Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.10.2015, Az. IV ZR 269/14

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 3220

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 269/14

Verkündet am:

28. Oktober 2015

Heinekamp

Amtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

[X.]Z: nein

[X.]R: ja

Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die [X.] (hier [X.] Nr. 1.1.2);
Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Ausfalldeckung in der Privat-Haftpflichtversicherung (hier [X.]);
[X.] § 178 Abs. 1, § 201 Abs. 2

1. Nehmen Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen ([X.]) zur Privaten Haftpflichtversicherung die Gefahren eines "ungewöhnlichen und [X.]s" neben den
Gefahren eines Dienstes, Amtes (auch Ehrenamtes) und einer verant-wortlichen Betätigung in Vereinigungen aller Art vom Versicherungsschutz aus, so setzt dies ein Verhalten voraus, das auf längere Dauer angelegt ist und so einen von den normalen Gefahren des täglichen Lebens abgrenzbaren Bereich besonderer Ge-fahrenlagen bildet, die mit einer gewissen Regelmäßigkeit wiederholt eintreten. Der Versicherer ist nicht schon dann leistungsfrei, wenn lediglich die schadenstiftende Handlung ungewöhnlich und gefährlich ist (Fortführung des [X.] vom 9.
November 2011 -
IV
ZR 115/10, [X.], 21 Rn.
12 ff.).

-
2
-

2. Die Voraussetzungen der nachfolgenden Klausel aus den Besonderen [X.] und Risikobeschreibungen zur Forderungsausfallversicherung (hier [X.])

"Der Versicherungsnehmer muss gegen den [X.] einen rechtskräftig gewordenen und vollstreckbaren Titel (Urteil, Vollstreckungsbescheid, gerichtlicher Vergleich) erwirkt haben. [X.] ist ein notarielles Schuldanerkenntnis mit [X.], aus der hervorgeht, dass sich der Dritte persönlich der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen unter

sind auch erfüllt, wenn der Schädiger insolvent und die Schadensersatzforderung des Versicherungsnehmers zur
Insolvenztabelle festgestellt ist.

[X.], Urteil vom 28. Oktober 2015 -
IV ZR 269/14 -
OLG [X.]

[X.]

-
3
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.],
[X.], die Richterinnen

Dr. [X.] und
Dr. [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 28. Oktober 2015

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des [X.] vom 20. Juni 2014 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Versicherungsleistungen aus einer bei der [X.] im Rahmen einer Privathaftpflichtversicherung gehaltenen Forde-rungsausfallversicherung
sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechts-anwaltskosten. Dem Versicherungsvertrag liegen [X.] für die Haftpflichtversicherung (im Folgenden: [X.]), Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Privat-Haft-pflichtversicherung ([X.], im Folgenden: [X.] [X.]) sowie Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Ausfallde-ckung in der Privat-Haftpflichtversicherung ([X.], im [X.]: [X.]
AusfV) zugrunde.
Letztere lauten
auszugsweise:

1
-
4
-

"Teil I

1. Was ist versichert?

Versichert ist der Versicherungsnehmer für den Fall, daß ein von ihm wegen eines Haftpflichtschadens, der wäh-rend der Wirksamkeit der Ausfalldeckung eingetreten ist, auf Schadenersatz in Anspruch genommener Dritter sei-ner Zahlungsverpflichtung ganz oder teilweise nicht nach-kommen kann, weil die Durchsetzung der Forderung ge-gen ihn gescheitert ist. Der Umfang der versicherten Schadenersatzansprüche richtet sich nach dem De-ckungsumfang der Privat-Haftpflichtversicherung dieses Versicherungsvertrages. Der Versicherungsschutz wird in der Weise geboten, daß das Bestehen einer Privat-Haft-pflichtversicherung des Schädigers in dem Umfang fingiert wird, wie die Versicherung des Versicherungsnehmers im Rahmen dieses
Versicherungsvertrages besteht.

Versicherungsschutz besteht des weiteren auch, wenn

a) der Schädiger vorsätzlich gehandelt hat.

4. Unter welchen weiteren Voraussetzungen wird geleis-tet?

Weitere Voraussetzungen für den Versicherungsschutz sind:

a) Der Versicherungsnehmer muß gegen den [X.] einen rechtskräftig gewordenen und vollstreckbaren Titel (Urteil, Vollstreckungsbescheid, gerichtlicher Vergleich) erwirkt haben. [X.] ist ein notarielles Schuldanerkennt-nis mit [X.], aus der hervorgeht, daß sich der Dritte persönlich der sofortigen Zwangsvollstre-ckung in sein gesamtes Vermö"

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In Nr. 7 der vereinbarten [X.] heißt es auszugsweise:

"7. Ausschlüsse

Falls im Versicherungsschein oder seinen Nachträgen nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, sind von der Versicherung ausgeschlossen:

7.1 Versicherungsansprüche aller Personen,

7.1.1 die den Schaden vorsätzlich herbeigeführt haben. "

In den [X.] [X.] ist
unter anderem geregelt:

"1. Versichert ist im Rahmen der [X.] für die Haftpflichtversicherung ([X.]) und der nachstehenden Besonderen Bedingungen und Ri-sikobeschreibungen die gesetzliche Haftpflicht des [X.]s aus den Gefahren des täglichen Lebens als

Privatperson und

nicht aus den Gefahren eines Betriebes oder Berufes.

1.1 Nicht versichert ist die gesetzliche Haftpflicht des Ver-sicherungsnehmers aus

1.1.1 den Gefahren eines Dienstes, Amtes (auch Ehren-amtes), einer verantwortlichen Betätigung in [X.] aller Art

1.1.2 oder eines ungewöhnlichen und [X.]s. "

Im Übrigen enthalten auch die [X.] [X.] unter Nr. 10 Bestim-mungen zur Forderungsausfallversicherung, die den oben zitierten [X.] der [X.] AusfV entsprechen.

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Am 22. September 2010 wurde der Kläger auf dem Weg zur Arbeit von einer Person, der ihm hinter einer Hausecke aufgelauert hatte
(im Folgenden: Schädiger), angegriffen und erheblich verletzt. Der Kläger leidet seither unter psychischen Folgen dieser
Tat. Nachdem über das Vermögen des Schädigers das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, stellte der Insolvenzverwalter am 16. Februar 2011 die [X.] fest. Der Kläger erhielt bisher keine Zahlung aus der
Insolvenz-masse.

Er
meint, die Beklagte müsse ihm der Forderungsausfallversicherung ersetzen. Die Beklagte hält sich für leistungsfrei, da der [X.] ein nach Nr. 1.1.2 [X.]
[X.] nicht versichertes "ungewöhnliches und gefährliches Tun"
gewesen sei. Zudem liege kein vollstreckbarer Titel gegen den Schädiger im Sinne von Nr. 10.1.4 [X.] [X.] bzw. [X.]. a [X.] AusfV vor.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] hat ihr auf Berufung des [X.] stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

[X.] Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger die begehrte Leistung aus der Forderungsausfallversicherung zu. Infolge des 5
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vorsätzlichen Angriffs des Schädigers habe er Anspruch auf Schmer-zensgeld, so dass ein Haftpflichtschaden während der Wirksamkeit der Ausfalldeckung entstanden sei. Für den Deckungsumfang sei die im [X.] vereinbarte Haftpflichtdeckung entscheidend, da nach Nr. 10.1.1 [X.] [X.] fingiert werde, zugunsten des Schädigers bestehe eine Privat-Haftpflichtversicherung im gleichen Umfang. Nr. 1.1.2 [X.] [X.], wonach die Haftpflicht des Versicherungsnehmers aus einem un-gewöhnlichen und [X.] nicht versichert ist, führe nicht dazu, dass der Versicherungsnehmer bei einer der Tat des Schädigers ver-gleichbaren Handlung nicht versichert wäre, denn das schadensstiftende Geschehen selbst stelle [X.] dar. Der Ausschluss setze vielmehr ein auf längere Dauer angeleg-tes Verhalten voraus, welches einen von den normalen Gefahren des täglichen Lebens abgrenzbaren Bereich besonderer Gefahrenlagen schaffe. Anderes ergebe sich auch nicht aus der Verwendung des Wor-tes [X.]". Vom
Versicherungsschutz seien nur solche Bereiche ausge-nommen, denen sich der Versicherungsnehmer über eine gewisse Dauer widme.

Soweit der Schädiger vorsätzlich gehandelt habe, gehe die Klausel in Nr. 10.1.1 Satz 4 [X.] [X.] (entspricht Teil I Nr. 1
Satz
4
Buchst.
a [X.] AusfV) dem Leistungsausschluss in Nr. 7.1.1 [X.] vor.

Die Eintragung einer Schadensersatzforderung in die [X.] wirke gemäß § 178 Abs. 3 [X.] gegenüber dem Insolvenzverwalter und den [X.] wie ein rechtskräftiges Urteil. Aus der maß-geblichen Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers sei kein Grund ersichtlich, weshalb dies
für die Eintrittspflicht des Versicherers nicht ebenso ausreichen solle, wie die in Nr. 10.1.4 [X.] [X.] (entspricht 10
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[X.]. a [X.] AusfV) exemplarisch im Klammerzusatz aufgezähl-ten anderen Vollstreckungstitel (Urteil, Vollstreckungsbescheid und ge-richtlicher
Vergleich).

I[X.] Das hält rechtlicher Überprüfung stand.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch aus der zwischen den Parteien bestehenden Forderungsausfallversicherung zu.

1. Gemäß Teil
I Nr. 1
Satz
1 [X.] AusfV (entspricht Nr. 10.1.1 Abs.
1 [X.] [X.]) besteht Versicherungsschutz für den Fall, dass ein vom Versicherungsnehmer wegen eines Haftpflichtschadens, der wäh-rend der Wirksamkeit der Ausfalldeckung eingetreten ist, auf Schadener-satz in Anspruch genommener Dritter seiner Zahlungsverpflichtung
ganz oder teilweise nicht nachkommen kann, weil die Durchsetzung der Forde-rung gegen ihn gescheitert ist.

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Unstreitig wurde der Klä-ger in
versicherter Zeit von dem Schädiger verletzt, weshalb ihm ein Schmerzensgeldanspruch zusteht, den er infolge der Insolvenz des Schädigers bisher nicht durchsetzen konnte.

2. Bei dem vom Kläger erlittenen Schaden handelt es sich um ei-nen versicherten Haftpflichtschaden.

a) Teil
I Nr. 1 Abs.
1 Satz
2 und 3 [X.] AusfV (entspricht Nr. 10.1.1 Abs. 2 und 3 [X.] [X.]) bestimmt, der Umfang der versicherten Schadenersatzansprüche richte sich in der Weise nach dem Deckungs-12
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umfang der Privat-Haftpflichtversicherung des Versicherungsvertrages, dass das Bestehen einer Privat-Haftpflichtversicherung des Schädigers in dem Umfang fingiert werde, wie die Versicherung des Versicherungs-nehmers im Rahmen des Versicherungsvertrages bestehe.
Daraus ergibt sich, dass die Beklagte eintrittspflichtig ist, weil

sieht man von der vor-sätzlichen Schadenszufügung ab

auch der Kläger Deckungsschutz
aus dem Versicherungsvertrag
beanspruchen könnte, wenn er selbst eine schadenstiftende Handlung verübt hätte, wie sie ihm widerfahren ist.

b) In Nr. 1.1 [X.] verspricht die Beklagte Deckungsschutz im Rahmen des versicherten Risikos unter anderem für den Fall, dass (wie hier der Schädiger) der Versicherungsnehmer wegen eines in [X.] eingetretenen Schadenereignisses, das einen Personenschaden zur Folge hatte, von einem [X.] auf Schadensersatz in Anspruch ge-nommen wird.

Das versicherte Risiko wird dabei in Nr. 1 [X.] [X.] näher [X.]. Danach ist die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsneh-mers aus den Gefahren des täglichen Lebens als Privatperson und
nicht aus den Gefahren eines Betriebes oder Berufes
versichert.
Nr. 1.1 [X.] [X.] nimmt zudem die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers aus den Gefahren eines Dienstes, Amtes (auch Ehrenamtes), einer ver-antwortlichen Betätigung in Vereinigungen aller Art
(Nr. 1.1.1 [X.] [X.])
oder eines ungewöhnlichen und [X.]s (Nr. 1.1.2 [X.] [X.]) vom Versicherungsschutz aus.

Entgegen der Auffassung der Revision führen diese Risikoein-schränkungen nicht dazu, dass der Kläger, hätte er die Schädigung be-gangen, keinen Versicherungsschutz beanspruchen könnte.
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aa) Die Revision meint,
vorsätzliche Angriffe auf Dritte zählten schon nicht
zu den versicherten Gefahren, die täglich auf den Versiche-rungsnehmer zukommen könnten. Der Versicherungsnehmer werde die "Zumutung", er laufe täglich Gefahr, schwere Straftaten zu begehen, ent-rüstet zurückweisen und den in Nr. 1 [X.] [X.] beschriebenen Bereich der Gefahren des täglichen Lebens als Privatperson mithin nicht dahin verstehen, dass auch solche Straftaten darunter fielen.

Dem kann nicht gefolgt werden. Vielmehr geht der [X.] Rechtsprechung davon aus, dass der Schutzbereich der privaten Haftpflichtversicherung durch die in den Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen regelmäßig gebrauchte Formulierung "als Privat-person aus den Gefahren des täglichen Lebens"
für sich genommen [X.] Einschränkung enthält, sondern weit abgesteckt ist und erst durch die begleitenden negativen Risikobeschreibungen eingeschränkt wird
(Se-natsurteile vom 25. Juni 1997

IV ZR 269/96, [X.]Z
136, 142 unter [X.]; vom 10. März 2004

IV ZR 169/03, [X.], 188 unter [X.]; vom 9. No-vember 2011

[X.], [X.], 21 Rn. 13). Daran hält der Senat fest, denn der durchschnittliche Versicherungsnehmer, auf dessen Ver-ständnis der Klausel es ankommt, hat abgesehen von den aus den nega-tiven Risikobeschreibungen ersichtlichen Begrenzungen des [X.] keine Anhaltspunkte dafür, dass bereits der Begriff der Gefahren des täglichen Lebens eine Begrenzung des Versicherungs-schutzes enthalten soll, zumal ihm keine Maßstäbe dafür an die Hand gegeben werden, Gefahren des täglichen Lebens von anderen, nicht all-täglichen Gefahren zu unterscheiden. Er wird das Leistungsversprechen mithin als Allgefahrenversicherung verstehen, von der nur die in den Be-21
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sonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen eigens genannten [X.] ausgenommen sein sollen.

bb) Der Versicherungsschutz entfällt auch nicht deshalb, weil die Beklagte, hätte der Kläger den schadenstiftenden Angriff verübt, infolge der
Nichtversicherung der Gefahren eines ungewöhnlichen und gefährli-chen Tuns (Nr. 1.1.2 [X.] [X.]) leistungsfrei wäre.

Das ergibt die Auslegung von Nr. 1.1.2 [X.] [X.].

(1) Der Senat hat mit
Urteil vom 9. November 2011 ([X.], [X.], 21 Rn. 12 ff.) zu der Klausel eines anderen [X.]

"[X.] ([X.]) als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens -
mit Ausnahme der Gefahren eines Be-triebes, Berufes, Dienstes, Amtes (auch Ehrenamtes), einer verantwortlichen Betätigung in Vereinigungen aller Art oder einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung, "
(A. [X.] [X.] 08/01)

entschieden und näher begründet, ihre Voraussetzungen für eine Leis-tungsfreiheit des Versicherers seien nicht bereits dann erfüllt, wenn sich die schädigende Handlung selbst als ungewöhnlich und gefährlich [X.].
Erforderlich sei, dass diese
Handlung im Rahmen einer allgemei-nen Betätigung des Versicherten geschehe, die ihrerseits "ungewöhnlich und gefährlich"
sei.
Aus dem Vergleich des Begriffs der "ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung"
mit den übrigen im selben Satzeinschub (in A.
[X.] [X.])
enthaltenen Ausnahmen folge, dass mit der "[X.]"
nicht lediglich eine einzelne Handlung, sondern
ein [X.] gemeint sei,
mithin eine allgemeine, in gewissen Zeitabständen 23
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wiederholte oder wiederkehrende Betätigung als Rahmen für die [X.] schadenstiftende Handlung vorausgesetzt werde. Mit einer ungewöhn-lichen und gefährlichen "Beschäftigung"
sei ein Verhalten angesprochen, das -
ähnlich wie die Ausübung eines Berufes oder Amtes

über eine
nicht nur kurze Zeit fortdauere, sondern auf eine längere Dauer angelegt sei und so einen von den normalen Gefahren des täglichen Lebens ab-grenzbaren Bereich
besonderer Gefahrenlagen bilde. "Beschäftigung"
ziele im Übrigen
auch dem Wortsinne nach auf etwas, wofür der [X.] nicht nur punktuell, sondern wiederholt Arbeits-
oder Freizeit aufwende.

(2) Anders als die
Revision meint, lässt sich das im Ergebnis auf die hier in Rede stehende Formulierung eines ungewöhnlichen und ge-fährlichen [X.]s"
übertragen mit der Folge, dass auch der in Nr. 1.1.2 [X.] [X.] geregelte Ausschluss nicht schon dann eingreift, wenn sich le-diglich die schadenstiftende Handlung als ungewöhnlich und gefährlich erweist.

Der Revision ist allerdings zuzugeben, dass die im vorgenannten Senatsurteil vom 9. November 2011 auf den [X.] ("[X.]") gestützte, ergänzende Erwägung
bei
der hier verwendeten [X.] ([X.]") nicht greift, denn der neutrale Begriff des [X.]s"
bringt das Erfordernis der Dauerhaftigkeit für sich genommen nicht ausreichend zum Ausdruck, sondern ließe sich auch auf eine einmalige Handlung [X.]. Entscheidend bleibt aber der

dem Versicherungsnehmer er-kennbare

systematische Zusammenhang, in den der Risikoausschluss in Nr. 1 [X.] [X.] gestellt ist. Aus der Gegenüberstellung des zunächst weit gefassten Risikos der Gefahren des täglichen Lebens mit den ein-schränkenden negativen Risikobeschreibungen, mag sie hier auch nicht 26
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in einem Satzeinschub, sondern in Untergliederungspunkten der Nr. 1 [X.] [X.] erfolgen,
erkennt der durchschnittliche Versicherungsnehmer doch, dass mit dem ungewöhnlichen und [X.] im Sinne von Nr. 1.1.2 [X.] [X.] nicht eine einzelne Handlung, sondern

ebenso wie bei den übrigen negativen Risikobeschreibungen der voranstehenden Nr.
1.1.1 [X.] [X.] -
ein
auf längere Dauer angelegter, von den norma-len Gefahren des täglichen Lebens abgrenzbarer
Bereich besonderer Gefahrenlagen
angesprochen ist.

Bei einem anderen Klauselverständnis wäre der versprochene Versicherungsschutz weitgehend entwertet;
käme es lediglich darauf an, ob die schadenstiftende Handlung selbst als ungewöhnlich und
gefähr-lich einzustufen wäre, so ließe sich ihre Gefährlichkeit im Versicherungs-fall regelmäßig dadurch belegen, dass sie zu einem Schaden geführt hat. Der Versicherungsschutz entfiele mithin schon dann, wenn die schädi-gende Handlung als ungewöhnlich einzustufen wäre. Der juristisch nicht vorgebildete durchschnittliche Versicherungsnehmer, dem die [X.] keine Anhaltspunkte dafür geben, was [X.] ausmacht, müsste befürchten, den Versicherungsschutz in einer Vielzahl von Fällen zu verlieren. Er wird angesichts der im Grundsatz verspro-chenen Allgefahrendeckung nicht annehmen, dass er eine so weitgehen-de Einschränkung des Leistungsversprechens erfährt.

c) Der für die Haftpflichtversicherung in Nr.
7.1.1 [X.] geregelte [X.] für vorsätzliche
Herbeiführung des Schadens findet in der Forderungsausfallversicherung keine Anwendung, wie sich aus Teil I Nr. 1 Abs. 2 Buchst. a [X.] AusfV (entspricht Nr. 10.1.1 Abs. 4 Buchst.
a [X.] [X.]) ergibt.

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3. Anders als die Revision meint, scheitert die Forderungsausfall-deckung nicht daran, dass der Schmerzensgeldanspruch des [X.] le-diglich mittels Feststellung zur Insolvenztabelle (§ 178 [X.]) tituliert ist.

a) Allerdings setzt [X.]. a [X.] AusfV (entspricht Nr.
10.1.4 Buchst. a [X.] [X.]) voraus, dass der Versicherungsnehmer gegen den [X.] einen rechtskräftig gewordenen und vollstreckbaren Titel
erwirkt haben muss, der in einem Klammerzusatz "(Urteil, Vollstre-ckungsbescheid, gerichtlicher Vergleich)"
näher erläutert ist. Den
aufge-zählten Vollstreckungstiteln ausdrücklich gleichgestellt ist lediglich ein notarielles Schuldanerkenntnis mit qualifizierter [X.].

b) Die Auslegung der Klausel ergibt jedoch, dass auch die [X.] Feststellung einer Forderung zur Insolvenztabelle den [X.] Anforderungen genügt.

aa)
Das folgt allerdings noch nicht aus dem Wortlaut der Klausel, denn ihm
kann der durchschnittliche Versicherungsnehmer keinen aus-reichend deutlichen Hinweis darauf entnehmen, dass die im Klammerzu-satz zur Erläuterung des Begriffs "vollstreckbarer Titel"
aufgezählten Vollstreckungstitel lediglich Regelbeispiele sein sollen. Vielmehr erweckt der [X.] für sich genommen den Anschein einer abschließen-den Aufzählung, weil er keine Zusätze, wie etwa "z.B."
oder "u.a."
ent-hält.

bb) Dennoch wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer die Klausel nach ihrem Sinn und Zweck dahin verstehen, dass auch die Feststellung seines Schadensersatzanspruchs zur Insolvenztabelle nach § 178
Abs. 1 [X.] dem Erfordernis der [X.]. a [X.] AusfV bzw. 30
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der [X.]. a [X.] [X.], einen vollstreckbaren Titel erwirkt zu haben, genügt.

(1) Der Versicherungsnehmer
wird den Regelungen in Nr. 4 [X.] AusfV und in Nr. 10.1.4 [X.] [X.] entnehmen, dass der Versicherer die Ausfalldeckung erst dann leisten will, wenn der Versicherungsnehmer seine rechtlichen Möglichkeiten, den begehrten Schadensersatz direkt vom Schädiger zu erhalten, ausgeschöpft hat. Deshalb fordern [X.]. b [X.] AusfV und [X.]. b
[X.] [X.] gleichlautend, der Versicherungsnehmer müsse den Fehlschlag oder die Aussichtslo-sigkeit einer Zwangsvollstreckung gegen den Schädiger nachweisen. [X.] wird der Versicherungsnehmer folgern, es komme für die Ausfallde-ckung entscheidend darauf an, dass er zunächst erfolglos versucht, sei-nen Schadensersatz im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen, falls diese nicht von vorn herein aussichtslos erscheint. Das Erfordernis, einen vollstreckbaren Titel gegen den Schädiger zu erwirken, wird der Versicherungsnehmer als Voraussetzung dieser Zwangsvollstreckung verstehen. Ihm erschließt sich aber nicht, dass mit der Aufzählung im Klammerzusatz der [X.]. a [X.] AusfV bzw. der [X.]. a [X.] [X.]
die Ausfalldeckung gerade im Fall der Insolvenz des Schädigers, bei der der Ausfall der Schadensersatzforderung besonders wahrscheinlich ist, ausgeschlossen werden soll.

(2) Wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schädi-gers
eröffnet, kann der Geschädigte
gegen ihn
weder einen Haftpflicht-prozess noch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen (weiter)betreiben (vgl. §§ 86, 89 [X.], 240 ZPO). Auch einen Vergleich kann er nicht mit dem Schuldner abschließen, weil die Befugnis, über das Vermögen des Schuldners zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter übergeht (§ 80 35
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Abs.
1 [X.]). Stattdessen ist er darauf verwiesen, seine Schadenser-satzforderung gemäß
§§ 174 ff. [X.] zur Insolvenztabelle anzumelden, wobei der Eintrag für eine festgestellte Forderung nach Betrag und Rang wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber dem Insolvenzverwalter und den [X.] wirkt (§ 178 Abs. 3 [X.]).
Nach Abschluss des In-solvenzverfahrens kann ein Gläubiger, dessen Forderung festgestellt ist, aus der Eintragung in die Tabelle wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben (§
201 Abs. 2 Satz 1 [X.]), wenn die Forderung im Prüfungstermin vom Schuldner nicht bestritten worden ist.

(3) Vor diesem Hintergrund wird der Versicherungsnehmer davon ausgehen, dass er im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schädigers mit der Eintragung seiner Forderung in die Insolvenztabelle die von [X.]. a [X.] AusfV bzw. der Nr.
10.1.4 Buchst. a [X.] [X.] geforderten Bemühungen, seinen [X.] auf rechtlichem Wege durchzusetzen,
erfüllt und insbesondere einen vollstreckbaren Titel erwirkt hat.

Bei einem anderen Verständnis der Klausel käme der Aufzählung
dreier Vollstreckungstitel
im Klammerzusatz anstelle einer vermeintlich
verbraucherfreundlichen Erläuterung des Begriffes "vollstreckbarer Titel"
in Wahrheit die Funktion eines Ausschlusses der Ausfallversicherungs-leistung in Fällen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Ver-mögen des Schuldners zu. Das Versicherteninteresse bei Risikoaus-schlussklauseln
geht
in der Regel dahin, dass der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird, als der erkennbare Zweck einer Klausel dies gebietet. Der durchschnittliche Versicherte braucht nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht mit Lücken im Versicherungsschutz zu 37
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rechnen, ohne dass eine Klausel ihm dies hinreichend verdeutlicht. (Se-natsurteile
vom 8. Mai 2013

IV ZR 233/11, [X.], 382 Rn. 41;
vom 23.
November 1994 -
IV ZR 48/94, [X.], 162 unter 3 b; vom 27.
Juni 2012 -
IV ZR 212/10, [X.], 1253 Rn.
20).
Dem könnte die hier in Rede stehende Aufzählung, die keinerlei Hinweis darauf gibt, dass mit ihr eine weit reichende Einschränkung des [X.] verbunden sein soll
bei einem abweichenden Verständnis, nicht genügen.

(4) Der Versicherungsnehmer kann anhand des Bedingungstextes auch kein schützenswertes Interesse des Versicherers erkennen,
der
Eintragung in die Insolvenztabelle die Anerkennung als Vollstreckungsti-tel zu versagen. Auch die Revision zeigt ein solches Interesse des [X.] nicht auf. Es ist nicht ersichtlich, dass mit der Anerkennung der Insolvenztabelleneintragung als Vollstreckungstitel für die [X.] ein erhöhtes Risiko falscher Titulierung von Ansprü-chen einhergeht. Zwar handelt es sich bei der Eintragung in die [X.] um keine gerichtliche Entscheidung über den [X.], dies ist aber auch bei einem

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gerichtlichen Vergleich oder einem Schuldanerkenntnis des Schädigers nicht der Fall, die nach der Bedingungslage genügen sollen.

[X.]

[X.]

[X.]

Dr. [X.]

Dr. [X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 27.06.2013 -
2 [X.]/12 -

OLG [X.], Entscheidung vom 20.06.2014 -
10 U 927/13 -

Meta

IV ZR 269/14

28.10.2015

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.10.2015, Az. IV ZR 269/14 (REWIS RS 2015, 3220)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 3220

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IV ZR 302/16 (Bundesgerichtshof)


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