Bundessozialgericht, Beschluss vom 12.04.2017, Az. B 13 R 289/16 B

13. Senat | REWIS RS 2017, 12498

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - vorschriftsmäßige Besetzung des erkennenden Gerichts - schlafender Richter - "geistige Abwesenheit" eines Mitglieds des Spruchkörpers während der mündlichen Verhandlung


Leitsatz

Ein Spruchkörper ist nicht vorschriftsmäßig besetzt, wenn eines seiner Mitglieder für einen erheblichen Teil der mündlichen Verhandlung geistig abwesend ist und sich daher von dem Sach- und Streitstand nach dem Verlauf der mündlichen Verhandlung keine eigene Überzeugung bilden kann.

Tenor

Auf die Beschwerde des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 5. August 2016 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Im Streit steht die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 31.10.1999 hinaus bis einschließlich [X.] sowie hilfsweise die einer Rente wegen voller Erwerbsminderung bereits vor dem [X.] im Wege eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 [X.]B X.

2

Die Beklagte lehnte eine ihre Bewilligungsbescheide ändernde Entscheidung zu Gunsten des [X.] im vorbenannten Sinne ab. Vor dem [X.] und dem L[X.] ist der Kläger mit seinem Begehren ebenfalls nicht erfolgreich gewesen (Urteile vom [X.]). Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des L[X.] wendet sich der Kläger mit einer Beschwerde an das B[X.]. Er rügt einen Verfahrensfehler des L[X.] bei dessen Entscheidungsfindung (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G) aufgrund nicht vorschriftsmäßiger Besetzung des Berufungsgerichts in der mündlichen Verhandlung vom [X.] (§ 202 S 1 [X.]G iVm § 547 [X.] 1 ZPO) . Der ehrenamtliche [X.] M. habe während der gesamten Verhandlung "geschlafen".

3

Der [X.] hat dienstliche Stellungnahmen zu den Vorgängen während der mündlichen Verhandlung am [X.] in der hier streitbefangenen Sache - insbesondere zur Aufmerksamkeit und Wachsamkeit des ehrenamtlichen [X.]s M. eingeholt bei dem Vorsitzenden des 4. [X.]s des L[X.] Baden-Württemberg VRL[X.] N. und den Beisitzern R'inL[X.] [X.] sowie RL[X.] Dr. B., den ehrenamtlichen [X.]n [X.] und M. und der Vertreterin der Beklagten [X.] Zudem hat der [X.] den Dolmetscher [X.] als Zeugen schriftlich zu seinen Beobachtungen insoweit befragt.

4

Die Beklagte hat nach Vorlage der dienstlichen Stellungnahmen und der schriftlichen Zeugenerklärung des Dolmetschers [X.] zusammenfassend ausgeführt, die Angaben seien so widersprüchlich, dass die Behauptung des [X.], der ehrenamtliche [X.] M. habe wesentliche Teile der mündlichen Verhandlung vor dem L[X.] am [X.] nicht aufgenommen, nicht mit ausreichender Sicherheit bewiesen sei.

5

II. Auf die Beschwerde des [X.] ist das Urteil des L[X.] vom [X.] aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Kläger rügt zu Recht eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung des 4. [X.]s des L[X.] Baden-Württemberg in der mündlichen Verhandlung der hier streitbefangenen Sache.

6

1. Die Beschwerde des [X.] ist zulässig (§ 160a Abs 2 [X.] iVm § 160 Abs 2 [X.] [X.]G).

7

Für die Bezeichnung des [X.] (§ 160a Abs 2 [X.] [X.]G) müssen die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden (vgl B[X.] SozR 1500 § 160a [X.] 14, 34, 36). Speziell für die Darlegung eines [X.] wegen nicht vorschriftsmäßiger Besetzung des erkennenden Gerichts aufgrund von "Abwesenheit" eines [X.]s während der mündlichen Verhandlung sind konkrete Tatsachen vorzutragen, welche eine Wahrnehmung des [X.]s von den wesentlichen Vorgängen der Verhandlung ausschließen. Dabei sind der [X.]punkt, die Dauer und die Einzelheiten des Verhaltens des [X.]s genau anzugeben. Weiterhin hat die Besetzungsrüge darzulegen, was während dieser [X.] in der mündlichen Verhandlung geschehen ist und welche für die Entscheidung wichtigen Vorgänge der [X.] nicht hat erfassen können (zu Fällen des "schlafenden [X.]s" vgl B[X.] Beschluss vom 18.3.2014 - B 12 R 37/13 B - Juris Rd[X.] 4; [X.]sbeschluss vom [X.] - BeckRS 2012, 73507 Rd[X.] 13; BVerwG Beschluss vom 22.5.2006 - 10 B 9/06 - [X.] Ziff 1 VwGO [X.] 45; BVerwG Beschluss vom 17.12.2003 - 4 BN 54/03 - [X.] 406.11 § 165 BauGB [X.] 13; BVerwG Beschluss vom 13.6.2001 - 5 [X.]/00 - [X.] § 138 Ziff 1 VwGO [X.]8 mwN; vgl [X.], [X.], 2. Aufl 2010, Rd[X.] 515). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

8

Denn der Kläger hat in seiner Beschwerdebegründung vorgebracht, der von seiner Position aus betrachtet rechts auf der [X.]bank sitzende ehrenamtliche [X.] habe während der gesamten Dauer der mündlichen Verhandlung von 10:22 Uhr bis 10:48 Uhr geschlafen und die Augen erst wieder geöffnet, als die Verhandlung beendet gewesen sei. Nach verspätetem Eintreffen und Platznehmen im Sitzungssaal sei er mit auf die Brust gesunkenem Haupt sofort eingeschlafen und habe tief sowie hörbar geatmet. Wegen des verspäteten Eintreffens dieses ehrenamtlichen [X.]s habe der erkennende [X.] des L[X.] das Urteil in der streitbefangenen Sache nicht nach Beratung am Ende der mündlichen Verhandlung, sondern erst am Ende des [X.] verkündet. Der ehrenamtliche [X.] sei am Ende der Verhandlung jedoch nicht orientiert gewesen und habe erst durch die R'inL[X.] [X.] darauf hingewiesen werden müssen, dass er sitzen bleiben könne, weil sogleich weiter verhandelt werde. Es habe sich ersichtlich nicht nur um eine kurzfristige Ablenkungs- und Ermüdungserscheinung gehandelt. Zum Beleg seiner Ausführungen hat der Kläger eidesstattliche Versicherungen seines [X.], der für ihn an der mündlichen Verhandlung vor dem L[X.] teilgenommen hatte, und seines ihn vertretenden Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt Dr. [X.] vorgelegt. Als weiteren Zeugen hat er zudem einen Dolmetscher benannt, der für die der Sache des [X.] folgende Verhandlung geladen und wegen des verspäteten [X.] bereits im Sitzungssaal anwesend gewesen sei.

9

2. Die Beschwerde ist auch begründet. Der geltend gemachte absolute Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des L[X.] bei der Durchführung der mündlichen Verhandlung am [X.] in der streitbefangenen Sache iS des § 202 S 1 [X.]G iVm § 547 [X.] 1 ZPO liegt hier vor.

Vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts iS des § 547 [X.] 1 ZPO bedeutet, dass jeder [X.] die zur Ausübung des [X.]amts erforderliche Verhandlungsfähigkeit besitzt und damit auch in der Lage ist, die wesentlichen Vorgänge der Verhandlung wahrzunehmen und sie aufzunehmen. Das wiederum setzt voraus, dass der [X.] körperlich und geistig im Stande ist, der Verhandlung in allen ihren wesentlichen Abschnitten zu folgen. Das Gericht, also jeder einzelne [X.], muss seine Überzeugung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewinnen (§ 128 Abs 1 S 1 [X.]G). Nur wenn der [X.] die wesentlichen Vorgänge der Verhandlung aufgenommen hat, ist er seiner Aufgabe gewachsen, sich sein Urteil selbstständig und ohne wesentliche Hilfe der anderen [X.] zu bilden und so an einer sachgerechten Entscheidung mitzuwirken. Die damit gebotene Aufmerksamkeit, die ihn befähigt, der Verhandlung zu folgen und sich den [X.] anzueignen, fehlt einem [X.], der in der mündlichen Verhandlung eingeschlafen ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn der [X.] wesentlichen Vorgängen nicht mehr folgen konnte. Allerdings sind Zeichen einer großen Ermüdung, Neigung zum Schlaf und das Kämpfen mit der Müdigkeit noch kein sicherer Beweis dafür, dass der [X.] die Vorgänge in der Verhandlung nicht mehr wahrnehmen konnte. Auch das Schließen der Augen und das Senken des Kopfes auf die Brust, selbst wenn es sich nicht nur auf wenige Minuten beschränkt, beweist noch nicht, dass der [X.] schläft. Diese Haltung kann vielmehr auch zur geistigen Entspannung oder besonderen Konzentration eingenommen werden. Deshalb kann erst dann davon ausgegangen werden, dass ein [X.] schläft oder in anderer Weise "abwesend" ist, wenn andere sichere Anzeichen hinzukommen, wie beispielsweise tiefes, hörbares und gleichmäßiges Atmen oder gar Schnarchen oder ruckartiges Aufrichten mit Anzeichen von fehlender Orientierung (vgl BVerwG Beschluss vom [X.]/06 - [X.] § 133 VwGO [X.] 88 - Juris Rd[X.] 2).

Es steht zur Überzeugung des [X.]s fest, dass der ehrenamtliche [X.] M. zumindest für einen erheblichen Teil der mündlichen Verhandlung geistig abwesend war und sich auf Grundlage des Verlaufs der mündlichen Verhandlung keine eigene Überzeugung in der Sache bilden konnte. Dies ergibt die Gesamtwürdigung der dienstlichen Äußerungen der Berufsrichter des 4. [X.]s des L[X.] Baden-Württemberg, der ehrenamtlichen [X.] [X.] und M. sowie der Vertreterin der Beklagten [X.], der eidesstattlichen Versicherungen des [X.] des [X.] und seines Rechtsanwalts sowie der schriftlichen Zeugenerklärung des Dolmetschers [X.] Dabei stützt sich der [X.] insbesondere auf die glaubhaften Angaben des Zeugen [X.] und der Vertreterin der Beklagten [X.] Anlass, an der Glaubwürdigkeit der Auskunftspersonen und Glaubhaftigkeit der Aussagen zu zweifeln, hat der [X.] nicht, so dass kein Erfordernis für deren persönliche Einvernahme bestand.

Der vor der Befragung durch den [X.] schriftlich belehrte Zeuge [X.] hat - im Übrigen in Übereinstimmung mit den Angaben aller anderen befragten Personen - ausgeführt, dass die Verhandlung in der Sache des [X.] wegen des verspäteten Erscheinens des ehrenamtlichen [X.]s M. zeitverzögert begonnen habe. Er, der Zeuge, sei für die darauf folgende Sache geladen gewesen und wegen des späteren Beginns der Sache des [X.] bereits während deren gesamter Verhandlung als Zuschauer anwesend gewesen. Dabei habe er vom Zuschauerraum aus einen freien Blick auf die [X.]bank gehabt und bemerkt, wie der rechts sitzende ehrenamtliche [X.] Schwierigkeiten gehabt habe, wach zu bleiben. Obwohl er einige Blätter Papier in der Hand gehalten habe, sei er offensichtlich ständig dabei gewesen einzunicken, seine Augen seien geschlossen, sein Körper nach vorn gebeugt gewesen und von [X.] zu [X.] sei er merklich leicht aufgeschreckt bzw habe sich kurz vor dem "[X.]" des Kopfes wieder gefangen. Auch habe er den Eindruck gewonnen, dass der oder die [X.]/[X.]in neben dem ehrenamtlichen [X.] dies ebenfalls bemerkt habe.

Letztere Angabe ist von den beiden beisitzenden Berufsrichtern bestätigt worden. Die R'inL[X.] [X.] hat ausgeführt, dass sie zwar keine lauten Atemgeräusche des [X.]s M. gehört habe, ihr jedoch aufgefallen sei, dass er seinen Kopf leicht seitlich nach vorne geneigt gehabt habe. Sie habe sodann den neben dem ehrenamtlichen [X.] M. sitzenden RL[X.] Dr. B. mit Blicken auf diesen Zustand aufmerksam gemacht. Zwar konnte sie sich sodann nicht erinnern, was weiter geschah. RL[X.] Dr. B. hat jedoch in seiner dienstlichen Stellungnahme vorgebracht, er habe den ehrenamtlichen [X.] M. auf die Blicke der R'inL[X.] [X.] hin beobachtet. Dabei sei ihm aufgefallen, dass dieser den Kopf nach vorne bzw seitlich gebeugt gehabt habe. Er habe den ehrenamtlichen [X.] daraufhin zwei oder drei Mal dezent mit dem Fuß angestoßen - ob auch mit der Hand, sei ihm nicht mehr erinnerlich -, um zu bewirken, dass dieser seine Körperhaltung ändere. Der ehrenamtliche [X.] habe hierauf jeweils reagiert und seine Körperhaltung für eine gewisse [X.] aufgerichtet.

Auch wenn RL[X.] Dr. B. angegeben hat, dass der ehrenamtliche [X.] seiner Wahrnehmung nach keinesfalls die gesamte Verhandlung geschlafen habe, so machen die drei zuvor dargestellten Angaben jedoch deutlich, dass der ehrenamtliche [X.] M. keineswegs nur einmal "kurz" eingenickt gewesen ist. Vielmehr belegen das mehrfache Anstoßen durch den neben ihm sitzenden Berufsrichter und der Hinweis durch Blicke seiner [X.]skollegin, dass er über einen gewissen [X.]raum geschlafen hat oder dem Schlaf zumindest so nahe war, dass er ersichtlich die Kontrolle über seine Körperhaltung verloren hatte. Das Anstoßen durch den Berufsrichter erklärt auch das vom Dolmetscher benannte leichte Aufschrecken und dann folgende "Wiederwegkippen" des Kopfes des ehrenamtlichen [X.]s M.

Letztlich bestätigt die Vertreterin der Beklagten [X.] diese Beobachtungen, wenn sie in ihrer Stellungnahme ausführt, ihr sei aufgefallen, dass ein ehrenamtlicher [X.] - von ihr aus gesehen rechts auf der [X.]bank sitzend - der mündlichen Verhandlung nicht habe konzentriert folgen können. Er habe auf sie einen nicht ganz ausgeschlafenen Eindruck gemacht und sei ihr in körperlich nicht guter Verfassung erschienen. Diese Angaben fügen sich in das zuvor nach den Angaben des Dolmetschers und der beiden berufsrichterlichen Beisitzer erkennbare Bild, dass der ehrenamtliche [X.] M. zumindest erhebliche Phasen während der mündlichen Verhandlung in der Streitsache des [X.] geistig abwesend war.

Insoweit ist es für den [X.] nicht entscheidend, wenn weder die Vertreterin der Beklagten noch die beiden Berufsrichter sich dahingehend festzulegen vermochten, dass der ehrenamtliche [X.] M. während der (gesamten) Verhandlung durchgehend geschlafen habe. Denn das "[X.]" war ersichtlich nicht auf ein punktuelles Ereignis beschränkt, sondern wiederholte sich. Unerheblich ist in einem Fall wie dem vorliegenden, wie oft und welche Teile der Verhandlung genau davon betroffen waren. Denn aus den Angaben in den Stellungnahmen und der Zeugenaussage wird deutlich, dass offensichtlich verschiedene Personen aus unterschiedlichen Blickwinkeln und zu unterschiedlichen [X.]punkten Beobachtungen zum "[X.]" oder einer den Schlaf nahelegenden Haltung des ehrenamtlichen [X.]s gemacht haben. So hat die R'inL[X.] [X.] den ehrenamtlichen [X.] zunächst beobachtet, danach musste sie sich mit Blicken die Aufmerksamkeit des RL[X.] Dr. B. verschaffen. Insoweit ist anzunehmen, dass während dieser [X.] keine Änderung in der Haltung des ehrenamtlichen [X.]s eingetreten ist. RL[X.] Dr. B. hat sodann den ehrenamtlichen [X.] wiederholt angestoßen, und nach den ebenfalls übereinstimmenden Angaben des [X.] sowie des Rechtsanwalts des [X.] in ihren eidesstattlichen Versicherungen war der ehrenamtliche [X.] M. auch zum Schluss der mündlichen Verhandlung offensichtlich nicht orientiert. Da die R'inL[X.] [X.] zudem Berichterstatterin in diesem Verfahren war und den Sachverhalt vorgetragen hat, geht der [X.] davon aus, dass sie auch erst danach Gelegenheit hatte, den ehrenamtlichen [X.] zu beobachten und den Versuch zu unternehmen, den [X.] auf ihre Beobachtung aufmerksam zu machen. Aus dem Vorbringen des Zeugen [X.] sowie des [X.] des [X.] und des Rechtsanwalts, dass der ehrenamtliche [X.] sogleich zu Beginn der mündlichen Verhandlung einen schläfrigen Eindruck erweckt habe, muss zudem geschlossen werden, dass er auch den Sachbericht der R'inL[X.] [X.] zumindest nicht vollständig wahrgenommen hat. Wenn es sich demnach um einen kontinuierlichen Vorgang - wenn auch mit gewissen Unterbrechungen - handelte, kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass der betreffende [X.] sich seine Überzeugung aus dem Verlauf der mündlichen Verhandlung bilden konnte. Auch ist auszuschließen, dass es sich bei der eingenommenen Körperhaltung nur um eine solche gehandelt hat, die der besseren Konzentration oder der besseren akustischen Wahrnehmung der Ausführungen von Gericht und Beteiligten zu dienen bestimmt war.

Der [X.] verkennt dabei nicht, dass der Prozessbevollmächtigte des [X.] ein zumindest professionelles Interesse an dem Ausgang des Verfahrens hat; allein hieraus folgt indes nicht, dass seine Angaben unzutreffend sind. Wenn auch entgegen dem Vortrag des [X.] ein durchgehendes Schlafen des ehrenamtlichen [X.]s M. nicht erkennbar ist, fehlt es an greifbaren Anhaltspunkten dafür, dass seine Angaben parteilich eingefärbt sein könnten. Sie stimmen abgesehen von der Dauer des Schlafs insbesondere in dem zuvor dargelegten Umfang im [X.] mit den Angaben in den dienstlichen Stellungnahmen und der Zeugenaussage überein. Die Ausführungen des VRL[X.] N., dass er keine Beobachtungen der vorbezeichneten Art gemacht habe, sprechen ebenfalls nicht gegen die Wertung des [X.]s. Denn dass er während der Verhandlungsführung sich den Beteiligten zugewandt und nicht den ehrenamtlichen [X.] im Blick hatte, ist ebenso glaubhaft wie seine Angaben, er habe erst nach dem Schluss der Sitzung von den Vorgängen erfahren, wie sie in den dienstlichen Stellungnahmen der beiden weiteren Berufsrichter dargelegt sind. Auch die Angaben des ehrenamtlichen [X.]s [X.] führen nicht zu einem anderen Ergebnis, denn er konnte sich an keine spezifischen Beobachtungen bezüglich des ehrenamtlichen [X.]s M. erinnern. Auch dies erscheint angesichts dessen, dass er am anderen Ende der [X.]bank saß, glaubhaft, ohne dass es den Beweiswert der Angaben der anderen Beobachter, die ein besseres Blickfeld hatten, schmälert. Der betroffene ehrenamtliche [X.] M. hat zwar kein genaues Erinnerungsvermögen an die spezielle Situation in der mündlichen Verhandlung des [X.] aufzeigen können. Er hat vielmehr ausgeführt, dass er den Verläufen der Verhandlungen - "wie immer" - habe folgen können. Da es sich insoweit jedoch um Angaben in eigener Sache handelt, sieht sich der [X.] nicht gehindert, gleichwohl den im [X.] übereinstimmenden Angaben der außenstehenden Beobachter ein größeres Gewicht beizumessen.

Da die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 [X.] [X.]G vorliegen, steht es im Ermessen des erkennenden [X.]s, nach § 160a Abs 5 [X.]G zu verfahren. Im Rahmen dieser Ermessensausübung ist der [X.] nicht daran gebunden, dass der Kläger nur die Zulassung der Revision und nicht oder ggf hilfsweise die Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie die Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz beantragt hat. Der [X.] verweist den Rechtsstreit maßgeblich aus prozessökonomischen Gründen an das L[X.] zurück.

Das L[X.] wird auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

Meta

B 13 R 289/16 B

12.04.2017

Bundessozialgericht 13. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Heilbronn, 11. Juli 2013, Az: S 3 R 1250/12, Urteil

§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160a Abs 5 SGG, § 202 S 1 SGG, § 547 Nr 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 12.04.2017, Az. B 13 R 289/16 B (REWIS RS 2017, 12498)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 12498

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