Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.06.2003, Az. V ZR 320/02

V. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 2775

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/02Verkündet am:6. Juni 2003K a n i k ,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]: jaEGBGB Art. 233 § 10, Art. 237 § 2; BGB § 744 Abs. 2Die auf ein gesetzliches Notprozeßführungsrecht gestützte Grundbuchberichti-gungsklage einzelner Separationsinteressenten wahrt die Frist des Art. 237 § 2Abs. 2 EGBGB nicht, wenn die Interessenten bereits von der Gemeinde zur Gel-tendmachung des Eigentums der Interessentengesamtheit ermächtigt sind, dies abernicht offenlegen.[X.], Urt. v. 6. Juni 2003 - [X.]/02 - [X.] Stendal- 2 -Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch den Vizepräsidenten des [X.]Dr. [X.] und [X.], Prof. Dr. [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Die Revision gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlan-desgerichts Naumburg vom 20. August 2002 wird auf Kosten [X.] zurückgewiesen.Von Rechts [X.]:Im Grundbuch von [X.]waren "Die Separationsinteressenten [X.]" als Eigentümer der Flurstücke 226/20 und 233/21 der Flur 2 eingetra-gen. Ein [X.] vom 9. November 1983 gibt als Grund [X.] der Flächen in Volkseigentum einen Beschluß des [X.] vom 1. November 1983 an. Volkseigentum wurde am 29. [X.] im Grundbuch vermerkt. Aufgrund von [X.] 18. Juni 1996 wurde die Beklagte am 27. März 1997 als Eigentümerin indas Grundbuch eingetragen.Mit ihrer am 29. September 1998 eingegangenen, am 20. Oktober 1998zugestellten Klage haben die Kläger hinsichtlich des Flurstücks 226/20 und desaus Flurstück 233/21 hervorgegangenen Flurstücks 21/14 die Zustimmung zur- 3 -Berichtigung des Grundbuchs zugunsten der Separationsinteressenten [X.]. Das [X.] hat die Klage als unzulässig, das [X.] alsunbegründet abgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revi-sion verfolgen die Kläger den [X.] weiter. Die Beklagte [X.] die Zurückweisung des Rechtsmittels.Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht hält die Klage, soweit die Kläger den [X.] in gesetzlicher Prozeßstand-schaft verfolgen, für unzulässig. Soweit sie sich auf eine Ermächtigung derGemeinde [X.]zur Prozeßführung stützen, sei die Klage unbegründet. [X.] habe - jedenfalls - mit Ablauf des 30. September 1998 Eigentuman den Flächen nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB erworben. Die [X.] hätten die Kläger nämlich erst nach diesem Zeitpunkt [X.] angezeigt.Dies hält den Angriffen der Revision stand.[X.] Zutreffend hat das Berufungsgericht eine gesetzliche Prozeßstand-schaft der Kläger verneint, eine gewillkürte Prozeßstandschaft dagegen [X.] 4 -a) [X.] ist zwar davon auszugehen, daß die Kläger [X.], der weitere Personen umfassenden [X.] sind. Dies berechtigte sie jedoch unter den hier gegebenen Umständennicht, die Rechte der Interessenten im eigenen Namen geltend zu machen. [X.] an den von den Gemeinheitsteilungen des 19. Jahrhunderts ([X.]: Gemeinheitsteilungsordnung vom 7. Juni 1821, [X.].S. 53) ausge-nommenen, den gemeinsamen Zwecken benachbarter Höfe dienenden Zweck-grundstücken bilden einen altrechtlichen Personenzusammenschluß, der, [X.] gemeinsame Vermögen angeht, grundsätzlich eine [X.] zur ge-samten Hand darstellt (h.M.; näher, auch zu hier nicht interessierenden Aus-nahmefällen, [X.], NJ 2000, 120, 122; zum Fortbestehen der Interessen-tengemeinschaften vgl. Art. 113 EGBGB, für die [X.] § 2 Abs. 2 Satz 2EGZGB). Ob und inwieweit Mitgliedern von Gesellschaften mit gesamthände-risch gebundenem Vermögen, entsprechend der Regel für Teilhaber einer [X.] (§ 744 Abs. 2 BGB), die Befugnis zukommt, Rechte der [X.] eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen, ist umstritten und von [X.] nicht abschließend geklärt (ablehnend [X.]Z 17, 181, 182;ablehnend für die Klage im Eigeninteresse bei Verweigerung der Mitwirkungder Mitgesellschafter [X.]Z 39, 14, 20; offengelassen Urteil v. 11. [X.], [X.], [X.], 1141, 1143; zum Streitstand vgl. [X.]/[X.], 3. Aufl., § 705 Rdn. 21; [X.]/[X.], BGB [2002], § 744Rdn. 31). Für ein Notgeschäftsführungsrecht der klagenden Separationsinte-ressenten spricht, daß die Berichtigungsklage der Erhaltung des Vermögens-wertes des Personenzusammenschlusses dient. Dagegen spricht die an [X.] angenäherte Vertretung der Gesamtheit durch "Organe", [X.]. 233 § 10 Abs. 3 EGBGB aufgreift. Dies geht zurück auf die gesetzliche [X.] für die von den [X.] (für [X.]: Gesetz, betreffend diedurch ein Auseinan[X.]etzungsverfahren begründeten gemeinschaftlichen An-gelegenheiten vom 2. April 1887, [X.]. [X.], wonach die Vertretung auf [X.] dem Gemeindevorstand zu übertragen war). Der Streitstand nötigt [X.] indes nicht, die Frage zu entscheiden. Jedenfalls für die entsprechendeAnwendung im Bereich der Gesamthandsgemeinschaften ist eine Verwal-tungsmaßregel nach § 744 Abs. 2 BGB nicht nur durch die Erforderlichkeit [X.] als solche bedingt, sondern mit Rücksicht auf den Vorrang der fürdie [X.] geltenden Regelungen als subsidiäres Recht zu verstehen(zutr. [X.]/[X.], aaO, §§ 744, 745 Rdn. 41), das nureingreift, wenn die handlungsbefugten Organe der [X.] nicht han-deln. Für [X.]en im Bereich des [X.] findet dieser Gesichtspunkt der Subsidiarität des Notge-schäftsführungsrechts einzelner Mitglieder in der dort vorgesehenen [X.] Administrators bei Ausbleiben einer gemeinschaftlichen Verwaltung eineweitere Stütze (LRS 37 I 17; vgl. auch [X.]/[X.], aaO, Art. 233§ 10 EGBGB, Rdn. 1, der das gesetzliche Vertretungsrecht der Gemeinde als"eine Art Notgeschäftsführung durch die Gemeinde" begreift; zutr. dagegen[X.]/[X.], aaO [1996] Art. 233 § 10 EGBGB, Rdn. 1, der mit [X.] und Zweck des Gesetzes allein von einem Handeln in fremdem Namenausgeht). Unter diesem Gesichtspunkt besteht kein Prozeßführungsrecht [X.] im Interesse der Separationsinteressenten; denn die Gemeinde [X.],auf deren Gemarkung die [X.] gelegen sind, hatte die Kläger,wie diese selbst vortragen, bereits vor [X.] ermächtigt, im eigenenNamen den [X.] zu verfolgen. Hierzu war sie gemäß Art. 233§ 10 Abs. 1 und Abs. 2 EGBGB befugt. Die [X.] durch ihre gesetzliche Vertreterin gehandelt. Eine Notwendigkeit, die- 6 -Klage, wie dies ausdrücklich erfolgt ist, als gesetzliche Prozeßstandschafter,gestützt auf § 744 Abs. 2 BGB, zu erheben, bestand [X.]) [X.] gegen die Zulässigkeit der Klageerhebungin gewillkürter Prozeßstandschaft bestehen nicht. Die Kläger haben als Sepa-rationsinteressenten ein schutzwürdiges Eigeninteresse an der Wahrung [X.] der Gesamtheit. Eine unbillige Beeinträchtigung der Rechte der [X.] ([X.]Z 96, 151, 155) ist mit ihr nicht verbunden. Auf die [X.] sich die Kläger, was grundsätzlich erforderlich ist ([X.]Z 125, 196, 201),in der Tatsacheninstanz, nämlich in der mündlichen Verhandlung vor dem[X.] vom 15. Dezember 1998, berufen.2. Die Klage auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung konnte [X.] des Eigentums der Separationsinteressenten, falls dieses die Enteig-nungsmaßnahme zur [X.] überstanden hat, durch Fristablauf (Art. 233§ 2 Abs. 2 EGBGB) nicht hindern.a) Die Vorschrift ist, unbeschadet des Umstandes, daß zum Stichtag,dem 30. September 1998, Volkseigentum im Grundbuch nicht mehr eingetra-gen war, heranzuziehen. Der [X.] hat bereits - weitergehend - entschieden,daß Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB eingreift, wenn nicht mehr, wie hier, der [X.] selbst, sondern eine Gesellschaft im Grundbuch einge-tragen ist, die dessen Funktion übernommen hat (Urt. v. 14. März 2003, [X.]/02 z. Veröff. [X.]). Die Beklagte war [X.]. In ihrer, denVermerk zugunsten des [X.] ablösenden Eintragung als Eigentü-merin kam die bestehende Zuordnung des ehemaligen volkseigenen Vermö-gens berichtigend zum Ausdruck.- 7 -b) Die Kläger haben es versäumt, sich vor Ablauf des [X.] auf die von der Gegenseite erteilte Ermächtigung zu berufen. Die [X.] der gewillkürten Prozeßstandschaft treten erst in dem Augenblick ein,in dem sie offengelegt wird oder offensichtlich ist (vgl. [X.]Z 78, 1, 6, 8; Urt. v.3. März 1993, [X.], NJW-RR 1993, 669, 671; Urt. v. 7. Juni 2001, [X.]/99, NJW-RR 2002, 20, 22). Dieser Grundsatz, der der Ermächtigung [X.] des § 185 BGB versagt, ist von der Rechtsprechung zur Verjährunggemäß § 209 BGB a.F. entwickelt worden (vgl. bereits [X.], Urt. v. 26. Novem-ber 1957, [X.], NJW 1958, 338, 339 = [X.] 1958, 421, 422, m. [X.][X.]). [X.], ihn auch auf die Wahrung der Frist desArt. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB durch Klageerhebung anzuwenden, bestehen nicht.Zwar führt die Vorschrift, an[X.] als die Verjährung, zum Verlust des [X.]. Im Vordergrund steht aber hier wie dort das gesetzgeberische Anliegen,Rechtsfrieden zum Nachteil des Berechtigten, der sich verschwiegen hat, zuschaffen (vgl. zur Verjährung [X.]Z 59, 72, 74; Motive I, 291 f.). Art. 237 § [X.] sollte, in Anlehnung an eine Verwirkungs- (vgl. [X.], ZfIR1997, 581, 585) oder Ersitzungsvorstellung, die definitive Klärung einer Œ ausder Wirklichkeit der [X.] herrührenden unübersichtlichen und zweifelhaften ŒRechtslage bewirken (vgl. [X.], [X.] 2000, 424, 425; [X.]/[X.], 3. Aufl., Art. 237 § 2 EGBGB, Rdn. 1, 17, 20; [X.]/[X.]/Kühnholz, BGB 2003, Art. 237 § 2 EGBGB, Rdn. 1), indem jedem, [X.]ich auf einen Mangel berufen konnte, eine letzte, zeitlich begrenzte [X.] wurde, diesen Mangel geltend zu machen; danach soll im [X.] und der Rechtssicherheit eine Berufung auf den Mangelnicht mehr möglich sein (vgl. [X.]/[X.] aaO, Rdn. 1; [X.] 8 -Räntsch aaO; [X.]., [X.] 1997, 449, 453; unergiebig insoweit die Gesetzesma-terialien, vgl. BT-Drucks. 13/7275, abgedruckt in [X.], 711, 712).c) Dies verstößt nicht gegen Art. 14 GG, obwohl der gesetzliche Eigen-tumserwerb und damit der entschädigungslose Entzug der Rechtsposition desfrüheren Eigentümers ohne Rücksicht auf die Schwere etwaiger Erwerbsfehlereintritt (vgl. auch [X.], Urt. v. 10. Oktober 1997, [X.], [X.], 81,82 = [X.] 1998, 94, 95). An[X.] als die Revision meint, ist die [X.] angesichts der Bedeutung des mit der Vorschrift verfolgten Ziels gewahrt.Bei ihrem Inkrafttreten waren bereits sieben Jahre seit dem Beitritt verstrichen;während dieser Zeit und noch ein weiteres Jahr bis zum 30. September 1998bestand für die vom [X.] bedrohten "Alt"-Eigentümer Gelegenheit,ihre Rechte aus dem Eigentum geltend zu machen (vgl. [X.]/[X.] aaO, Art. 237 § 2 EGBGB, Rdn. 20 m.w.N.; [X.]/[X.]/Kühnholz aaO, Art. 237 § 2 EGBGB, Rdn. 2; a.[X.], [X.] 1997,403; [X.], [X.], 183; s. auch Grün, ZIP 1996, 1860; 1997, 491).d) Der [X.] hat es bisher offengelassen, ob der Erwerb des Abwick-lungsberechtigten des ehemaligen [X.] nach Art. 237 § 2 EGBGBgegenüber dem Erwerb des Buchberechtigten nach Art. 237 § 1 EGBGB inso-weit begünstigt ist, als dem wahren Berechtigten die Wiedereinsetzung in [X.] Stand gegen die Versäumung der Ausschlußfrist versagt ist (Art. 232,§ 2 Abs. 2 Satz 3 einerseits, Abs. 1 Satz 4 andererseits; Urt. v. 17. [X.], [X.] 487/99, [X.], 477, 479). Die Frage kann auch weiter offen- 9 -bleiben. Die Kläger haben die Frist, jedenfalls nicht unverschuldet versäumt;denn der fristwahrenden Erhebung der Klage in gewillkürter [X.] nichts im Wege.[X.]Tropf [X.]Gaier[X.]

Meta

V ZR 320/02

06.06.2003

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.06.2003, Az. V ZR 320/02 (REWIS RS 2003, 2775)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2775

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V ZR 189/99 (Bundesgerichtshof)


V ZR 489/99 (Bundesgerichtshof)


V ZR 61/11 (Bundesgerichtshof)

Grundstücksrecht im Beitrittsgebiet: Ausschluss einer Buchersitzung an zu Unrecht als Volkseigentum eingetragenem Grundeigentum


V ZR 65/03 (Bundesgerichtshof)


V ZR 61/11 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.