Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2009, Az. 4 StR 124/09

4. Strafsenat | REWIS RS 2009, 2593

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[X.] vom 9. Juli 2009 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 9. Juli 2009 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 23. Oktober 2008 mit den [X.] aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkam-mer des [X.] zurückverwiesen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Ge-samtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und verschiedene Gegenstände eingezogen. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen und formellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg; auf die erhobenen Verfahrensrügen kommt es deshalb nicht an. 1 Die Verurteilung des Angeklagten hat keinen Bestand, weil sie auf einer rechtsfehlerhaften Beweiswürdigung beruht. 2 1. Nach den Feststellungen des [X.] bestellte der Angeklagte in zwei Fällen bei einer unbekannten Person flüssiges Amfetamin, das zum [X.] Weiterverkauf bestimmt war und per Post geliefert werden [X.]. 3 - 3 - Vor der ersten Lieferung fragte er seinen langjährigen Bekannten, den Zeugen [X.], ob dieser ein Paket, über dessen Inhalt er ihn nicht infor-mierte, für ihn in Empfang nehmen könne. Der Zeuge S. erklärte, das Paket könne an seine Mutter, die Zeugin [X.]. , geschickt werden, die tags-über zu Hause sei und daher regelmäßig Postsendungen für ihn [X.]. Das erste Paket, in dem sich zwei Kilogramm flüssiges [X.], wurde am 29. Juni 2007 an die Adresse der Zeugin [X.]. zugestellt. Dort wurde es von dem vom Angeklagten über den Zeitpunkt der geplanten [X.] informierten Zeugen S. entgegengenommen und mit dem Namen "[X.]. " quittiert. Der Angeklagte wurde vom Zeugen S. be-nachrichtigt und holte das Paket ab. 4 Aufgrund einer weiteren Bestellung des Angeklagten wurde am 5. Juli 2007 ein zweites Expresspaket bei derselben Postfiliale aufgegeben, das an "[X.]. " unter der Anschrift der ehemaligen Lebensgefährtin des Angeklagten, der Zeugin [X.]. , adressiert war. Diese hatte seit seinem Auszug im Dezember 2006 regelmäßig Brief- und Paketsendungen für ihn entgegenge-nommen und ihm bei seinen mindestens wöchentlichen Besuchen [X.]. Dieses Paket, das zwei Kanister mit jeweils 4,6 Kilogramm flüssigem Am-fetamin enthielt, wurde von den Ermittlungsbehörden angehalten und geöffnet. Bei der fingierten Zustellung eines Ersatzpakets am folgenden Tag erklärte die Mutter der Zeugin [X.]. spontan, dass es für den Angeklagten be-stimmt sei. 5 2. In der Hauptverhandlung hat der Angeklagte die Tatvorwürfe bestrit-ten: Er habe weder die beiden Lieferungen bestellt noch den Zeugen [X.] gebeten, ein Paket für ihn entgegenzunehmen. Vielmehr habe dieser ihn Ende Juni 2007 gefragt, ob er für diesen ein Paket in Empfang nehmen könne. Dies habe er abgelehnt, weil er noch keinen Briefkasten habe. Er habe dem Zeugen 6 - 4 - [X.]erklärt, dass er seine eigene Post an die Adresse der Zeugin [X.]. schicken lasse, zu der er spätestens am nächsten Wochenende fahren werde ([X.]). 3. Das [X.] hat diese Einlassung als widerlegt angesehen. 7 a) Es stützt die Feststellung, das an die Zeugin [X.]. adressierte Paket sei für den Angeklagten bestimmt gewesen, allein auf die Aussage des Zeugen S. . Sonstige, den bisher nicht einschlägig in Erscheinung getre-tenen Angeklagten belastende Indizien sind den Urteilsfeststellungen nicht zu entnehmen, so dass sich die bestreitende Einlassung des Angeklagten und die belastende Aussage des Zeugen S. gegenüberstehen. In einem solchen Falle, in dem Aussage gegen Aussage steht, müssen die Urteilsgründe erken-nen lassen, dass der Tatrichter alle Umstände, welche die Entscheidung zu-gunsten oder zulasten des Angeklagten zu beeinflussen geeignet sind, erkannt, in seine Überlegungen einbezogen und rechtsfehlerfrei gewürdigt hat (vgl. [X.]R StPO § 261 Beweiswürdigung 23; Beweiswürdigung, unzureichende 19; [X.], Beschluss vom 8. Oktober 2002 - 4 [X.]). Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht. 8 Das [X.] hält die den Angeklagten belastende Aussage des [X.]schon deshalb für glaubhaft, weil sie sich mit seinen Angaben bei seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung deckt ([X.]). Damit ist jedoch die Glaubhaftigkeit der Angaben des einzigen Belastungszeugen nicht hinrei-chend dargetan. Dies gilt schon deswegen, weil das [X.] die Bekundun-gen dieses Zeugen in der Hauptverhandlung zum Gewicht und zum [X.], die von derjenigen in der polizeilichen Vernehmung ganz wesentlich abweichen, sowie zu den Umständen dieser [X.] für nicht glaubhaft hält ([X.], 14). Darüber hinaus kommt der Zeuge 9 - 5 - S. aufgrund der Entgegennahme des an seine Mutter adressierten [X.] konkret als Alternativtäter in Betracht. Das Urteil setzt sich in diesem Zu-sammenhang nicht damit auseinander, dass der Zeuge [X.]den Ange-klagten zu Unrecht belasten könnte, um den Verdacht von sich selbst abzulen-ken. Dies lässt besorgen, dass die erforderliche Gesamtwürdigung unterblieben ist. b) Die Erwägungen, mit denen das [X.] den Zeugen [X.] als Besteller und Empfänger der zweiten [X.]ndung ausschließt, begegnen ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken. 10 Zwar gibt es in diesem Fall Anzeichen, die darauf hindeuten, dass der Angeklagte der Empfänger der [X.]ndung war: das Paket wurde an die vom [X.] seit einigen Monaten ständig genutzte Postanschrift geschickt; der dem Empfängernamen "[X.]. " vorangestellte Buchstabe ist der erste Buch-stabe des Vornamens des Angeklagten; der Angeklagte hatte 2006 - wenn auch nur als Konsument - Kontakte zu Drogen. Das [X.] hat aber die auf eine Täterschaft des Zeugen S. abzielende Einlassung des Angeklag-ten nicht rechtsfehlerfrei widerlegt. Nach den Urteilsfeststellungen war dem Zeugen S. die Nutzung der [X.] keinesfalls verschlossen. Nach der eigenen Einlassung des Angeklagten hatte dieser die Entgegennahme ei-nes Pakets für den Zeugen nur im Hinblick auf das Fehlen eines eigenen Brief-kastens und nicht etwa aus grundsätzlichen Erwägungen abgelehnt. Zugleich hatte er dem Zeugen erklärt, wie er den eigenen Postempfang geregelt hatte. Dass es für den Zeugen als langjährigem Bekannten des Angeklagten nach dem - wegen der besonderen Versandform zeitlich eng bestimmten - Eintreffen der [X.]ndung problematisch sein könnte, zeitnah an das Paket zu gelangen, ist nicht mehr als eine Vermutung. 11 - 6 - 4. Die Sache bedarf nach alledem insgesamt neuer tatrichterlicher [X.] und Entscheidung. Dabei werden auch nähere Feststellungen zu dem Verhältnis des Angeklagten zu den Zeugen S. und [X.]. sowie zu deren möglichen Kontakten zu Drogen und zum Drogenmilieu zu treffen sein. 12 [X.] Ernemann Franke Mutzbauer

Meta

4 StR 124/09

09.07.2009

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2009, Az. 4 StR 124/09 (REWIS RS 2009, 2593)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 2593

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