Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.02.2009, Az. 3 StR 372/08

3. Strafsenat | REWIS RS 2009, 5163

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[X.] vom 10. Februar 2009 Nachschlagewerk: ja [X.]St: nein Veröffentlichung: ja ___________________________________ StGB §§14, 246, 266, 283 ff. Zur Strafbarkeit des Geschäftsführers einer [X.] mit beschränkter Haf-tung wegen Bankrotts durch [X.] von [X.]svermögen so-wie zum Verhältnis von Bankrott und den Vermögens- bzw. Eigentumsdelikten in diesen Fällen (nur Hinweis). [X.], [X.]. vom 10. Februar 2009 - 3 [X.] [X.] in der Strafsache gegen - 2 - 1. [X.]wegen Beihilfe zum Bankrott - 3 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und der Beschwerdeführer am 10. Februar 2009 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen: Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 27. Februar 2008 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen. Gründe: Das [X.] hat die Angeklagten wegen Beihilfe zum Bankrott zu Geldstrafen verurteilt. Dagegen wenden sich deren Revisionen, mit denen sie die Verletzung materiellen Rechts rügen. [X.] beanstandet darüber hinaus das Verfahren; die Angeklagte [X.] begehrt wegen der inso-weit versäumten [X.] die Wiedereinsetzung in den vori-gen Stand zur Nachholung von Verfahrensrügen. 1 Die Revisionen haben bereits mit der Sachrüge Erfolg, so dass es auf die von dem Angeklagten S. erhobenen Verfahrensrügen bzw. auf den von der Angeklagten [X.] gestellten Wiedereinsetzungsantrag nicht ankommt. 2 I. Das [X.] hat folgende Feststellungen getroffen: 3 - 4 - [X.]war Geschäftsführer, die Angeklagte [X.] Proku-ristin der [X.]GmbH mit Sitz in [X.]

. Diese [X.] war Komplementärin der [X.][X.], deren alleinige [X.] die Angeklagten waren. Über diese Besitzgesellschaft betrieben sie unter Einschaltung mehrerer Tochtergesellschaften (sog. Produktionsgesellschaften) u. a. unter der Marke "[X.]" die Entenzucht und den weltweiten Vertrieb von Entenprodukten. In den Produktionsgesellschaften fungierten sie ebenfalls - zumindest teilweise - als Geschäftsführer bzw. Prokuristin. Nachdem sich die Unternehmensgruppe der Angeklagten bis in das [X.] bei jeweils deutli-chen Jahresgewinnen zum Marktführer in [X.] entwickelt hatte, kam es im [X.] zu einem Umsatzeinbruch und deshalb zu einem erhöhten [X.]. Eine auf Veranlassung der kreditgebenden Banken durchgeführte [X.] hielt die Suche nach einem strategischen Partner für [X.] erforderlich. Die Angeklagten, die befürchteten, die Banken strebten die Übernahme ihrer Unternehmen durch einen Konkurrenten an, bemühten sich unter Einschaltung externer Berater in der Folgezeit vergeblich um eine Umfi-nanzierung. 4 Anfang des Jahres 2004 meldeten sie ihren Hausbanken einen Verlust für das [X.] von mehr als 4,5 Mio. • und kündigten einen über die [X.] Kredite hinausgehenden Liquiditätsbedarf von über 4 Mio. • an. Die Banken, die zu einer Erhöhung der Kreditlinie nicht bereit waren, sprachen eine mögliche Insolvenz der Unternehmen an. Weitere Versuche der Angeklagten, eine Umfinanzierung oder eine staatliche Liquiditätshilfe zu erreichen, scheiter-ten ebenso wie ihre Bemühungen, einen Bekannten an den [X.]en zu beteiligen, um so über zusätzliche Geldmittel verfügen zu können. Die Banken verlangten nun als weitere Sicherheit auch die Abtretung der Rechte aus der Marke "[X.]Enten". 5 - 5 - Die Angeklagten, die sich zunehmend unter Druck gesetzt fühlten, be-stellten in dieser Situation Ende Februar 2004 auf Empfehlung eines Rechtsan-walts den ehemaligen Mitangeklagten [X.]zum Geschäftsführer von jedenfalls zwei ihrer Produktionsgesellschaften, der [X.] [X.] (im Folgenden: [X.]) und der [X.]. GmbH, jeweils mit Sitz in [X.]. Da der neue Geschäftsführer über keine Erfahrung in der Branche verfügte, blieben die Angeklagten weiter für die [X.]en tätig, wofür sie pauschal jeweils 250.000 • erhalten sollten. Wegen der angespannten Liquiditätslage der [X.]en vereinbarten sie mit dem früheren Mitangeklagten eine rein er-folgsabhängige Geschäftsführervergütung. Es kam indes nur zu einem nach dieser Vereinbarung provisionspflichtigen Geschäftsabschluss mit einem Volu-men von 1,67 Mio. •, weitere in Aussicht genommene Verträge kamen nicht zustande. In einem Gespräch mit Bankvertretern Anfang März 2004 kündigte [X.]an, zur Verbesserung der Liquidität Reserven aufzulösen, und erklärte, er werde auch gegen den erklärten Widerspruch der Banken diesen zustehendes [X.] verwerten. Auf ein Schreiben vom 9. März 2004, mit dem die Banken binnen drei Tagen die Vorlage eines [X.] und eine Über-sicht über bereits veräußertes [X.] verlangten, vertröstete er sie auf den 23. März 2004. Die Banken kündigten daraufhin die gesamte Geschäfts-verbindung und setzten für die bestehenden Verbindlichkeiten aller Gesellschaf-ten, insgesamt fast 23 Mio. •, eine Zahlungsfrist bis zum 2. April 2004. Nach-dem der frühere Mitangeklagte ihren Mitarbeitern mehrfach eine Inaugen-scheinnahme des [X.]es verweigert hatte, stellten die Banken am 26. März 2004 Insolvenzantrag gegen die [X.] [X.] & Co. KG und die vier Produktionsgesellschaften. 6 In der [X.] vom 31. März bis zum 7. April 2004 stellte [X.] in Absprache und nach Vereinbarung mit den Angeklagten der [X.] und der [X.]. 7 - 6 - GmbH drei Rechnungen über insgesamt fast 2 Mio. •, die nunmehr auch eine erfolgsunabhängige Vergütung sowie Erfolgshonorare für tatsächlich nicht zustande gekommene Geschäfte zum Gegenstand hatten, und vereinnahmte diesen Betrag aus dem Vermögen der [X.]. Nach der ursprünglichen Vereinbarung hätte ihm ein Anspruch in Höhe von allenfalls knapp 200.000 • zugestanden. Über das Vermögen der [X.] und der [X.]. GmbH wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. II. Auf der Grundlage dieser Feststellungen hält der Schuldspruch wegen Beihilfe zum Bankrott der rechtlichen Überprüfung nicht stand. 8 1. Das [X.] ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass der frühere Mitangeklagte [X.]durch die Vereinnahmung der Rechnungsbeträge jedenfalls in Höhe von ca. 1,7 Mio. • im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB Vermögen der [X.] beiseite schaffte. Die Bezahlung der Rechnungen erfolgte unter Verstoß gegen die Grundsätze eines ordnungsgemäßen Wirt-schaftens (vgl. dazu [X.]St 34, 309, 310; Stree/[X.] in [X.]/[X.], StGB 27. Aufl. § 283 Rdn. 4 m. [X.]), weil provisionspflichtige Hauptgeschäfte in diesem Umfang nicht getätigt worden waren, deshalb ein Anspruch auf eine erfolgsabhängige Vergütung in dieser Höhe nicht bestand und eine weitere, er-folgsunabhängige Vergütung angesichts der angespannten Liquiditätslage nicht rückwirkend vereinbart werden durfte. 9 2. Die Vorschrift des § 283 StGB stellt indes ein Sonderdelikt dar, dessen Täter nur der Schuldner sein kann ([X.] in [X.] § 283 Rdn. 4; [X.] in [X.]. § 283 Rdn. 225), also die (natürliche oder juristische) Person, die für die Erfüllung einer Verbindlichkeit haftet ([X.] aaO vor § 283 Rdn. 36). Ist der Schuldner - wie hier - eine juristische Person, die nur durch ihre Organe/Vertreter handeln kann, so gilt § 14 StGB. Diese Vorschrift setzt für 10 - 7 - die strafrechtliche Zurechnung voraus, dass die handelnde Person "als" Organ oder Vertreter (Abs. 1) bzw. "auf Grund dieses Auftrags" (Abs. 2) agiert. Nach bisheriger Rechtsprechung des [X.] und der wohl herrschenden Auffassung in der Literatur ist es danach für eine Strafbarkeit des Vertreters nach § 283 StGB erforderlich, dass er zumindest auch im Interesse des Ge-schäftsherrn handelt. Liegen ausschließlich eigennützige Motive vor, so kann eine Strafbarkeit wegen Untreue nach § 266 StGB in Betracht kommen; eine Verurteilung wegen Bankrotts scheidet hingegen aus (sog. [X.], [X.]St 30, 127, 128 f.; 34, 221, 223; [X.]R StGB § 283 Abs. 1 Konkurrenzen 3; [X.] NStZ 2000, 206, 207; zustimmend [X.] in LK 12. Aufl. § 14 Rdn. 50; [X.], StGB 56. Aufl. § 283 Rdn. 4 b; im Ergebnis auch Kindhäuser in [X.]. vor § 283 Rdn. 56; aA [X.] aaO vor § 283 Rdn. 80; [X.] in [X.] 116. Lfg. § 283 Rdn. 103 f.; [X.]/[X.] in [X.]/[X.] aaO § 14 Rdn. 26; jew. m. [X.]; differenzierend [X.] aaO vor § 283 Rdn. 55). Das [X.] hat das Vorliegen eines solchen Interesses rechtsfeh-lerhaft bejaht. Ob eine Handlung wenigstens auch im Interesse des Vertretenen vorgenommen worden ist, bestimmt sich nach einer wirtschaftlichen Betrach-tungsweise ([X.]St 30, 127, 128 f.). Dass - wie die [X.] ausgeführt hat - der frühere Mitangeklagte sein weiteres Tätigwerden für die [X.]en der Angeklagten von der Bezahlung der Rechnungen abhängig gemacht hat, begründet ein wirtschaftliches Interesse der vertretenen [X.] nicht; es widerspricht einem solchen vielmehr, weiter mit einem Geschäftsführer zusam-menzuarbeiten, der im großen Umfang eine ihm nicht zustehende Vergütung verlangt. Nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten kann in der Überweisung der ca. 1,7 Mio. • durch den früheren Mitangeklagten [X.]zur Bezahlung der mate-riell unberechtigten Rechnungen daher nur ein Handeln aufgrund eigennütziger 11 - 8 - Motive gesehen werden, das der [X.] schadete. Das Einverständnis der Angeklagten mit der Rechnungsstellung und ihrer Begleichung war nicht ausreichend (vgl. [X.]St 30, 127, 128 f.; [X.] bei [X.] 1979, 806; [X.] NStZ 1984, 118, 119; [X.] 1988, 254, 255 f.; vgl. die Nachweise bei [X.], 1, 7); die Zustimmung der [X.]er einer juristischen Person löst - anders als bei einer Kommanditgesellschaft (vgl. [X.]St 34, 221, 223 f.) - den [X.] zwischen Geschäftsführer und [X.] nicht auf. 3. Darüber hinaus tragen die Feststellungen des [X.] die An-nahme einer drohenden Zahlungsunfähigkeit der [X.] nicht, so dass sich auch bei Nichtanwendung der [X.] (dazu unten IV.) die [X.] wegen Beihilfe zum Bankrott als rechtsfehlerhaft erwiese. 12 Die [X.] hat in der Beweiswürdigung des Urteils unter summari-scher Gegenüberstellung der liquiden Mittel und der fälligen Forderungen [X.], Anfang April 2004 habe bei der [X.] eine Unterdeckung von ca. 4 Mio. • bestanden; infolge der Kreditkündigungen seien Verbindlichkeiten in Höhe von fast 23 Mio. • hinzu gekommen. Dies ist bereits widersprüchlich, weil an anderer Stelle des Urteils mitgeteilt wird, dass diese Summe der Kreditauf-nahme aller Unternehmen der Angeklagten entsprach; auf die [X.] ent-fiel nur ein Teil davon. In der Darstellung des [X.] ist zudem ein von Rechtsanwalt [X.] für die S.

GmbH geführtes [X.] nicht berück-sichtigt, von dem der frühere Mitangeklagte [X.] am 5. April 2004 das letztlich von ihm vereinnahmte Geld an die [X.]. GmbH überwies. 13 Abgesehen von diesen Widersprüchen und Unvollständigkeiten begegnet die Darstellung der Liquiditätslage der [X.] zu den ausgewählten [X.] durchgreifenden Bedenken, weil sich das [X.] auf die Mitteilung der Summen aus dem [X.] und hinsichtlich der liquiden Mittel auf 14 - 9 - Guthaben auf Girokonten beschränkt. Damit ist dem [X.]nat die Überprüfung verwehrt, ob der vom [X.] zugrunde gelegte [X.] nicht nur alle relevanten kurzfristig fälligen Verbindlichkeiten, sondern auch die zu ihrer Tilgung vorhandenen oder herbeizuschaffenden Mittel (also die flüssigen Mittel und kurzfristig einziehbaren Forderungen sowie gegebenenfalls die kurzfristig liquidierbaren Vermögensgegenstände) enthält (vgl. § 17 Abs. 2 [X.] und [X.] wistra 2001, 306, 307; 2007, 312). [X.]lbst wenn dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe noch zu entnehmen wäre, dass die [X.] durch [X.] oder Veräußerung von Vermögensgegenständen weitere liquide Mittel jedenfalls nicht kurzfristig realisieren konnte, war das Abstellen allein auf die angegebenen [X.] nicht ausreichend; denn in der rechtlichen Würdigung teilt die [X.] mit, dass die [X.]en der Angeklagten untereinander ein cash-management betrieben, demzufolge Zahlungen jeweils von dem Konto der [X.] vorgenommen wurden, auf dem Guthaben vorhanden war. Dann hätte es zur nachvollziehbaren Annahme der drohenden Zahlungsunfähigkeit der [X.] aber auch Feststellungen zu den [X.] aller anderen [X.]en der Angeklagten bedurft. Dies gilt insbesondere deswegen, weil sich dem Urteil nur entnehmen lässt, dass über das Vermögen von zwei der Produktionsgesellschaften das Insolvenzver-fahren eröffnet wurde. Über das Schicksal der beiden anderen ergibt sich nichts. III. Eine Schuldspruchänderung kommt nicht in Betracht. Zwar kann ein eigennütziges [X.] von Vermögen durch den Geschäftsführer einer [X.] den Tatbestand der Untreue gemäß § 266 StGB erfüllen ([X.]St 28, 371; [X.]R StGB § 283 Abs. 1 Konkurrenzen 3). Die Angeklagten hatten der Rechnungsstellung und -begleichung indes zugestimmt. 15 - 10 - Das Einverständnis des Geschäftsherrn schließt regelmäßig den Tatbe-stand der Untreue aus ([X.] aaO § 266 Rdn. 49 m. [X.]). Das gilt grund-sätzlich auch für vermögensnachteilige Dispositionen des Geschäftsführers [X.], wenn sie im Einverständnis der [X.]er getroffen werden. Ein Einverständnis der [X.]er ist allerdings unwirksam und die Vermögensverfügung des Geschäftsführers deshalb missbräuchlich, wenn un-ter Verstoß gegen [X.]srecht die wirtschaftliche Existenz der Gesell-schaft gefährdet wird, etwa durch Beeinträchtigung des Stammkapitals entge-gen § 30 GmbHG, durch Herbeiführung oder Vertiefung einer Überschuldung oder durch Gefährdung der Liquidität ([X.]St 35, 333; 49, 147, 158; [X.] wistra 2003, 457, 460; 2006, 265; vgl. auch [X.] aaO § 266 Rdn. 25; [X.] aaO § 266 Rdn. 68 ff.; [X.]/Kühl, StGB 26. Aufl. § 266 Rdn. 20). 16 Eine solche Existenzgefährdung der [X.] - etwa durch Gefähr-dung ihrer Liquidität - ist aus den oben unter [X.] genannten Gründen aber ebenfalls nicht belegt. 17 IV. Für die neue Verhandlung weist der [X.]nat auf Folgendes hin: 18 1. Die von der Rechtsprechung entwickelte [X.] ist in der Li-teratur auf Ablehnung gestoßen, weil sie für die Insolvenzdelikte nur einen ge-ringen Anwendungsbereich lässt, wenn Schuldner im Sinne des § 283 StGB eine Handelsgesellschaft ist ([X.] aaO vor § 283 Rdn. 80; [X.] aaO § 283 Rdn. 103; [X.] aaO vor § 283 Rdn. 55; [X.], 1, 6 ff.; jew. m. [X.]). Dieser Kritik ist zuzugeben, dass die in § 283 StGB aufgezählten Bankrotthandlungen ganz überwiegend dem wirtschaftlichen Interesse der [X.] widersprechen und der vom Gesetzgeber intendierte Gläubigerschutz 19 - 11 - in der wirtschaftlichen Krise insbesondere von Kapitalgesellschaften bei An-wendung der [X.] weitgehend leerläuft. Besonders augenfällig wird dies in Fällen der Ein-Mann-GmbH, in denen der [X.]/Geschäftsführer der [X.] angesichts der drohenden Insolvenz zur Benachteiligung der Gläubiger Vermögen entzieht und auf seine privaten [X.] umleitet, nach wirtschaftlicher Betrachtung also aus eigennützigen Motiven handelt. Nach der [X.] ist er nicht des Bankrotts schuldig, obwohl er die Insolvenz gezielt herbeigeführt hat (vgl. [X.]St 30, 127, 128 f.; kritisch dazu [X.] aaO vor § 283 Rdn. 80, 85). Während Einzelkaufleute in vergleichbaren Fällen regelmäßig wegen Bankrotts strafbar sind, entstehen so [X.] für Vertreter oder Or-gane von Kapitalgesellschaften. Angesichts der besonderen Insolvenzanfällig-keit von in der Rechtsform der GmbH betriebenen Unternehmen wird der Schutzzweck der Insolvenzdelikte dadurch konterkariert (vgl. [X.] aaO; [X.] aaO). Dies gilt insbesondere, wenn man die Interessenformel konsequent auch auf die Bankrotthandlungen anwendet, die die Verletzung von Buchfüh-rungs- oder [X.] sanktionieren (§ 283 Abs. 1 Nr. 5-7 StGB): Entfällt wegen des fehlenden Interesses der [X.] die Bankrottstrafbar-keit, scheitert eine Verurteilung wegen Untreue regelmäßig am nicht festzustel-lenden oder nicht nachzuweisenden Vermögensschaden der [X.] (vgl. [X.] NStZ 1990, 570, 572; [X.] aaO vor § 283 Rdn. 84). Über diese nicht gerechtfertigte Privilegierung von [X.] gegenüber [X.] hinaus wird der Zweck der § 283 Abs. 1 Nr. 5-7, § 283 b StGB unterlaufen, der Verstöße gegen Buchführungs- und Bilanzierungsvorschriften wegen der besonderen Gefahr von Fehleinschätzungen mit schwerwiegenden wirtschaftlichen Folgen als eigenständiges Unrecht erfassen will (vgl. [X.] NStZ 1990, 570, 572). 20 - 12 - 2. In der Rechtsprechung des [X.] ist die Interessentheo-rie bei Vertretern von Personengesellschaften für die praktisch relevanten Fälle, dass die [X.]er der Bankrotthandlung zustimmen (vgl. dazu [X.], 1, 7), zudem nicht durchgehalten worden; ein Handeln, das aus wirtschaftlicher Sicht im vollständigen Widerstreit zu den Interessen der vertre-tenen [X.] steht, soll etwa bei der Kommanditgesellschaft gleichwohl von dem durch das Einverständnis erweiterten Auftrag des Schuldners - also der [X.] - gedeckt sein, wenn der Komplementär zustimmt ([X.]St 34, 221, 223 f. = [X.] StV 1988, 14, 15 m. [X.]. [X.]). Die Einschränkung der [X.] sei insbesondere aus Gründen des [X.] ([X.]St 34, 221, 224). Diese Rechtsprechung hat der [X.] in der Folge auch auf Fälle der [X.] erstreckt, in denen der [X.] einer Komplementär-GmbH die Bankrotthandlungen mit Zustim-mung der [X.]er dieser Kapitalgesellschaft und damit der [X.] vorgenommen hatte ([X.] wistra 1989, 264, 267; aA [X.] wistra 1984, 71; [X.] 1988, 254, 255 f. m. abl. [X.]. [X.]; offen gelassen von [X.] NJW 1992, 250, 252). Der Gläubigerschutz hat aber bei den in der Rechtsform der GmbH betriebenen [X.]en kein geringeres Gewicht als bei Personengesell-schaften oder insbesondere der Mischform der [X.], so dass mit dieser Argumentation nicht nachvollziehbar erscheint, warum die Zustimmung der [X.]er einer Komplementär-GmbH den Auftrag des [X.] erweitern kann, das Einverständnis der [X.]er bei einer reinen Ka-pitalgesellschaft für die Frage, ob der Geschäftsführer als Organ oder im Auf-trag der [X.] handelt, hingegen bedeutungslos sein soll. 21 - 13 - 3. Der [X.]nat neigt deshalb dazu, von der bisherigen Rechtsprechung des [X.] zur Strafbarkeit eines Vertreters wegen Bankrotts ab-zuweichen und die Abgrenzung zwischen den [X.] der §§ 283 ff. StGB und insbesondere der Untreue nach § 266 StGB, aber auch den [X.] gemäß §§ 242, 246 StGB nicht mehr nach der Interessenformel vorzunehmen, zumal das Abstellen auf das Interesse des Vertretenen und [X.] auf ein subjektives Element vom Wortlaut des § 14 StGB nicht gefordert wird ([X.] NStZ 1990, 570, 574; [X.] aaO vor § 283 Rdn. 84). 22 Es erscheint vielmehr geboten, für die Zurechnung der [X.] im Sinne der §§ 283 ff. StGB maßgeblich daran anzuknüpfen, ob der Vertreter im Sinne des § 14 StGB im [X.] des Vertretenen tätig ge-worden ist. Dies wird bei rechtgeschäftlichem Handeln zu bejahen sein, wenn der Vertreter entweder im Namen des Vertretenen auftritt oder letzteren wegen der bestehenden Vertretungsmacht jedenfalls im Außenverhältnis die [X.] unmittelbar treffen (vgl. [X.] aaO vor § 283 Rdn. 58; [X.]/[X.] aaO § 14 Rdn. 26; [X.], 59, 60). Gleiches gilt, wenn sich der Vertretene zur Erfüllung seiner außerstrafrechtlichen, aber gleichwohl strafbewehrten Pflichten (vgl. § 283 Abs. 1 Nr. 5-7 StGB) eines [X.] bedient ([X.] aaO vor § 284 Rdn. 84, [X.]/[X.] aaO; [X.] aaO; [X.] NStZ 1990, 570, 572; Winkelbauer [X.] 1988, 33, 34). Bei faktischem Handeln muss die Zustimmung des Vertretenen - unabhängig von der Rechtsform, in der dieser agiert - ebenfalls dazu führen, dass der Vertreter in seinem Auftrag handelt und ihm die Schuldnerstellung zugerechnet wird ([X.] aaO; [X.] aaO § 283 Rdn. 106). 23 Bei Beachtung dieser Grundsätze kann die trotz gleichartiger Verhal-tensweisen mit der [X.] verbundene Ungleichbehandlung [X.] - 14 - schen Einzelkaufleuten und [X.] ebenso vermieden wer-den (vgl. [X.] aaO), wie [X.] bei Verstoß gegen Buchfüh-rungs- und [X.], wodurch der Gläubigerschutz verbessert wird. Soweit der Vertreter eigennützig handelt, wird häufiger als bisher eine Verurteilung wegen Bankrotts in Tateinheit mit Untreue oder einem [X.] in Betracht kommen, insbesondere wenn die Zustimmung der Gesell-schafter (oder des alleinigen [X.]ers/Geschäftsführers) einer GmbH wegen des damit verbundenen existenzgefährdenden Eingriffs in das Gesell-schaftsvermögen kein tatbestandsausschließendes Einverständnis mit der nachteiligen Vermögensverfügung darstellt (vgl. [X.]St 35, 333; 49, 147, 158; [X.] wistra 2003, 457, 460; 2006, 265). Dieses Ergebnis ist jedoch gerechtfer-tigt, weil in diesen Fällen durch dieselbe Handlung unterschiedliche Rechtsgüter - der Schutz der Gläubiger einerseits und das Vermögen bzw. das Eigentum der [X.] andererseits - beeinträchtigt werden. [X.] Miebach Pfister Sost-Scheible [X.]

Meta

3 StR 372/08

10.02.2009

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.02.2009, Az. 3 StR 372/08 (REWIS RS 2009, 5163)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 5163

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