Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2007, Az. IX ZR 120/04

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 2939

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/04 Verkündet am: 12. Juli 2007 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 96 Abs. 1 Nr. 3, §§ 129 ff, § 146 Abs. 1 Die Unzulässigkeit der Aufrechnung (Verrechnung) nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] kann vom Insolvenzverwalter nicht mehr durchgesetzt werden, wenn er die Frist des § 146 Abs. 1 [X.] zur gerichtlichen Geltendmachung versäumt hat und sich der Anfech-tungsgegner hierauf beruft; es verbleibt dann bei der zivilrechtlichen Wirkung der [X.] (Verrechung). [X.], [X.]eil vom 12. Juli 2007 - [X.]/04 - Kammergericht Berlin

LG Berlin - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juli 2007 durch [X.] [X.] und [X.], [X.], [X.] und Dr. [X.] für Recht erkannt: Die Revision gegen das [X.]eil des 7. Zivilsenats des Kammerge-richts vom 18. Mai 2004 wird auf Kosten des Klägers zurückge-wiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Der Kläger ist Verwalter in dem am 30. November 1999 eröffneten Insol-venzverfahren über das Vermögen der [X.] (im [X.]: Schuldnerin). Die Beklagte, eine Bank, räumte der Schuldnerin 1998 einen Kontokorrentkredit von bis zu 250.000 DM ein. Am 27. September 1999 stellte die Schuldnerin Insolvenzantrag. Einen Monat zuvor, am 27. August 1999, wies das Konto einen [X.] von 249.999,02 DM aus. In der [X.] bis zum nächsten vereinbarten Kontoabschluss am 30. September 1999 gingen 262.022,57 DM Gutschriften ein und 4.939,91 DM Zahlungen ab, so dass das Konto am 30. September 1999 ein Guthaben von 7.083,64 DM aufwies. Am 12. Oktober 1999 kündigte die Beklagte der Schuldnerin den Kontokorrent frist-los. 1 - 3 - Der Kläger meint, die vorgenommene Saldierung sei nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] unzulässig, da die Möglichkeit der Verrechung durch die Beklagte nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 [X.] anfechtbar sei. Mit seiner Klage begehrt er die verrechneten Beträge, die den Sollsaldo auf Null DM zurückgeführt haben, und die Auszahlung des Guthabens von 7.083,64 DM (3.621,81 •). Die Klage wurde am 17. Januar 2003 eingereicht und der Beklagten am 17. Februar 2003 zuge-stellt. 2 Das [X.] hat der Klage hinsichtlich des Guthabens stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Berufung und Anschlussberufung sind ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch im abgewiesenen Umfang weiter. 3 Entscheidungsgründe: Die zulässige Revision ist im Ergebnis unbegründet. Der geltend ge-machte Anspruch ist zivilrechtlich erloschen und auch insolvenzrechtlich nicht mehr durchsetzbar. 4 [X.] Das Berufungsgericht (dessen Entscheidung u.a. veröffentlicht ist in Z[X.] 2004, 1259) meint, ein Anspruch auf Insolvenzanfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 143 Abs. 1 [X.] sei gemäß § 146 Abs. 1 [X.] verjährt. 5 - 4 - Ein Anspruch auf Auskehrung der Gutschriften aus dem Kontokorrent-vertrag gemäß §§ 667, 675 BGB bestehe nicht. Die Verrechnung sei nicht nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] unwirksam, weil dies voraussetze, dass die Möglichkeit einer Aufrechnung durch anfechtbare Rechtshandlung geschaffen worden sei. Die schon vor Eintritt der Krise vertraglich vereinbarte Verrechnung werde da-von aber nicht erfasst. Die Verrechnung sei erst mit der Feststellung des Saldos erfolgt. Damit sei die Verrechnung aber nicht unwirksam, weil sie nicht Folge einer anfechtbaren Rechtshandlung sei, sondern selbst die anfechtbare Rechtshandlung darstelle. 6 I[X.] Das Berufungsgericht hat im Endergebnis richtig entschieden. 7 1. Eine Anfechtung findet neben der Bestimmung des § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] nicht statt, weil die damit erreichbare Rückgewähr der Aufrechnungslage durch § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] schon von Gesetzes wegen erreicht ist. Diese Vorschrift setzt voraus, dass die Aufrechnungslage in einer nach §§ 129 ff [X.] anfechtbaren Weise erworben wurde. Der Verwalter braucht in einem solchen Fall keine Anfechtungsklage zu erheben. Er kann sich vielmehr unmittelbar auf die Unwirksamkeit der Aufrechnung berufen ([X.] 159, 388, 393; [X.], [X.]. v. 11. November 2004 - [X.] ZR 237/03, [X.], 181, 182). Dies gilt ebenso bei der Verrechnung ([X.], [X.]. v. 12. Februar 2004 - [X.] ZR 98/03, [X.], 620, 621; v. 14. Dezember 2006 - [X.] ZR 194/05, [X.], 222, 223, z.[X.]. in [X.]). 8 - 5 - 2. Die vorgenommene Verrechnung kann jedoch nicht gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] als unzulässig und damit insolvenzrechtlich unwirksam ange-sehen werden, weil die Klage nicht in der Frist des § 146 Abs. 1 [X.] erhoben worden ist. 9 a) Durch den entsprechend der [X.] vorgenommenen periodischen Rechnungsabschluss am 30. September 1999 ist gemäß § 355 Abs. 1 HGB eine Tilgung der Forderungen der Schuldnerin eingetreten, weil damit die beiderseitigen Forderungen durch Verrechnung ausgeglichen wurden ([X.] 150, 122, 128). 10 b) § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] erfasst auch die von einem künftigen [X.] vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgegebenen [X.] oder Verrechnungserklärungen. Liegen die Voraussetzungen des § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] vor, ist die Erklärung mit der Eröffnung des Insolvenzverfah-rens unzulässig, das heißt insolvenzrechtlich unwirksam ([X.], [X.]. v. 9. Okto-ber 2003 - [X.] ZR 28/03, [X.], 2370, 2371; v. 22. Juli 2004 - [X.] ZR 270/03, [X.], 1912, 1913; v. 28. September 2006 - [X.] ZR 136/05, [X.], 2178, 2179, z.[X.]. in [X.] 169, 158). Ob die Voraussetzungen des § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] im vorliegenden Fall zu bejahen sind, kann jedoch dahinstehen. 11 c) Da § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] eine anfechtbar herbeigeführte Aufrechnung (oder Verrechnung) insolvenzrechtlich für unwirksam erklärt, besteht die Forde-rung, die durch die Aufrechnung erloschen ist, für die Zwecke des Insolvenzver-fahrens fort ([X.], [X.]. v. 9. Februar 2006 - [X.] ZR 121/03, [X.], 818, 820; v. 28. September 2006 aaO S. 2180). Die Hauptforderung wird jedoch hinsicht-lich dieser Wirkung der anfechtungsrechtlichen Ausübungsfrist des § 146 Abs. 1 [X.] unterstellt ([X.], [X.]. v. 28. September 2006 aaO [X.]). Dies hat zur 12 - 6 - Folge, dass der Insolvenzverwalter die insolvenzrechtliche Wirkung des § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] nur innerhalb der Frist des § 146 Abs. 1 [X.] durchsetzen kann; er muss also den Anspruch aus der Hauptforderung vor Ablauf der Ver-jährungsfrist des § 146 Abs. 1 [X.] durch Erhebung der Klage gerichtlich gel-tend machen. Wird diese Frist versäumt und beruft sich der Beklagte hierauf, entfaltet § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] insolvenzrechtlich keine Wirkung mehr. Es ver-bleibt sodann bei dem zivilrechtlichen Erlöschen der Hauptforderung durch die vorgenommene Aufrechnung oder Verrechnung (vgl. für den gegenteiligen Fall einer kürzeren Verjährungsfrist der Hauptforderung [X.], [X.]. v. 28. September 2006 aaO). Diese Rechtsprechung des Senats hat ganz überwiegend Zustimmung gefunden (Nassall juris PR-[X.]ivilR 1/2007 [X.] 4; [X.] juris PR-[X.]-InsR 7/2007 [X.] 3; [X.] EWiR 2007, 19; [X.] 2007, 83; [X.] [X.] § 146 [X.] 2.07; ebenso schon [X.] [X.] § 96 [X.] 3.05). So-weit vereinzelt Kritik geübt worden ist ([X.] 2007, 229 ff), gibt diese [X.] Veranlassung, von dieser auf die speziellen insolvenzrechtlichen Wirkungen des § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] gestützten Entscheidung abzuweichen. 13 Die Frist des § 146 Abs. 1 [X.] war, wie die Vordergerichte bereits zu den geltend gemachten [X.] ausgeführt haben, bei [X.] abgelaufen: Anwendbar ist § 146 Abs. 1 [X.] in der bis 14. Dezem-ber 2004 geltenden Fassung (Art. 229 § 12 Abs. 1 (Nr. 4), § 6 Abs. 1 EGBGB). Danach endete die dort normierte Verjährung in zwei Jahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Dieses ist am 30. November 1999 eröffnet worden. Die Frist endete demgemäß am 30. November 2001. Die Klage wurde aber erst am 17. Januar 2003 eingereicht. 14 - 7 - Die Beklagte hat sich schon in den Tatsacheninstanzen in der erforderli-chen Weise auf den Ablauf der Verjährungsfrist des § 146 Abs. 1 [X.] berufen. Die Bestimmung des § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] entfaltet deshalb ihr gegenüber keine Wirkung mehr. Das zivilrechtliche Erlöschen der Hauptforderung durch die vorgenommene Verrechnung hat Bestand. 15 Dr. [X.] [X.] [X.] [X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 08.05.2003 - 21 O 36/03 - [X.], Entscheidung vom 18.05.2004 - 7 U 186/03 -

Meta

IX ZR 120/04

12.07.2007

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2007, Az. IX ZR 120/04 (REWIS RS 2007, 2939)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 2939

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