Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.10.2011, Az. 2 StR 287/11

2. Strafsenat | REWIS RS 2011, 1983

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BUN[X.]ESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 287/11
vom
26.
Oktober 2011
in der Strafsache
gegen

1.

2.

wegen
besonders schwerer Brandstiftung u.a.

-
2
-
[X.]er 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und der Beschwerdeführer
am 26. Oktober 2011 gemäß §§
349 Abs.
2 und
4, 357 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten [X.]

wird das Urteil des [X.] vom 14. Januar 2011 mit den [X.] aufgehoben,
a)
auch, soweit es den Angeklagten C.

betrifft, im Schuldspruch zu Fall 2 der Urteilsgründe,
b)
im Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall 2 der Urteils-gründe sowie über die Gesamtstrafe für den Angeklagten [X.]

.
2.
Auf die Revision des Angeklagten C.

wird das vorge-nannte Urteil
im Strafausspruch, soweit es ihn betrifft, mit
den Feststellungen aufgehoben.
3.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten der [X.], an eine andere Jugendkammer des [X.] zurück-verwiesen.
4.
[X.]ie weitergehende Revision des Angeklagten [X.]

wird ver-worfen.

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-
Gründe:
[X.]as [X.] hat die Angeklagten jeweils wegen versuchter und voll-endeter besonders schwerer Brandstiftung verurteilt, den Angeklagten [X.]

zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten, den Ange-klagten C.

zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und neun Monaten. Hier-gegen richten sich die Revisionen der Angeklagten mit der Sachrüge; der An-geklagte C.

hat sein Rechtsmittel auf den Strafausspruch beschränkt. [X.]ie Revisionen haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von §
349 Abs.
2 StPO.

I.
[X.]as [X.] hat folgendes festgestellt:
[X.]er Angeklagte [X.]

war Betreiber des "

Kiosk Internetcafé & Call-shop" im Erdgeschoss des Hauses Z.

strasse 12 in [X.].

. Ende 2008 wollte er das Internetcafé verkaufen, fand aber keinen Abnehmer. Er entschloss sich dazu, es in Brand zu setzen, um Versicherungsleistungen in
Anspruch zu nehmen. [X.]er "

Kiosk Internetcafé & [X.]" befand sich im Erdgeschoss und einem Anbau des Wohn-
und [X.]. Wohnungen befanden sich im ersten bis dritten Obergeschoss. [X.]er Angeklagte [X.]

gewann den [X.] C.

für die Tatausführung. [X.]afür sollte der Angeklagte C.

Zigaretten und Alkohol aus dem Kiosk wegnehmen dürfen und eine Prämie aus der Versicherungssumme erhalten. C.

sollte aus einem Fenster im Trep-penhaus auf das [X.]ach des Anbaus steigen, von dort durch einen Lichtschacht ein Toilettenfenster erreichen und in den Anbau einsteigen. Mit Gasflaschen und Benzin sollte er einen Brand herbeiführen. [X.]ie Täter wussten, dass dabei 1
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auch ein Risiko für die Bewohner entstehen könnte. Sie rechneten aber damit,
dass niemand zu Schaden kommen werde, weil sie von der alsbaldigen Entde-ckung des [X.] ausgingen.
Am frühen Morgen des 30. [X.]ezember 2008 begab sich C.

zum Tat-ort und führte einen Kanister Benzin mit. Es gelang ihm, in den Kiosk [X.], wo er Benzin ausschüttete, Gasflaschen für Kochgeräte in den Räumen verteilte und deren Ventile öffnete. Vom Toilettenraum aus warf er brennende Papierstücke in den Geschäftsraum. Er verließ den [X.], ohne das Entstehen von Flammen festzustellen. Er rechnete aber damit, dass es noch zu einem Brand oder einer Gasexplosion kommen könnte, was jedoch nicht geschah.
Kurz darauf forderte der Angeklagte [X.]

, dass der Mitangeklagte
C.

einen weiteren Anlauf zur Tatbegehung mit derselben Vorgehensweise
unternehmen solle. C.

vergoss diesmal Benzin aus mehreren Kanistern und warf brennende Papierhandtücher in den Computerraum. Es kam zu [X.], die zuerst die Glasscheibe
einer Innentür
und dann die Schau-fensterscheibe des Internetcafés zerstörten. [X.]ie Inneneinrichtung und Waren verbrannten, eine außen angebrachte Markise wurde zerstört. [X.] verur-sachte Verschmutzungen in den Wohnräumen. [X.]ie Bewohner wurden aber frühzeitig gewarnt und konnten das Haus verlassen, ohne Gesundheitsschäden zu erleiden.

II.
1. [X.]as [X.] hat die Angeklagten als Mittäter einer versuchten und einer vollendeten besonders schweren Brandstiftung gemäß §§
306a Abs.
1 Nr.
1, 306b Abs.
2 Nr.
1 und 2 StGB angesehen. [X.]ie Feststellungen tragen aber 4
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-
im Fall 2 der Urteilsgründe nicht den Schuldspruch wegen vollendeter
beson-ders schwerer Brandstiftung. [X.]ies hat Auswirkungen auf den Strafausspruch.
a) Zwar genügt es für ein vollendetes Inbrandsetzen gemäß §
306a Abs.
1 Nr.
1 StGB, wenn
in einem teils gewerblich, teils
zu Wohnzwecken ge-nutzten Gebäude solche Gebäudeteile selbständig brennen, die für die gewerb-liche Nutzung wesentlich sind, aber
nicht auszuschließen ist, dass das Feuer auf Gebäudeteile übergreift, die für das Wohnen wesentlich sind ([X.], [X.] vom 26.
Oktober 2010 -
3 [X.], [X.]R StGB §
306a Abs.
1 Nr.
1 Vollendung 1). [X.]ies ist aber den Feststellungen des angefochtenen Urteils nicht zu entnehmen. [X.]as verbrannte Inventar und die außen angebrachte Markise waren keine wesentlichen Gebäudeteile.
Gleiches gilt für eine Innenverkleidung oberhalb des Schaufensters. [X.]as Schmelzen eines Fensterrahmens aus Metall stellte kein Brennen dar.
b) Auch die Zerstörungsalternative
des §
306a Abs.
1 Nr.
1 StGB führt nicht zu einem Ergebnis, wie es vom [X.]
angenommen wurde. Aus dem auf das Wohnen bezogenen Schutzzweck des §
306a Abs.
1 Nr.
1 StGB folgt, dass die Alternative des teilweisen Zerstörens eines Wohngebäudes bei einer Brandlegung in einem einheitlichen, teils gewerblich, teils als Wohnung genutzten Gebäude erst dann vollendet ist, wenn zumindest ein zum selbst-ständigen Gebrauch bestimmter Teil des Wohngebäudes durch die Brandle-gung für Wohnzwecke unbrauchbar geworden ist ([X.], Beschluss vom 10. Mai 2011 -
4
StR 659/10). [X.]as war hier nicht der Fall.
Verschmutzungen sind einem teilweisen Zerstören der Räume noch nicht gleichzustellen; eine nachhaltige Verrußung, die umfangreiche Renovierungsarbeiten in den Wohnräumen erfor-derlich gemacht hätte, ist nicht festgestellt.

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c) Schließlich ergibt sich aus den Feststellungen kein Fall der schweren Brandstiftung nach §
306a Abs. 2 StGB. Ist das "Gebäude"
im Sinne von §
306a Abs. 2 StGB im Einzelfall zugleich ein "Wohngebäude", dann müssen zur Vollendung des
Auffangtatbestands nicht notwendigerweise Wohnräume von der teilweisen Zerstörung durch Brandlegung betroffen sein. Es genügt, wenn ein anderer funktionaler Gebäudeteil für nicht unerhebliche Zeit nicht be-stimmungsgemäß gebraucht werden kann, dies aber nur dann, wenn durch die typischen Folgen der Brandlegung, wie [X.]-
und Rußentwicklung, eine [X.] Gefährdung der Gesundheit eines Menschen verursacht wurde (Senat, Urteil vom 17. November 2010

2 StR 399/10, [X.]St 56, 94, 96). Vorausset-zung für die Annahme einer
konkreten Gefahr einer Gesundheitsbeschädigung ist der Eintritt einer kritischen Situation, in der es praktisch nur noch vom Zufall abhängt, ob sich die Gefahr realisiert. Eine solche Situation hat das [X.] nicht festgestellt. [X.]ie Bewohner hatten das Haus verlassen, bevor es zu einer [X.]entwicklung in den Wohnräumen gekommen war, die eine Gesundheits-beschädigung hätte auslösen können.
[X.]a der Grundtatbestand zur
besonders schweren Brandstiftung demnach nicht vollendet wurde, kommt aufgrund der bisherigen Feststellungen im Fall
2 der Urteilsgründe nur ein Versuch des Verbrechens in Frage. Insoweit hat der Schuldspruch
keinen Bestand. [X.]ies ist aufgrund der Revision des Angeklagten [X.]

gemäß §
357 StPO auch zugunsten des Angeklagten C.

auszuspre-chen.
Eine Schuldspruchänderung durch den Senat dahin, dass im Fall
2 eben-falls nur eine versuchte besonders schwere Brandstiftung vorliegt, ist nicht an-gezeigt, da weitere Feststellungen des neuen Tatgerichts nicht auszuschließen sind, welche die Annahme der Vollendung rechtfertigen könnten.
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2. [X.]er Ausspruch über die Einzelstrafe für den Angeklagten [X.]

im Fall
1 der Urteilsgründe wegen versuchter besonders schwerer Brandstiftung ist nicht auf das Vorliegen zweier Qualifikationsalternativen gestützt. Er wird daher von der fehlerhaften Annahme des Eingreifens einer zusätzlichen Qualifikation der versuchten Tat nach §
306b Abs. 2 Nr.
1 StGB nicht berührt.
[X.]ie [X.] im
Fall 2 der Urteilsgründe unterliegt dagegen wegen des oben genannten Rechtsfehlers der Aufhebung; damit entfällt die Gesamtstrafe. [X.]ie Einheitsju-gendstrafe für den Angeklagten C.

muss insgesamt neu gebildet werden.

Fischer

Appl

Berger

Eschelbach

Ott
12

Meta

2 StR 287/11

26.10.2011

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.10.2011, Az. 2 StR 287/11 (REWIS RS 2011, 1983)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1983

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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2 StR 287/11

3 StR 442/09

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