Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.07.2003, Az. 4 StR 226/03

4. Strafsenat | REWIS RS 2003, 2150

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[X.] StR 226/03vom24. Juli 2003in der Strafsachegegenwegen Vergewaltigung u.a.- 2 -Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 24. Juli 2003 gemäß § 349 Abs. 4StPO [X.] Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil [X.] vom 18. Dezember 2002 mit [X.] aufgehoben.2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eineandere Jugendschutzkammer des [X.].Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tatein-heit mit schwerem sexuellen Mißbrauch eines Kindes in drei Fällen, sexuellerNötigung in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch eines Kindes in sechs Fällenund wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in acht Fällen unter Einbezie-hung einer Freiheitsstrafe aus einer früheren Verurteilung zu einer Gesamtfrei-heitsstrafe von 14 Jahren verurteilt. Ferner hat es die Unterbringung des Ange-klagten in der Sicherungsverwahrung angeordnet.Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen undsachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg; auf die [X.] kommt es deshalb nicht [X.] 3 -Der Angeklagte hat die ihm zur Last gelegten Taten zum Nachteil [X.], seiner am 2. Februar 1988 geborenen [X.], [X.] sich dahin eingelassen, seine [X.] habe die Vorwürfe entwederselbst erfunden oder sei von ihrer Mutter dazu gebracht worden, "diese Lügen-geschichten gegen ihn zu verbreiten, um ihn endgültig aus dem Haushalt zuentfernen". Die Nebenklägerin hatte, nachdem im Kinderheim ein etwa gleich-altriges Mädchen von einem sexuellen Mißbrauch erzählt hatte, am [X.] zunächst einer Betreuerin und danach ihrer zuständigen Betreuerin, [X.] [X.]"über den gehabten sexuellen Mißbrauch seitens [X.]" berichtet ([X.]). Sie wurde am 12. April 2000 polizeilich ver-nommen und im Mai 2001 durch die Diplompsychologin und Fachpsychologinfür Rechtspsychologie [X.]exploriert. Das [X.] hat die Verurteilung [X.] im wesentlichen auf die Aussage der Nebenklägerin gestützt. Esist den nach seiner Auffassung glaubhaften Angaben gefolgt, "welche die Ne-benklägerin in der Hauptverhandlung gemacht sowie denen, die sie, durch dieSachverständige [X.]wiedergegeben, bei ihr in der Sachexploration gemachthat" ([X.]). Die dieser Wertung zugrundeliegende Beweiswürdigung [X.] durchgreifenden rechtlichen Bedenken:Zwar beschränkt sich, da die Beweiswürdigung Sache des Tatrichtersist, die revisionsgerichtliche Nachprüfung darauf, ob dem Tatrichter Rechts-fehler unterlaufen sind. Eine rechtsfehlerfreie Beweiswürdigung setzt aber - jenach den Besonderheiten des Einzelfalles - auch voraus, daß sich die Urteils-gründe mit widersprüchlichen, ungenauen oder aus sonstigen Gründen [X.] weiteres glaubhaften Zeugenaussagen in einer für das Revisionsgerichtüberprüfbaren Weise auseinandersetzen (vgl. [X.], 555 m.w.[X.] müssen die Urteilsgründe dann, wenn Aussage gegen [X.] 4 -steht und die Entscheidung - wie hier - allein davon abhängt, wem das [X.] schenkt, erkennen lassen, daß der Tatrichter alle Umstände, die [X.] beeinflussen können, in seine Überlegungen einbezogen (st.Rspr., vgl. [X.]St 44, 153, 158, 159; [X.], 494 jew. m.w.N.) undauch in einer "Gesamtschau" gewürdigt hat ([X.]R StPO § 261 Beweiswürdi-gung 14). Diesen Anforderungen genügt das Urteil nicht.Nach Auffassung des sachverständig beratenen [X.]s spricht fürdie Glaubhaftigkeit der Aussage der Nebenklägerin die [X.] ihrer Anga-ben. Die Nebenklägerin habe "ihre umfangreichen, komplexen, einen Zeitraumvon mehreren Jahren betreffenden und vielgestaltigen Angaben bezüglich [X.] und der Tathandlungen sowohl bei der Exploration der Sach-verständigen L. , wie von dieser in der Hauptverhandlung eingehend berich-tet, sowie auch in der Hauptverhandlung im [X.] im wesentlichen überein-stimmend und ohne relevante Widersprüche vorgetragen" ([X.]). Ob dieseWertung auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung beruht, entzieht [X.] der revisionsgerichtlichen Überprüfung. Hierfür hätte es einer substan-tiierten Darlegung insbesondere der zwischen den Angaben der [X.] der Hauptverhandlung und bei der Exploration durch die Sachverständigebestehenden, in den Urteilsgründen nicht näher bezeichneten —Unterschiedefi([X.]) bedurft. Da das [X.] Œ auch insoweit der Einschätzung derSachverständigen folgend - hinsichtlich der Angaben der Nebenklägerin beiihr, bei der Vernehmungsbeamtin und in der Hauptverhandlung aufgetretenen"Inkonstanzen" ([X.]) zu der Auffassung gelangt ist, "daß diese nicht ein [X.] Gewicht haben, die Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugin in Zweifel zuziehen" ([X.]), hätte es ferner der Mitteilung auch der Angaben der [X.] 5 -klägerin bei ihrer polizeilichen Vernehmung bedurft, um dem Senat die Über-prüfung dieser Wertung zu ermöglichen.[X.] rechtlichen Bedenken begegnen auch die Erwägungendes [X.]s, mit denen es den erheblich von den getroffenen Feststellun-gen abweichenden Angaben der Nebenklägerin in dem Gespräch mit ihrer Be-treuerin [X.], "welche nicht mehr von der Nebenklägerin in der [X.] wahrgehalten worden sind", im Anschluß an die Ausführungen derSachverständigen [X.]und des psychiatrischen Sachverständigen "keine ent-scheidende Relevanz für die Verwertung in der Hauptverhandlung" [X.] hat ([X.]). Nach den Bekundungen der als Zeugin vernommenen Be-treuerin hat die Nebenklägerin ihr gegenüber u.a. angegeben, "daß in [X.] ein Messer neben ihr gelegenhabe", daß der Angeklagte "auch den Geschlechtsverkehr mit ihr ausgeübt ha-befi, daß sie in der [X.] nach dem Einführen des Gliedes in ihreScheide geblutet habe, Strapse und Schlüpfer habe anziehen, dem Angeklag-ten ein Kondom von seinem Penis habe abziehen müssen und daß "auch derzweijährige Bruder bei dem sexuellen Mißbrauch" habe zusehen müssen. Daßdas [X.] der Auffassung der Sachverständigen [X.]gefolgt ist, die [X.] der als Zeugin vernommenen Betreuerin dürfe "nicht in vollem UmfangVerwertung finden, da die Zeugin für die Exploration eines minderjährigen [X.] Kindes nicht ausreichend geschult worden sei", begegnet schon fürsich Bedenken. Unabhängig davon machte dies jedenfalls eine Erörterung [X.] nicht entbehrlich, aus welchen Gründen die Nebenklägerin ihre nachden Bekundungen der Betreuerin ihr gegenüber gemachten Angaben "nichtmehr ... wahrgehalten" hat. Dabei hätten auch die mit Ausnahme der Bekun-dung der Nebenklägerin, daß der Angeklagte "sich vor ihr befriedigt und sie- 6 -gezwungen habe, Strapse anzuziehen" ([X.]), im einzelnen nicht näher [X.] Angaben der Nebenklägerin bei ihrer polizeilichen Vernehmung in [X.] einbezogen werden müssen.Soweit das [X.] die Angaben der Nebenklägerin bei ihrer [X.] durch die Sachverständige durch deren Vernehmung als Zeugin in [X.] eingeführt hat, nachdem die Nebenklägerin nach [X.] durch die Kammer zur Sache im Zeitpunkt der laufenden [X.] durch die Verteidigung von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauchgemacht und die Verwertung ihrer Angaben bei der Exploration und bei derpolizeilichen Vernehmung ausdrücklich gestattet hatte (zur Zulässigkeit [X.] vgl. [X.], 203), beanstandet die Revision zu Recht, daß sichden Urteilsgründen nicht entnehmen läßt, ob das [X.] bei der Würdi-gung dieser Angaben bedacht hat, daß der Beweiswert der Aussage wegen [X.] eingeschränkten Möglichkeiten zur Überprüfung der [X.] Aussage wesentlich geringer ist als bei einer unmittelbaren Aussage [X.] (vgl. [X.] aaO S. 208). Das [X.] hat lediglich ausgeführt, [X.] habe von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch ge-macht, weil sie zu diesem Zeitpunkt "offensichtlich außerstande war, weitereFragen damals oder zu einem späteren Zeitpunkt zur Sache psychisch zu ver-kraften" ([X.]). Ob es bei der Würdigung der durch die Vernehmung derSachverständigen eingeführten Angaben der Nebenklägerin bedacht hat, [X.] -sich nach der hier gegebenen Verfahrenslage mit der Ausübung ihres Zeugnis-verweigerungsrechts vor allem auch den Nachfragen der Verteidigung, insbe-sondere Fragen zu den durch die Einführung ihrer früheren Angaben gegen-über ihrer Betreuerin und bei ihrer polizeilichen Vernehmung aufgetretenen"Inkonstanzen" entzogen hat, ergibt sich aus den Urteilsgründen nicht.Die Vorsitzende Richterin am Maatz AthingBundesgerichtshof Dr. Tepperwienist urlaubsbedingt verhindert zuunterschreiben. Maatz Ernemann Sost-Scheible

Meta

4 StR 226/03

24.07.2003

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.07.2003, Az. 4 StR 226/03 (REWIS RS 2003, 2150)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2150

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