Bundessozialgericht, Beschluss vom 11.03.2016, Az. B 9 V 3/16 B

9. Senat | REWIS RS 2016, 14651

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - sozialgerichtliches Verfahren - Verfahrensfehler - Amtsermittlungsgrundsatz - Würdigung eines Sachverständigengutachtens - Aufgabe des Tatsachenrichters - Bitte um rechtlichen Hinweis für den Fall einer abweichenden Beurteilung - Übergehen eines Beweisantrags - Darlegungsanforderungen


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 14. Oktober 2015 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. In der Hauptsache begehrt die Klägerin Opferentschädigung nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 25 in der Folge einer am [X.] durch ihren ehemaligen Lebensgefährten zugefügten Stichverletzung. Der Beklagte erkannte Schädigungsfolgen lediglich mit einem GdS von unter 25 an (Bescheid vom 10.11.2011; Widerspruchsbescheid vom 18.3.2013). Das [X.] hat die Klage nach psychiatrisch-neurologischer Begutachtung der Klägerin (von Amts wegen und auf Antrag nach § 109 [X.]G) abgewiesen (Urteil vom 10.10.2014). Das L[X.] hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und zur Begründung ua ausgeführt, die verbliebenen somatischen Schäden seien mit einem GdS von 10 zu bewerten, die psychische Schädigung bedinge wegen eines [X.] keinen höheren GdS als maximal 20. Dies habe der auf Antrag nach § 109 [X.]G tätige Gutachter nicht zutreffend erfasst, soweit er für einen vorübergehenden Zeitraum einen GdS von 25 vorgeschlagen habe (Urteil vom 14.10.2015).

2

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des L[X.] und rügt einen Verfahrensfehler.

3

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der sinngemäß geltend gemachte Zulassungsgrund des [X.] nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 [X.]G).

4

1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde wie im Fall der Klägerin darauf gestützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 [X.]G), so müssen bei der Bezeichnung des [X.] (§ 160a Abs 2 S 3 [X.]G) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Gemäß § 160 Abs 2 [X.] [X.]G kann der geltend gemachte Verfahrensmangel dabei nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 [X.]G und auf eine Verletzung des § 103 [X.]G nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das L[X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

5

Die Beschwerdebegründung führt an, dem angegriffenen Urteil sei zu entnehmen, dass das L[X.] den Ausführungen des Sachverständigen nach § 109 [X.]G nicht habe folgen wollen. Für diesen Fall sei mit Schriftsatz vom 30.6.2015 ausdrücklich um einen richterlichen Hinweis gebeten und implizit ein Beweisantrag gestellt worden. Damit rügt die Klägerin sinngemäß eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht. Ein im Berufungsverfahren anwaltlich vertretener Beteiligter - wie die Klägerin - kann aber nur dann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags gehört werden, wenn er diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag in seinem Urteil wiedergibt ( stRspr, vgl zB B[X.] SozR 4-1500 § 160 [X.] RdNr 11 mwN). Dass dies geschehen sei, behauptet die Klägerin nicht.

6

Soweit die Beschwerdebegründung sinngemäß auch eine Verletzung rechtlichen Gehörs rügt, wird der behauptete [X.] nicht hinreichend substantiiert dargetan. Der Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör verpflichtet das Prozessgericht grundsätzlich nicht, die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gesichtspunkte vorher mit den Beteiligten zu erörtern (vgl B[X.] SozR 3-1500 § 112 [X.] mwN). Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen rechtlichen Gesichtspunkt stützt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger [X.] selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchte (vgl [X.] 86, 133, 144 f). Die Beschwerdebegründung setzt sich nicht damit auseinander, ob und inwieweit dies hier der Fall sein könnte, gemessen daran, dass die Würdigung der eingeholten Sachverständigengutachten ureigene tatrichterliche Aufgabe ist.

7

2. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung [X.] zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 [X.]G).

8

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 [X.]G).

9

4. [X.] beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 [X.]G.

Meta

B 9 V 3/16 B

11.03.2016

Bundessozialgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: V

vorgehend SG Koblenz, 10. Oktober 2014, Az: S 4 VG 5/13, Urteil

§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 S 3 Halbs 1 SGG, § 160 Abs 2 S 3 Halbs 2 SGG, § 128 Abs 1 S 1 SGG, § 103 SGG, § 109 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 11.03.2016, Az. B 9 V 3/16 B (REWIS RS 2016, 14651)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 14651

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