Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.02.2019, Az. 9 AZR 278/16

9. Senat | REWIS RS 2019, 10180

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Gegenstand

Urlaubsabgeltung - Verfall des gesetzlichen Mindesturlaubs - Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers


Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 29. September 2015 - 1 [X.]/14 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von der [X.] die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs aus dem [X.].

2

Der Kläger war vom 1. Juni 2009 bis zum 31. Dezember 2011 bei der [X.] bzw. ihrer Rechtsvorgängerin als Leiter des Bereichs „Finanzen und Controlling“ beschäftigt. Sein regelmäßiges monatliches Bruttoarbeitsentgelt betrug 7.332,00 Euro zuzüglich eines geldwerten Vorteils für die private Nutzung eines Dienstwagens [X.]. 318,00 Euro brutto. Die Parteien schlossen unter dem Datum des 16. Mai 2011 eine in [X.] verfasste Aufhebungsvereinbarung, durch die ihr Arbeitsverhältnis spätestens zum 31. Januar 2012 enden sollte. In Ziff. 3 der Aufhebungsvereinbarung räumte die Beklagte dem Kläger die Möglichkeit ein, das Arbeitsverhältnis mit einer Ankündigungsfrist von sieben Tagen schriftlich zu einem früheren Zeitpunkt zu beenden. In der Aufhebungsvereinbarung heißt es auszugsweise:

        

„5.     

[X.] 2012.

        

…       

        
        

7.    

[X.]

        

…       

        

[X.] are in full and final settlement of your employment contract with P and no party will have further claims towards the other.“

3

Mit Schreiben vom 18. Dezember 2011 erklärte der Kläger unter Bezugnahme auf Ziff. 3 der Aufhebungsvereinbarung die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2011. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses forderte er die Beklagte mit Schreiben vom 9. Dezember 2013 unter Fristsetzung bis zum 16. Dezember 2013 erfolglos auf, seinen Urlaub aus dem [X.] abzugelten.

4

Mit seiner Klage vom 13. Februar 2014 hat der Kläger die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs im Umfang von 20 Arbeitstagen verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, dass ihm zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember 2011 noch ein Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub im Umfang des gesetzlichen Mindesturlaubs von 20 Arbeitstagen zugestanden habe.

5

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.061,60 Euro brutto nebst Zinsen [X.]. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. Dezember 2013 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, der Urlaubsanspruch des [X.] aus dem [X.] sei durch die Ausgleichsklausel in der Aufhebungsvereinbarung erloschen, zumindest aber mit Ablauf des Urlaubsjahres verfallen. Ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung stehe dem Kläger außerdem deshalb nicht zu, weil dieser seinen Urlaub während der Freistellung hätte nehmen können. Schließlich habe der Kläger sein Recht verwirkt, Urlaubsabgeltung zu beanspruchen.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist begründet. Mit der Begründung des [X.] durfte der Klage nicht entsprochen werden. Dies führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht.

9

I. Das [X.] hat der Klage mit einer rechtsfehlerhaften Begründung stattgegeben.

1. Das [X.] hat dem Kläger den geltend gemachten Anspruch auf Urlaubsabgeltung zugesprochen, ohne zu überprüfen, ob dessen Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub mit Ablauf des Urlaubsjahres am 31. Dezember 2011 erloschen ist und deshalb bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses kein abzugeltender Urlaub mehr bestand. Die Annahme des [X.], in den Fällen, in denen das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Urlaubsjahres endet, sei der bis dahin nicht genommene gesetzliche Mindesturlaub stets abzugelten, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

2. Nach § 7 Abs. 4 [X.] ist der Urlaub abzugelten, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Die Bestimmung knüpft allein an die durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses verursachte Unmöglichkeit an, den noch bestehenden Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers durch bezahlte Freistellung von der Arbeitspflicht zu realisieren ([X.] 22. Januar 2019 - 9 [X.] - Rn. 22). Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung setzt somit voraus, dass die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingetreten ist und bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch ein offener Urlaubsanspruch bestand (vgl. [X.] 6. November 2018 - [X.]/16 und [X.]/16 - [X.] und [X.]] Rn. 44; 12. Juni 2014 - [X.] - [[X.]] Rn. 23; [X.] 20. September 2011 - 9 [X.] - Rn. 21, [X.]E 139, 168). Dementsprechend steht dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs. 4 [X.] nicht zu, wenn er mit dem Ende des Urlaubsjahres oder [X.] aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet und der nicht genommene Urlaub wegen Fristablaufs verfällt (vgl. [X.] 12. März 2013 - 9 [X.] - Rn. 14; 7. August 2012 - 9 [X.] - Rn. 42, [X.]E 142, 371).

II. Dieser Rechtsfehler führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] (§ 563 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Auf Grundlage der getroffenen Feststellungen kann der [X.] nicht abschließend entscheiden, ob dem Kläger zum Zeitpunkt der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 7 Abs. 4 [X.] noch ein Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub im Umfang von 20 Arbeitstagen zustand, der mit einem Betrag iHv. 7.061,60 Euro brutto abzugelten wäre.

1. Der Kläger erwarb zu Beginn des Jahres 2011 einen Anspruch auf den vollen gesetzlichen Jahresurlaub (§§ 1, 3, 4 [X.]).

2. Der Anspruch des [X.] auf bezahlten Jahresurlaub ist nicht aufgrund der in der Aufhebungsvereinbarung vom 16. Mai 2011 gewährten Freistellung durch Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses untergegangen.

a) Die Erfüllung eines Anspruchs auf Erholungsurlaub setzt voraus, dass der Arbeitnehmer im Voraus durch eine unwiderrufliche Freistellungserklärung des Arbeitgebers zu Erholungszwecken von einer sonst bestehenden Arbeitspflicht befreit wird ([X.] 16. Juli 2013 - 9 [X.] - Rn. 15; vgl. auch [X.] 10. Februar 2015 - 9 [X.] - Rn. 19, [X.]E 150, 355).

b) Diese Voraussetzungen erfüllte die in Ziff. 5 der Aufhebungsvereinbarung geregelte Freistellung des [X.] nicht, da er sich nach Ziff. 7 der Aufhebungsvereinbarung weiterhin für Arbeitsleistungen bereitzuhalten hatte. Mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2015 hat die Beklagte zuletzt eingeräumt, dass die Erfüllung des Urlaubsanspruchs wegen des Fehlens einer unwiderruflichen Freistellung nicht eingetreten ist. Soweit die Beklagte erstmals in der Revision eingewandt hat, der Urlaubsanspruch des [X.] sei durch die Anordnung von Betriebsurlaub in einem Umfang von zehn Arbeitstagen erfüllt worden, ist dies als neuer Tatsachenvortrag im Revisionsverfahren unbeachtlich (§ 559 Abs. 1 ZPO).

3. Der Anspruch des [X.] auf den gesetzlichen Mindesturlaub ist auch nicht durch die Ausgleichsklausel am Ende der Aufhebungsvereinbarung vom 16. Mai 2011 erloschen. Der Urlaubsanspruch nach §§ 1, 3 [X.] ist gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 [X.] unverzichtbar. Von den Bestimmungen des [X.]es kann, abgesehen von § 7 Abs. 2 Satz 2 [X.], nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden. § 13 Abs. 1 Satz 3 [X.] dient dem Schutz des Arbeitnehmers. Die Vorschrift stellt sicher, dass der Arbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub hat. Ferner sichert die Bestimmung den Anspruch des Arbeitnehmers auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs, den der Arbeitgeber wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewähren kann. Der gesetzliche Schutzzweck würde verfehlt, wenn der Anspruch auf Urlaub oder Urlaubsabgeltung während des Arbeitsverhältnisses durch eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien ausgeschlossen oder beschränkt werden könnte ([X.] 14. Mai 2013 - 9 [X.] 844/11 - Rn. 13, [X.]E 145, 107).

4. Die Klage unterliegt auch nicht der Abweisung, weil der Kläger sein Recht verwirkt hat, Urlaubsabgeltung zu verlangen. Die Voraussetzungen für eine Verwirkung (vgl. hierzu im Einzelnen [X.] 20. März 2018 - 9 [X.] 508/17 - Rn. 26 mwN) sind im Streitfall nicht erfüllt. Das [X.] hat zutreffend erkannt, dass das dafür erforderliche Umstandsmoment nicht vorliegt. Es sind keine Umstände festgestellt oder von der Beklagten behauptet worden, die es ihr unzumutbar gemacht hätten, den zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch bestehenden Urlaub des [X.] abzugelten. Auf die Ausgleichsklausel in der Aufhebungsvereinbarung kann sich die Beklagte aufgrund deren Unwirksamkeit nach § 13 Abs. 1 Satz 3 [X.] nicht berufen. Die Beklagte hat auch keine Umstände vorgetragen, aus denen sich ergibt, der Kläger habe die Ausgleichsklausel nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses allgemein oder konkret in Bezug auf die Urlaubsabgeltung neuerlich bestätigt.

5. Der [X.] kann aufgrund der getroffenen Feststellungen nicht abschließend entscheiden, ob der Urlaub des [X.] aus dem [X.] nach § 7 Abs. 3 Satz 1 [X.] am 31. Dezember 2011 verfallen ist. Dies hängt maßgeblich davon ab, ob die Beklagte ihren bei richtlinienkonformer Auslegung von § 7 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 [X.] gebotenen [X.] nachgekommen ist.

a) Für den gesetzlichen Mindesturlaub iSd. §§ 13 Abs. 1 [X.] schreibt § 7 Abs. 3 Satz 1 [X.] vor, dass der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden muss. Nach der bisherigen Rechtsprechung des [X.] verfiel nicht genommener Urlaub unabhängig davon, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor in die Lage versetzt hatte, den Urlaub zu nehmen, nach § 7 Abs. 3 Satz 1 [X.] mit Ablauf des Urlaubsjahres, sofern kein Übertragungsgrund iSv. § 7 Abs. 3 Satz 2 und Satz 4 [X.] gegeben war (vgl. [X.] 19. Juni 2018 - 9 [X.] 615/17 - Rn. 14; 13. Dezember 2016 - 9 [X.] 541/15 (A) - Rn. 13). Dies galt selbst dann, wenn der Arbeitnehmer rechtzeitig vor Ablauf des Urlaubsjahres die Gewährung des Urlaubs verlangte und der Arbeitgeber den verlangten Urlaub nicht gewährte. Jedoch trat, wenn sich der Arbeitgeber mit der Urlaubsgewährung in Verzug befand, gemäß § 275 Abs. 1 und Abs. 4, § 280 Abs. 1 und Abs. 3, § 283 Satz 1, § 286 Abs. 1 Satz 1, § 287 Satz 2 und § 249 Abs. 1 BGB an die Stelle des im [X.] verfallenen Urlaubs ein Schadensersatzanspruch, der die Gewährung von [X.] zum Inhalt hatte (vgl. [X.] 16. Mai 2017 - 9 [X.] 572/16 - Rn. 12, [X.]E 159, 106) und - mit Ausnahme des Fristenregimes (vgl. [X.] 11. April 2006 - 9 [X.] 523/05 - Rn. 24) - hinsichtlich Inanspruchnahme und Abgeltung den Modalitäten des verfallenen Urlaubs unterlag (vgl. [X.] 16. Mai 2017 - 9 [X.] 572/16 - Rn. 13, aaO).

b) Nach dieser Rechtsprechung stand dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs. 4 [X.] nicht zu, wenn er mit dem Ende des Urlaubsjahres oder [X.] ausschied und der nicht genommene Urlaub wegen Fristablaufs verfiel (vgl. [X.] 12. März 2013 - 9 [X.] - Rn. 14; 7. August 2012 - 9 [X.] - Rn. 42, [X.]E 142, 371).

c) Mit Beschluss vom 13. Dezember 2016 (- 9 [X.] 541/15 (A) -) hat der [X.] den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV um Vorabentscheidung ersucht, ob Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] oder Art. 31 Abs. 2 GRC einer nationalen Regelung entgegenstehen, die vorsieht, dass der Arbeitnehmer Urlaub unter Angabe seiner Wünsche zu dessen zeitlicher Festlegung beantragen muss, damit der Urlaubsanspruch am Ende des Bezugszeitraums nicht ersatzlos untergeht, und die den Arbeitgeber damit nicht verpflichtet, von sich aus einseitig und für den Arbeitnehmer verbindlich die zeitliche Lage des Urlaubs innerhalb des Bezugszeitraums festzulegen. Sollte die Frage bejaht werden, hat der [X.] den Gerichtshof weiter um Auskunft ersucht, ob dies auch für ein Arbeitsverhältnis zwischen Privatpersonen gilt.

d) Der Gerichtshof hat durch Urteil vom 6. November 2018 (- [X.]/16 - [[X.]]) entschieden, dass Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] und Art. 31 Abs. 2 GRC einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der ein Arbeitnehmer, der im betreffenden Bezugszeitraum keinen Antrag auf Wahrnehmung seines Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub gestellt hat, am Ende des Bezugszeitraums die ihm gemäß diesen Bestimmungen für den Bezugszeitraum zustehenden Urlaubstage und entsprechend seinen Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für den bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommenen Urlaub automatisch verliert (vgl. [X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 61).

aa) Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] könne zwar nicht dahin gehend ausgelegt werden, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub und - im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses - der an seine Stelle tretende Anspruch auf Vergütung, dem Arbeitnehmer völlig unabhängig von den Umständen erhalten bleiben müssten, die dazu geführt hätten, dass er den bezahlten Jahresurlaub nicht genommen habe ([X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 30; vgl. so bereits zum Verfall des Urlaubs bei Vorliegen besonderer, dies rechtfertigender Umstände, insbesondere bei Erkrankung des Arbeitnehmers: [X.] 29. November 2017 - [X.]/16 - [King] Rn. 56 ff.; 22. November 2011 - [X.]/10 - [[X.]] Rn. 28, 38, 44). Eine nationale Regelung wie § 7 Abs. 1 und Abs. 3 [X.], die vorsehe, dass bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen seien, es sei denn, dass dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer vorlägen, die den Vorrang verdienten, oder dass der Urlaub grundsätzlich im Bezugsjahr zu nehmen sei, falle zwar in den Bereich der Modalitäten für die Wahrnehmung des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub iSv. Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/[X.]. Eine solche Regelung gehöre zu den auf die Festlegung des Urlaubs der Arbeitnehmer anwendbaren Bestimmungen und Verfahren des nationalen Rechts, deren Ziel es sei, den verschiedenen widerstreitenden Interessen Rechnung zu tragen ([X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 36 f.). Die Grenzen, die von den Mitgliedstaaten bei der Festlegung dieser Modalitäten zwingend einzuhalten seien, würden jedoch verkannt, wenn die Vorschriften des nationalen Rechts dahin gehend ausgelegt würden, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch am Ende des Bezugszeitraums und entsprechend seinen Anspruch auf eine Vergütung für den bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommenen Urlaub automatisch verlöre, auch wenn er nicht in die Lage versetzt wurde, den Anspruch wahrzunehmen (vgl. [X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 40 ff.).

bb) Der Arbeitgeber kann sich nach der vom Gerichtshof vorgenommenen Auslegung auf den fehlenden Urlaubsantrag des Arbeitnehmers deshalb nur berufen, wenn er zuvor konkret und in völliger Transparenz dafür Sorge getragen hat, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage war, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er ihn - erforderlichenfalls förmlich - auffordert, dies zu tun, und ihm klar und rechtzeitig mitteilt, dass der Urlaub, wenn er ihn nicht nimmt, am Ende des Bezugszeitraums oder eines zulässigen [X.] verfallen wird. Der Arbeitgeber trägt die Beweislast für die Erfüllung dieser [X.] (vgl. [X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 45 f.). Erbringt der Arbeitgeber den ihm insoweit obliegenden Nachweis und zeigt sich daher, dass der Arbeitnehmer seinen bezahlten Jahresurlaub aus freien Stücken und in voller Kenntnis der sich daraus ergebenden Konsequenzen nicht genommen hat, stehen Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] und Art. 31 Abs. 2 GRC dem Verlust des Urlaubsanspruchs und - bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses - dem Wegfall der finanziellen Vergütung für nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub nicht entgegen ([X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 47, 56). Eine Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer dazu zu zwingen, diesen Anspruch tatsächlich wahrzunehmen, besteht nicht (vgl. [X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 44).

e) Die nationalen Gerichte sind gehalten, bei der Anwendung des nationalen Rechts dieses so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen, um das in der Richtlinie festgelegte Ziel zu erreichen und damit Art. 288 Abs. 3 AEUV nachzukommen (vgl. [X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 58 f.).

aa) Art. 267 AEUV weist dem Gerichtshof zur Verwirklichung der Verträge über die [X.], der Rechtssicherheit und der Rechtsanwendungsgleichheit sowie einer einheitlichen Auslegung und Anwendung des Unionsrechts die Aufgabe der verbindlichen Auslegung der Verträge und Richtlinien zu (vgl. [X.] 21. Februar 2017 - 1 [X.] - Rn. 27, [X.]E 158, 121; 7. August 2012 - 9 [X.] - Rn. 26, [X.]E 142, 371). Daraus folgt, dass die nationalen Gerichte die Unionsvorschrift in dieser Auslegung (grundsätzlich) auch auf andere Rechtsverhältnisse als das dem Vorabentscheidungsersuchen zugrunde liegende anwenden können und müssen, und zwar auch auf solche, die vor Erlass der auf das [X.] ergangenen Entscheidung des Gerichtshofs entstanden sind ([X.] 10. Dezember 2014 - 2 BvR 1549/07 - Rn. 26).

bb) Allerdings unterliegt der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts Schranken. Die Pflicht zur Verwirklichung eines [X.] im Wege der Auslegung findet ihre Grenzen an dem nach innerstaatlicher Rechtstradition methodisch Erlaubten. Sie darf nicht als Grundlage für eine Auslegung des nationalen Rechts contra legem dienen. Besteht jedoch ein Auslegungsspielraum, ist das nationale Gericht verpflichtet, diesen zur Verwirklichung des [X.] bestmöglich auszuschöpfen (vgl. [X.] 26. September 2011 - 2 [X.], 2 [X.] - Rn. 46 f.). Ob und inwieweit das innerstaatliche Recht eine entsprechende richtlinienkonforme Auslegung zulässt, haben allein die nationalen Gerichte zu beurteilen ([X.] 26. September 2011 - 2 BvR 2216/06, 2 BvR 469/07 - Rn. 47; 21. Februar 2017 - 1 [X.] - Rn. 29, [X.]E 158, 121; 7. August 2012 - 9 [X.] 353/10 - Rn. 31, [X.]E 142, 371).

cc) Der Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 6. November 2018 ausgeführt, dass eine nationale Regelung über den Verfall des Urlaubs oder dessen finanzieller Abgeltung nicht anzuwenden sei, wenn sie nicht im Einklang mit Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] und Art. 31 Abs. 2 GRC ausgelegt werden könne. Das nationale Gericht habe aber auch dann dafür Sorge zu tragen, dass der Arbeitnehmer, wenn der Arbeitgeber nicht nachweisen könne, dass er ihn tatsächlich in die Lage versetzt habe, den ihm nach dem Unionsrecht zustehenden bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, weder seine erworbenen Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub noch - im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses - den Anspruch auf finanzielle Vergütung für nicht genommenen Urlaub verliere (vgl. [X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 81). Stehe dem Arbeitnehmer in einem Rechtsstreit ein staatlicher Arbeitgeber gegenüber, ergebe sich dieses Ergebnis aus Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] und aus Art. 31 Abs. 2 GRC. Stehe ihm ein privater Arbeitgeber gegenüber, folge dies aus Art. 31 Abs. 2 GRC (vgl. [X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 63 f., 74 ff.).

f) Das [X.] lässt eine richtlinienkonforme Auslegung von § 7 [X.] zu. Danach trifft den Arbeitgeber die Initiativlast bei der Verwirklichung des Urlaubsanspruchs gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Grundsätzlich führt erst die Erfüllung der daraus abgeleiteten [X.] des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, seinen Urlaub auch tatsächlich zu nehmen, zur Befristung des Urlaubsanspruchs nach § 7 Abs. 3 [X.]. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung des [X.]s, ob und inwieweit diese Vorschrift des [X.]es wegen Unvereinbarkeit mit Art. 31 Abs. 2 GRC unangewendet bleiben müsste (vgl. [X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 69 ff.).

aa) Das [X.] regelt die für die Arbeitsvertragsparteien im Zusammenhang mit der Gewährung und Inanspruchnahme von Urlaub bestehenden [X.] und die Folgen deren Nichtbeachtung nicht ausdrücklich. Dies gestattet es, § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] richtlinienkonform dahin gehend auszulegen, dass der Arbeitgeber bei der ihm durch das [X.] zugewiesenen Festlegung des Urlaubs die vom Gerichtshof aus Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] abgeleiteten [X.] zu beachten hat. Der nicht erfüllte Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub erlischt in der Regel nur dann am Ende des Kalenderjahres, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen, und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat. Bei einem richtlinienkonformen Verständnis des § 7 Abs. 3 [X.] ist die Erfüllung der [X.] des Arbeitgebers damit grundsätzlich Voraussetzung für das Eingreifen des urlaubsrechtlichen Fristenregimes. Der [X.] entwickelt seine bisherige Rechtsprechung dementsprechend weiter.

(1) Der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ist nach den Bestimmungen des [X.]es grundsätzlich auf das Kalenderjahr als Urlaubsjahr bezogen ausgestaltet (vgl. zB §§ 1, 7 Abs. 3 Satz 1). § 7 Abs. 3 Satz 1 [X.] sieht vor, dass der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden muss. Eine Übertragung des Urlaubs auf die ersten drei Monate des nächsten Kalenderjahres ist nach § 7 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 [X.] nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Liegen solche Gründe nicht vor, verfällt der Urlaub zum Ende eines Kalenderjahres. § 7 Abs. 3 [X.] steht einer richtlinienkonformen Auslegung damit jedoch nicht entgegen. Die Vorschrift regelt weder die Modalitäten für die Inanspruchnahme und Gewährung des Urlaubs, noch sind dort die Voraussetzungen für den Verfall ausdrücklich festgelegt.

(2) Auch durch § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] wird das Verfahren der Gewährung und Inanspruchnahme von Urlaub nicht abschließend bestimmt. Die zeitliche Festlegung des Urlaubs ist nach Maßgabe dieser Bestimmung dem Arbeitgeber vorbehalten. Er gewährt den Urlaub durch eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung (vgl. [X.] 10. Februar 2015 - 9 [X.] 455/13 - Rn. 21 ff., [X.]E 150, 355). Ein Recht des Arbeitnehmers, sich selbst zu beurlauben, besteht grundsätzlich nicht (vgl. [X.] 22. Januar 1998 - 2 [X.] - zu [X.] 3 der Gründe). Der Arbeitgeber hat bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs nach § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter [X.] Gesichtspunkten Vorrang verdienen, entgegenstehen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass neben dem Urlaubswunsch des Arbeitnehmers die Interessen der Belegschaft und die betrieblichen Belange ausreichende Berücksichtigung finden und unter Umständen betriebsverfassungs- oder personalvertretungsrechtliche Vorgaben beachtet werden, sodass der Urlaub des einzelnen Arbeitnehmers tatsächlich im laufenden Urlaubsjahr gewährt werden kann, idealerweise in dem vom Arbeitnehmer gewünschten Zeitraum (vgl. [X.]. IV/785 S. 3). Diese gesetzlichen Vorgaben zur „zeitlichen Festlegung des Urlaubs“ stehen einer Einbindung der unionsrechtlich gebotenen [X.] in das ohnehin vom Arbeitgeber zu steuernde Verfahren der Urlaubsfestlegung nicht entgegen.

bb) Die unionsrechtlich gebotenen Mitwirkungshandlungen unterstützen den Sinn und Zweck der Befristungsregelung des § 7 Abs. 3 [X.]. Die Vorschrift dient in erster Linie dem [X.]. Die Befristung des Urlaubsanspruchs ist ein vom [X.] Gesetzgeber gewähltes Mittel, um den Arbeitnehmer dazu anzuhalten, den Urlaubsanspruch grundsätzlich im Urlaubsjahr geltend zu machen. Dadurch soll erreicht werden, dass jeder Arbeitnehmer tatsächlich in einem einigermaßen regelmäßigen Rhythmus eine gewisse Zeit der Erholung und Entspannung erhält (vgl. [X.] 7. August 2012 - 9 [X.] - Rn. 24, 39, [X.]E 142, 371). Der vom [X.] intendierte [X.] durch eine tatsächliche Inanspruchnahme der bezahlten Arbeitsbefreiung wird gefördert, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über den Umfang des noch bestehenden Urlaubs informiert, ihn auf die für die Urlaubsnahme maßgeblichen Fristen hinweist und ihn zudem auffordert, den Urlaub tatsächlich in Anspruch zu nehmen. In diesem Fall wird ein verständiger Arbeitnehmer seinen Urlaub typischerweise rechtzeitig vor dem Verfall beantragen. Dem steht nicht entgegen, dass § 7 Abs. 3 [X.] auch im Interesse des Arbeitgebers ein unbegrenztes Ansammeln von Urlaubsansprüchen durch den Arbeitnehmer verhindern soll. Dieses Interesse ist nur dann schützenswert, wenn es im Einklang mit Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] steht (vgl. [X.] 29. November 2017 - [X.]/16 - [King] Rn. 54 ff.; [X.] 7. August 2012 - 9 [X.] - Rn. 26, aaO). Dies setzt regelmäßig voraus, dass der Arbeitgeber seinen [X.] nachgekommen ist.

(1) Nach § 7 Abs. 3 Satz 2 [X.] ist eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Die Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr setzt voraus, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub andernfalls nach § 7 Abs. 3 Satz 1 [X.] erloschen wäre. Ohne eine zulässige Befristung des Urlaubsanspruchs wäre die gesetzliche Anordnung einer Übertragung des Urlaubsanspruchs in das Folgejahr bei Vorliegen besonderer Übertragungsgründe entbehrlich. Bei einer richtlinienkonformen Auslegung von § 7 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 [X.] ist der Anwendungsbereich von § 7 Abs. 3 Satz 2 [X.] deshalb grundsätzlich auf die Fälle beschränkt, in denen der Arbeitgeber seinen [X.] iSv. § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] nachgekommen ist und infolgedessen der Urlaubsanspruch iSv. § 7 Abs. 3 Satz 1 [X.] befristet war. Hat der Arbeitgeber seine [X.] nicht erfüllt, ist der Urlaubsanspruch für das jeweilige Urlaubsjahr unabhängig vom Vorliegen eines Übertragungsgrundes regelmäßig nicht iSv. § 7 Abs. 3 Satz 1 [X.] an das Urlaubsjahr gebunden. Einer Übertragung auf das nächste Kalenderjahr bedarf es nicht.

(2) Entsprechendes gilt für die Übertragungsregelung des § 7 Abs. 3 Satz 4 [X.], der zufolge ein nach § 5 Abs. 1 Buchst. a [X.] entstehender Teilurlaub auf Verlangen des Arbeitnehmers auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen ist. Diese Bestimmung setzt ebenfalls eine (wirksame) Befristung des ([X.] voraus. Auch sie verlangt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer grundsätzlich durch Erfüllung seiner [X.] in die Lage versetzt hat, seinen (Teil-)Urlaubsanspruch tatsächlich wahrzunehmen, damit der Arbeitnehmer durch ein entsprechendes Verlangen den andernfalls verfallenden Teilurlaub auf das nächste Kalenderjahr übertragen kann.

g) Das [X.] hat - unter Zugrundelegung seiner Rechtsauffassung konsequent - nicht geprüft, ob die Beklagte den Kläger durch Erfüllung ihrer [X.] in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch aus dem [X.] tatsächlich wahrzunehmen, und hierzu keine Tatsachenfeststellungen getroffen. Dies wird es nachzuholen haben. Bei der erneuten Prüfung sind die folgenden allgemeinen Grundsätze zu beachten:

aa) Der Arbeitgeber muss konkret und in völliger Transparenz dafür sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen. Er muss ihn - erforderlichenfalls förmlich - dazu auffordern, seinen Urlaub zu nehmen, und ihm klar und rechtzeitig mitteilen, dass der Urlaub verfällt, wenn er ihn nicht nimmt (vgl. [X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 45).

(1) Der Inhalt der in richtlinienkonformer Auslegung von § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] bestehenden [X.] des Arbeitgebers ergibt sich aus ihrem Zweck, zu verhindern, dass der Arbeitnehmer den Urlaubsanspruch nicht wahrnimmt, weil der Arbeitgeber ihn hierzu nicht in die Lage versetzt hat. Infolge des Fehlens konkreter gesetzlicher Vorgaben ist der Arbeitgeber grundsätzlich in der Auswahl der Mittel frei, derer er sich zur Erfüllung seiner [X.] bedient. Die Mittel müssen jedoch zweckentsprechend sein. Sie müssen geeignet sein, den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, in Kenntnis aller relevanten Umstände frei darüber zu entscheiden, ob er seinen Urlaub in Anspruch nimmt. Deshalb darf der Arbeitgeber, will er seinen [X.] genügen, den Arbeitnehmer auch nicht in sonstiger Weise daran hindern, den Urlaub in Anspruch zu nehmen (vgl. [X.] 29. November 2017 - [X.]/16 - [King] Rn. 39, 65). Er darf zudem weder Anreize schaffen noch den Arbeitnehmer dazu anhalten, seinen Urlaub nicht zu nehmen und dadurch - faktisch - auf ihn zu verzichten (vgl. [X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 41 f.). Es ist der Eintritt einer Situation zu vermeiden, in der ein Arbeitnehmer auf Veranlassung des Arbeitgebers davon abgehalten werden kann, seine Rechte gegenüber seinem Arbeitgeber geltend zu machen. Ob der Arbeitgeber das Erforderliche getan hat, um seinen [X.] zu genügen, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen. Die Erfüllung seiner [X.] hat der Arbeitgeber darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, weil er hieraus eine für sich günstige Rechtsfolge ableitet.

(2) Der Arbeitgeber muss sich bei Erfüllung seiner [X.] auf einen „konkret“ bezeichneten Urlaubsanspruch eines bestimmten Jahres beziehen und den Anforderungen an eine „völlige Transparenz“ genügen. Er kann seine [X.] regelmäßig zum Beispiel dadurch erfüllen, dass er dem Arbeitnehmer zu Beginn des Kalenderjahres in Textform mitteilt, wie viele Arbeitstage Urlaub ihm im Kalenderjahr zustehen, ihn auffordert, seinen Jahresurlaub so rechtzeitig zu beantragen, dass er innerhalb des laufenden Urlaubsjahres genommen werden kann, und ihn über die Konsequenzen belehrt, die eintreten, wenn dieser den Urlaub nicht entsprechend der Aufforderung beantragt. Die Anforderungen an eine „klare“ Unterrichtung sind regelmäßig durch den Hinweis erfüllt, dass der Urlaub grundsätzlich am Ende des Kalenderjahres verfällt, wenn der Arbeitnehmer in der Lage war, seinen Urlaub im Kalenderjahr zu nehmen, er ihn aber nicht beantragt. Nimmt der Arbeitnehmer in diesem Fall seinen bezahlten Jahresurlaub nicht in Anspruch, obwohl er hierzu in der Lage war, geschieht dies aus freien Stücken und in voller Kenntnis der sich daraus ergebenden Konsequenzen.

(3) Abstrakte Angaben etwa im Arbeitsvertrag, in einem Merkblatt oder in einer Kollektivvereinbarung werden den Anforderungen einer konkreten und transparenten Unterrichtung hingegen in der Regel nicht genügen. Andererseits verlangt der Zweck der vom Arbeitgeber zu beachtenden [X.] grundsätzlich nicht die ständige Aktualisierung dieser Mitteilungen, etwa anlässlich jeder Änderung des Umfangs des Urlaubsanspruchs. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls. Setzt sich der Arbeitgeber in Widerspruch zu seinen Erklärungen, indem er etwa einen Urlaubsantrag aus anderen als den in § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] genannten Gründen ablehnt oder anderweitig eine Situation erzeugt, die geeignet ist, den Arbeitnehmer davon abzuhalten, seinen Urlaub zu beantragen, entfällt die Befristung des Urlaubsanspruchs nach § 7 Abs. 3 [X.]. Dem Arbeitgeber obliegt es in diesem Fall, seine Mitwirkungshandlungen erneut vorzunehmen.

(4) Hat der Arbeitgeber durch Erfüllung seiner [X.] den Urlaubsanspruch an das Urlaubsjahr gebunden und verlangt der Arbeitnehmer dennoch nicht, ihm Urlaub zu gewähren, verfällt sein Anspruch nach Maßgabe von § 7 Abs. 3 Satz 1 [X.] mit Ablauf des Urlaubsjahres. Liegen die Voraussetzungen einer Übertragung des Urlaubs nach § 7 Abs. 3 Satz 2 oder Satz 4 [X.] vor, wird der Urlaub „von selbst“ auf die ersten drei Monate des Folgejahres übertragen (vgl. [X.] 24. März 2009 - 9 [X.] 983/07 - Rn. 52, [X.]E 130, 119). Der Urlaubsanspruch kann in diesem Fall grundsätzlich nur dann mit Ablauf des [X.] untergehen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auffordert, seinen Urlaub noch innerhalb des [X.] zu nehmen, und ihn darauf hinweist, dass der Urlaubsanspruch anderenfalls erlischt.

bb) Hat der Arbeitgeber seinen [X.] nicht entsprochen, tritt der am 31. Dezember des Urlaubsjahres nicht verfallene Urlaub zu dem Urlaubsanspruch hinzu, der am 1. Januar des Folgejahres entsteht. Dieser Teil des Urlaubsanspruchs ist gegenüber dem Teil, den der Arbeitnehmer zu Beginn des aktuellen Urlaubsjahres erworben hat, nicht privilegiert. Für ihn gelten, wie für den neu entstandenen Urlaubsanspruch, die Regelungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 [X.]. Der Arbeitgeber kann deshalb das uneingeschränkte Kumulieren von Urlaubsansprüchen aus mehreren Jahren dadurch vermeiden, dass er seine [X.] für den Urlaub aus zurückliegenden Urlaubsjahren im aktuellen Urlaubsjahr nachholt. Nimmt der Arbeitnehmer in einem solchen Fall den kumulierten Urlaubsanspruch im laufenden Urlaubsjahr nicht wahr, obwohl es ihm möglich gewesen wäre, verfällt der Urlaub am Ende des Kalenderjahres bzw. eines (zulässigen) [X.].

        

    Kiel    

        

    [X.]    

        

    Zimmermann    

        

        

        

    Wullhorst    

        

    Hampel    

                 

Meta

9 AZR 278/16

19.02.2019

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

§ 1 BUrlG, § 3 Abs 1 BUrlG, Art 7 EGRL 88/2003, § 7 Abs 3 S 4 BUrlG, § 7 Abs 1 S 1 BUrlG, § 7 Abs 3 S 3 BUrlG, § 7 Abs 3 S 1 BUrlG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.02.2019, Az. 9 AZR 278/16 (REWIS RS 2019, 10180)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 10180

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