Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.05.2003, Az. 4 StR 21/03

4. Strafsenat | REWIS RS 2003, 2950

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[X.] DES VOLKESUrteil4 StR 21/03vom22. Mai 2003in der Strafsachegegenwegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.- 2 -Der 4. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 22. Mai 2003,an der teilgenommen haben:Vorsitzende [X.]in am [X.]. [X.],[X.] am [X.]. [X.],[X.],[X.]in am Bundesgerichtshof[X.] am [X.]. [X.]als beisitzende [X.],[X.] in der Verhandlung,[X.] am [X.]bei der Verkündung als Vertreter der [X.]schaft,Rechtsanwalt als Verteidiger,Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 9. August 2002 wird verworfen.Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zutragen.Von Rechts wegenGründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen Straftaten nach dem [X.] zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechsMonaten verurteilt. Ferner hat es gegen ihn den Verfall eines Geldbetrages inHöhe von 3.851,81 seiner Revision, mit der er in formeller Hinsicht die Besetzung des Gerichtsbeanstandet und darüber hinaus die Verletzung materiellen Rechts rügt.Die Überprüfung des Urteils auf Grund der nicht ausgeführten Sachrüge hatkeinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die Verfahrensbe-schwerde hat ebenfalls keinen Erfolg.1. Der Formalrüge liegt folgender Verfahrensgang zugrunde:Die erkennende [X.] war mit zwei Berufsrichtern, dem [X.]und der [X.]besetzt. Nach [X.], derFeststellung der Präsenz der Verfahrensbeteiligten und Vernehmung des Ange-klagten über seine persönlichen Verhältnisse erfolgte die Verlesung des [X.]. Danach wurde die [X.] , die erstmals ihr Amt ausübte, nach- 4 -§ 45 Abs. 2 Satz 1 DRiG vereidigt. Die Hauptverhandlung wurde sodann [X.], ohne daß eine Wiederholung der vorausgegangenen Verhandlungsteile,insbesondere der Verlesung des Anklagesatzes, erfolgte.2. Die Revision beanstandet danach an sich zu Recht, daß die an der Ent-scheidung mitwirkende [X.]erst nach Verlesung des Anklagesatzesvereidigt wurde. Bei fehlender Vereidigung eines [X.] liegt zwar entgegen [X.] des Beschwerdeführers kein Revisionsgrund nach § 338 Nr. 2 oder Nr.5 StPO vor, jedoch ist in diesen Fällen das Gericht im Sinne des § 338 Nr. 1 StPOnicht vorschriftsmäßig besetzt (vgl. schon [X.], 362, 364/365 sowie BGHSt 3,175, 176; 4, 158, 159). Wird [X.] wie hier [X.] der Mangel noch in der Hauptverhandlungbehoben, so muß diese nach der Vereidigung in ihren wesentlichen Teilen [X.] werden (BGHR StPO § 338 Nr. 1 Schöffe 8 verspätete Vereidigung). Es bedarfkeiner näheren Darlegung, daß die Verlesung des Anklagesatzes zu den wesentli-chen Teilen der Hauptverhandlung zählt.3. Die Revision kann jedoch auf den [X.] nicht gestützt werden,da der Angeklagte den Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung nicht rechtzeitiggemäß § 222 b Abs. 1 Satz 1 StPO erhoben hat (§ 338 Nr. 1 Buchst. b [X.]) Nach § 338 Nr. 1 StPO kann, wenn [X.] wie hier [X.] nach § 222 a StPO dieMitteilung der Gerichtsbesetzung vorgeschrieben ist, mit der Revision dievorschriftswidrige Besetzung des erkennenden Gerichts [X.] von hier nicht [X.] Fällen abgesehen [X.] nur gerügt werden, soweit der (nach § 222 bAbs. 1 StPO) rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form erhobene Einwand dervorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist. [X.] geht somit [X.] in verfassungsrechtlich nicht zu [X.] (vgl.[X.] NStZ 1984, 370 f.) [X.] davon aus, daß das Unterlassen des [X.] -wands grundsätzlich zur Präklusion der Besetzungsrüge führt. Eine der in § [X.]. 1 2. Halbs. StPO aufgezählten Ausnahmen ist nicht gegeben.b) [X.], in welchem eine Präklusion der Besetzungsrüge ausnahmsweiseausscheidet, liegt nicht vor.aa) Das Fehlen der in § 45 Abs. 2 Satz 1 DRiG vorgeschriebenen Vereidi-gung stellt keinen Mangel in der Person des [X.] dar (vgl. hierzu [X.]/[X.] StPO 25. Aufl. § 338 [X.]. 50, 38 ff.; [X.] in [X.]. § 338[X.]. 48 ff. sowie zur Mitwirkung eines blinden [X.]s BGHSt 34, 236 und 35,164), der von der Rügepräklusion nicht erfaßt würde. Das Erfordernis der Vereidi-gung besteht generell und unabhängig von individuellen Besonderheiten in [X.] des [X.]. Die Heranziehung eines [X.] vor seiner Vereidigungverbietet sich aus Rechtsgründen überhaupt (vgl. auch BGHR StPO § 338 Nr. 1Ergänzungsrichter 3). Insofern unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt vondem in BGHSt 35, 28 entschiedenen Fall, in dem der Senat die Unfähigkeit zum[X.]amt wegen eines gegen den [X.] schwebenden Ermittlungsverfah-rens (§ 32 Nr. 2 [X.]) einem Mangel in der Person —gleichgesetztfi hat.bb) Der durch die unterlassene Vereidigung eines [X.] begründete [X.] ist auch [X.] was für den Eintritt der Präklusionswirkung genügt (vgl.BGHR StPO § 338 Nr. 1 Schöffe 5) [X.] objektiv erkennbar. Nach § 45 Abs. 8 [X.] über die Vereidigung des ehrenamtlichen [X.]s ein (gesondertes) Protokollzu fertigen, das zu den [X.]akten gelangt (vgl. [X.] in [X.] aaO § 31 [X.][X.]. 4). Da die Vorschriftsmäßigkeit der Gerichtsbesetzung (auch) von der Verei-digung der [X.] abhängig ist, zählt die Niederschrift über deren [X.] den für die Besetzung maßgeblichen Unterlagen im Sinne des § 222 a Abs. 3StPO, in die nach dieser Bestimmung Einsicht zu gewähren ist (vgl. hierzu [X.], 126, 130 [Protokoll des [X.]wahlausschusses]; [X.] StPO- 6 -46. Aufl. § 222 a [X.]. 23; [X.] NJW 1978, 2265, 2269; ders. [X.] 1981, 89, 93;Ranft NJW 1981, 1473 ff.). Darüber hinaus war hier der [X.] evident:Nachdem die [X.] in der Hauptverhandlung die Vereidigung der [X.] hatte, war es offensichtlich, daß bei den der Vereidigung vorausgehen-den [X.] die Schöffin unvereidigt und damit [X.] allgemeinerRechtsauffassung zufolge (vgl. nur [X.] aaO § 338 [X.]. 32; [X.]aaO § 338 [X.]. 9; [X.] StPO 4. Aufl. § 338 [X.]. 9) - das Gericht bis dahin nichtvorschriftsmäßig besetzt [X.]) Die Erhebung des [X.] war nicht etwa deshalb entbehr-lich, weil das [X.] in der Hauptverhandlung das Versäumnis selbst bemerktund die Vereidigung der Schöffin nachgeholt hat. Mit den durch das [X.] 1979 eingeführten [X.] der §§ 338Nr. 1, 222 b Abs. 1 StPO wollte der Gesetzgeber erreichen, daß [X.] in einem frühen Verfahrensstadium erkannt und geheilt werden, um zuvermeiden, daß ein möglicherweise mit großem justiziellem Aufwand zustandegekommenes Strafurteil allein wegen eines [X.]s im Revisionsverfah-ren aufgehoben und in der Folge die gesamte Hauptverhandlung [X.] mit erheblichenMehrbelastungen sowohl für die Strafjustiz als auch für den Angeklagten [X.] [X.] werden muß (vgl. die Begr. zum Entwurf des [X.] 1979, BT-Drucks. 8/976,S. 25 ff.; [X.], Beschluß vom 19. März 2003 [X.] 2 BvR 1540/01 -, [X.]/9).Dieser Regelungszweck greift auch bei evidenten Besetzungsmängeln (vgl. [X.] § 338 Nr. 1 Ergänzungsrichter 3 sowie hierzu [X.] aaO [X.] [verspä-tete Heranziehung eines Ergänzungschöffen]). Das Rügeerfordernis nach § 222 bAbs. 1 StPO wird in derartigen Fällen nicht etwa zur leeren Formalie. Gerade imvorliegenden Fall liegt es nahe, daß das [X.] bei Erhebung des [X.],das Gericht sei bis zur Vornahme der Vereidigung [X.], den Besetzungsmangel durch Wiederholung der vorangegangenen- 7 -(wesentlichen) [X.] (hier: Verlesung des Anklagesatzes) geheilthätte.dd) Die Erhebung des entsprechenden [X.] war auch zumutbar.Zwar hätte sich der Beschwerdeführer damit aus seiner Sicht mit hoher Wahr-scheinlichkeit eines —sicherenfi (absoluten) [X.] begeben (vgl.[X.]/[X.], Die Revision in Strafsachen, 6. Aufl. [X.]. 343 [X.]. 616). Sinn [X.] der [X.] ist es jedoch gerade zu unterbinden, daßdie Besetzungsrüge als bloßes Mittel zu einer aus anderen Gründen für wünschbargehaltenen [X.] benutzt wird (Begr. zum Entwurf des [X.] 1979,BT-Drucks. 8/976, [X.]) Da der Angeklagte, wie bereits seinem Revisionsvortrag entnommen wer-den kann, bis zum Beginn seiner Vernehmung zur Sache die unvorschriftsmäßigeGerichtsbesetzung nicht gemäß § 222 b Abs. 1 StPO beanstandet hat, kann er mitder Rüge nach § 338 Nr. 1 StPO nicht gehört werden.[X.] [X.] [X.]Nachschlagewerk: jaBGHSt: jaVeröffentlichung: ja_______________________DRiG § 45 Abs. 2 Satz 1StPO §§ 338 Nr. 1 Buchst. b, 222 b Abs. 1 Satz 1- 8 -Bei fehlender Vereidigung eines [X.] ist das Gericht im Sinne des § [X.]. 1 StPO nicht vorschriftsmäßig besetzt. Die Revision kann jedoch regelmä-ßig auf den [X.] nur gestützt werden, wenn der Beschwerdeführerden Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung in der [X.] gemäß § 222 b Abs. 1 Satz 1 StPO erhoben hat (im Anschluß [X.] vom 12. Juli 2001 - 4 [X.]/00).BGH, Urteil vom 22. Mai 2003 - 4 StR 21/03 - [X.]

Meta

4 StR 21/03

22.05.2003

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.05.2003, Az. 4 StR 21/03 (REWIS RS 2003, 2950)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2950

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