Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.02.2011, Az. I ZR 172/09

I. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 9516

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
I ZR 172/09
Verkündet am:

10. Februar 2011

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.]
[X.] § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 und 6, § 24 Abs. 1 und 2
Ist der Vertrieb eines parallelimportierten Arzneimittels im Inland in einer be-stimmten [X.] ohne weiteres dadurch möglich, dass die [X.] mit weiteren [X.] aufgefüllt und umetikettiert wird, kann sich der Markeninhaber dem Vertrieb des Arzneimittels in einer neuen Verpackung unter [X.] der Marke widersetzen.
[X.], Urteil vom 10. Februar 2011 -
I ZR 172/09 -
[X.]

LG [X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 10.
Februar 2011 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr.
Bornkamm und die Richter Prof.
Dr.
Büscher, Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff und Dr.
Koch

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6.
Zivilsenats des [X.] vom 2.
Oktober 2009 unter Zurückwei-sung des Rechtsmittels im Übrigen im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich des Klageantrags zu
I
1 zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung und im Kostenpunkt wird das Urteil der 33.
Zivilkammer des [X.] vom 3.
März 2009 auf die Berufung der Klägerin abgeändert.

Die [X.] wird unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000

Ordnungshaft bis zu sechs Monaten verurteilt, es zu unterlassen, das Arzneimittel "[X.], 680/80
mg Kautabletten" in der Pa-ckungsgröße à 96
Kautabletten aus [X.] nach [X.] zu importieren, umzupacken und in [X.] in eigenen Um-verpackungen à 120
Kautabletten zu vertreiben.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu
1/4 und die [X.] zu
3/4 zu tragen.

Von Rechts wegen
-
3
-
Tatbestand:

Die Klägerin ist Inhaberin der für pharmazeutische Erzeugnisse eingetra-genen Marke "[X.]". Unter dieser Marke vertreibt die Muttergesellschaft der Klägerin ein verschreibungsfreies Arzneimittel. In [X.] bietet sie es un-ter anderem in [X.]n mit 120
Tabletten (10
[X.] mit jeweils 12
Tabletten) an. In der [X.] wird das Arzneimittel "[X.]" in Packungen mit höchstens 96
Tabletten in Verkehr gebracht. Die [X.] importiert das Arzneimittel aus der [X.]. Sie ver-treibt
es seit dem [X.] in einer auf 120
Tabletten aufgefüllten umetikettier-ten Packung. Im Mai 2008 kündigte die [X.] an, das Arzneimittel in neu erstellten Umverpackungen mit 120
Tabletten in [X.] zu vertreiben.

Die Klägerin macht im vorliegenden Verfahren geltend, der Vertrieb des Arzneimittels zu 120
Tabletten in neu erstellten Umverpackungen statt in umeti-kettierten [X.] verletze die Rechte an ihrer Marke.

Die Klägerin hat beantragt,

[X.]
die [X.] zu verurteilen,

1.
es unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhand-lung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000

Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unter-lassen, das Arzneimittel "[X.], 680/80
mg Kautabletten" in der Pa-ckungsgröße à 96
Kautabletten aus [X.] nach [X.] zu importieren, umzupacken und in [X.] in eigenen Umverpa-ckungen à 120
Kautabletten zu vertreiben;

2.
an sie außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.333,80

Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.
Oktober 2008 zu zahlen;

3.
ihr Auskunft zu erteilen über den Umfang unzulässiger Handlungen gemäß Ziffer
1, und zwar unter Bekanntgabe der Namen und Anschrif-ten der Lieferanten, der gewerblichen Abnehmer und deren Auftragge-1
2
3
-
4
-
ber sowie über die Menge der bezogenen, ausgelieferten oder bestell-ten Arzneimittel;

I[X.]
festzustellen, dass die [X.] verpflichtet ist, ihr jeglichen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die Handlungen gemäß Ziffer
1 entstanden ist und/oder noch entstehen wird.

Die [X.] ist der Klage entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, ein Umpacken der importierten Arzneimittel sei erforderlich, um eine im Inland vertriebene [X.] von 120
Tabletten herzustellen. Sie könne frei wäh-len, ob dies durch Fertigung einer neuen Verpackung oder durch Auffüllen und Umetikettieren der ursprünglichen Verpackungen geschehe.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben ([X.], Urteil vom 2.
Oktober 2009 -
6
U
53/09, juris).

Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die [X.] beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stünden
die gel-tend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Erstattung von Anwaltskosten und Feststellung der Schadensersatzpflicht aus Marken-recht nicht zu. Dazu hat es ausgeführt:

Das Umpacken des von der [X.]n importierten Arzneimittels der Marke "[X.]" in Packungen zu jeweils 120
Tabletten verletze nicht die Mar-kenrechte der Klägerin. Die Markenrechte der Klägerin an den in der [X.] in Verkehr gebrachten Arzneimitteln seien erschöpft. Das Um-4
5
6
7
8
-
5
-
packen der in Rede stehenden Arzneimittel sei erforderlich, um in [X.] Zugang zu einem relevanten Teilmarkt zu erhalten. Sei die [X.] danach zum Umpacken berechtigt, könne ihr nicht untersagt werden, neue eigene Falt-schachteln zu verwenden. Sie müsse nicht eine Aufstockung der Originalpa-ckung vornehmen. Die Frage, ob eine neue Verpackung oder eine Aufstockung vorgenommen werde, betreffe nicht die Erforderlichkeit des [X.], son-dern nur die Art und Weise, in der das Umpacken erfolge.

I[X.] Die Revision hat teilweise Erfolg. Die Klage ist mit dem [X.] zu
I
1
begründet. Dagegen sind
der Zahlungsantrag
zu
I
2,
der Auskunftsantrag
zu
I
3 und der Schadensersatzfeststellungsantrag
zu
II unbe-gründet.

1. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe
aufgrund der Erschöpfung
kein Unterlassungsanspruch nach §
14 Abs.
2 Nr.
1 und Abs.
5 [X.] gegen die [X.] zu, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Die Arzneimittel, die die [X.] mit einer neuen Verpackung ver-sieht, auf der sie die [X.] anbringt, hat ein zum Konzern der Klägerin gehöriges Unternehmen in der Tschechischen
Republik unter dieser Bezeich-nung
in Verkehr gebracht. Hinsichtlich der Markenrechte der Klägerin sind in Bezug auf diese Waren die Voraussetzungen der Erschöpfung nach §
24 Abs.
1 [X.] gegeben. Die Erschöpfung erstreckt sich -
vorbehaltlich der Anwendung des §
24 Abs.
2 [X.]
-
auf alle Handlungen, die nach §
14 Abs.
3 [X.] eine Markenverletzung darstellen
können. Auch das Recht, die Marke auf einer neuen Verpackung anzubringen und die Ware mit dieser Ver-packung zu vertreiben (§
14 Abs.
3 Nr.
1 und 2 [X.]),
unterliegt der Er-schöpfung (vgl. [X.], Urteil vom 11.
Juli 1996 -
C-427/93, [X.]/93 und [X.]/93, [X.]. 1996, [X.] =
[X.] Int. 1996, 1144 Rn.
34 bis 37, 49
f. -
Bristol-Myers [X.]; [X.], Urteil vom 14.
Juni 2007 -
I
ZR
173/04, [X.] 9
10
11
-
6
-
2007, 1075 Rn.
14 =
[X.], 1472 -
STILNOX; Urteil vom 12.
Juli 2007 -
I
ZR
147/04, [X.]Z 173, 217 Rn.
15 -
Aspirin
II).

b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann sich die Klägerin jedoch dem weiteren Vertrieb der mit der [X.] gekennzeichneten um-verpackten Arzneimittel aus berechtigten Gründen im Sinne von §
24 Abs.
2 [X.] widersetzen.

aa) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] beeinträchtigt das Umpacken mit einer Marke versehener Arzneimittel als [X.] den spezifischen Gegenstand der Marke, der darin besteht, die Herkunft der mit ihr gekennzeichneten Ware zu garantieren. Ein Umpacken der Ware durch einen Dritten ohne Zustimmung des Markeninhabers kann tatsächliche Gefahren für diese Herkunftsgarantie begründen (vgl. [X.], Urteil vom 23.
April 2002 -
C-143/00, [X.]. 2002, [X.] =
[X.] 2002, 879 Rn.
29 -
Boehringer [X.]/Swingward
I; Urteil vom 26.
April 2007 -
[X.]/04, [X.]. 2007, [X.] =
[X.] 2007, 586 Rn.
15, 30 -
Boehringer [X.]/Swing-ward
II).

Der Widerspruch des Markeninhabers gegen den Vertrieb umgepackter Arzneimittel nach Art.
7 Abs.
2 [X.] (§
24 Abs.
2 [X.]), der eine Ab-weichung vom Grundsatz des freien Warenverkehrs darstellt, ist jedoch nicht zulässig, wenn die
Ausübung dieses Rechts durch den Markeninhaber eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten im Sin-ne des Art.
36 Satz
2 AEUV
(Art.
30 Satz
2 EG)
darstellt (vgl. [X.], [X.] 2007, 586 Rn.
16 -
Boehringer [X.]/Swingward
II; Urteil vom 22.
Dezember 2008 -
C-276/05, [X.]. 2008, [X.] =
[X.] 2009, 154 Rn.
23 -
Wellcome/[X.]). Eine solche verschleierte Beschränkung liegt vor, wenn der Markeninhaber durch die Ausübung seines Rechts, sich dem Umpacken zu widersetzen, zur künstlichen Abschottung der Märkte zwischen den Mitglied-12
13
14
-
7
-
staaten beiträgt und der Parallelimporteur das Umpacken unter Beachtung der berechtigten Interessen des Markeninhabers vornimmt. Der Markeninhaber kann danach die Veränderung, die mit jedem Umpacken eines mit seiner Marke versehenen Arzneimittels verbunden ist und die ihrem Wesen nach die Gefahr einer Beeinträchtigung des [X.] des Arzneimittels schafft, verbie-ten, es sei denn,
das Umpacken ist für die Vermarktung der parallel importierten Ware erforderlich
und die berechtigten Interessen des Markeninhabers sind gewahrt ([X.], [X.] 2007, 586 Rn.
19 -
Boehringer [X.]/Swingward
II; [X.]Z 173, 217 Rn.
18 -
Aspirin
II). Der Markeninhaber kann sich dem weiteren Vertrieb eines Arzneimittels nach Art.
7 Abs.
2 [X.] widersetzen, wenn der Importeur es umgepackt und die Marke wieder angebracht hat, es sei denn, es liegen die fünf in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.]
entwickelten [X.] vor (vgl. [X.], [X.]
Int. 1996, 1144 Rn.
79 -
Bristol-Myers [X.]; [X.] 2007, 586 Rn.
21 -
Boehringer [X.]/Swingward
II).

bb) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass im Streitfall von einer künstlichen [X.] auszugehen ist.

(1) Ob eine künstliche [X.] vorliegt, beurteilt sich nach ob-jektiven Kriterien und nicht danach, ob der Parallelimporteur eine darauf gerich-tete Absicht des Markeninhabers nachweist. Von einer künstlichen Markt-abschottung ist auszugehen, wenn im Zeitpunkt des Vertriebs bestehende Um-stände den Parallelimporteur objektiv zu einem Umpacken des Arzneimittels zwingen, um die betreffende Ware in diesem
Mitgliedstaat in Verkehr bringen zu können. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ist von einer künstlichen [X.] auch auszugehen, wenn der Pa-rallelimporteur nur von einem Teilmarkt im [X.] ausgeschlossen wird. Das ist auch anzunehmen, wenn im Ausfuhrmitgliedstaat nur eine Pa-ckungsgröße eines Arzneimittels in Verkehr gebracht worden ist, während im 15
16
-
8
-
[X.] neben dieser [X.] eine weitere [X.] vom Markeninhaber vertrieben wird. Dadurch wird der Parallelimporteur vom Vertrieb der weiteren [X.] im [X.] ausgeschlossen. Dies begründet eine Zwangslage des [X.], die ein Umpacken rechtfertigt (vgl. [X.], [X.] Int. 1996, 1144 Rn.
52 bis 54 -
Bristol-Myers [X.]; [X.], Urteil vom 5.
Juni 2008 -
I
ZR
208/05, [X.] 2008, 1089 Rn.
34 =
[X.], 1554 -
KLACID
PRO). Dagegen begründen
rein wirtschaftliche Vorteile, die sich der Parallelimporteur
etwa durch eine werbewirksame
und absatzfördernde Verwendung einer anderen Verpackung verspricht, [X.] keine das Umpacken rechtfertigende
Zwangslage (vgl. [X.],
[X.] 2002, 879 Rn.
46 bis 48 -
Boehringer [X.]/Swingward
I; [X.]Z 173, 217 Rn.
22 -
Aspirin
II).

(2) Von diesen Maßstäben ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat zutreffend angenommen, dass die [X.] ohne ein Umpacken von einem Teilmarkt tatsächlich ausgeschlossen wird, der in dem Vertrieb von im Inland üblichen [X.]n mit 120
Tabletten besteht.

Entgegen der Ansicht der Revision steht der Annahme einer künstlichen [X.] nicht der Umstand entgegen, dass die [X.] im Inland die aus der [X.] importierte [X.] mit 96
Tabletten vertreiben könnte. Diese Möglichkeit ändert -
unabhängig von der Frage, wel-cher Absatz sich mit Packungen von 96
Tabletten erzielen lässt
-
nichts
daran, dass die [X.] ohne Umpacken im Inland von dem Teilmarkt der Packungen mit 120
Tabletten ausgeschlossen ist.

cc) Das Berufungsgericht hat angenommen, die [X.]
könne das Umpacken in eigene Verpackungen unter [X.] der [X.] vornehmen. Sie sei nicht gehalten, das Umpacken durch Verwendung der [X.] vorzunehmen, indem diese mit zwei weiteren [X.] 17
18
19
-
9
-
aufgefüllt und umetikettiert würden. Die Wahl zwischen dem Umpacken durch [X.] einschließlich dem Wiederanbringen der Marke und dem Auf-füllen der Originalverpackung mit Umetikettierung betreffe nur die Art und Wei-se des [X.], für die es nicht auf die Erforderlichkeit der Maßnahme an-komme.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

(1) Das Erfordernis, dass das Umpacken notwendig ist, um die Ware im
[X.] vermarkten zu können, gilt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] für das Umpacken der Ware als solche sowie für die Wahl zwischen [X.] und Überkleben im Hinblick [X.], den Vertrieb dieser Ware auf dem Markt des [X.]es zu ermöglichen (vgl. [X.], [X.] 2007, 586 Rn.
38 -
Boehringer [X.]/Swingward
II). Dementsprechend schließt das Kriterium der Erforderlichkeit auch die
Frage ein, ob das Umpacken durch [X.] oder durch Umeti-kettierung der Originalverpackung zu geschehen hat (vgl. [X.], [X.] Int. 1996, 1144 Rn.
55 -
Bristol-Myers [X.]; [X.], Urteil vom 23.
April 2002 -
[X.]/99, [X.]. 2002, [X.] =
EuZW 2002, 542 Rn.
28
f. -
Merck, Sharp &
Dohme/[X.]; [X.], [X.] 2002, 879 Rn.
49
f. -
Boehringer [X.]/Swingward
I; hierzu auch Schlussanträge des Generalanwalts [X.] vom 12.
Juli 2001 in der Rechtssache [X.]/99, [X.].
2002, [X.]
Rn.
111 -
Merck, Sharp &
Dohme/[X.]; [X.], Urteil vom 11.
Juli 2002 -
I
ZR
219/99, [X.] 2002, 1059, 1062 =
[X.], 1163
-
Zantac/Zantic; Urteil vom 11.
Juli 2002 -
I
ZR
35/00, [X.] 2002, 1063, 1066 =
[X.], 1273 -
Aspirin
I), während die Gestaltung einer neuen Umverpackung eine Frage der Art und Weise des [X.] ist (vgl. [X.], [X.] 2009, 154 Rn.
25 -
Wellcome/[X.]; vgl. hierzu auch [X.], Urteil vom 11.
Juli 1996 -
C-71 bis 73/94, [X.]. 1996, [X.] =
[X.], 867 Rn.
38 -
Eurim-Pharm). Das Umpacken in neu hergestellte Kartons und die [X.] der Marke sind
objektiv nicht erforderlich, um einen Zugang des
[X.] zum Markt zu gewährleisten, wenn dieser mit neuen Etiketten überklebte Originalkartons verwenden kann, in die 20
-
10
-
weitere [X.] gefüllt werden. In einer solchen Fallkonstellation sind durch eine Verwendung einer neu gestalteten Verpackung mit Wiederanbrin-gung der Marke statt der umetikettierten [X.] nur wirtschaftliche Interessen des [X.] in Gestalt werbewirksamerer oder absatzför-dernder Maßnahmen betroffen, die den an sich gegebenen Eingriff in die Rech-te des Markeninhabers nicht rechtfertigen.

Hierzu bedarf es keines Vorabentscheidungsersuchens an den Gerichts-hof der [X.]. Ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art.
267 Abs.
3 AEUV ist nicht geboten, wenn der Lösung der Rechtsfrage eine gesi-cherte Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] zugrunde liegt (vgl. [X.], Urteil vom 30.
September 2003 -
C-224/01, [X.]. 2003, [X.] = NJW 2003, 3539 Rn.
118 -
Köbler).
Davon ist im Streitfall aufgrund der zahl-reichen Entscheidungen des Gerichtshofs der [X.] zu umge-packten Arzneimitteln auszugehen. Die Umsetzung dieser Entscheidungspraxis im konkreten Fall ist Aufgabe der Gerichte der Mitgliedstaaten (vgl. [X.] der Generalanwältin [X.] vom 6.
April 2006 in der Rechtssache [X.]/04, [X.].
2007, [X.]
Rn.
3 -
Boehringer [X.]/Swingward
II).

(2) Danach ist das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft davon ausgegan-gen, auf die Erforderlichkeit der [X.] und [X.] der Marke komme es im Streitfall
nicht an, weil bei der Verwendung der [X.] ein Auffüllen mit zwei [X.] und damit ein Umpacken erfor-derlich sei. Nach den vorstehenden Grundsätzen bezieht sich das Kriterium der Erforderlichkeit auch auf die Frage der [X.]
im Verhältnis zur Umeti-kettierung der Originalverpackung, die im Streitfall ohne weiteres möglich ist.
Zwischen den Parteien ist nicht umstritten, dass die Packung mit 96
Tabletten ohne weiteres mit zwei zusätzlichen [X.] auf eine [X.]
von 120
Tabletten aufgestockt werden kann. Die [X.] ist in der Vergangenheit auch entsprechend verfahren. Dass die Verbraucher eine Abneigung gegen 21
22
-
11
-
derart aufgefüllte Packungen haben, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
Die Revisionserwiderung
hat auch nicht gerügt, dass entsprechender
Vortrag der [X.]n übergangen worden wäre.

Andere Maßstäbe ergeben sich entgegen der Ansicht der Revisionserwi-derung auch nicht aus der jüngeren [X.]srechtsprechung. In dem der Ent-scheidung "STILNOX"
([X.], [X.] 2007, 1075) zugrunde liegenden Sachver-halt vertrieb die Markeninhaberin im Ausfuhrmitgliedstaat eine Packung mit drei [X.] zu je 10
Tabletten, während sie im [X.] Packun-gen
mit 10 und 20
Tabletten in Verkehr brachte. Bei dieser Konstellation hat der [X.] die Erforderlichkeit des [X.] durch [X.] für den ge-samten Inhalt der importierten [X.] bejaht. Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar, weil für keinen der [X.] eine [X.] notwendig ist. Entsprechendes gilt für die Entscheidung "[X.]" ([X.], Urteil vom 12.
Juli 2007 -
I
ZR
148/04, [X.]Z 173, 230), in der der Vertrieb des im Ausfuhrmitgliedstaat in der [X.] zu 60
Tabletten
in Verkehr ge-brachten Produkts
in der Originalverpackung im [X.] nicht in Rede stand. Auch in dem der Entscheidung "[X.]" ([X.], Urteil vom 13.
Dezember 2007 -
I
ZR
89/05, [X.] 2008, 707 =
[X.], 944)
zugrun-de liegenden Sachverhalt
bestand die Alternative zur [X.] mit [X.] der Marke nicht in der Verwendung der umetikettierten [X.].

2. Die Revision ist dagegen unbegründet, soweit sie sich gegen die Ab-weisung des Zahlungsantrags
zu
I
2, des Auskunftsantrags
zu
I
3 und des An-trags auf
Feststellung der Schadensersatzverpflichtung wendet.

a) Der mit dem Klageantrag
zu
II dem Grunde nach geltend gemachte Schadensersatzanspruch steht der Klägerin nicht zu, weil nicht festgestellt ist, dass die [X.] den bislang nur angekündigten Vertrieb von neuen Umver-23
24
25
-
12
-
packungen mit 120
Tabletten aufgenommen hat. Der Schadensersatzanspruch nach §
14 Abs.
6 [X.] setzt eine gegen §
14 Abs.
2 [X.] verstoßende Verletzungshandlung voraus, für die von der Revision nichts aufgezeigt und auch sonst nichts ersichtlich ist.

b) Die Zahlung von Rechtsanwaltskosten kann die Klägerin ebenfalls nicht beanspruchen. Ein Schadensersatzanspruch nach §
14 Abs.
6 [X.], der auch die Erstattung von Rechtsverfolgungskosten umfassen kann (vgl. [X.], Urteil vom 29.
Juli 2009 -
I
ZR
169/07, [X.] 2010, 239 Rn.
51 =
[X.], 384 -
BTK), besteht nicht. Ein Aufwendungsersatzanspruch nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§
670, 677, 683 BGB ist ebenfalls nicht gegeben. Mit der Entgegennahme der Information und der Inanspruchnahme von anwaltlichen Beratungsleistungen, für die die Klägerin vorliegend Ersatz beansprucht, hat sie kein Geschäft der [X.]n geführt.

c) Der Auskunftsanspruch (Klageantrag
zu
I
3) ist nicht begründet. Ein unselbständiger
Auskunftsanspruch nach §
242 BGB zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs besteht nicht, weil die [X.] der Klägerin nicht zum Schadensersatz nach §
14 Abs.
6 [X.] verpflichtet ist. Der Anspruch auf Drittauskunft nach §
19 [X.] setzt ebenfalls eine Verletzungshandlung voraus (vgl. [X.]/[X.]/[X.], Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, 2.
Aufl., §
19 [X.] Rn.
4; Fezer, Markenrecht, 4.
Aufl., §
19 Rn.
21; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 9.
Aufl., §
19 Rn.
9), die vorliegend nicht gegeben ist.

II[X.] Das Berufungsurteil kann daher nicht aufrechterhalten werden, soweit das Berufungsgericht hinsichtlich des Unterlassungsantrags
zu
I
1 zum Nachteil der Klägerin erkannt hat (§
562 Abs.
1 ZPO). Der [X.] kann auch im Umfang der Aufhebung des Berufungsurteils in der Sache selbst entscheiden, weil wei-26
27
28
-
13
-
tere Feststellungen nicht zu erwarten sind und die Sache nach den getroffenen Feststellungen zur Endentscheidung reif ist (§
563 Abs.
3 ZPO).

Eine Zurückverweisung ist nicht geboten, um der [X.]n Gelegenheit zu geben, dazu Stellung zu nehmen, ob bei
Verbrauchern eine Abneigung da-gegen besteht [X.] abzunehmen,
die mit zwei [X.] aufgefüllt sind. Eine Verletzung der Hinweispflicht nach §
139 ZPO liegt entge-gen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht vor. Das Berufungsgericht war nicht verpflichtet, die [X.] darauf hinzuweisen, sie habe nichts dazu vorgetragen, dass das Publikum auf 120
Tabletten aufgefüllte Packungen nicht akzeptiere. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, einen [X.]n durch Fragen oder Hinweise
zu neuem Verteidigungsvorbringen zu veranlassen, das in sei-nem bisherigen Vortrag nicht einmal andeutungsweise eine Grundlage hat. Eine Zurückverweisung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des fairen Verfah-rens geboten. Das Revisionsgericht ist nicht gehalten, einer Partei durch Zu-rückverweisung der Sache in die Berufungsinstanz zu ermöglichen, neue Ver-teidigungsmittel vorzubringen, die sie im Hinblick auf den Sach-
und Streitstand ohne weiteres in den Tatsacheninstanzen hätte geltend machen können (vgl. [X.], Urteil vom 2.
November 1982 -
VI
ZR
32/81, NJW 1983, 624, 625; Urteil vom 21.
September 2000 -
I
ZR
216/98, [X.] 2001, 352, 354 = [X.], 394 -
Kompressionsstrümpfe; Beschluss vom 2.
Oktober 2003 -
V
ZB
22/03, [X.]Z 156, 269, 270). Danach ist auf die Berufung der Klägerin das Urteil des [X.]s teilweise abzuändern und die [X.] nach dem Unterlassungs-antrag zu verurteilen.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach §
14 Abs.
2 Nr.
1 und Abs.
5 [X.] zu. Die [X.] hat angekündigt, unter der Marke "[X.]" im Inland Arzneimittel zu vertreiben. Das in Aussicht ge-nommene Verhalten erfüllt den Tatbestand einer Markenverletzung im Sinne von §
14 Abs.
2 Nr.
1 [X.]. Der Vertrieb eines Arzneimittels unter dem Zei-29
30
-
14
-
chen "[X.]" im Inland ist eine Benutzung eines mit der [X.] identi-schen Zeichens für Waren, die mit denjenigen identisch sind,
für die die Marke Schutz genießt.

Die Erschöpfung
der Marke
nach §
24 Abs.
1 [X.] kommt im [X.] nicht in Betracht, weil die Klägerin sich dem Vertrieb neuer Verpackungen mit der [X.] aus berechtigten Gründen im Sinne von §
24 Abs.
2 [X.] widersetzen kann (dazu
oben Rn.
10
ff.).

Die für den vorbeugenden Unterlassungsanspruch erforderliche Erstbe-gehungsgefahr nach §
14 Abs.
5 Satz
2 [X.] folgt aus der in Rede stehen-den Ankündigung der [X.]n, das Arzneimittel im Inland in neuen mit der [X.] gekennzeichneten Verpackungen zu vertreiben.

31
32
-
15
-
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §
92 Abs.
1, §
97 Abs.
1
ZPO.

Bornkamm
Büscher
Schaffert

Kirchhoff
Koch

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 03.03.2009 -
33 O 285/08 -

[X.], Entscheidung vom 02.10.2009 -
6 [X.] -

33

Meta

I ZR 172/09

10.02.2011

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.02.2011, Az. I ZR 172/09 (REWIS RS 2011, 9516)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 9516

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I ZR 172/09

6 U 53/09

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