Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 07.10.2015, Az. 7 AZR 944/13

7. Senat | REWIS RS 2015, 4320

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Gegenstand

Befristung - Sachgrund der Vertretung - Schule - Rechtsmissbrauch


Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 17. Juli 2013 - 7 [X.]/13 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung des letzten mit der Klägerin abgeschlossenen Arbeitsvertrags sowie über Vergütungsansprüche aus Annahmeverzug für die [X.] vom 28. August 2010 bis zum 31. Dezember 2010.

2

Die Klägerin war seit dem 29. Oktober 2001 auf der Grundlage von insgesamt 19 befristeten Arbeitsverträgen als Lehrkraft im [X.]ach Hauswirtschaft bei dem beklagten Land beschäftigt. Sie wurde im Bereich von zwei Bezirksregierungen an drei [X.]ulen eingesetzt. Im Einzelnen handelte es sich um folgende Beschäftigungszeiten:

        

29. Oktober 2001 bis 17. Juli 2002:

        

Elternzeitvertretung für die Lehrkraft C, 2/27 Stunden, Realschule G ([X.]). [X.]rau C war Erziehungsurlaub für die [X.] vom 20. August 2001 bis zum 31. August 2002 bewilligt worden.

        

18. Juli 2002 bis 30. Juli 2003:

        

Elternzeitvertretung für die Lehrkraft S, 2/27 Stunden, Realschule [X.] war Erziehungsurlaub für den [X.]raum vom 29. April 2001 bis zum 15. [X.]ebruar 2004 bewilligt worden. Die Klägerin befand sich in der [X.] vom 15. März 2003 bis zum 18. Juli 2003 im Mutterschutz.

        

31. Juli 2003 bis 13. [X.]ebruar 2004:

        

Elternzeitvertretung für die Lehrkraft S, 2/27 Stunden, Realschule G.

        

6. September 2004 bis 23. Dezember 2004:

        

Krankheitsvertretung für die Lehrkraft M, 14/28 Stunden, Gemeinschaftshauptschule B (Kreis Dü).

        

24. Dezember 2004 bis 31. Januar 2005:

        

Krankheitsvertretung für die Lehrkraft M, 14/28 Stunden, Gemeinschaftshauptschule B (Kreis Dü).

        

10. Januar 2005 bis 31. Januar 2005:

        

Krankheitsvertretung für die Lehrkräfte M und [X.], 25/28 Stunden, Gemeinschaftshauptschule B (Kreis Dü).

        

1. [X.]ebruar 2005 bis 6. Juli 2005:

        

Elternzeitvertretung für die Lehrkraft E, 14/28 Stunden, Gemeinschaftshauptschule B (Kreis Dü).

        

22. August 2005 bis 23. Dezember 2005:

        

Krankheitsvertretung für die Lehrkraft [X.], 20/28 Stunden, Gemeinschaftshauptschule B (Kreis Dü).

        

24. Dezember 2005 bis 7. April 2006:

        

Krankheitsvertretung für die Lehrkraft [X.], 20/28 Stunden, Gemeinschaftshauptschule B (Kreis Dü).

        

8. April 2006 bis 23. Juni 2006:

        

Krankheitsvertretung für die Lehrkraft [X.], 20/28 Stunden, Gemeinschaftshauptschule B (Kreis Dü).

        

16. Oktober 2006 bis 20. Dezember 2006:

        

Krankheitsvertretung für die Lehrkraft [X.], 20/28 Stunden, Gemeinschaftshauptschule B (Kreis Dü).

        

21. Dezember 2006 bis 31. Januar 2007:

        

Krankheitsvertretung für die Lehrkraft [X.], 20/28 Stunden, Gemeinschaftshauptschule B (Kreis Dü). Die Mitarbeiterin [X.] wurde mit Ablauf des 31. Januar 2007 in den Ruhestand versetzt.

        

12. [X.]ebruar 2007 bis 20. Juni 2007:

        

16/28 Stunden aufgrund eines von der [X.]ule ermittelten Vertretungskonzepts, Gemeinschaftshauptschule B (Kreis Dü).

        

6. August 2007 bis 20. August 2007:

        

Elternzeitvertretung für die Lehrkraft [X.], 13,5/25,5 Stunden, Gesamtschule N ([X.]). [X.]rau [X.] war Elternzeit für den [X.]raum vom 4. August 2007 bis zum 8. August 2008 bewilligt worden.

        

21. August 2007 bis 27. November 2007:

        

Mutterschutzvertretung für die Lehrkraft [X.], Vollzeit, Gesamtschule N. Die Mutterschutzfrist von [X.]rau [X.] begann am 21. August 2007 und endete am 27. November 2007.

        

28. November 2007 bis 25. Juni 2008:

        

Elternzeitvertretung für die Lehrkraft [X.], Vollzeit, Gesamtschule N. [X.]rau [X.] war auf ihren Antrag vom 5. November 2007 Elternzeit bis zum 6. Oktober 2009 bewilligt worden.

        

26. Juni 2008 bis 31. Januar 2009:

        

Elternzeitvertretung für die Lehrkraft U, Vollzeit, Gesamtschule N. [X.]rau U war auf ihren Antrag vom 17. Januar 2008 Elternzeit für den [X.]raum vom 9. August 2008 bis zum 25. [X.]ebruar 2009 bewilligt worden.

        

1. [X.]ebruar 2009 bis 6. Oktober 2009:

        

Elternzeitvertretung für die Lehrkräfte [X.] und [X.], Vollzeit, Gesamtschule N. [X.]rau [X.] war Elternzeit bis zum 18. Oktober 2009 bewilligt worden.

        

7. Oktober 2009 bis 27. August 2010:

        

[X.] und Elternzeitvertretung für die Lehrkraft [X.] (zweites Kind), Vollzeit, Gesamtschule N, Änderungsvertrag vom 2./6. Oktober 2009 zum Arbeitsvertrag vom 3. August 2007. [X.]rau [X.] war auf Antrag vom 11. September 2009 Elternzeit bis zum 13. August 2011 gewährt worden.

3

Das beklagte Land lehnte eine Beschäftigung der Klägerin über den 27. August 2010 hinaus ab.

4

Mit ihrer am 2. September 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Befristungskontrollklage hat die Klägerin insbesondere die Auffassung vertreten, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der im Änderungsvertrag vom 2./6. Oktober 2009 getroffenen [X.] zum 27. August 2010 beendet worden sei. Die Befristung sei rechtsmissbräuchlich. Aufgrund der Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses von über acht Jahren sowie der Anzahl von 19 Befristungen sei ein sog. institutioneller Rechtsmissbrauch indiziert.

5

Die Klägerin hat zuletzt - soweit für die Revision noch von Bedeutung - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der im Änderungsvertrag vom 2./6. Oktober 2009 unter § 1 getroffenen [X.] zum 27. August 2010 beendet ist,

        

2.    

das beklagte Land zu verurteilen, an sie

                 

a)    

für August 2010 ein restliches Bruttoentgelt in Höhe von 345,26 Euro nebst einem [X.] von 100,37 Euro abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 229,80 Euro netto zu zahlen,

                 

b)    

für September 2010 ein Bruttoentgelt in Höhe von 2.675,76 Euro nebst [X.] in Höhe von 777,20 Euro abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.723,50 Euro netto zu zahlen,

                 

c)    

für Oktober 2010 ein Bruttoentgelt in Höhe von 2.675,76 Euro nebst [X.] in Höhe von 777,20 Euro abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.723,50 Euro netto zu zahlen,

                 

d)    

für November 2010 ein Bruttoentgelt in Höhe von 5.217,73 Euro nebst [X.] in Höhe von 777,20 Euro abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.723,50 Euro netto zu zahlen,

                 

e)    

für Dezember 2010 ein Bruttoentgelt in Höhe von 2.675,76 Euro nebst [X.] in Höhe von 777,20 Euro abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.723,50 Euro netto zu zahlen.

6

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, ein möglicherweise indizierter institutioneller Rechtsmissbrauch sei widerlegt. Die Klägerin sei nicht über einen langen [X.]raum auf derselben Stelle beschäftigt worden. Sie habe ihre Arbeitsleistung vielmehr während der Dauer ihres Arbeitsverhältnisses an drei verschiedenen [X.]ulen in unterschiedlichen Städten und im Bereich von zwei verschiedenen Bezirksregierungen erbracht. Zudem sei sie in unterschiedlichen [X.]ulformen mit einem unterschiedlichen Lehrdeputat zwischen zwei und 25,5 Stunden beschäftigt worden. Die einzelnen Befristungen hätten sich an Dauer und Umfang des Ausfalls der vertretenen Lehrkraft orientiert. Die Befristung des jeweiligen Arbeitsvertrags auf das Ende des [X.]ulhalbjahres bzw. [X.]uljahres hänge damit zusammen, dass sich zu jedem neuen [X.]uljahr unter Berücksichtigung fächerspezifischer Gesichtspunkte ein spezieller Vertretungsbedarf stelle. Da keine Verpflichtung bestehe, eine Vertretungsreserve vorzuhalten, komme es nicht entscheidend darauf an, ob nach dem 27. August 2010 ein Vertretungsbedarf für die Klägerin im [X.] oder im Bereich der [X.] vorhanden gewesen sei.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre zuletzt gestellten Klageanträge weiter. Das beklagte Land beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Befristungskontrollklage der Klägerin zu Recht abgewiesen. Deshalb stehen der Klägerin auch die geltend gemachten Vergütungsansprüche für die [X.] nach dem Vertragsende am 27. August 2010 nicht zu.

9

I. Die in dem letzten Arbeitsvertrag vom 2./6. Oktober 2009 vereinbarte Befristung zum 27. August 2010 ist, wie das [X.] zutreffend erkannt hat, durch den Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 [X.], § 21 Abs. 1 [X.] gerechtfertigt. Die Würdigung des [X.]s, die Befristung sei nicht wegen institutionellen Rechtsmissbrauchs unwirksam, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

1. Die streitbefangene Befristung ist durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt.

a) Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist die Befristung eines Arbeitsvertrags zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 [X.] vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Der Sachgrund der Vertretung wird durch § 21 Abs. 1 [X.] konkretisiert ([X.] 29. April 2015 - 7 [X.] - Rn. 16; vgl. auch [X.] 19. Februar 2014 - 7 [X.] - Rn. 27 ; 18. Juli 2012 - 7 [X.]/09 - Rn. 16, [X.]E 142, 308; 12. Januar 2011 -  7 [X.]  - Rn. 13 ). Danach ist die Befristung eines Arbeitsverhältnisses ua. dann gerechtfertigt, wenn ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers oder einer anderen Arbeitnehmerin für die Dauer des Beschäftigungsverbots nach dem Mutterschutzgesetz, einer Elternzeit oder einer auf Tarifvertrag oder einzelvertraglicher Vereinbarung beruhenden Arbeitsfreistellung zur Betreuung eines Kindes eingestellt wird.

b) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden und von der Revision nicht gerügten Feststellungen des [X.]s sind hier die Voraussetzungen einer mittelbaren Vertretung erfüllt. Die streitgegenständliche Befristung beruht auf dem Ausfall der Lehrkraft Ka. Frau Ka befand sich zunächst im Mutterschutz und sodann in Elternzeit. Aufgrund einer Vertretungskette besteht der erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen dem zeitweiligen Ausfall der Lehrkraft Ka und der befristeten Einstellung der Klägerin. Dies wird von der Klägerin nicht in Frage gestellt.

2. Die Befristung ist auch nicht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs unwirksam.

a) Die Gerichte dürfen sich bei der [X.] nicht auf die Prüfung des geltend gemachten [X.] beschränken. Sie sind vielmehr aus unionsrechtlichen Gründen verpflichtet, durch Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auszuschließen, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgreifen ( [X.] 26. November 2014 - [X.]/13 ua. - [[X.]] Rn. 102 ff.; 26. Januar 2012 - [X.]/10 - [[X.]] Rn. 40). Diese zusätzliche Prüfung ist im [X.] Recht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs(§ 242 BGB) vorzunehmen (vgl. [X.] 29. April 2015 - 7 [X.] - Rn. 24; 12. November 2014 - 7 [X.] 891/12 - Rn. 27 ; grundlegend [X.] 18. Juli 2012 - 7 [X.]/09 - Rn. 38 , [X.]E 142, 308 und -  7 [X.] 783/10  - Rn. 33).

aa) Die Prüfung, ob der Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgegriffen hat, verlangt eine Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls (vgl. [X.] 26. November 2014 - [X.]/13 ua. - [[X.]] Rn. 102; 26. Januar 2012 - [X.]/10 - [[X.]] Rn. 40, 43, 51, 55; st. Rspr. seit [X.] 18. Juli 2012 - 7 [X.]/09 - Rn. 40 , [X.]E 142, 308 ). Von besonderer Bedeutung sind die Gesamtdauer der befristeten Verträge sowie die Anzahl der Vertragsverlängerungen. Ferner ist der Umstand zu berücksichtigen, ob der Arbeitnehmer stets auf demselben Arbeitsplatz mit denselben Aufgaben beschäftigt wurde oder ob es sich um wechselnde, ganz unterschiedliche Aufgaben handelt. Bei zunehmender Anzahl befristeter Verträge und Dauer der befristeten Beschäftigung eines Arbeitnehmers kann es eine missbräuchliche Ausnutzung der dem Arbeitgeber an sich rechtlich eröffneten Befristungsmöglichkeit darstellen, wenn er gegenüber einem bereits langjährig beschäftigten Arbeitnehmer trotz der tatsächlich vorhandenen Möglichkeit einer dauerhaften Einstellung immer wieder auf befristete Verträge zurückgreift ([X.] 19. Februar 2014 - 7 [X.] - Rn. 36 mwN). Zu berücksichtigen ist außerdem, ob die Laufzeit der Verträge zeitlich hinter dem prognostizierten Vertretungsbedarf zurückbleibt ([X.] 18. Juli 2012 - 7 [X.]/09 - Rn. 46, aaO). Bei der Gesamtwürdigung können daneben weitere Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Zu denken ist dabei etwa an die Zahl und Dauer von Unterbrechungen zwischen den befristeten Verträgen ([X.] 10. Juli 2013 - 7 [X.] 761/11 - Rn. 27). Bei der Gesamtbeurteilung ist die Übereinstimmung von [X.] und [X.] als Indiz gegen einen Gestaltungsmissbrauch zu berücksichtigen. Daneben können grundrechtlich gewährleistete Freiheiten von Bedeutung sein ([X.] 29. April 2015 - 7 [X.] - Rn. 25; 24. September 2014 - 7 [X.] 987/12 - Rn. 38; 19. Februar 2014 - 7 [X.] - Rn. 36; 18. Juli 2012 - 7 [X.]/09 - Rn. 47, aaO). Außerdem sind die besonderen Anforderungen der in Rede stehenden Branchen und/oder [X.] zu berücksichtigen, sofern dies objektiv gerechtfertigt ist ([X.] 26. Februar 2015 - [X.]/14 - [Kommission/[X.]] Rn. 40). Der Schulbereich zeugt von der Notwendigkeit besonderer Flexibilität, die den Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge gemäß § 5 Nr. 1 Buchst. a der [X.] über befristete Arbeitsverhältnisse im Anhang der Richtlinie 1999/70/[X.] vom 28. Juni 1999 objektiv rechtfertigen kann, um dem Bedarf der Schulen angemessen gerecht zu werden und um zu verhindern, dass der Staat als Arbeitgeber dem Risiko ausgesetzt wird, erheblich mehr feste Lehrkräfte anzustellen, als zur Erfüllung seiner Verpflichtungen auf diesem Gebiet tatsächlich notwendig sind ([X.] 26. November 2014 - [X.]/13 ua. - [[X.]] Rn. 95). Allerdings wird auch in diesen für den Schulbereich nicht untypischen Fallkonstellationen eine weitere Prüfung der Umstände des Einzelfalls verlangt, um einen missbräuchlichen Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge im Sinne des § 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung auszuschließen (vgl. [X.] 26. November 2014 - [X.]/13 ua. - [[X.]] Rn. 104). Deshalb muss der Arbeitgeber zwar auch dem [X.] wiederkehrenden, unplanbaren Vertretungsbedarf nicht grundsätzlich durch eine [X.] begegnen. Kann sich der Arbeitgeber jedoch ausnahmsweise wegen eines institutionellen Rechtsmissbrauchs nicht auf die Befristung des Arbeitsvertrags berufen, besteht damit ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, mag auch faktisch insoweit die Gefahr eines zeitweisen [X.] nicht völlig auszuschließen und bei den Personalplanungen zu berücksichtigen sein.

bb) Zur Bestimmung der Schwelle einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung von [X.] kann an die gesetzlichen Wertungen in § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] angeknüpft werden. Die Vorschrift macht eine Ausnahme von dem Erfordernis der Sachgrundbefristung und erleichtert damit den Abschluss von befristeten Verträgen bis zu der festgelegten Höchstdauer von zwei Jahren bei maximal dreimaliger Verlängerungsmöglichkeit. Sie kennzeichnet den nach Auffassung des Gesetzgebers unter allen Umständen unproblematischen Bereich. Ist ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 [X.] gegeben, lässt erst das erhebliche Überschreiten dieser Grenzwerte den Schluss auf eine missbräuchliche Gestaltung zu. Zumindest regelmäßig besteht hiernach bei Vorliegen eines die Befristung an sich rechtfertigenden [X.] kein gesteigerter Anlass zur Missbrauchskontrolle, wenn die in § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] für die sachgrundlose Befristung bezeichneten Grenzen nicht um ein Mehrfaches überschritten sind. Werden diese Grenzen jedoch alternativ oder insbesondere kumulativ mehrfach überschritten, ist eine umfassende Missbrauchskontrolle geboten, in deren Rahmen es Sache des Arbeitnehmers ist, noch weitere für einen Missbrauch sprechende Umstände vorzutragen. Werden die in § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] genannten Grenzen alternativ oder insbesondere kumulativ in gravierendem Ausmaß überschritten, kann eine missbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeit zur Sachgrundbefristung indiziert sein. In einem solchen Fall hat allerdings der Arbeitgeber die Möglichkeit, die Annahme des indizierten [X.] durch den Vortrag besonderer Umstände zu entkräften ([X.] 29. April 2015 - 7 [X.] 310/13 - Rn. 26; 18. Juli 2012 - 7 [X.]/09 - Rn. 48, [X.]E 142, 308).

b) Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Würdigung des [X.]s, dass sich die Befristung im vorliegenden Fall nicht als rechtsmissbräuchlich erweist, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass die in § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] genannten Grenzen hier kumulativ - hinsichtlich der Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses und der Anzahl der befristeten Arbeitsverträge - in besonders gravierendem Ausmaß überschritten sind. Die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses umfasst einen [X.]raum von acht Jahren und zehn Monaten und übersteigt damit das Vierfache des in § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] genannten Werts. Innerhalb dieses [X.]raums wurden 18 Vertragsverlängerungen vereinbart. Dies ist das Sechsfache der in § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] vorgesehenen Anzahl von drei Verlängerungen.

bb) Das [X.] hat den damit indizierten Rechtsmissbrauch nach einer umfassenden Würdigung der Gesamtumstände als widerlegt angesehen.

Das [X.] ist davon ausgegangen, dass das beklagte Land keine [X.] vorhalten müsse, um den Vertretungsbedarf auszugleichen, der aufgrund der „branchenspezifischen Besonderheit“ des Schulbetriebs in jedem Schuljahr in nicht vorhersehbarem und planbarem Umfang durch die vorübergehende Verhinderung von Lehrkräften mit unterschiedlichen Fächerkombinationen in unterschiedlicher Stundenhöhe entsteht. Es hat zudem angenommen, gegen einen Gestaltungsmissbrauch spreche, dass die Klägerin an drei verschiedenen Schulen mit deutlich unterschiedlicher Stundenzahl beschäftigt worden sei und sich die Laufzeiten der mit der Klägerin geschlossenen Verträge weitestgehend an dem prognostizierten Vertretungsbedarf orientiert hätten. Daraus sei zu schließen, dass das beklagte Land die Befristungsmöglichkeit nicht in rechtsmissbräuchlicher Weise genutzt habe, um einen dauerhaften Personalmangel auszugleichen. Ein solcher dauerhafter Vertretungsbedarf bestehe im Fach Hauswirtschaft nicht, für das allein die Klägerin die erforderliche Lehrbefähigung besitze.

cc) Diese Würdigung des [X.]s ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

(1) Die Erwägung des [X.]s, eine „branchenspezifische Besonderheit des Schulbetriebs“ bestehe darin, dass aufgrund von nicht vorhersehbarem Sonderurlaub, Erziehungsurlaub, Erkrankung von Lehrkräften, die mit unterschiedlichen Fächerkombinationen in unterschiedlicher Stundenzahl beschäftigt seien, für das beklagte Land in jedem Schuljahr ein Vertretungsbedarf in nicht vorhersehbarem und planbarem Umfang entstehe, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies allein reicht allerdings nicht aus, um einen Gestaltungsmissbrauch zu widerlegen. Davon ist auch das [X.] ausgegangen und hat aus der Vertragsbiographie der Klägerin, die an unterschiedlichen Schulen in unterschiedlichem [X.]umfang eingesetzt worden ist, rechtsfehlerfrei geschlossen, dass ihr nicht unter rechtsmissbräuchlicher Ausnutzung der Möglichkeiten der Vertretungsbefristung ein Vollzeitarbeitsverhältnis vorenthalten wurde. Dabei hat das [X.] zu Recht berücksichtigt, dass die Klägerin nicht stets in derselben Dienststelle mit denselben Tätigkeiten beschäftigt, sondern an unterschiedlichen Schulen eingesetzt wurde. Zu Recht hat das [X.] dabei als gegen einen Gestaltungsmissbrauch sprechend gewürdigt, dass die Klägerin nicht zur Vertretung in Gestalt der sogenannten gedanklichen Zuordnung (vgl. hierzu [X.] 11. Februar 2015 - 7 [X.] 113/13 - Rn. 20 f.; 18. Juli 2012 - 7 [X.]/09 - Rn. 23 ff., [X.]E 142, 308) beschäftigt wurde, sondern zur mittelbaren Vertretung von Lehrkräften an deren Schule. Wird ein Arbeitnehmer über einen langen [X.]raum im Rahmen aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverhältnisse in derselben Dienststelle im selben zeitlichen Umfang mit denselben Aufgaben - zudem noch im Wege der gedanklichen Zuordnung - betraut, spricht dies stärker für einen institutionellen Rechtsmissbrauch als eine Beschäftigung zur unmittelbaren oder mittelbaren Vertretung. Unmittelbare oder mittelbare Vertretungen innerhalb einer überschaubaren Organisationseinheit lassen hingegen eher den Schluss darauf zu, dass kein dauernder Vertretungsbedarf besteht. Die Befristungen der Arbeitsverträge mit der Klägerin beruhen auf schulbezogenen und nicht auf schulübergreifend organisierten Vertretungsketten. Anhaltspunkte dafür, dass an derselben Schule ein dauerhafter Vertretungsbedarf für den [X.] der Klägerin bestanden hätte, sind nicht ersichtlich.

(2) Auch die signifikanten Unterschiede des jeweils vereinbarten Lehrdeputats der Klägerin von zwei bis zu 25,5 Wochenstunden hat das [X.] zu Recht als Anhaltspunkt dafür angesehen, dass das beklagte Land die wiederholt gegebenen Befristungsmöglichkeiten nicht genutzt hat, um einen dauerhaften Vertretungsbedarf wegen Erziehungsurlaubs oder Erkrankung von Stammkräften zu decken. Dies ergibt sich auch daraus, dass sich die Dauer der Befristung der mit der Klägerin geschlossenen Verträge weitgehend an dem prognostizierten Vertretungsbedarf orientiert hat.

(3) Ohne Rechtsfehler hat das [X.] die fachlich eingeschränkte Einsetzbarkeit der Klägerin als Umstand bewertet, der gegen einen Gestaltungsmissbrauch spricht. Das [X.] hat festgestellt, dass die Klägerin aufgrund ihrer Qualifikation grundsätzlich nur als Lehrerin im Fachbereich Hauswirtschaft eingesetzt werden kann. Dem steht nicht entgegen, dass sie in der Vergangenheit während eines kurzen [X.]raums auch in den Fächern Kunst, [X.] und [X.] unterrichtet hat. Die Klägerin hat selbst nicht behauptet, über die fachlichen Voraussetzungen für einen derartigen Einsatz, also über die erforderliche Lehrbefähigung, zu verfügen. Sie kann nicht verlangen, als Stammkraft auch in Fächern eingesetzt zu werden, deren fachliche Voraussetzungen sie nicht erfüllt.

(4) Entgegen der Auffassung der Klägerin musste das [X.] auch nicht feststellen, ob und in welchem Umfang in der Vergangenheit bei landesweiter Betrachtung ein ständiger Vertretungsbedarf für das Fach Hauswirtschaft bestand. Selbst wenn insoweit ein ständiger Vertretungsbedarf bestanden haben sollte, wäre das beklagte Land nicht ohne weiteres verpflichtet, eine [X.] in Form unbefristet beschäftigter Vertretungskräfte vorzuhalten.

(5) Schließlich unterliegt es keinem Rechtsfehler, dass das [X.] im Rahmen der Gesamtwürdigung nicht geprüft hat, ob frühere, von der Klägerin nicht mit Befristungskontrollklagen angegriffene Befristungen möglicherweise nicht durch einen Sachgrund gerechtfertigt waren. [X.], die nicht innerhalb der Frist des § 17 Satz 1 [X.] mit einer Befristungskontrollklage angegriffen werden, gelten nach § 17 Satz 2 [X.] iVm. § 7 [X.] als wirksam. Diese Fiktion steht einer späteren Prüfung auf ihre Rechtfertigung im Rahmen einer Rechtsmissbrauchskontrolle entgegen. Dass die Klägerin vom beklagten Land von der Erhebung einer Befristungskontrollklage abgehalten worden wäre, hat sie nicht vorgetragen.

3. Soweit sich die Klägerin in den Vorinstanzen darauf berufen hat, die Befristung verstoße gegen das Verbot der mittelbaren Diskriminierung wegen des Geschlechts gemäß § 7 Abs. 2 iVm. § 3 Abs. 2 AGG, hat sie sich weder in der Revisionsbegründung noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf diese Rechtsauffassung berufen. Die Vorinstanzen haben dies verneint und angenommen, die tatsächlichen Voraussetzungen einer mittelbaren Diskriminierung seien nicht dargelegt worden. Hiergegen wendet sich die Revision nicht.

II. Aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 27. August 2010 ist das beklagte Land nicht verpflichtet, der Klägerin über diesen [X.]punkt hinaus nach § 615 Satz 1 BGB die vereinbarte Vergütung zu zahlen.

III. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Gräfl    

        

    Gräfl    

        

    Kiel    

        

        

        

    Maaßen    

        

    Krollmann    

                 

Meta

7 AZR 944/13

07.10.2015

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Düsseldorf, 3. November 2010, Az: 4 Ca 5638/10, Urteil

§ 14 Abs 1 S 2 Nr 3 TzBfG, § 242 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 07.10.2015, Az. 7 AZR 944/13 (REWIS RS 2015, 4320)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 4320


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 7 AZR 944/13

Bundesarbeitsgericht, 7 AZR 944/13, 07.10.2015.


Az. 4 Ca 5638/10

Arbeitsgericht Düsseldorf, 4 Ca 5638/10, 03.11.2010.


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3 Sa 130/17

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