Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.08.2016, Az. 1 StR 290/16

1. Strafsenat | REWIS RS 2016, 6271

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Gegenstand

Strafbarer Bankrott durch GmbH-Geschäftsführer: Notwendige Urteilsfeststellungen bezüglich des Herbeiführens einer drohenden Zahlungsunfähigkeit; notwendige Darstellung der Liquiditätslage der GmbH


Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 1. Dezember 2015 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen vier Fällen des Bankrotts zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und eine Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.

2

1. Die Feststellungen tragen den Schluss der Kammer, der Angeklagte habe im Sinne von § 283 Abs. 2 StGB durch vier Auszahlungen in Höhe von je 500.000 Euro jeweils die Zahlungsunfähigkeit der [X.]      herbeigeführt, nicht. Weder enthalten die Feststellungen ein Rechenwerk, das die Auswirkungen dieser Abflüsse auf die Zahlungsunfähigkeit der später in Insolvenz geratenen GmbH konkret belegt, noch kann dies den Urteilsgründen im Übrigen entnommen werden. Im Gegenteil stellt die Kammer an anderer Stelle fest, dass von diesen ausgekehrten Beträgen über 1,5 Mio. Euro unmittelbar wieder an die Gesellschaft zurückgeflossen sind.

3

2. Die Beweiswürdigung hält in zweierlei Hinsicht revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand:

4

a) Wie der [X.] in seiner Zuschrift im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat, genügt das Urteil den Anforderungen der Rechtsprechung an die Darstellung der Beweiswürdigung nicht. Anstatt eine zusammenfassende Beweiswürdigung vorzunehmen, dokumentiert das Urteil lediglich die Beweisaufnahme, indem die Angaben des Angeklagten, die Aussagen von Zeugen und der Inhalt von Urkunden mitgeteilt werden. Es fehlt insbesondere an einer Auseinandersetzung mit der umfangreichen Einlassung des Angeklagten. Dieser hat eine Reihe entlastender Gesichtspunkte vorgebracht, die von der Kammer im Rahmen der Beweiswürdigung weder aufgegriffen noch sonst abgehandelt werden.

5

b) Die Feststellung der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit ist nicht rechtsfehlerfrei beweiswürdigend belegt.

6

In Fällen wie dem vorliegenden verlangt die Rechtsprechung hierfür entweder eine stichtagsbezogene Gegenüberstellung der fälligen Verbindlichkeiten einerseits und der zu ihrer Tilgung vorhandenen oder kurzfristig herbeizuschaffenden Mittel andererseits oder eine Bewertung sog. wirtschaftskriminalistischer Anzeichen (vgl. nur Senat, Beschluss vom 21. August 2013 – 1 [X.], [X.], 107 mwN). Wird eine Gegenüberstellung gewählt, muss die Darstellung der Liquiditätslage zu ausgewählten Stichtagen so aussagekräftig sein, dass dem Revisionsgericht die Kontrolle möglich ist, ob das [X.] von zutreffenden Voraussetzungen ausgegangen und einen nachvollziehbaren Rechenweg gewählt hat ([X.], Beschluss vom 10. Februar 2009 – 3 [X.], [X.], 2225, 2226 mwN).

7

Vorliegend korrespondiert die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit lediglich mit Angaben des Zeugen Rechtsanwalt [X.], der nur im Ergebnis eine Unterdeckungsquote zu verschiedenen Stichtagen berichtet hat ([X.]). Die sachverständige Zeugin F.    hingegen, Sachbearbeiterin für Buchprüfung beim [X.], konnte aufgrund der mangelhaften Buchhaltung zu den hier entscheidenden Stichtagen keinen [X.] berechnen ([X.]). Eine konkrete stichtagsbezogene Gegenüberstellung im o.g. Sinne fehlt mithin.

Raum                               Jäger                      Cirener

                  [X.]                      Bär

Meta

1 StR 290/16

25.08.2016

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Mannheim, 1. Dezember 2015, Az: 23 KLs 611 Js 27962/14

§ 283 Abs 2 StGB, § 267 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.08.2016, Az. 1 StR 290/16 (REWIS RS 2016, 6271)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 6271

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