Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.04.2011, Az. 4 StR 112/11

4. Strafsenat | REWIS RS 2011, 7485

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Gegenstand

Hehlerei: Rechtswidrige Vortat; Anwendbarkeit deutschen Strafrechts bei Auslandstat


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 28. Oktober 2010, soweit es ihn betrifft,

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass er in den Fällen [X.] und 3 der Urteilsgründe jeweils der Unterschlagung schuldig ist,

b) in den Aussprüchen über die in diesen Fällen erkannten Einzelstrafen und die Gesamtstrafe aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt; im Übrigen hat es ihn freigesprochen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in den Fällen [X.] und 3 der Urteilsgründe hat keinen Bestand.

3

a) Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen hatten der Angeklagte und der anderweitig verfolgte [X.]    vereinbart, sich künftig durch illegale Autogeschäfte Geld zu verschaffen. Sie wollten Leasingfahrzeuge nach Absprache mit den [X.], die für ihre Mitwirkung entlohnt werden sollten, über [X.] nach Nordafrika verbringen und dort verkaufen; die Leasingnehmer sollten die Fahrzeuge sodann als gestohlen melden. [X.]    , der in [X.] lebte, sollte dort die entsprechenden Fahrzeuge besorgen; Aufgabe des Angeklagten sollte sein, zur Verschleierung der Kraftfahrzeugverschiebungen in [X.] Ausfuhr- bzw. Kurzzeitkennzeichen und Fahrer für die Überführungsfahrten zu besorgen.

4

aa) Abweichend von diesem Plan wurden die Fahrzeuge im Fall [X.] der Urteilsgründe nicht allein von [X.]       beschafft, vielmehr verhandelten der Angeklagte und [X.]    in [X.] gemeinsam mit den [X.] und besorgten anschließend auch das Geld. Der Angeklagte teilte den von ihm aus [X.] mitgebrachten Fahrern vor der Rückfahrt mit, dass [X.]     und er die Fahrzeuge gekauft hätten (UA 10).

5

bb) Im Fall II. 3 der Urteilsgründe erfuhr der Angeklagte in [X.], dass der Zeuge S.     sein fremdfinanziertes und im Sicherungseigentum der Bank stehendes Kraftfahrzeug ins Ausland verkaufen und dann als gestohlen melden wollte. Er übernahm das Fahrzeug von dem Zeugen gegen Teilzahlung des vereinbarten Entgelts und ließ es zusammen mit weiteren, von [X.]    beschafften Fahrzeugen nach [X.] bringen, wo es veräußert wurde ([X.]/13).

6

b) In beiden Fällen trat die von § 259 Abs. 1 StGB vorausgesetzte rechtswidrige [X.] erst mit der Übergabe des jeweiligen Fahrzeugs an den Angeklagten bzw. an diesen und [X.]      ein. Nach ständiger Rechtsprechung muss aber die gegen fremdes Vermögen gerichtete Tat zum Zeitpunkt des abgeleiteten Erwerbs abgeschlossen sein; daher liegt Hehlerei nicht vor, wenn - wie hier - die Vortat erst durch die Verfügung zu Gunsten des "[X.]" begangen wird (vgl. [X.], Beschlüsse vom 24. Januar 1996 - 2 StR 664/95, [X.]R StGB § 259 Abs. 1 Vortat 5, und vom 28. November 2001  - 2 [X.], [X.], 542 m.w.N.; vgl. auch Fischer, StGB, 58. Aufl., § 259 Rn. 8 m.w.N.).

7

c) Durch die Übernahme der Fahrzeuge von den [X.] hat sich der Angeklagte jedoch gemeinschaftlich mit diesen jeweils einer Unterschlagung schuldig gemacht (§ 246 Abs. 1, § 25 Abs. 2 StGB).

8

Dies gilt auch für die in [X.] begangene Tat (Fall [X.] der Urteilsgründe). Nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB ist eine Tat auch dann dem [X.] Strafrecht unterworfen, wenn sie von einem [X.] im Ausland begangen wurde und am [X.] ebenfalls mit Strafe bedroht ist. Der Angeklagte besitzt die [X.] Staatsangehörigkeit; eine Unterschlagung ist in [X.] nach Art. 646 des Codice penale strafbar. Für die Anwendbarkeit des [X.] Strafrechts kommt es nicht darauf an, ob es nach [X.] Recht eines Strafantrags bedurft hätte. Es ist vielmehr ausreichend, dass die Tat am [X.] materiell strafbar ist; tatsächlich verfolgbar braucht sie nicht zu sein (vgl. [X.], Urteil vom 1. Juni 1954 - 1 StR 35/54, NJW 1954, 1086; Beschluss vom 8. März 2000  - 3 StR 437/99, [X.]R StGB § 7 Abs. 2 Strafbarkeit 4; vgl. auch [X.] in [X.]/[X.], StGB, 28. Aufl., § 7 Rn. 11 m.w.N.).

9

2. Der Senat stellt die Schuldsprüche in den Fällen [X.] und 3 der Urteilsgründe entsprechend um. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der weitgehend geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

3. Wegen des gegenüber § 260 Abs. 1 StGB milderen Strafrahmens des § 246 Abs. 1 StGB haben die für diese Taten erkannten Einzelstrafen und die Gesamtfreiheitsstrafe keinen Bestand. Die der Strafbemessung zu Grunde liegenden Feststellungen sind von dem aufgezeigten Rechtsfehler unberührt; sie können daher bestehen bleiben. Dies schließt ergänzende Feststellungen durch den neuen Tatrichter, die zu den bisher getroffenen nicht in Widerspruch stehen, nicht aus.

Im Hinblick auf das Vorbringen der Revision bemerkt der Senat, dass dem - zu erwartenden oder bereits erfolgten - Widerruf einer dem Angeklagten erst kurz vor Beginn der [X.] gewährten Reststrafaussetzung zur Bewährung hier keine bestimmende strafmildernde Bedeutung zukommt.

[X.]                                  Solin-Stojanović                                  Cierniak

                        Franke                                               Mutzbauer

Meta

4 StR 112/11

14.04.2011

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hagen (Westfalen), 28. Oktober 2010, Az: 46 KLs 600 Js 375/09 - 6/10, Urteil

§ 7 Abs 2 Nr 1 StGB, § 246 Abs 1 StGB, § 259 Abs 1 StGB, § 260 Abs 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.04.2011, Az. 4 StR 112/11 (REWIS RS 2011, 7485)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7485

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