667 – [X.] u. [X.] [[X.]]; [X.] 2011, 230 – [X.]; [X.], 349 – [X.] Rätsel Woche; [X.], 276 – Institut der Nord[X.] Wirtschaft e.V.).

e) Auch die von der Beschwerdeführerin im Amtsverfahren geltend gemachte Arten der Verwendung des [X.] in Verbindung mit den einzelnen Waren und Dienstleistungen begründen nicht dessen Unterscheidungskraft. Die Unterscheidungskraft eines als Marke angemeldeten Zeichens muss zwar unter Berücksichtigung aller relevanten Tatsachen und Umstände, einschließlich sämtlicher wahrscheinlicher [X.] der angemeldeten Marke, geprüft werden. Sind in der maßgeblichen Branche mehrere [X.] praktisch bedeutsam, müssen bei der Prüfung der Unterscheidungskraft alle diese verschiedenen [X.] berücksichtigt werden (vgl. [X.] 2018, 932 – #darferdas?; vgl. auch [X.] GRUR 2019, 1194 und [X.] 2020, 411). Allerdings können Zeichen, denen in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen per se die (originäre) Unterscheidungskraft fehlt, durch keine Art der Verwendung auf den beanspruchten Waren oder im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen Unterscheidungskraft erlangen. Dies gilt insbesondere für Zeichen, die – wie hier – zu den typischen Fallgruppen fehlender Unterscheidungskraft gehören. Dies gilt auch dann, wenn die Zeichen an Stellen angebracht werden, an denen branchenüblich die Marken zu finden sind (vgl. BPatG 25 W (pat) 29/19 - MÄDELSABEND).

3. Ob der Eintragung des [X.] darüber hinaus ein Freihaltungsbedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegensteht, kann aufgrund obiger Ausführungen im Ergebnis dahinstehen.

Meta

28 W (pat) 66/19

15.02.2021

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 15.02.2021, Az. 28 W (pat) 66/19 (REWIS RS 2021, 10387)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 10387

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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