Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.02.2018, Az. EnVZ 50/17

Kartellsenat | REWIS RS 2018, 13242

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[X.]:[X.]:BGH:2018:270218BENVZ50.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
EnVZ 50/17
vom
27.
Februar 2018
in dem energiewirtschaftsrechtlichen Verwaltungsverfahren
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2
-
Der Kartellsenat des [X.] hat am
27.
Februar 2018 durch die Präsidentin des [X.] [X.], [X.]
Raum
und die Richter
Prof.
Dr.
[X.], Dr.
Grüneberg und Dr.
Bacher
beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Kartellsenats des [X.] vom 15.
Mai 2017 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde gegen den genannten Beschluss wird [X.].
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Rechtsbeschwerde-
und des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens einschließlich der not-wendigen Auslagen der Bundesnetzagentur.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerde-
und das Nicht-zulassungsbeschwerdeverfahren wird auf 50.000 Euro festgesetzt.
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3
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Gründe:
I.
Die Antragsteller und der Antragsgegner sind Eigentümer von [X.] auf einer Insel, die überwiegend mit [X.] bebaut ist und zu Freizeit-
und Erholungszwecken genutzt wird. Die meisten Grundstücke stehen im Eigentum des Antragsgegners oder seiner Familienangehörigen. Viele da-von sind an Dritte verpachtet.
Seit dem [X.] ist die Insel über einen zentralen [X.]punkt auf dem Festland an das öffentliche Stromnetz angeschlossen. Zur Versorgung seiner Grundstücke und der Grundstücke einiger anderer Eigentümer ließ der Antragsgegner Leitungen verlegen. Die Stromlieferungen rechnet der Versorger zentral mit dem Antragsgegner ab, der seinerseits Verträge mit den Pächtern und Eigentümern abgeschlossen hat.
Ein vom Antragsteller zu
1 im Jahr 2007 angestrengtes Missbrauchsver-fahren mit dem Ziel, den Antragsgegner zum [X.] seines Grundstücks zu verpflichten, blieb erfolglos.
Nach der Änderung von §
110 [X.] zum 4.
August 2011 beantragten die Antragsteller erneut die Einleitung eines Missbrauchsverfahrens. Die Bun-desnetzagentur lehnte diesen Antrag mit der Begründung ab, der [X.] betreibe eine Kundenanlage im Sinne von §
3 Nr.
24a [X.]. Mit [X.] vom 20.
März 2014 (BeckRS 2014, 18944) verpflichtete das Beschwer-degericht die Bundesnetzagentur, die Antragsteller unter Beachtung seiner Rechtsauffassung neu zu bescheiden.

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Die Bundesnetzagentur verpflichtete den Antragsgegner daraufhin mit Beschluss vom 27.
Oktober 2015, die Antragsteller gemäß §
17 Abs.
1 [X.] an sein Netz anzuschließen und ihnen gemäß § 20 [X.] Netzzugang zu wirt-schaftlich angemessenen, transparenten und diskriminierungsfreien [X.] zu gewähren.
Das Beschwerdegericht hat die gegen diese Verfügung gerichtete [X.] zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen. [X.] wendet sich der Antragsgegner mit der zulassungsfreien [X.] und der Nichtzulassungsbeschwerde. Die Bundesnetzagentur tritt beiden Rechtsmitteln entgegen.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Ein
Verfahrensfehler, der nach §
86 Abs.
4 [X.] zur [X.] führt, ist nicht aufgezeigt.
1.
Die Rechtsbeschwerde macht geltend, das Beschwerdegericht habe den Vortrag des Antragsgegners, aufgrund nachträglich eingetretener [X.] handle es sich nunmehr um eine Kundenanlage, zu Unrecht als präkludiert angesehen.
Damit ist eine Versagung des rechtlichen Gehörs (§
86 Abs.
4 Nr.
3 [X.], Art.
103 Abs.
1 GG) nicht schlüssig dargelegt.
a)
Wie auch die Rechtsbeschwerde im Ansatz nicht verkennt, ist das Beschwerdegericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Antragsteller auf-grund der früheren Beschwerdeentscheidung vom
20.
März 2014 nicht mehr geltend machen kann, er sei zum damaligen Zeitpunkt nicht Betreiber eines Energieversorgungsnetzes gewesen.
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b)
Ausgehend davon hat das Beschwerdegericht zu Recht geprüft, ob die vom Antragsteller geltend gemachten tatsächlichen Änderungen zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung führen. Dies hat es mit der Begründung verneint, die für die Einordnung als Kundenanlage nach §
3 Nr.
24a Buchst.
d [X.] erforderliche Voraussetzung, dass der Antragsgegner die Anlage [X.] zur
Belieferung der Letztverbraucher mit Strom diskriminierungsfrei und unentgeltlich zur Verfügung stelle, sei auch bei Berücksichtigung der vorgetra-genen Änderungen -
der Beantragung der für eine Einzelbelieferung der [X.] erforderlichen Zählpunkte und der Erstellung eines Zählpunkts für eine Parzelle am 5.
Mai 2017 -
weiterhin nicht erfüllt.
Damit hat das Beschwerdegericht den Vortrag des Antragsgegners nicht als präkludiert angesehen. Vielmehr hat es ihn einer inhaltlichen Beurteilung unterzogen und
als nicht ausreichend erachtet, um zu einer dem Antragsgegner günstigeren materiell-rechtlichen Beurteilung zu gelangen. Darin liegt keine Ver-letzung von Art.
103 Abs.
1 GG.
c)
Den Vortrag des Antragsgegners, die Einordnung der Anlage als Versorgungsnetz führe für ihn zu unzumutbaren finanziellen Belastungen, hat das Beschwerdegericht zu Recht als präkludiert angesehen.
Nach den Feststellungen des [X.] betrifft das diesbezüg-liche Vorbringen einen Sachverhalt, der bereits im Zeitpunkt der früheren [X.]entscheidung vom 20.
März 2014 vorlag. Auf solche Umstände darf sich der Beschwerdegegner aufgrund der Rechtskraft dieser Entscheidung nicht mehr berufen.
Dass der Antragsgegner hiervon
abweichend Belastungen [X.] hat, die erst nach dem 20.
März 2014 eingetreten sind, zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf.
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2.
Die Rechtsbeschwerde rügt, das Beschwerdegericht habe den Vor-trag des Antragsgegners, die von den Antragstellern begehrten Netzanschlüsse führten zu einer Kapazitätsüberlastung, zu Unrecht als unsubstantiiert angese-hen und deshalb rechtsfehlerhaft von der beantragten Einholung eines Sach-verständigengutachtens abgesehen.
Damit ist eine Verletzung von Art.
103 Abs.
1 GG ebenfalls nicht schlüs-sig dargelegt.
a)
Das Beschwerdegericht hat das Vorbringen des Antragsgegners als unsubstantiiert angesehen, weil er nicht dargelegt habe, inwieweit das [X.] derzeit und nach dem geplanten [X.] einer Kläranlage in Anspruch genommen werde und welche Kapazität noch frei sei bzw. frei bleibe.
Damit hat das Beschwerdegericht die Anforderungen an die Substantiie-rung von Vorbringen im Verwaltungsprozess nicht überspannt.
Wie die Bundesnetzagentur zu Recht geltend macht, kann der Betreiber eines Energieversorgungsnetzes gemäß §
17 Abs.
2 [X.] einen [X.] nur verweigern, soweit er nachweist, dass ihm die Gewährung des [X.] aus betriebsbedingten oder sonstigen wirtschaftlichen oder techni-schen Gründen unter Berücksichtigung des Zwecks des §
1 [X.] nicht mög-lich oder nicht zumutbar ist. Danach obliegt es dem Netzbetreiber, die für die materiell-rechtliche Beurteilung relevanten Umstände zumindest im Ansatz [X.].
Diese Anforderungen hat das Beschwerdegericht im Streitfall rechtsfeh-lerfrei als nicht erfüllt angesehen. Als Inhaber des zentralen [X.]es an das vorgelagerte Versorgungsnetz verfügt der Antragsgegner über ausreichen-15
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de Erkenntnismöglichkeiten, um zumindest grundlegende Angaben
über die derzeitige Belastung des Netzes zu machen. Diesbezügliches Vorbringen des Antragsgegners
oder Vorbringen, aus dem sich ergeben könnte, dass er zur Beschaffung dieser Informationen nicht in der Lage ist, zeigt die Rechtsbe-schwerde nicht auf.
b)
Vor diesem Hintergrund war das Beschwerdegericht auch nicht auf-grund des Untersuchungsgrundsatzes gehalten, das beantragte [X.] einzuholen. Der Untersuchungsgrundsatz enthebt einen Beteilig-ten jedenfalls dann nicht davon, ihm zugängliche Tatsachen vorzutragen, wenn ihm das Gesetz ausdrücklich den Nachweis hierfür auferlegt.
III.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde ist weder zur Entscheidung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung noch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten.
1.
Die Nichtzulassungsbeschwerde macht geltend, das Beschwerdege-richt sei davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des §
3 Nr.
24a Buchst.
d [X.] nur dann erfüllt seien, wenn alle Nutzer der [X.] mit dritten Energielieferanten abgeschlossen hätten.
Dies ist unzutreffend.
Das Beschwerdegericht hat die genannten Voraussetzungen deshalb als nicht erfüllt angesehen, weil an den einzelnen Abnahmestellen -
mit einer Aus-nahme -
noch keine Zählpunkte vorhanden seien
und die Abnehmer deshalb nicht die Möglichkeit hätten, einen Versorgungsvertrag mit Dritten abzuschlie-21
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ßen. Diese Erwägung lässt keinen symptomatischen Rechtsfehler erkennen und gibt auch im Übrigen keinen Anlass zur Zulassung der Rechtsbeschwerde.
2.
Die Nichtzulassungsbeschwerde macht geltend, das Beschwerdege-richt habe verkannt, dass der Antragsgegner aufgrund der [X.] in [X.] getretenen Änderung von §
110 [X.] in unzumutbarer Weise belastet werde, was zu einer faktischen Entwertung des ihm gehörenden Inselnetzes führe und mit Art.
14 Abs.
1 GG nicht vereinbar sei.
Diese Rüge ist ebenfalls unbegründet.
Wie bereits oben dargelegt wurde, hat das Beschwerdegericht das [X.] des Antragsgegners, die Einordnung der Anlage als Versorgungsnetz führe zu einer unzumutbaren Belastung, zu Recht als durch die frühere [X.]entscheidung vom 20.
März 2014 präkludiert angesehen. Angesichts dessen brauchte sich das Beschwerdegericht auch mit daraus abgeleiteten ver-fassungsrechtlichen Einwendungen nicht erneut inhaltlich zu befassen.
IV.
Vor dem aufgezeigten Hintergrund erscheint es nicht angemessen, die Entscheidung über die Rechtsmittel entsprechend dem -
einseitig gebliebe-nen -
Begehren des Antragsgegners auf einen späteren Zeitpunkt zu verschie-ben.
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V.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
90 Satz
2 [X.], die Festset-zung des Gegenstandswerts auf §
50 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2 GKG und §
3 ZPO.
[X.]
Raum
[X.]

Grüneberg
Bacher
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 15.05.2017 -
2 W 43/15 [X.] -

30

Meta

EnVZ 50/17

27.02.2018

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.02.2018, Az. EnVZ 50/17 (REWIS RS 2018, 13242)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 13242

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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