Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.02.2019, Az. 9 AZR 423/16

9. Senat | REWIS RS 2019, 10169

ARBEITSRECHT BUNDESARBEITSGERICHT (BAG) EUROPÄISCHER GERICHTSHOF (EUGH) ARBEITSVERTRAG INDIVIDUAL-ARBEITSRECHT URLAUB URLAUBSANSPRUCH VERJÄHRUNG REISE KURZARBEIT CORONAVIRUS

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Gegenstand

Verfall von Urlaub - Obliegenheiten des Arbeitgebers


Leitsatz

1. Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub (§§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG) erlischt bei einer mit Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG konformen Auslegung von § 7 BUrlG nur dann am Ende des Kalenderjahres (§ 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG) oder eines zulässigen Übertragungszeitraums (§ 7 Abs. 3 Satz 3 und Satz 4 BUrlG), wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen, und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.

2. Die Befristung des Urlaubsanspruchs nach § 7 Abs. 3 BUrlG setzt grundsätzlich voraus, dass der Arbeitgeber seinen aus einem richtlinienkonformen Verständnis von § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG resultierenden Mitwirkungsobliegenheiten bei der Verwirklichung des Urlaubsanspruchs genügt , indem er den Arbeitnehmer - erforderlichenfalls förmlich - auffordert, seinen Urlaub zu nehmen, und ihm klar und rechtzeitig mitteilt, dass der Urlaub mit Ablauf des Kalenderjahres oder Übertragungszeitraums verfällt, wenn er ihn nicht beantragt.

Tenor

1. Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 22. April 2016 - 4 Sa 1095/15 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von dem Beklagten, Urlaub aus den Jahren 2012 und 2013 abzugelten.

2

Der Kläger war beim Beklagten seit 2009 auf Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom 11. März 2009 als Kassierer beschäftigt. Er arbeitete an Samstagen und Sonntagen zunächst monatlich 55 Stunden, ab 2013 60 Stunden. Sein Stundenlohn betrug 7,20 Euro brutto. Der Arbeitsvertrag regelt den Urlaubsanspruch des [X.] nicht. In den Jahren 2012 und 2013 gewährte ihm der Beklagte keinen Urlaub. Die Erteilung von Urlaub hatte der Kläger nicht beantragt.

3

Mit Schreiben vom 18. Februar 2015 kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis zum 30. April 2015. Gleichzeitig machte er die im Umfang von jeweils acht Urlaubstagen entstandenen gesetzlichen Urlaubsansprüche für die [X.] und 2013 geltend. Er bat darum, ihm den Urlaub aus dem [X.] im März 2015 zu gewähren und den Urlaub aus dem [X.] abzugelten. Der Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 25. Februar 2015 ab.

4

Mit der Klage verlangt der Kläger die Abgeltung von jeweils acht Urlaubstagen aus dem [X.] mit 396,00 Euro brutto und dem [X.] mit 432,00 Euro brutto. Er hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe es pflichtwidrig unterlassen, ihm von sich aus Urlaub zu gewähren. Dies habe dazu geführt, dass sein Urlaub mit Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres verfallen sei. Den an diese Stelle getretenen Anspruch auf [X.] habe der Beklagte nach § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten.

5

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 828,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

6

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, der Urlaub sei mit Ablauf der betreffenden Urlaubsjahre ersatzlos verfallen. Er sei nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] nicht verpflichtet gewesen, dafür Sorge zu tragen, dass der Urlaub innerhalb der gesetzlichen Fristen genommen werde. Auf den Fortbestand dieser Rechtsprechung habe er vertrauen dürfen.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt er sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des [X.] ist begründet. Mit der Begründung des [X.] durfte die Berufung des [X.] nicht zurückgewiesen werden. Auf Grundlage der getroffenen Feststellungen kann der [X.] nicht entscheiden, ob die Klage begründet ist. Dies führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht.

9

I. Das [X.] hat angenommen, die Klage sei unbegründet. Der Urlaub des [X.] aus den Jahren 2012 und 2013 sei am Ende des jeweiligen Kalenderjahres nach § 7 Abs. 3 Satz 1 [X.] verfallen. Ein Anspruch auf [X.] nach § 275 Abs. 1, § 280 Abs. 1 und Abs. 3, § 283 BGB sei nicht entstanden. Der Beklagte sei zwar bei richtlinienkonformer Auslegung von § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] verpflichtet gewesen, die Urlaubsansprüche des [X.] von sich aus zu erfüllen. Diese Pflichtverletzung habe der Beklagte aber nicht iSv. § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB zu vertreten, da er der jahrzehntelangen höchstrichterlichen Rechtsprechung folgend davon habe ausgehen dürfen, ohne Urlaubsverlangen des [X.] nicht zur Urlaubserteilung verpflichtet zu sein.

II. Diese Begründung des [X.] hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Annahme, der Urlaub des [X.] aus den Jahren 2012 und 2013 sei am Ende des jeweiligen Kalenderjahres nach § 7 Abs. 3 Satz 1 [X.] verfallen, wird von den Feststellungen des [X.] nicht getragen. Zudem ist eine Auslegung des § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.], der zufolge der Arbeitgeber verpflichtet ist, Urlaub zu gewähren, ohne dass der Arbeitnehmer zuvor Urlaubswünsche geäußert hat, unionsrechtlich nicht geboten.

1. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs. 4 [X.] setzt voraus, dass zum [X.]punkt der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein offener Urlaubsanspruch besteht, der wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Der Kläger erwarb nach den Feststellungen des [X.] zu Beginn der [X.] und 2013 einen gesetzlichen Urlaubsanspruch von jeweils acht Arbeitstagen (§§ 1, 3, 4 [X.]). Die Urlaubsansprüche des [X.] sind nicht durch Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB erloschen. Dies steht zwischen den Parteien außer Streit.

2. Für den gesetzlichen Mindesturlaub iSd. §§ 13 Abs. 1 [X.] schreibt § 7 Abs. 3 Satz 1 [X.] vor, dass der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden muss. Nach der bisherigen Rechtsprechung des [X.] verfiel nicht genommener Urlaub unabhängig davon, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor in die Lage versetzt hatte, den Urlaub zu nehmen, nach § 7 Abs. 3 Satz 1 [X.] mit Ablauf des Urlaubsjahres, sofern kein Übertragungsgrund iSv. § 7 Abs. 3 Satz 2 und Satz 4 [X.] gegeben war (vgl. [X.] 19. Juni 2018 - 9 [X.] - Rn. 14; 13. Dezember 2016 - 9 [X.] (A) - Rn. 13). Dies galt selbst dann, wenn der Arbeitnehmer rechtzeitig vor Ablauf des Urlaubsjahres die Gewährung des Urlaubs verlangte und der Arbeitgeber den verlangten Urlaub nicht gewährte. Jedoch trat, wenn sich der Arbeitgeber mit der Urlaubsgewährung in Verzug befand, gemäß § 275 Abs. 1 und Abs. 4, § 280 Abs. 1 und Abs. 3, § 283 Satz 1, § 286 Abs. 1 Satz 1, § 287 Satz 2 und § 249 Abs. 1 BGB an die Stelle des im [X.] verfallenen Urlaubs ein Schadensersatzanspruch, der die Gewährung von [X.] zum Inhalt hatte (vgl. [X.] 16. Mai 2017 - 9 [X.] - Rn. 12, [X.]E 159, 106) und - mit Ausnahme des Fristenregimes (vgl. [X.] 11. April 2006 - 9 [X.] - Rn. 24) - hinsichtlich Inanspruchnahme und Abgeltung den Modalitäten des verfallenen Urlaubs unterlag (vgl. [X.] 16. Mai 2017 - 9 [X.] - Rn. 13, aaO).

3. Mit Beschluss vom 13. Dezember 2016 (- 9 [X.] (A) -) hat der [X.] den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV um Vorabentscheidung ersucht, ob Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] oder Art. 31 Abs. 2 GRC einer nationalen Regelung entgegenstehen, die vorsieht, dass der Arbeitnehmer Urlaub unter Angabe seiner Wünsche zu dessen zeitlicher Festlegung beantragen muss, damit der Urlaubsanspruch am Ende des Bezugszeitraums nicht ersatzlos untergeht, und die den Arbeitgeber damit nicht verpflichtet, von sich aus einseitig und für den Arbeitnehmer verbindlich die zeitliche Lage des Urlaubs innerhalb des Bezugszeitraums festzulegen. Sollte die Frage bejaht werden, hat der [X.] den Gerichtshof weiter um Auskunft ersucht, ob dies auch für ein Arbeitsverhältnis zwischen Privatpersonen gilt.

4. Der Gerichtshof hat durch Urteil vom 6. November 2018 (- [X.]/16 - [[X.]]) entschieden, dass Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] und Art. 31 Abs. 2 GRC einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der ein Arbeitnehmer, der im betreffenden Bezugszeitraum keinen Antrag auf Wahrnehmung seines Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub gestellt hat, am Ende des Bezugszeitraums die ihm gemäß diesen Bestimmungen für den Bezugszeitraum zustehenden Urlaubstage und entsprechend seinen Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für den bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommenen Urlaub automatisch verliert (vgl. [X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 61).

a) Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] könne zwar nicht dahin gehend ausgelegt werden, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub und - im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses - der an seine Stelle tretende Anspruch auf Vergütung, dem Arbeitnehmer völlig unabhängig von den Umständen erhalten bleiben müssten, die dazu geführt hätten, dass er den bezahlten Jahresurlaub nicht genommen habe ([X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 30; vgl. so bereits zum Verfall des Urlaubs bei Vorliegen besonderer, dies rechtfertigender Umstände, insbesondere bei Erkrankung des Arbeitnehmers: [X.] 29. November 2017 - [X.]/16 - [King] Rn. 56 ff.; 22. November 2011 - [X.]/10 - [[X.]] Rn. 28, 38, 44). Eine nationale Regelung wie § 7 Abs. 1 und Abs. 3 [X.], die vorsehe, dass bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen seien, es sei denn, dass dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer vorlägen, die den Vorrang verdienten, oder dass der Urlaub grundsätzlich im Bezugsjahr zu nehmen sei, falle zwar in den Bereich der Modalitäten für die Wahrnehmung des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub iSv. Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/[X.]. Eine solche Regelung gehöre zu den auf die Festlegung des Urlaubs der Arbeitnehmer anwendbaren Bestimmungen und Verfahren des nationalen Rechts, deren Ziel es sei, den verschiedenen widerstreitenden Interessen Rechnung zu tragen ([X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 36 f.). Die Grenzen, die von den Mitgliedstaaten bei der Festlegung dieser Modalitäten zwingend einzuhalten seien, würden jedoch verkannt, wenn die Vorschriften des nationalen Rechts dahin gehend ausgelegt würden, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch am Ende des Bezugszeitraums und entsprechend seinen Anspruch auf eine Vergütung für den bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommenen Urlaub automatisch verlöre, auch wenn er nicht in die Lage versetzt wurde, den Anspruch wahrzunehmen (vgl. [X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 40 ff.).

b) Der Arbeitgeber kann sich nach der vom Gerichtshof vorgenommenen Auslegung auf den fehlenden Urlaubsantrag des Arbeitnehmers deshalb nur berufen, wenn er zuvor konkret und in völliger Transparenz dafür Sorge getragen hat, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage war, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er ihn - erforderlichenfalls förmlich - auffordert, dies zu tun, und ihm klar und rechtzeitig mitteilt, dass der Urlaub, wenn er ihn nicht nimmt, am Ende des Bezugszeitraums oder eines zulässigen [X.] verfallen wird. Der Arbeitgeber trägt die Beweislast für die Erfüllung dieser [X.] (vgl. [X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 45 f.). Erbringt der Arbeitgeber den ihm insoweit obliegenden Nachweis und zeigt sich daher, dass der Arbeitnehmer seinen bezahlten Jahresurlaub aus freien Stücken und in voller Kenntnis der sich daraus ergebenden Konsequenzen nicht genommen hat, stehen Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] und Art. 31 Abs. 2 GRC dem Verlust des Urlaubsanspruchs und - bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses - dem Wegfall der finanziellen Vergütung für nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub nicht entgegen ([X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 47, 56). Eine Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer dazu zu zwingen, diesen Anspruch tatsächlich wahrzunehmen, besteht nicht (vgl. [X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 44).

5. Die nationalen Gerichte sind gehalten, bei der Anwendung des nationalen Rechts dieses so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen, um das in der Richtlinie festgelegte Ziel zu erreichen und damit Art. 288 Abs. 3 AEUV nachzukommen (vgl. [X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 58 f.).

a) Art. 267 AEUV weist dem Gerichtshof zur Verwirklichung der Verträge über die [X.], der Rechtssicherheit und der Rechtsanwendungsgleichheit sowie einer einheitlichen Auslegung und Anwendung des Unionsrechts die Aufgabe der verbindlichen Auslegung der Verträge und Richtlinien zu (vgl. [X.] 21. Februar 2017 - 1 [X.] - Rn. 27, [X.]E 158, 121; 7. August 2012 - 9 [X.] - Rn. 26, [X.]E 142, 371). Daraus folgt, dass die nationalen Gerichte die Unionsvorschrift in dieser Auslegung (grundsätzlich) auch auf andere Rechtsverhältnisse als das dem Vorabentscheidungsersuchen zugrunde liegende anwenden können und müssen, und zwar auch auf solche, die vor Erlass der auf das [X.] ergangenen Entscheidung des Gerichtshofs entstanden sind ([X.] 10. Dezember 2014 - 2 BvR 1549/07 - Rn. 26).

b) Allerdings unterliegt der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts Schranken. Die Pflicht zur Verwirklichung eines [X.] im Wege der Auslegung findet ihre Grenzen an dem nach innerstaatlicher Rechtstradition methodisch Erlaubten. Sie darf nicht als Grundlage für eine Auslegung des nationalen Rechts contra legem dienen. Besteht jedoch ein Auslegungsspielraum, ist das nationale Gericht verpflichtet, diesen zur Verwirklichung des [X.] bestmöglich auszuschöpfen (vgl. [X.] 26. September 2011 - 2 [X.], 2 [X.] - Rn. 46 f.). Ob und inwieweit das innerstaatliche Recht eine entsprechende richtlinienkonforme Auslegung zulässt, haben allein die nationalen Gerichte zu beurteilen ([X.] 26. September 2011 - 2 BvR 2216/06, 2 BvR 469/07 - Rn. 47; 21. Februar 2017 - 1 [X.] - Rn. 29, [X.]E 158, 121; 7. August 2012 - 9 [X.] 353/10 - Rn. 31, [X.]E 142, 371).

c) Der Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 6. November 2018 ausgeführt, dass eine nationale Regelung über den Verfall des Urlaubs oder dessen finanzieller Abgeltung nicht anzuwenden sei, wenn sie nicht im Einklang mit Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] und Art. 31 Abs. 2 GRC ausgelegt werden könne. Das nationale Gericht habe aber auch dann dafür Sorge zu tragen, dass der Arbeitnehmer, wenn der Arbeitgeber nicht nachweisen könne, dass er ihn tatsächlich in die Lage versetzt habe, den ihm nach dem Unionsrecht zustehenden bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, weder seine erworbenen Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub noch - im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses - den Anspruch auf finanzielle Vergütung für nicht genommenen Urlaub verliere (vgl. [X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 81). Stehe dem Arbeitnehmer in einem Rechtsstreit ein staatlicher Arbeitgeber gegenüber, ergebe sich dieses Ergebnis aus Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] und aus Art. 31 Abs. 2 GRC. Stehe ihm ein privater Arbeitgeber gegenüber, folge dies aus Art. 31 Abs. 2 GRC (vgl. [X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 63 f., 74 ff.).

6. Das [X.] lässt eine richtlinienkonforme Auslegung von § 7 [X.] zu. Danach trifft den Arbeitgeber die Initiativlast bei der Verwirklichung des Urlaubsanspruchs gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Grundsätzlich führt erst die Erfüllung der daraus abgeleiteten [X.] des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, seinen Urlaub auch tatsächlich zu nehmen, zur Befristung des Urlaubsanspruchs nach § 7 Abs. 3 [X.]. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung des [X.]s, ob und inwieweit diese Vorschrift des [X.]es wegen Unvereinbarkeit mit Art. 31 Abs. 2 GRC unangewendet bleiben müsste (vgl. [X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 69 ff.).

a) Das [X.] regelt die für die Arbeitsvertragsparteien im Zusammenhang mit der Gewährung und Inanspruchnahme von Urlaub bestehenden [X.] und die Folgen deren Nichtbeachtung nicht ausdrücklich. Dies gestattet es, § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] richtlinienkonform dahin gehend auszulegen, dass der Arbeitgeber bei der ihm durch das [X.] zugewiesenen Festlegung des Urlaubs die vom Gerichtshof aus Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] abgeleiteten [X.] zu beachten hat. Der nicht erfüllte Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub erlischt in der Regel nur dann am Ende des Kalenderjahres, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen, und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat. Bei einem richtlinienkonformen Verständnis des § 7 Abs. 3 [X.] ist die Erfüllung der [X.] des Arbeitgebers damit grundsätzlich Voraussetzung für das Eingreifen des urlaubsrechtlichen Fristenregimes. Der [X.] entwickelt seine bisherige Rechtsprechung dementsprechend weiter.

aa) Der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ist nach den Bestimmungen des [X.]es grundsätzlich auf das Kalenderjahr als Urlaubsjahr bezogen ausgestaltet (vgl. zB §§ 1, 7 Abs. 3 Satz 1). § 7 Abs. 3 Satz 1 [X.] sieht vor, dass der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden muss. Eine Übertragung des Urlaubs auf die ersten drei Monate des nächsten Kalenderjahres ist nach § 7 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 [X.] nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Liegen solche Gründe nicht vor, verfällt der Urlaub zum Ende eines Kalenderjahres. § 7 Abs. 3 [X.] steht einer richtlinienkonformen Auslegung damit jedoch nicht entgegen. Die Vorschrift regelt weder die Modalitäten für die Inanspruchnahme und Gewährung des Urlaubs, noch sind dort die Voraussetzungen für den Verfall ausdrücklich festgelegt.

bb) Auch durch § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] wird das Verfahren der Gewährung und Inanspruchnahme von Urlaub nicht abschließend bestimmt. Die zeitliche Festlegung des Urlaubs ist nach Maßgabe dieser Bestimmung dem Arbeitgeber vorbehalten. Er gewährt den Urlaub durch eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung (vgl. [X.] 10. Februar 2015 - 9 [X.] 455/13 - Rn. 21 ff., [X.]E 150, 355). Ein Recht des Arbeitnehmers, sich selbst zu beurlauben, besteht grundsätzlich nicht (vgl. [X.] 22. Januar 1998 - 2 [X.] - zu [X.] 3 der Gründe). Der Arbeitgeber hat bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs nach § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter [X.] Gesichtspunkten Vorrang verdienen, entgegenstehen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass neben dem Urlaubswunsch des Arbeitnehmers die Interessen der Belegschaft und die betrieblichen Belange ausreichende Berücksichtigung finden und unter Umständen betriebsverfassungs- oder personalvertretungsrechtliche Vorgaben beachtet werden, sodass der Urlaub des einzelnen Arbeitnehmers tatsächlich im laufenden Urlaubsjahr gewährt werden kann, idealerweise in dem vom Arbeitnehmer gewünschten [X.]raum (vgl. [X.]. IV/785 S. 3). Diese gesetzlichen Vorgaben zur „zeitlichen Festlegung des Urlaubs“ stehen einer Einbindung der unionsrechtlich gebotenen [X.] in das ohnehin vom Arbeitgeber zu steuernde Verfahren der Urlaubsfestlegung nicht entgegen.

b) Die unionsrechtlich gebotenen Mitwirkungshandlungen unterstützen den Sinn und Zweck der Befristungsregelung des § 7 Abs. 3 [X.]. Die Vorschrift dient in erster Linie dem [X.]. Die Befristung des Urlaubsanspruchs ist ein vom [X.] Gesetzgeber gewähltes Mittel, um den Arbeitnehmer dazu anzuhalten, den Urlaubsanspruch grundsätzlich im Urlaubsjahr geltend zu machen. Dadurch soll erreicht werden, dass jeder Arbeitnehmer tatsächlich in einem einigermaßen regelmäßigen Rhythmus eine gewisse [X.] der Erholung und Entspannung erhält (vgl. [X.] 7. August 2012 - 9 [X.] - Rn. 24, 39, [X.]E 142, 371). Der vom [X.] intendierte [X.] durch eine tatsächliche Inanspruchnahme der bezahlten Arbeitsbefreiung wird gefördert, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über den Umfang des noch bestehenden Urlaubs informiert, ihn auf die für die Urlaubsnahme maßgeblichen Fristen hinweist und ihn zudem auffordert, den Urlaub tatsächlich in Anspruch zu nehmen. In diesem Fall wird ein verständiger Arbeitnehmer seinen Urlaub typischerweise rechtzeitig vor dem Verfall beantragen. Dem steht nicht entgegen, dass § 7 Abs. 3 [X.] auch im Interesse des Arbeitgebers ein unbegrenztes Ansammeln von Urlaubsansprüchen durch den Arbeitnehmer verhindern soll. Dieses Interesse ist nur dann schützenswert, wenn es im Einklang mit Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] steht (vgl. [X.] 29. November 2017 - [X.]/16 - [King] Rn. 54 ff.; [X.] 7. August 2012 - 9 [X.] - Rn. 26, aaO). Dies setzt regelmäßig voraus, dass der Arbeitgeber seinen [X.] nachgekommen ist.

aa) Nach § 7 Abs. 3 Satz 2 [X.] ist eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Die Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr setzt voraus, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub andernfalls nach § 7 Abs. 3 Satz 1 [X.] erloschen wäre. Ohne eine zulässige Befristung des Urlaubsanspruchs wäre die gesetzliche Anordnung einer Übertragung des Urlaubsanspruchs in das Folgejahr bei Vorliegen besonderer Übertragungsgründe entbehrlich. Bei einer richtlinienkonformen Auslegung von § 7 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 [X.] ist der Anwendungsbereich von § 7 Abs. 3 Satz 2 [X.] deshalb grundsätzlich auf die Fälle beschränkt, in denen der Arbeitgeber seinen [X.] iSv. § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] nachgekommen ist und infolgedessen der Urlaubsanspruch iSv. § 7 Abs. 3 Satz 1 [X.] befristet war. Hat der Arbeitgeber seine [X.] nicht erfüllt, ist der Urlaubsanspruch für das jeweilige Urlaubsjahr unabhängig vom Vorliegen eines Übertragungsgrundes regelmäßig nicht iSv. § 7 Abs. 3 Satz 1 [X.] an das Urlaubsjahr gebunden. Einer Übertragung auf das nächste Kalenderjahr bedarf es nicht.

bb) Entsprechendes gilt für die Übertragungsregelung des § 7 Abs. 3 Satz 4 [X.], der zufolge ein nach § 5 Abs. 1 Buchst. a [X.] entstehender Teilurlaub auf Verlangen des Arbeitnehmers auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen ist. Diese Bestimmung setzt ebenfalls eine (wirksame) Befristung des ([X.] voraus. Auch sie verlangt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer grundsätzlich durch Erfüllung seiner [X.] in die Lage versetzt hat, seinen (Teil-)Urlaubsanspruch tatsächlich wahrzunehmen, damit der Arbeitnehmer durch ein entsprechendes Verlangen den andernfalls verfallenden Teilurlaub auf das nächste Kalenderjahr übertragen kann.

III. Die angefochtene Entscheidung erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf einen durch Rechtsprechung begründeten Vertrauensschutz berufen.

1. Der aus Art. 20 Abs. 3 GG hergeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes kann es gebieten, einem durch gefestigte Rechtsprechung begründeten Vertrauenstatbestand erforderlichenfalls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung im Einzelfall Rechnung zu tragen. Die Möglichkeiten der nationalen Gerichte zur Gewährung von Vertrauensschutz sind jedoch - im Anwendungsbereich des Unionsrechts - unionsrechtlich vorgeprägt und begrenzt (vgl. [X.] 10. Dezember 2014 - 2 BvR 1549/07 - Rn. 28; [X.] 25. Oktober 2018 - 8 [X.] 501/14 - Rn. 116; 17. November 2015 - 1 [X.] 938/13 - Rn. 33, [X.]E 153, 234).

a) Die Auslegung des Unionsrechts durch den Gerichtshof ist auch auf Rechtsverhältnisse anzuwenden, die vor Erlass der Vorabentscheidung begründet wurden. Vertrauensschutz kann von nationalen Gerichten demnach grundsätzlich nicht dadurch gewährt werden, dass sie die Wirkung einer Vorabentscheidung zeitlich beschränken, indem sie die unionsrechtswidrige nationale Regelung für die [X.] vor Erlass der Vorabentscheidung anwenden ([X.] 10. Dezember 2014 - 2 BvR 1549/07 - Rn. 28). Das Erfordernis einer richtlinienkonformen Auslegung umfasst die Verpflichtung der nationalen Gerichte, eine gefestigte Rechtsprechung gegebenenfalls abzuändern, wenn sie auf einer Auslegung des nationalen Rechts beruht, die mit den Zielen einer Richtlinie nicht vereinbar ist (vgl. [X.] 19. April 2016 - [X.]/14 - [Dansk Industri] Rn. 33). Diese Grundsätze gelten auch für die nicht in Einklang mit Unionsrecht stehende Auslegung einer in diesem Sinne auslegungsfähigen nationalen gesetzlichen Regelung.

b) Aus dem Erfordernis der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts folgt auch, dass es Sache des Gerichtshofs ist, darüber zu entscheiden, ob - entgegen der grundsätzlichen Ex-tunc-Wirkung von Entscheidungen gemäß Art. 267 AEUV - aufgrund der unionsrechtlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes die Geltung der von ihm vorgenommenen Auslegung einer Norm in zeitlicher Hinsicht ausnahmsweise eingeschränkt werden soll ([X.] 10. Dezember 2014 - 2 BvR 1549/07 - Rn. 27).

2. Die Voraussetzungen eines schutzwürdigen Vertrauens des [X.] sind demzufolge nicht gegeben.

a) Der Gerichtshof hat über die Vorlagefragen des [X.]s mit Urteil vom 6. November 2018 (- [X.]/16 - [[X.]]) entschieden. Er hat die Geltung der von ihm vorgenommenen Auslegung von Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] - wie von Art. 31 Abs. 2 GRC - nicht aus Gründen eines unionsrechtlichen Vertrauensschutzes in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt und eine zeitliche Geltungsbeschränkung damit implizit abgelehnt. Eine richtlinienkonforme Auslegung von § 7 [X.] kann das [X.] nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes nach nationalem Recht auf einen [X.]punkt nach Inkrafttreten von Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] verschieben (vgl. [X.] 10. Dezember 2014 - 2 BvR 1549/07 - Rn. 40).

b) Auf den [X.]punkt des Bekanntwerdens des Vorabentscheidungsersuchens des [X.]s mit Beschluss vom 13. Dezember 2016 (- 9 [X.] (A) -) kommt es angesichts der Ex-tunc-Wirkung der gemäß Art. 267 AEUV ergehenden Entscheidungen des Gerichtshofs nicht an (hierauf noch abstellend [X.] 19. Juni 2012 - 9 [X.] 652/10 - Rn. 26 ff. [X.], [X.]E 142, 64). Zudem hatte der Gerichtshof die Vorlagefragen auch in früheren Entscheidungen nicht im Sinne des [X.] beantwortet.

IV. Das [X.] hat - unter Zugrundelegung seiner Rechtsauffassung konsequent - nicht geprüft, ob der Beklagte den Kläger durch Erfüllung seiner [X.] in die Lage versetzt hat, seine Urlaubsansprüche aus den Jahren 2012 und 2013 tatsächlich wahrzunehmen, und hierzu keine Tatsachenfeststellungen getroffen. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

1. Im erneuten Berufungsverfahren wird zu beachten sein, dass das Klagebegehren die - vorrangig zu prüfende - Abgeltung des Primäranspruchs umfasst. Das ergibt die Auslegung der Klagebegründung. Der Kläger verlangt gemäß § 7 Abs. 4 [X.] die Abgeltung von Urlaubsansprüchen für die [X.] und 2013 unabhängig davon, ob ihm bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch Urlaub als Primär- oder Sekundäranspruch zustand (vgl. [X.] 5. August 2014 - 9 [X.] 77/13 - Rn. 12). Dem Kläger könnte deshalb ohne Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Abgeltung von [X.] zugesprochen oder aberkannt werden (vgl. [X.] 15. April 2015 - 4 [X.] 796/13 - Rn. 21 [X.], [X.]E 151, 235).

2. Das [X.] wird erneut zu prüfen haben, ob der Urlaub des [X.] aus den Jahren 2012 und 2013 nach § 7 Abs. 3 [X.] verfallen ist. Dies hängt maßgeblich davon ab, ob der Beklagte seinen bei richtlinienkonformer Auslegung von § 7 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 [X.] gebotenen [X.] nachgekommen ist. Bei der erneuten Prüfung sind die folgenden allgemeinen Grundsätze zu beachten:

a) Der Arbeitgeber muss konkret und in völliger Transparenz dafür sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen. Er muss ihn - erforderlichenfalls förmlich - dazu auffordern, seinen Urlaub zu nehmen, und ihm klar und rechtzeitig mitteilen, dass der Urlaub verfällt, wenn er ihn nicht nimmt (vgl. [X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 45).

aa) Der Inhalt der in richtlinienkonformer Auslegung von § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] bestehenden [X.] des Arbeitgebers ergibt sich aus ihrem Zweck, zu verhindern, dass der Arbeitnehmer den Urlaubsanspruch nicht wahrnimmt, weil der Arbeitgeber ihn hierzu nicht in die Lage versetzt hat. Infolge des Fehlens konkreter gesetzlicher Vorgaben ist der Arbeitgeber grundsätzlich in der Auswahl der Mittel frei, derer er sich zur Erfüllung seinen [X.] bedient. Die Mittel müssen jedoch zweckentsprechend sein. Sie müssen geeignet sein, den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, in Kenntnis aller relevanten Umstände frei darüber zu entscheiden, ob er seinen Urlaub in Anspruch nimmt. Deshalb darf der Arbeitgeber, will er seinen [X.] genügen, den Arbeitnehmer auch nicht in sonstiger Weise daran hindern, den Urlaub in Anspruch zu nehmen (vgl. [X.] 29. November 2017 - [X.]/16 - [King] Rn. 39, 65). Er darf zudem weder Anreize schaffen noch den Arbeitnehmer dazu anhalten, seinen Urlaub nicht zu nehmen und dadurch - faktisch - auf ihn zu verzichten (vgl. [X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 41 f.). Es ist der Eintritt einer Situation zu vermeiden, in der ein Arbeitnehmer auf Veranlassung des Arbeitgebers davon abgehalten werden kann, seine Rechte gegenüber seinem Arbeitgeber geltend zu machen. Ob der Arbeitgeber das Erforderliche getan hat, um seinen [X.] zu genügen, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen. Die Erfüllung seiner [X.] hat der Arbeitgeber darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, weil er hieraus eine für sich günstige Rechtsfolge ableitet.

bb) Der Arbeitgeber muss sich bei Erfüllung seiner [X.] auf einen „konkret“ bezeichneten Urlaubsanspruch eines bestimmten Jahres beziehen und den Anforderungen an eine „völlige Transparenz“ genügen. Er kann seine [X.] regelmäßig zum Beispiel dadurch erfüllen, dass er dem Arbeitnehmer zu Beginn des Kalenderjahres in Textform mitteilt, wie viele Arbeitstage Urlaub ihm im Kalenderjahr zustehen, ihn auffordert, seinen Jahresurlaub so rechtzeitig zu beantragen, dass er innerhalb des laufenden Urlaubsjahres genommen werden kann, und ihn über die Konsequenzen belehrt, die eintreten, wenn dieser den Urlaub nicht entsprechend der Aufforderung beantragt. Die Anforderungen an eine „klare“ Unterrichtung sind regelmäßig durch den Hinweis erfüllt, dass der Urlaub grundsätzlich am Ende des Kalenderjahres verfällt, wenn der Arbeitnehmer in der Lage war, seinen Urlaub im Kalenderjahr zu nehmen, er ihn aber nicht beantragt. Nimmt der Arbeitnehmer in diesem Fall seinen bezahlten Jahresurlaub nicht in Anspruch, obwohl er hierzu in der Lage war, geschieht dies aus freien Stücken und in voller Kenntnis der sich daraus ergebenden Konsequenzen.

cc) Abstrakte Angaben etwa im Arbeitsvertrag, in einem Merkblatt oder in einer Kollektivvereinbarung werden den Anforderungen einer konkreten und transparenten Unterrichtung hingegen in der Regel nicht genügen. Andererseits verlangt der Zweck der vom Arbeitgeber zu beachtenden [X.] grundsätzlich nicht die ständige Aktualisierung dieser Mitteilungen, etwa anlässlich jeder Änderung des Umfangs des Urlaubsanspruchs. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls. Setzt sich der Arbeitgeber in Widerspruch zu seinen Erklärungen, indem er etwa einen Urlaubsantrag aus anderen als den in § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] genannten Gründen ablehnt oder anderweitig eine Situation erzeugt, die geeignet ist, den Arbeitnehmer davon abzuhalten, seinen Urlaub zu beantragen, entfällt die Befristung des Urlaubsanspruchs nach § 7 Abs. 3 [X.]. Dem Arbeitgeber obliegt es in diesem Fall, seine Mitwirkungshandlungen erneut vorzunehmen.

b) Hat der Arbeitgeber durch Erfüllung seiner [X.] den Urlaubsanspruch an das Urlaubsjahr gebunden und verlangt der Arbeitnehmer dennoch nicht, ihm Urlaub zu gewähren, verfällt sein Anspruch nach Maßgabe von § 7 Abs. 3 Satz 1 [X.] mit Ablauf des Urlaubsjahres. Liegen die Voraussetzungen einer Übertragung des Urlaubs nach § 7 Abs. 3 Satz 2 oder Satz 4 [X.] vor, wird der Urlaub „von selbst“ auf die ersten drei Monate des Folgejahres übertragen (vgl. [X.] 24. März 2009 - 9 [X.] 983/07 - Rn. 52, [X.]E 130, 119). Der Urlaubsanspruch kann in diesem Fall grundsätzlich nur dann mit Ablauf des [X.] untergehen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auffordert, seinen Urlaub noch innerhalb des [X.] zu nehmen, und ihn darauf hinweist, dass der Urlaubsanspruch anderenfalls erlischt.

c) Hat der Arbeitgeber seinen [X.] nicht entsprochen, tritt der am 31. Dezember des Urlaubsjahres nicht verfallene Urlaub zu dem Urlaubsanspruch hinzu, der am 1. Januar des Folgejahres entsteht. Dieser Teil des Urlaubsanspruchs ist gegenüber dem Teil, den der Arbeitnehmer zu Beginn des aktuellen Urlaubsjahres erworben hat, nicht privilegiert. Für ihn gelten, wie für den neu entstandenen Urlaubsanspruch, die Regelungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 [X.]. Der Arbeitgeber kann deshalb das uneingeschränkte Kumulieren von Urlaubsansprüchen aus mehreren Jahren dadurch vermeiden, dass er seine [X.] für den Urlaub aus zurückliegenden Urlaubsjahren im aktuellen Urlaubsjahr nachholt. Nimmt der Arbeitnehmer in einem solchen Fall den kumulierten Urlaubsanspruch im laufenden Urlaubsjahr nicht wahr, obwohl es ihm möglich gewesen wäre, verfällt der Urlaub am Ende des Kalenderjahres bzw. eines (zulässigen) [X.].

        

    Kiel    

        

    [X.]    

        

    Weber    

        

        

        

    Wullhorst    

        

    Hampel    

                 

Meta

9 AZR 423/16

19.02.2019

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Bonn, 21. Oktober 2015, Az: 4 Ca 1568/15, Urteil

§ 1 BUrlG, § 3 Abs 1 BUrlG, Art 7 EGRL 88/2003, § 7 Abs 3 S 1 BUrlG, § 7 Abs 3 S 3 BUrlG, § 7 Abs 3 S 4 BUrlG, § 7 Abs 1 S 1 BUrlG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.02.2019, Az. 9 AZR 423/16 (REWIS RS 2019, 10169)

Papier­fundstellen: NJW 2019, 2643 REWIS RS 2019, 10169

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