Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.03.2007, Az. VI ZR 13/06

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 4914

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES [X.] Verkündet am: 6. März 2007 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja GG Art. 5 Abs. 1, 2 Abs. 1; [X.] Art. 8, 10; KunstUrhG §§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Zum abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG bei [X.] von Personen öffentlichen Interesses (Prominente) ([X.] an [X.] 101, 361 ff.; Senat, Urteile [X.] 131, 332 ff.; 158, 218 ff., vom 19. Oktober 2004 - [X.]/03 - [X.], 84; vom 15. November 2005 - [X.]/04 - [X.], 274; [X.] NJW 2004, 2647 ff.). [X.], Urteil vom 6. März 2007 - [X.] - [X.] [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. März 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.] und [X.] [X.], [X.], Pauge und [X.] für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 13. Dezember 2005 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen. Von Rechts wegen Tatbestand:Der Kläger ist Oberhaupt des [X.] und Ehemann der ältesten Tochter des verstorbenen Fürsten von [X.]. Die [X.]lagte verlegt die Zeit-schrift "[X.]". In der Ausgabe Nr. 9/02 vom 20. Februar 2002 dieser Zeitschrift wurde berichtet, dass es dem Fürsten von [X.] "wieder einmal sehr schlecht gehen soll" und dass er Besuch nur von seiner jüngsten Tochter erhalten habe, seine älteste Tochter, die Ehefrau des [X.], aber mit ihrem Ehemann und ihrem Töchterchen ein p[X.]r Tage zum Skiurlaub in [X.] weile. Illustriert war diese Berichterstattung unter anderem mit der beanstande-ten Aufnahme, welche den Kläger neben seiner Ehefrau auf der Straße in [X.] zeigt. 1 Der Kläger verlangt - wie seine Ehefrau im Verfahren [X.] ZR 14/06 - von der [X.]lagten, es zu unterlassen, diese Aufnahme erneut zu veröffentlichen. 2 - 3 - Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der [X.]lagten hat das [X.] dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger, die Berufung der [X.]lagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt, die [X.]lagte habe auch ohne Einwilligung des [X.] nicht rechtswidrig in dessen Recht am eigenen Bild eingegriffen. Der Kläger müsse gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG als Begleiter einer Person des öffentli-chen Lebens hinnehmen, dass Aufnahmen, die ihn als Begleiter dieser Person im Rahmen eines öffentlichen Auftritts a[X.]ildeten, auch ohne seine Einwilligung verbreitet würden. Es bestehe ein anerkennenswertes Interesse der [X.] zu erfahren, mit welchen Personen sich die Ehefrau des [X.] in der [X.] zeige. Dieses werde erst dann begrenzt, wenn auch seine Ehefrau die [X.] einer Aufnahme nicht hinzunehmen habe, weil ihr Interesse am Schutz ihrer Privatsphäre das Informationsinteresse der Allgemeinheit ü-berwiege. Eine Abwägung der Grundrechte der Parteien aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 und 5 Abs. 1 Satz 2 GG ergebe hier, dass die [X.] rechtmä-ßig erfolgt sei. Zwar sei auch Art. 8 Abs. 1 [X.] bei der Abwägung zu berück-sichtigen und bei der Bestimmung der Grenzen des allgemeinen Persönlich-keitsrechts des [X.] heranzuziehen. Das Grundgesetz sei aber als Verfas-sung des [X.] St[X.]tes vorrangig. Allerdings sei hier keine Frage des [X.] betroffen, zu der das veröffentlichte Bild einen Beitrag leiste, sondern nur das Unterhaltungsinteresse. Nach der Rechtsprechung des 3 - 4 - [X.] sei die [X.] jedoch trotzdem zulässig, weil Plätze, an denen sich der Einzelne unter vielen Menschen befinde, die Voraussetzungen des Privatsphärenschutzes nicht erfüllten; sie könnten das Rückzugsbedürfnis nicht erfüllen und rechtfertigten damit auch nicht den grund-rechtlichen Schutz, den dieses Bedürfnis aus Gründen der Persönlichkeitsent-faltung verdiene. Diese Rechtsprechung binde das Berufungsgericht nach § 31 [X.]. Das beanstandete Bild zeige den Kläger mit seiner Ehefrau auf [X.] in [X.] und damit an einem Platz, an dem sich viele Menschen aufhielten. Wer wie die Ehefrau des [X.] als Person des öffentlichen Lebens in diesem Ort seinen Urlaub verbringe, müsse mit einer gewissen Aufmerksam-keit rechnen und könne nicht davon ausgehen, von den Medien unbeobachtet zu bleiben. Dem öffentlichen Informationsinteresse sei deshalb der Vorrang einzuräumen. Dieses berechtigte Interesse der Öffentlichkeit strahle auch auf den Kläger als Begleitperson seiner Ehefrau aus. Die Bildveröffentlichung sei nicht zu beanstanden. I[X.] Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand. 4 1. Bildnisse einer Person dürfen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Das Recht am eigenen Bild ist eine be-sondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Daraus ergibt sich, dass grundsätzlich allein dem Abgebildeten die Befugnis zusteht, darüber zu befinden, ob und in welcher Weise er der Öffentlichkeit im Bild vorgestellt wird (st. Rspr.; vgl. Senat, [X.] 131, 332, 336; Urteil vom 28. September 2004 - [X.] ZR 305/03 - [X.], 83). [X.] nicht zu beanstanden ist 5 - 5 - der Ausgangspunkt des Berufungsurteils, dass der Kläger die nach diesen Grundsätzen erforderliche Einwilligung zur Verbreitung der Aufnahme weder ausdrücklich noch stillschweigend erteilt hat. 2. Der Ansicht des Berufungsgerichts, der Kläger habe auch ohne Einwil-ligung hinzunehmen, dass Aufnahmen verbreitet werden, die ihn im Urlaub in Begleitung seiner Ehefrau in der Öffentlichkeit a[X.]ildeten, kann in dieser Allge-meinheit nicht gefolgt werden. Der Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG, wonach Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte einwilligungsfrei veröffentlicht werden dürfen, greift aber vorliegend hinsichtlich der beanstande-ten Aufnahme durch. 6 a) Das Berufungsgericht bejaht für die beanstandete Bildveröffentlichung eine Ausnahme im Sinn von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG. Der Kläger müsse als Ehemann einer Person des öffentlichen Lebens die [X.] hinneh-men. Zwar leiste das Bild keinen Beitrag zu einer Frage von allgemeinem Inte-resse, sondern diene nur dem Unterhaltungsinteresse. Gleichwohl sei der Schutz der Privatsphäre nicht vorrangig, weil die Aufnahme den Kläger als Be-gleiter seiner Ehefrau an einem Ort zeige, an dem sich auch andere Menschen befänden. 7 Seine Auffassung leitet das Berufungsgericht aus dem Urteil des Bun-desverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1999 ([X.] 101, 361 ff.) her, mit dem das Urteil des erkennenden Senats vom 19. Dezember 1995 (- [X.] ZR 15/95 - [X.] 131, 332 ff.) zu den Paparazzi-Bildern (mit Ausnahme der A[X.]il-dungen mit Kindern) bestätigt worden ist und an das sich das Berufungsgericht nach § 31 [X.] gebunden fühlt. 8 b) Indessen wird diese Auffassung des Berufungsgerichts nicht in jeder Hinsicht dem abgestuften Schutzkonzept gerecht, das die Rechtsprechung aus 9 - 6 - §§ 22, 23 KUG entwickelt hat (vgl. [X.], [X.] 101, 361 ff.; NJW 2001, 1921, 1924 ff.; [X.], 2835 f.; [X.], 2836). Das gilt insbesondere unter Berücksichtigung der in den Entscheidungen des [X.] (künftig: [X.]) vom 24. Juni 2004 in dem Verfahren von [X.] gegen [X.] (NJW 2004, 2647 ff.) und vom 16. November 2004 ([X.], 591 ff. - [X.] und [X.] gegen [X.]) dargelegten Grundsätze. Der erkennende Senat hat dieses Schutzkonzept in mehreren neuen Entscheidungen erläutert (vgl. etwa Urteile vom 19. Oktober 2004 - [X.]/03 - [X.], 84 ff.; vom 15. November 2005 - [X.]/04 - [X.], 274 ff.) und fasst dies nochmals zusammen. [X.]) Nach § 22 KUG dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebilde-ten verbreitet werden; hiervon besteht nach § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nicht für eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG). 10 Aus § 23 KUG hat die Rechtsprechung des [X.] und des [X.] den abkürzenden Begriff der "Person der Zeitge-schichte" entwickelt. Als "relative" Person der Zeitgeschichte ist eine Person anzusehen, die durch ein bestimmtes zeitgeschichtliches Ereignis das Interesse auf sich gezogen hat. Deshalb darf sie ohne ihre Einwilligung nur im [X.] mit diesem Ereignis abgebildet werden. Demgegenüber gilt als "abso-lute" Person der Zeitgeschichte eine Person, die aufgrund ihres Status und ihrer Bedeutung allgemein öffentliche Aufmerksamkeit findet, so dass sie selbst Ge-genstand der Zeitgeschichte ist und deshalb über sie berichtet werden darf. Auch sie hat jedoch ein Recht auf Privatsphäre, das nicht auf den häuslichen Bereich beschränkt ist. Vielmehr muss sie die Möglichkeit haben, sich an ande-ren, erkennbar abgeschiedenen Orten unbehelligt von Bildberichterstattung zu 11 - 7 - bewegen (vgl. Senat, [X.] 131, 332 ff., bestätigt von [X.], [X.] 101, 361 ff.). [X.]) Gegen diese Beschränkung des Schutzes der Privatsphäre bei den so genannten absoluten Personen der Zeitgeschichte hat der [X.] in seiner Entscheidung vom 24. Juni 2004 grundsätzliche Bedenken geäußert, denen der erkennende Senat bereits in mehreren in der Folgezeit ergangenen Entschei-dungen Rechnung getragen hat (vgl. Urteile vom 19. Oktober 2004 - [X.]/03 - [X.], 84; vom 15. November 2005 - [X.]/04 - [X.], 274). 12 Hiernach nimmt die Vorschrift des § 23 Abs. 1 KUG nach der Intention des Gesetzgebers und nach Sinn und Zweck der Regelung in Ausnahme von dem [X.] des § 22 KUG Rücksicht auf das [X.] der Allgemeinheit und auf die Pressefreiheit. Die Belange der [X.] sind gerade bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "aus dem Be-reich der Zeitgeschichte" zu beachten (vgl. [X.], [X.], 3406, 3407 f.). 13 cc) Eine Abwägung der widerstreitenden Rechte und Grundrechte der abgebildeten Person aus Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschen-rechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (künftig: [X.]) in der [X.] vom 11. Mai 1994 ([X.] ff.; vgl. nun-mehr die ab 1. November 1998 geltende Neufassung - [X.]. vom 17. Mai 2002 - [X.] 1054 ff.) sowie aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und der Presse aus Art. 10 [X.] und Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG andererseits ist mithin schon bei der Zuordnung zum Bereich der Zeitgeschichte erforderlich. Dabei ist der Beurteilung ein normativer Maßstab zugrunde zu legen, welcher der Pressefreiheit und zugleich dem Schutz der Persönlichkeit und ihrer Privatsphä-re ausreichend Rechnung trägt (vgl. Senat, Urteile vom 12. Dezember 1995 14 - 8 - - [X.] ZR 223/94 - [X.], 341 f.; vom 9. März 2004 - [X.] ZR 217/03 - VersR 2004, 863; vom 28. September 2004 - [X.] ZR 305/03 - [X.], 83, 84; vom 19. Oktober 2004 - [X.]/03 - [X.], 84, 85). Maßgebend ist hierbei das Interesse der Öffentlichkeit an vollständiger Information über das Zeitge-schehen. Dabei ist der Begriff des Zeitgeschehens in § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zugunsten der Pressefreiheit zwar in einem weiten Sinn zu verstehen, doch ist das Informationsinteresse nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der [X.] begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der [X.] an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Be-rücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden. Soweit sich die Bedenken des [X.] gegen den Begriff der "absoluten Person der Zeitgeschichte" richten (NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 72), geht es der Sache nach um die Frage, unter welchen Voraussetzungen über solche in der Öffentlichkeit bekannten Personen berichtet werden darf. Dem Berufungsge-richt ist zuzugeben, dass der Kläger unbeschadet der Frage, ob er als relative oder als absolute Person der Zeitgeschichte im Sinn der bisherigen [X.] anzusehen ist, jedenfalls eine in der Öffentlichkeit bekannte Person ist und - insbesondere auch als Ehemann von Prinzessin [X.] - in besonderem Maß das Interesse der Öffentlichkeit auf sich zieht. Auch hat er sich bei der [X.] A[X.]ildung nicht an einem Ort der Abgeschiedenheit im oben dar-gelegten Sinn befunden, so dass der Gesichtspunkt der Belästigung durch heimlich aufgenommene Fotos (vgl. [X.] NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 68; [X.] 101, 361, 381; [X.], [X.], 3406, 3408; Senat, [X.] 131, 332, 342) im Streitfall keine Rolle spielt. 15 - 9 - Allein diese Umstände können jedoch entgegen der Auffassung des Be-rufungsgerichts nicht ausreichen, um einen Schutz der Privatsphäre zu vernei-nen. Das gilt nicht nur unter Berücksichtigung der Auffassung des [X.], son-dern ergibt sich bei richtigem Verständnis bereits aus dem abgestuften Schutz-konzept, wie es oben dargelegt worden ist. Hiernach ist auch bei Personen, die unter dem Blickpunkt des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, eine Verbreitung der A[X.]ildung nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG). 16 Mithin kommt eine Ausnahme vom Erfordernis der Einwilligung grund-sätzlich nur in Betracht, wenn die Berichterstattung ein Ereignis von zeitge-schichtlicher Bedeutung betrifft (so schon Senatsurteile [X.] 158, 218, 222 f.; vom 19. Oktober 2004 - [X.]/03 - [X.]O; vgl. [X.], Urteil vom 26. Oktober 2006 - [X.] - Rn. 15, zum Abdruck in [X.] bestimmt). Dabei darf [X.] der Begriff der Zeitgeschichte nicht zu eng verstanden werden. Schon nach der Entstehungsgeschichte des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie vom 9. Januar 1907 (KUG; vgl. [X.] in: [X.] Kommentar zu den Strafrechtlichen Nebenge-setzen des [X.], 5. Aufl., Band I § 23 KUG Anm. 1; [X.] Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, X[X.] Legislaturperiode I[X.] Session 1905/1906, erster Sessionsabschnitt, Aktenstück Nr. 30 S. 1540 f. und [X.] Lesung 25. Januar 1906, [X.], S. 819), vor allem aber im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse, und wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Auch durch unterhaltende Beiträge kann nämlich Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Mei-nungsbildung unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen 17 - 10 - als sachbezogene Informationen (vgl. Senat, Urteil vom 9. Dezember 2003 - [X.] ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 mit Anmerkung von [X.] JZ 2004, 625; [X.], [X.] 101, 361, 389 f.; [X.], 2836, 2837). Zum [X.] der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört es, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist ([X.] 101, 361, 392; Senat, Urteil vom 15. November 2005 - [X.]/04 - [X.]O Rn. 24; [X.] [X.], 591, 592 f. Rn. 38 ff.). Deshalb muss die Presse zur Wahrnehmung ihrer meinungsbildenden Aufgaben nach publizistischen Krite-rien selbst entscheiden dürfen, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält (vgl. [X.] 101, 361, 392; Senat, Urteile vom 14. März 1995 - [X.] ZR 52/94 - [X.], 667, 668 f., bestätigt durch [X.], [X.], 1026, und vom 15. November 2005 - [X.]/04 - [X.]O). Die Bedeutung der Pressefreiheit wird unter Hinweis auf Art. 10 [X.] auch in der Entscheidung des [X.] vom 24. Juni 2004 (NJW 2004, 2647, 2648 f. Rn. 58, 60, 63) hervorgehoben, wenn dort ausgeführt wird, dass die Presse in einer [X.] Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiterzugeben, was letztlich mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in Einklang steht. 18 Soweit der Gerichtshof der Presse dieses Recht nur "in bestimmten Grenzen" ([X.] NJW 2004, 2647, 2649 Rn. 58) zugesteht, betrifft diese Ein-schränkung ersichtlich die Abwägung zwischen Pressefreiheit und Informations-recht der Öffentlichkeit einerseits und dem Schutz der Privatsphäre anderer-seits, mithin eine Abwägung, wie sie auch nach dem oben dargestellten Schutzkonzept geboten ist. Auch wenn die Presse zur Wahrung der Pressefrei-19 - 11 - heit und zur Vermeidung einer vom Grundgesetz untersagten Zensur selbst nach publizistischen Kriterien entscheiden darf, worüber sie berichten will, kann sie sich damit nicht der Abwägung mit der geschützten Privatsphäre derjenigen entziehen, über die sie berichten will. Deshalb muss eine Interessenabwägung stattfinden und zwar zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit einerseits und dem Interesse des Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatsphäre andererseits. Die Bedeutung des [X.] für die Interessenabwägung hat der erkennende Senat schon in früheren Entscheidungen hervorgehoben (Senat, [X.] 151, 26, 31; Urteil vom 9. Dezember 2003 - [X.] ZR 404/02 - VersR 2004, 525 m.w.N.). Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird, hinter den Informations-belangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen desto schwerer, je geringer der In-formationswert für die Allgemeinheit ist (vgl. [X.] 101, 361, 391; Senat, [X.] 131, 332, 342 m.w.N.). Das Interesse der Leser an bloßer Unterhaltung hat gegenüber dem Schutz der Privatsphäre regelmäßig ein geringeres Gewicht (vgl. [X.] 34, 269, 283; Senat, [X.] 131, 332, 342 m.w.N.). 20 Dies hat das [X.] im Beschluss vom 21. August 2006 ([X.], 3406, 3407) bestätigt, wobei es nach Lage des Falles nicht zu entscheiden brauchte, ob er auch für Personen von hohem [X.]anntheits-grad gilt. Diese Frage ist nach Auffassung des erkennenden Senats unter Be-rücksichtigung des Urteils des [X.] vom 24. Juni 2004 im Grundsatz zu beja-hen. Deshalb kann auch bei den bisher so genannten Personen der Zeitge-schichte nicht außer Betracht bleiben, ob die Berichterstattung zu einer Debatte mit einem Sachgehalt beiträgt, der über die Befriedigung bloßer Neugier hi-nausgeht. Das schließt es freilich nicht aus, dass je nach Lage des Falles für 21 - 12 - den Informationswert einer Berichterstattung auch der [X.]anntheitsgrad des Betroffenen von Bedeutung sein kann. In jedem Fall ist bei der Beurteilung des [X.] bzw. der Frage, ob es sich um ein zeitgeschichtliches Ereig-nis im Sinn des allgemein interessierenden Zeitgeschehens handelt, ein weites Verständnis geboten, damit die Presse ihren meinungsbildenden Aufgaben ge-recht werden kann, die nach wie vor von größter Bedeutung sind. Eine solche Gewichtung bei der Interessenabwägung trägt nach [X.] des erkennenden Senats den Anforderungen des Gerichtshofs ([X.] NJW 2004, 2647, 2651 Rn. 76) an einen wirksamen Schutz der Privatsphäre ebenso Rechnung wie dem Schutz der Grundrechte aus Art. 5 GG. Ihr steht - anders als das Berufungsgericht meint - auch eine Bindungswirkung des § 31 [X.] nicht entgegen. Das [X.] hat zwar die Ent-scheidung des erkennenden Senats insoweit bestätigt, als dort der Schutz der Privatsphäre gegen unerwünschte Aufnahmen auf die Fälle erkennbarer räum-licher Abgeschiedenheit beschränkt worden ist. Das schließt es jedoch nicht aus, bei der erforderlichen Interessenabwägung zwischen Pressefreiheit und Schutz der Privatsphäre den Informationswert für die Öffentlichkeit stärker zu berücksichtigen. Im Übrigen hat das [X.] eine diesen Grundsätzen entsprechende Interessenabwägung in einem den Kläger betref-fenden Verfahren bereits gebilligt (Senat, Urteil vom 15. November 2005 - [X.]/04 - [X.], 274; [X.], [X.], 2835). 22 [X.]) Kommt es mithin für diese Abwägung maßgeblich auf den Informati-onswert der A[X.]ildung an, so kann - da im Streitfall die beanstandete A[X.]ildung im Zusammenhang mit einer Wortberichterstattung verbreitet worden ist - bei der Beurteilung diese zugehörige Wortberichterstattung nicht unberücksichtigt bleiben (so auch [X.] NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 64). Dies entspricht gefes-tigter Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. [X.] 158, 218, 223; [X.] - 13 - teile vom 30. September 2003 - [X.] ZR 89/02 - VersR 2004, 205, 206; vom 28. September 2004 - [X.] ZR 305/03 - [X.], 83 f.; vom 19. Oktober 2004 - [X.]/03 - [X.], 84 f. - jeweils m.w.N.). 3. Diese Grundsätze führen im Streitfall zu folgender Abwägung: 24 Das in der Ausgabe Nr. 9/02 vom 20. Februar 2002 der Zeitschrift "[X.]" veröffentlichte Bild zeigt den Kläger und seine Ehefrau auf [X.] in [X.] im Urlaub, der grundsätzlich auch bei "Prominenten" zum geschützten [X.]bereich der Privatsphäre gehört. Dennoch hat das [X.] die [X.] des Fotos im Ergebnis zutreffend als Bebilde-rung eines Berichts über ein zeitgeschichtliches Ereignis nicht beanstandet. 25 Zwar ist der beanstandeten A[X.]ildung als solcher keine Information über ein zeitgeschichtliches Ereignis oder ein Beitrag zu einer Diskussion von allge-meinem Interesse zu entnehmen. Indes ist für den Informationswert auch die zugehörige Wortberichterstattung zu berücksichtigen. Soweit diese sich auf den Skiurlaub bezieht, kann allerdings ein zeitgeschichtliches Ereignis bzw. ein [X.] von allgemeinem Interesse ([X.] NJW 2004, 2647, 2649 Rn. 60 ff.) selbst bei dem im Interesse der Informationsfreiheit gebotenen weiten Ver-ständnis dieser Begriffe nicht angenommen werden. Gegenstand der [X.] ist jedoch auch die Erkrankung des damals regierenden Fürsten von [X.] und damit ein zeitgeschichtliches Ereignis im oben dargelegten Sinn, über das die Presse berichten darf. Insofern kommt es auf den redaktio-nellen Gehalt und die Gestaltung dieses Artikels nicht an, da die Garantie der Pressefreiheit es nicht zulässt, das Eingreifen dieses Grundrechts von der [X.] des jeweiligen Presseerzeugnisses oder redaktionellen Beitrags abhängig zu machen ([X.] 34, 269, 283; Senat, Urteil vom 14. März 1995 - [X.] ZR 52/94 - [X.], 667, 668, bestätigt durch [X.], [X.], 1026). Das 26 - 14 - gilt auch, soweit der Artikel das Verhalten von Familienmitgliedern während der Krankheit des Fürsten betrifft, zumal die Zulässigkeit der Wortberichterstattung von der Revision nicht in Frage gestellt wird. Diese Berichterstattung wird mit der beanstandeten A[X.]ildung belegt und illustriert. Bei dieser Sachlage sind überwiegende berechtigte Interessen des [X.] (§ 23 Abs. 2 KUG), die einer [X.] der A[X.]ildung entgegenste-hen könnten, bei der gebotenen Würdigung der Berichterstattung in ihrer [X.] (vgl. Senat, Urteil vom 28. September 2004 - [X.] ZR 305/03 - [X.], 83, 84) nicht zu erkennen. Insbesondere ist der beanstandeten A[X.]il-dung, die den Kläger und seine Frau auf offener Straße zeigt, kein eigenständi-ger Verletzungseffekt zu entnehmen, der eine abweichende Beurteilung [X.] könnte. Dass die Aufnahme etwa unter Ausnutzung von Heimlichkeit oder von technischen Mitteln, die dem gleich kämen, zustande gekommen und aus diesem Grund unzulässig wäre (vgl. [X.] NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 68; [X.] 101, 361, 381; [X.], [X.], 3406, 3408; Senat, [X.] 131, 332, 342), macht die Revision nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich. 27 - 15 - 4. Nach allem ist die Revision des [X.] zurückzuweisen. 28 Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. 29 [X.] [X.] [X.] Pauge [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 01.07.2005 - 324 O 871/04 - O[X.], Entscheidung vom 13.12.2005 - 7 U 84/05 -

Meta

VI ZR 13/06

06.03.2007

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.03.2007, Az. VI ZR 13/06 (REWIS RS 2007, 4914)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 4914

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