Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2001, Az. 4 StR 104/01

4. Strafsenat | REWIS RS 2001, 1919

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[X.] DES VOLKESUrteil4 StR 104/01vom12. Juli 2001in der Strafsachegegenwegen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer u.a.- 2 -Der 4. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 12. Juli 2001,an der teilgenommen haben:[X.] am [X.]. [X.],[X.] am [X.],[X.],[X.]in am [X.] am [X.]. [X.]als [X.],Staatsanwalt als Vertreter der [X.],Rechtsanwalt als Verteidiger,Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil [X.] vom 22. September 2000 wirdmit der Maßgabe verworfen, daß der Angeklagte [X.] II 1 der Urteilsgründe des räuberischen Angriffs [X.] in Tateinheit mit schwerer räuberischer [X.] schuldig ist.2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittelszu tragen.Von Rechts wegenGründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen räuberischen Angriffs [X.] zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten sowiewegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fah-ren ohne Fahrerlaubnis unter Einbeziehung einer Geldstrafe aus einer Vorver-urteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt.Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichenRechts. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.1. Die Überprüfung des Schuldspruchs aufgrund der [X.] hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Jedochbedarf der Schuldspruch im [X.] 1 der Urteilsgründe der Änderung dahin, daßder Angeklagte tateinheitlich mit dem räuberischen Angriff auf Kraftfahrer derschweren räuberischen Erpressung schuldig ist.- 4 -a) Nach den Feststellungen schichteten der Angeklagte, sein Bruder Mi-chael und der zur Tatzeit strafunmündige [X.]auf der [X.] auf, um das erwartete Lieferfahrzeug des Lokals, bei dem sie Essen("Döner") bestellt hatten, zum Anhalten zu zwingen. Da sie nicht über genü-gend Bargeld verfügten, um das bestellte Essen zu bezahlen, wollten sie [X.] des Lieferwagens zur Herausgabe der Döner zwingen und "das Auto"nach dem Anhalten ausrauben ([X.]). Mit Billigung des Angeklagten hatten[X.]einen [X.] und [X.]einen [X.] beschafft, [X.] einen eventuellen Widerstand des [X.] gewalt-sam oder durch Drohung mit dem Einsatz dieser Gegenstände zu verhindernoder zu überwinden." Als das Lieferfahrzeug vor dem Hindernis anhielt, verlie-ßen [X.]und [X.]ihr Versteck. [X.]bedrohte [X.] und dann die Fahrerin des [X.] mit dem [X.]. [X.]schlug mit dem [X.] auf das Auto. Sie verlangten [X.] von Geld. Als beide Insassinnen erklärten, kein Geld bei sich zuhaben, ließen sich [X.]und [X.]das bestellte Essen her-ausgeben und entfernten sich. Der Angeklagte hatte nicht, wie ursprünglichvereinbart, bei dem Herannahen des [X.] sein Versteck am [X.] verlassen, sondern war dort geblieben, "weil er sich - seinen ur-sprünglichen Bedenken folgend - an dem Raub nicht mehr beteiligen [X.] hatte sich noch vor der Herausgabe der Lieferung an seinen Bruder und[X.]entfernt.b) Entgegen der Auffassung des [X.]s ist der Angeklagte [X.] lediglich Mittäter des räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer gemäߧ 316 a StGB, sondern auch der hierzu in Tateinheit (vgl. [X.] NStZ 1999,350 f.) stehenden schweren räuberischen Erpressung gemäß §§ 253, 255, 250- 5 -Abs. 2 Nr. 1 StGB. Der durch das Auftürmen des Hindernisses auf der Straßeunter Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs verübteAngriff auf die Entschlußfreiheit der Insassinnen des [X.], an dem sichder Angeklagte mit Täterwillen beteiligt hatte, diente zugleich auch der Ausfüh-rung der geplanten schweren räuberischen Erpressung. Der Angeklagte mußsich demgemäß als Mittäter nach § 25 Abs. 2 StGB auch die weiteren zur Voll-endung der schweren räuberischen Erpressung führenden objektiven Ausfüh-rungshandlungen seiner Mittäter zurechnen lassen, die sich im Rahmen deszuvor gefaßten gemeinsamen Tatplanes hielten. Daß sich der Angeklagte,nachdem das [X.] vor dem von ihm mit errichteten Hindernis angehaltenhatte, entgegen der ursprünglichen Planung an der weiteren Tatausführungnicht mehr beteiligte, steht dem nicht entgegen. Die Voraussetzungen einesstrafbefreienden Rücktritts nach § 24 StGB liegen nicht vor. § 24 Abs. 1 StGBregelt, was das [X.] übersehen hat, nur den Rücktritt des [X.].Bei Beteiligung mehrerer an einer Straftat findet die Rücktrittsregelung des§ 24 Abs. 2 StGB Anwendung. Die Voraussetzungen der bei Vollendung dergeplanten Tat anzuwendenden Rücktrittsregelung des § 24 Abs. 2 Satz 2 StGBsind jedoch schon deshalb nicht gegeben, weil der Angeklagte sich nicht frei-willig und ernsthaft um die Verhinderung der Vollendung der schweren räuberi-schen Erpressung bemüht hat.c) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. Das Verschlechte-rungsverbot gemäß § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO wird durch die Schuldsprucher-gänzung nicht verletzt; denn es schließt das Risiko einer Verschärfung [X.] nicht aus (vgl. [X.] in KK 4. Aufl. § 358 StPO Rdn. 18).§ 265 StPO steht nicht entgegen, weil auszuschließen ist, daß sich der [X.] -dige Angeklagte gegen den Vorwurf der mittäterschaftlichen schweren räuberi-schen Erpressung anders als geschehen hätte verteidigen [X.] Auch der Strafausspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand.a) Entgegen der Auffassung der Revision ist die im [X.] 1 der Urteils-gründe gegen den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe von zwei Jahren undsechs Monaten weder "unangemessen hoch" noch liegen ihr rechtsfehlerhafteZumessungserwägungen zum Nachteil des Angeklagten zugrunde.Das [X.] hat die Strafe, weil fidie Tat erheblich von den sonstgewöhnlich vorkommenden Fällen eines räuberischen Angriffs auf Kraftfahrerflabweicht, dem wegen der alkoholbedingten erheblichen Verminderung [X.] des Angeklagten gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilder-ten Strafrahmen des § 316 a Abs. 2 StGB entnommen. Innerhalb des [X.] Verfügung stehenden Strafrahmens von drei Monaten bis zu sieben [X.] Monaten löst sich die verhängte Strafe nicht so weit nach oben von [X.], gerechter [X.] zu sein, daß sie nicht mehr innerhalbdes dem Tatrichter eingeräumten Spielraums liegt (vgl. [X.]St 34, 345, 349;[X.]R StGB § 46 Abs. 1 Strafhöhe 10), zumal der Angeklagte zehn Monate vorder Tat wegen Raubes zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteiltworden war und unter Bewährung stand.Bei der Bemessung der Strafe hat das [X.] die für ihre Bestim-mung wesentlichen Umstände angegeben und dabei alle nach den [X.] kommenden Milderungsgründe berücksichtigt. Die Annahmeder Revision, das [X.] habe gleichwohl "nicht hinreichend in die Fin-- 7 -dung der konkreten tat- und schuldangemessenen Strafe einfließen lassen",daß der Angeklagte sich von der durchgeführten Tat habe distanzieren [X.] dies auch "durch das Abwenden vom [X.]" dokumentiert habe, findet inden Urteilsgründen keine Stütze. Vielmehr hat das [X.] einen minderschweren Fall im Sinne des § 316 a Abs. 2 StGB "schon deshalb" als gegebenangesehen, "weil der Angeklagte von der ursprünglich geplanten [X.] räuberischen Erpressung strafbefreiend zurückgetreten war", undbei der Bemessung der verhängten [X.] zu Gunsten des [X.] auch berücksichtigt, daß "er die geplante räuberische Erpres-sung letztendlich nicht ausgeführt und hinsichtlich des räuberischen Angriffsauf Kraftfahrer nur einen verhältnismäßig geringfügigen Tatbeitrag [X.]". Daß es das Verhalten des Angeklagten nicht lediglich als eine Distanzie-rung von der weiteren Tatausführung, sondern darüber hinaus - [X.] - als strafbefreienden Rücktritt gewertet hat, beschwert den [X.].Die gegen ihn verhängte Freiheitsstrafe ist auch im [X.] zu der ge-gen den Mitangeklagten [X.]wegen dieser Tat verhängten [X.] von zwei Jahren aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Im Gegen-satz zu seinem Bruder [X.] war der Angeklagte einschlägig vorgeahndetund stand unter [X.]) Die im [X.] 2 der Urteilsgründe wegen fahrlässiger Trunkenheit [X.] in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis verhängtenFreiheitsstrafe von vier Monaten hält ebenfalls rechtlicher Nachprüfung stand.Insbesondere ist die Erwägung des [X.]s, eine solche Freiheitsstrafesei gemäß § 47 Abs. 1 StGB "sowohl zur Einwirkung auf den Angeklagten als- 8 -auch zur Verteidigung der Rechtsordnung unerläßlich", weil er sich nur22 Tage nach dieser Tat erneut in gleicher Weise strafbar gemacht habe([X.]), unter den hier gegebenen Umständen nicht zu beanstanden.Die Begehung einer weiteren Straftat nach der abgeurteilten Tat kanngrundsätzlich auch für die zuvor begangene Tat strafschärfend berücksichtigtwerden. Dies setzt allerdings voraus, daß die weitere Straftat nach ihrer Artund nach der Persönlichkeit des [X.] hinsichtlich der abgeurteilten Tat [X.], Gefährlichkeit und die Gefahr künftiger Rechtsbrücheschließen läßt (vgl. StGB § 46 Abs. 2 Nachtatverhalten 25). Diese Vorausset-zungen liegen nach den Feststellungen vor:Dem Angeklagten war durch Bußgeldbescheid vom 13. September 1999für die Dauer von einem Monat das Führen eines Kraftfahrzeuges untersagtworden. Dieses Fahrverbot wurde in der [X.] vom 8. Dezember 1999 bis [X.] Januar 2000 vollstreckt. Der Angeklagte beging die abgeurteilte Tat [X.] einen Tag nach dem Beginn der Vollstreckung des Fahrverbotes und nur22 Tage danach die weitere durch Strafbefehl mit einer Geldstrafe geahndeteTat und stand zudem bei Begehung auch dieser Taten unter [X.]) Auch die Entscheidung des [X.]s, die aus der im [X.] 2 ver-hängten und der Geldstrafe von 90 Tagessätzen aus dem Strafbefehl vom [X.] 2000 gemäß § 55 StGB gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe von sechs [X.], nicht zur Bewährung auszusetzen, begegnet keinen durchgreifendenrechtlichen Bedenken. Zwar fehlen Ausführungen dazu, warum das [X.] die Vollstreckung der Gesamtstrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt hat.Darin liegt aber kein sachlich-rechtlicher Mangel, weil eine Strafaussetzung- 9 -nach den Feststellungen nicht nahe lag und eine Erörterung dieser Frage [X.] für die revisionsrechtliche Überprüfung auch sonst nicht gebotenwar (vgl. [X.]R StGB § 56 Abs. 1 Sozialprognose 1). Das [X.] hat, [X.] dem Gesamtzusammenhang, insbesondere den Ausführungen zu § 47StGB, nicht zweifelhaft sein kann, die Strafaussetzung deswegen versagt, [X.] dem Angeklagten keine günstige Sozialprognose (§ 56 Abs. 1 StGB) stellenkonnte.3. Einer Nachholung der nach den Urteilsgründen versehentlich unter-lassenen Entscheidung über die Aufrechterhaltung der in dem vorgenanntenStrafbefehl angeordneten Sperrfrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnissteht das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO entgegen.Die vom [X.] in seiner Antragsschrift angeführte Entschei-dung des Senats ([X.] 1979, 683) betrifft eine andere Fallgestaltung, nämlicheine zuungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwalt-schaft, wobei allerdings möglicherweise übersehen wurde, daß die im vo-- 10 -rausgegangenen Revisionsverfahren eingelegte Revision der Staatsanwalt-schaft auf den Strafausspruch beschränkt war.[X.] Maatz [X.]+

Meta

4 StR 104/01

12.07.2001

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2001, Az. 4 StR 104/01 (REWIS RS 2001, 1919)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 1919

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