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PDF anzeigen [X.] vom 11. Januar 2007 in der Strafsache gegen wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 11. Januar 2007 gemäß §§ 44, 46 Abs. 1, 349 Abs. 4 StPO beschlossen: 1. Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag nach Versäu-mung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 27. Juni 2006 [X.] in den vorigen Stand gewährt. Die Kosten der Wiedereinsetzung hat der Angeklagte zu tragen. Der Beschluss des [X.] vom 23. August 2006, durch den die Revision des Angeklagten als unzu-lässig verworfen wurde, ist damit gegenstandslos. 2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeich-nete Urteil mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendschutzkammer des [X.]. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs ei-nes Kindes zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Gegen dieses Ur-teil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung 1 - 3 - formellen und materiellen Rechts rügt. Er beantragt zudem die Wiedereinset-zung in den vorigen Stand nach Versäumung der [X.]. [X.] Der Wiedereinsetzungsantrag ist begründet; denn den Angeklagten trifft an der Versäumung der [X.] kein Verschulden. Damit ist der Beschluss des [X.] vom 23. August 2006, durch den die Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen wurde, gegenstandslos (vgl. [X.], [X.]. § 346 Rdn. 16 f.). 2 I[X.] Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg. 3 1. Nach den Feststellungen des [X.]s hielt sich der Angeklagte im Jahre 1997 öfters in der Wohnung der [X.], der Mutter der damals etwa 7jährigen [X.] P. , auf und übernachtete auch dort. [X.] lebte von ihrem Ehemann getrennt und hatte außer dem Angeklagten noch an-dere Männerbekanntschaften ([X.], 11). [X.] ging zu dieser [X.] mit dem [X.] des Angeklagten, [X.], zur Schule. 4 An einem nicht näher bestimmbaren Tag, vermutlich im [X.] 1997, kam der Angeklagte in [X.] der [X.], in dem diese und ihre jüngere Schwester [X.] in ihren Betten lagen. Der Angeklagte stieg in das Bett der [X.] und legte sich neben das Mädchen. Er fragte es, ob es mit ihm "Va-ter-Mutter" spielen wolle, ihre Mutter wolle das nämlich nicht. [X.] tat aus 5 - 4 - Angst so, als schlafe sie. Der Angeklagte nahm so[X.]n "sexuell motiviert" einen seiner Finger in den Mund und führte ihn in die Scheide des Mädchens ein. Diesen Vorgang wiederholte er mehrfach. Als die Mutter der [X.] hörbar aus ihrem Schlafzimmer kam, ließ der Angeklagte von dem Mädchen ab. Er hielt es an den Armen fest und sagte ihm, es solle nichts von dem Geschehen erzäh-len. Etwa sieben Jahre später, im April 2004, schrieb [X.] einen Brief an [X.], den sie in eine Mappe legte. Sie hatte vor, diesen und andere Briefe an ihrem 18. Geburtstag ihrer Mutter zu übergeben. In dem Brief heißt es u.a.: 6 "... oder [X.] [X.] wo wir in der Sackgasse gewohnt haben. [X.] [X.] [X.] immer zum Ein-schlafen ein Lied mit seiner Gitarre gespielt. Und ein paar wo-chen speter kam er in mein Bett und hat [X.] gefragt, ob ich mit ihn Mutter und Vater spielen will. Weil du keine Lust hat-test. Da [X.] er meine Hose und meine Unterhose Runterge-zogen und ich habe geschlafen und hate es nicht gemerkt und er hate sein finger immer in sein Mund gestekt und [X.] bei [X.] unten [X.] gestekt [X.] bin ich wach geworden und habe [X.] lass es sein und er hat [X.] festgehalten. Ich hatte sol-che Angst deswegen wolte ich zum [X.] und weil du [X.] immer gehauen hast. ... Der [X.] ist pervers. Ich hoffe er sitzt im Gefängnis ..." Als der Vater des Mädchens, bei dem es zu dieser [X.] wohnte, den Brief fand, erstattete er im Dezember 2004 Anzeige, fiobwohl [X.] dies eigentlich nicht wolltefi. Bei der Polizei gab das Mädchen u.a. an, der in dem Brief erwähn-te "[X.]" sei am [X.] wahrscheinlich mit einem Kreuz tätowiert ge-wesen ([X.]). 7 - 5 - 2. Der Angeklagte hat bestritten, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Es sei nie zu sexuellen Handlungen mit [X.] gekommen. Er könne sich nicht vorstellen, warum das Mädchen ihn belaste. Es könne allenfalls sein, dass "etwas" mit einer anderen Person, vielleicht mit den anderen Lebensge-fährten der Mutter der [X.], [X.].
oder [X.], vorgefallen sei. Eventuell sehe [X.] ihn auch als Ursache für die Trennung der Eltern. 8 Das [X.] sieht die Einlassung des Angeklagten als durch die Aussage der [X.] P. widerlegt an. Als tragendes Indiz für die Richtigkeit der Angaben des Mädchens erachtet es, dass es den Angeklagten als den Va-ter von [X.] zu identifizieren vermochte und fiihn noch heute mit dem [X.] aus der ungefähren Tatzeit in Zusammenhang bringen (könne)". Dass der Angeklagte den Namen "[X.]" nie getragen hat, er zur Tatzeit am [X.] nicht tätowiert war und das Gitarrenspiel (möglicherweise) nicht [X.] hat, hält es für unerheblich, weil nicht diese Umstände zur [X.] geführt hätten, sondern das Wiedererkennen des Angeklagten als den Vater von [X.] ([X.] f.). Mit den vom Angeklagten genannten möglichen Tätern [X.]. und [X.]befasst sich das Urteil nicht. 9 3. Die Beweiswürdigung der [X.] hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. 10 In einem Fall, in dem - wie hier - Aussage gegen Aussage steht und die Entscheidung allein davon abhängt, welchen Angaben das Gericht folgt, müs-sen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass der Tatrichter alle Umstände, die die Entscheidung beeinflussen können, erkannt und in seine Überlegungen ein-bezogen hat (st. Rspr., vgl. nur BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 13, 14, 11 - 6 - 29). Das gilt ganz besonders, wenn sich Angaben des Belastungszeugen teil-weise als unrichtig herausstellen (vgl. BGHSt 44, 153, 158 f.; 44, 256, 257). Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht: 12 Zur erschöpfenden Beweiswürdigung wäre es erforderlich gewesen, dass das [X.] sich eingehend mit den Aussagen der [X.] im Ermitt-lungsverfahren auseinandersetzt, insbesondere damit, wie sie auf den Namen "[X.]" kommt, einem Namen, den weder der Angeklagte noch die Mutter bzw. die Großmutter der Geschädigten je gehört haben ([X.]), welche [X.] ihre Erinnerung hat, dass der Täter am [X.] wahrscheinlich mit einem Kreuz tätowiert war, und auf welche näheren Umstände sich ihre Angabe grün-det, dass "[X.]", der Täter, ihrer Schwester [X.] "immer" zum Ein-schlafen mit seiner Gitarre vorgespielt habe ([X.]). Zum Letzteren durfte sich die [X.] - die im Urteil offen lässt, ob der Angeklagte überhaupt Gitarre spielen kann - mit der Begründung der Geschädigten, "sie habe sich vielleicht vertan" ([X.]), nicht zufrieden geben. Dies gilt umso mehr, als [X.] ihrer Tochter zu einem nicht näher feststellbaren [X.]punkt von einer ihr selbst als 13-jährigem Kind zugefügten Vergewaltigung erzählt hatte; der damalige Täter, so hatte sie ihrer Tochter berichtet, habe Gitarre gespielt. 13 Um eine Verwechselung des [X.] bzw. die Unrichtigkeit der Angaben der [X.] zum Tatgeschehen rechtsfehlerfrei auszuschließen, hätte das [X.] die angesprochenen Widersprüche umfassend erörtern und dabei auch berücksichtigen müssen, dass in dem die Ermittlungen auslösenden Brief keine Rede davon ist, dass der Vater von [X.] der Täter war, der Brief erst sieben Jahre nach der Tat geschrieben wurde und der Angeklagte bisher nicht [X.] in Erscheinung getreten ist. Des Weiteren wäre es erforderlich [X.] - 7 - sen darzulegen, dass keiner der weiteren Lebensgefährten, die die Mutter der [X.] zur Tatzeit hatte, als Täter in Betracht kommt. Schließlich hätte sich die [X.] auch mit den näheren Umständen der - in der Beweiswürdigung nicht erörterten - Feststellung auseinandersetzen müssen, dem Vater von [X.] sei (wann?) "seitens (eines) behandelnden Psychologen" gesagt worden, das Mädchen "zeige das Verhalten eines missbrauchten Kindes" ([X.]. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. 15 4. Für den Fall einer erneuten Verurteilung des Angeklagten wird die nunmehr zur Entscheidung berufene [X.] zu berücksichtigen haben, dass dem Angeklagten die Vorteile der rechtsfehlerhaften Beurteilung der Frage der nachträglichen Gesamtstrafenbildung ([X.], 19: [X.] von neun Monaten Freiheitsstrafe statt Gesamtstrafenbildung mit der noch nicht erledig-ten Strafe aus dem Urteil des [X.] vom 20. Mai 2005 [drei [X.] Freiheitsstrafe]) nicht genommen werden dürfen (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO). 16 Tepperwien Kuckein Athing [X.] [X.]
Meta
11.01.2007
Bundesgerichtshof 4. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.01.2007, Az. 4 StR 497/06 (REWIS RS 2007, 5835)
Papierfundstellen: REWIS RS 2007, 5835
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
3 StR 464/04 (Bundesgerichtshof)
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