Bundespatentgericht, Beschluss vom 16.03.2023, Az. 25 W (pat) 548/20

25. Senat | REWIS RS 2023, 3016

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2016 027 319

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] am 16. März 2023 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Kortbein, der Richterin [X.] sowie der Richterin Dr. Rupp-Swienty, LL.M.,

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss des [X.], Markenstelle für Klasse 5, vom 16. Januar 2020 aufgehoben, soweit die Widersprüche aus den Marken 1 096 872 und [X.] 057 333 zurückgewiesen worden sind.

2. Wegen des Widerspruchs aus der Marke 1 096 872 wird die Löschung der Eintragung der Marke 30 2016 027 319 für folgende Waren angeordnet:

Klasse 20:

Matratzen; Kissen; Stillkissen; Schlafsäcke für Babys und Kleinkinder aus Web- und Wirkstoffen aus natürlichen oder synthetischen Fasern, mit oder ohne Einlage aus Plastikfolie;

Klasse 24:

Textile Waren, insbesondere Wäsche als Bett- und Tischwäsche sowie Badewäsche.

3. Der ebenfalls auf die obige Teillöschung der Eintragung der Marke 30 2016 027 319 gerichtete Widerspruch aus der Marke [X.] 057 333 und die Beschwerde wegen seiner Zurückweisung durch Beschluss des [X.], Markenstelle für Klasse 5, vom 16. Januar 2020 sind gegenstandslos.

Gründe

I.

1

Das am 22. September 2016 angemeldete Zeichen

2

[X.]

3

ist am 15. November 2016 unter der Nummer 30 2016 027 319 für folgende Waren und Dienstleistungen als Wortmarke in das beim [X.] geführte Markenregister eingetragen worden:

4

Klasse 3:

5

Seifen; Parfümeriewaren; ätherische Öle; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Haarwässer; Zahnputzmittel; kosmetische Haut- und Haarpflegeprodukte; Badezusätze und -salze; Mittel zur Körperpflege von Kleinkindern und Babys; kaubare Zahnreinigungs- und Zahnputzmittel; Sonnenschutzmittel; [X.] und Lotions-Pflegetücher;

6

Klasse 5:

7

Pharmazeutische Erzeugnisse; veterinärmedizinische Erzeugnisse; Hygienepräparate für medizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel; diätetische Lebensmittel und Erzeugnisse für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke; Babykost; Pflaster; Verbandmaterial; Desinfektionsmittel; verzehrfertige Breie für Babys und Kinder, zubereitet aus Milch, Milchbestandteilen, Milcherzeugnissen, Pflanzen, Pflanzenbestandteilen, pflanzlichem oder tierischem Eiweiß, Getreide und aus Obst; Milchpulver [Babykost]; Vitaminpräparate; medizinische Badezusätze und -salze; medizinische Präparate zur Hautbehandlung; medizinische Präparate und Artikel; Ballaststoffe; diätetische Ergänzungsstoffe; diätetische Nahrungsmittel für medizinische Zwecke; Diätsüßwaren für medizinische Zwecke; funktionelle Nahrungsmittel zur Verwendung als Nahrungsergänzungsmittel; Mahlzeitenersatz in Pulverform; mineralische Nahrungsergänzungsmittel; Multivitaminpräparate; Nährmittel auf Eiweißgrundlage, für medizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsgetränke; Nahrungsmittel für medizinisch-restriktive Diäten; Nahrungsmittel für Diabetiker; überwiegend aus Mineralstoffen oder Vitaminen bestehende Nahrungsergänzungsstoffe; Vitaminpräparate und -getränke; Babywindeln; [X.]; Wundpuder; Stilleinlagen; Babyzwieback; Babytee; [X.]; Babykekse; textile BH-Stilleinlagen aus natürlichen und synthetischen Fasergemischen; Windelhosen; Windelhalter; [X.]; [X.]; [X.] aus Papier oder Zellstoff oder Zellulose;

8

Klasse 8:

9

Gabeln und Löffel; Essbesteck; Kinderessbestecke als Erstlingsbesteck; Esslernschieber; Scheren;

Klasse 9:

Wissenschaftliche, elektrische, fotografische, optische, [X.], Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Thermometer als Bade-, Babykost- und Fieberthermometer mit Analog- und Digitalanzeige; Babywaagen; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Datenverarbeitungsgeräte; Computer; Software; Software in der Form von herunterladbaren Apps, insbesondere für Eltern; Mithörgeräte zur Überwachung von Babys;

Klasse 10:

Hygienische Gummiwaren, insbesondere Sauger, Flaschensauger, Beruhigungssauger, Einschlafsauger, Schnuller; ärztliche und zahnärztliche Apparate und Instrumente, Kieferformer für Kleinkinder, Flaschensauger sowie Beruhigungssauger, jeweils auch in einer Ausgestaltung als Kieferformer; Saugerkettenclips und Saugerketten aus Metall und Kunststoff für Beruhigungssauger; Pumpen, nämlich Milchpumpen, [X.]; [X.], Saugflaschen, Babynahrungsflaschen, Medizinfläschchen, Brusthütchen aus Latex oder Silikon; Einschlafsauger; Ventilsauger; Nasensauger; Eisbeißringe; Baby-Trinkflaschen aus Kunststoff und/oder Glas;

Klasse 12:

Kinderwagen; Zubehör für Kinderwagen; Kindersitze; Kindersicherheitssitze für Fahrzeuge; Laufräder; Fahrräder;

Klasse 16:

Druckereierzeugnisse; Papier, Pappe [Karton], soweit in Klasse 16 enthalten; Buchbinderartikel; Schreibwaren; Lehr- und Unterrichtsmittel [ausgenommen Apparate]; [X.] als Lehrmittel; Bilderbücher; Wandtafelzeichengeräte;

Klasse 18:

Taschen; Kindertragetaschen; Wickeltaschen; Schulranzen; Citybags [Taschen]; Schulmappen; Portemonnaies; Sporttaschen; [X.]etaschen; Transporttaschen für Babys; Kindertragen, sowohl als Bauch- als auch als Rückentrage; Baby-Tragetücher;

Klasse 20:

Möbel; Kindermöbel; Hochstühle für Kinder; Wippen für Babys; Lauflernhilfen für Babys und Kleinkinder; Laufstall; [X.]ebetten für Kinder und Babys; Wickeltische; Wiegen; Wickelauflagen; Wickelunterlagen; Windspiele [Dekorationsartikel]; Matratzen; Laufgitter für Kleinkinder; Kissen; Stillkissen; Schlafsäcke für Babys und Kleinkinder aus Web- und Wirkstoffen aus natürlichen oder synthetischen Fasern, mit oder ohne Einlage aus Plastikfolie;

Klasse 21:

Geräte und Behälter für Haushalt und Küche [nicht aus Edelmetall oder plattiert]; Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit nicht in anderen Klassen enthalten; Bürsten; Kämme; Glasbehälter; Dosen für Back- und Süßwaren; Proviantdosen; Tassen; Babyflaschenwärmer, nicht elektrisch; Babybadewannen [tragbar]; Isolierflaschen; Isolierbehälter; Zahnbürsten; Geschirr; Kindergeschirr; Trinkflaschen; Shaker; Mixbecher; Vorratsdosen und -behältnisse; Schwämme; Esslernteller; Ess- und Trinklernbecher;

Klasse 24:

Textile Waren, insbesondere Wäsche als Bett- und Tischwäsche sowie Badewäsche; Servietten;

Klasse 25:

Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckungen; T-Shirts; Baseballcaps; Funktionswäsche; Trainingsanzüge; Bekleidungsstücke, nämlich Bekleidungsstücke für Babys und Kinder; Schuhwaren, nämlich Schuhwaren für Babys und Kinder; Kopfbedeckungen, nämlich Kopfbedeckungen für Babys und Kinder; Babywäsche; Babyhosen [Bekleidung]; Fußsäcke [nicht elektrisch beheizt]; Lätzchen, nicht aus Papier; Kinderkleidung; Bekleidungsstücke für Schwangere;

Klasse 28:

Spiele; Spielzeug; Turnartikel, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Sportartikel, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Fitnessgeräte; Fitness- und Trainingsgeräte; [X.]; [X.] [Spielwaren]; [X.]; Plüschtiere;

Klasse 29:

Fleisch; Fisch; Geflügel; Wild; Fleischextrakte; konserviertes, tiefgekühltes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten [Gelees]; Konfitüren; Kompotte; Eier; Milch; Milchprodukte; Speiseöle; Speisefette; Milchshakes; Dessertspeisen, im Wesentlichen aus Milch, Joghurt, Quark und Sahne; Fruchtsnacks; diätetische Nahrungsmittel, nicht für medizinische Zwecke auf der Basis von Proteinen, Fetten, Eiweißen; alle vorbenannten Waren auch in diätetischer Form, ausgenommen für medizinische Zwecke;

Klasse 30:

Kaffee; Tee; Kakao; Kaffee-Ersatzmittel; [X.]; Tapioka; Sago; Teepads und -beutel; [X.]; Mehle; Getreidepräparate; Brot; feine Backwaren; feine Konditorwaren; Speiseeis; Zucker; Honig; Melassesirup; Hefe; Backpulver; Salz; Senf; Essig; Soßen [Würzmittel]; Gewürze; Kühleis; Schokoriegel; Schokoladenprodukte; Cerealienriegel; Cerealienprodukte; Müsli; Müslizubereitungen; Müsliriegel und Energieriegel; proteinreiche Getreideriegel; Süßwaren; Zuckerwaren; Bonbons; Sahnebonbons; Milchkakao; Milchschokolade [Getränk]; Schokoladengetränke; Milchreis; Grießbrei; Pudding; süße Fertigsoßen; Puddingpulver; Dessertspeisen, im Wesentlichen aus Grieß und/oder Mehl; diätetische Nahrungsmittel, nicht für medizinische Zwecke auf der Basis von Kohlenhydraten; alle vorbenannten Waren auch in diätetischer Form, ausgenommen für medizinische Zwecke;

Klasse 31:

Frisches Obst; frisches Gemüse; landwirtschaftliche Erzeugnisse, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; gartenwirtschaftliche Erzeugnisse, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; forstwirtschaftliche Erzeugnisse, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Samenkörner, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; unbehandelte Samen;

Klasse 32:

Mineralwässer; kohlensäurehaltige Wässer; alkoholfreie Getränke; [X.]; Fruchtsäfte; Sirupe für die Zubereitung von Getränken; Präparate für die Zubereitung von Getränken; protein-angereicherte Sportgetränke; isotonische Getränke; Smoothies; Aloe-Vera-Getränke; [X.]; milchähnliche Getränke; Molkegetränke; Sportgetränke, auch mit Elektrolytanteilen; vitaminhaltige Getränke, nicht für medizinische Zwecke; Karamellgetränke;

Klasse 41:

Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Durchführung von Diät-Schulungen, auch über das [X.]; Ernährungsschulung; Ernährungsschulung für Eltern; Ernährungserziehung; Elternschulungen; Durchführung von Ernährungsschulungen, auch über das [X.]; Durchführung von Fitnesstraining; Dienstleistungen im Bereich körperlichen Trainings; Durchführung von Trainingseinheiten betreffend die körperliche Fitness, auch über das [X.]; Zurverfügungstellung von Information zu Fitnesstraining über ein Online-Portal; Herausgabe von [X.], auch in elektronischer Form;

Klasse 44:

Medizinische Dienstleistungen; veterinärmedizinische Dienstleistungen; Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen und Tiere; Ernährungsberatung; Gesundheitsberatung; Dienstleistungen im Gesundheitsbereich; medizinische Diätberatung; diätetische Beratungsdienste; Diätplanung und -überwachung; Beratung in Bezug auf Diäten; Zurverfügungstellung von Informationen bezüglich Diät- und Ernährungsberatung; Abgabe von Empfehlungen bezüglich Ernährung und Diäten; Zurverfügungstellung von Informationen über diätische Ergänzungsmittel und Ernährung sowie Nahrungsergänzungsmittel; Dienstleistungen eines Ernährungsberaters; Auskünfte zu Ernährungsinformationen über Lebensmittel; Ernährungsberatung für Schwangere.

Gegen die am 16. Dezember 2016 veröffentlichte Eintragung der besagten Marke hat die Beschwerdeführerin am 15. März 2017 Widersprüche eingelegt, die auf folgende Marken gestützt werden:

1. Wortmarke 1 096 872

FRAU [X.]

Sie ist am 20. Januar 1986 angemeldet und am 24. September 1986 für folgende Waren eingetragen worden:

Natürliche Bettfedern und Daunen; fertig konfektionierte und gefüllte Bettwaren, nämlich Decken, Einziehdecken, Kissen, Steppdecken, Nackenrollen, Bettenauflagen.

2. Länderanteil "[X.]" der Wortmarke [X.] 057 333

FRAU [X.]

Sie ist am 21. Oktober 2010 international registriert worden und genießt im Hinblick auf den [X.] Anteil Schutz für folgende Waren:

Klasse 20:

Matériel de couchage (à l‘exclusion du linge); oreillers;

Klasse 24:

Matériel de couchage (linge), [X.], surmatelas.

Beide Widersprüche richten sich gegen folgende Waren der angegriffenen Marke:

Klasse 20:

Matratzen; Kissen; Stillkissen; Schlafsäcke für Babys und Kleinkinder aus Web- und Wirkstoffen aus natürlichen oder synthetischen Fasern, mit oder ohne Einlage aus Plastikfolie;

Klasse 24:

Textile Waren, insbesondere Wäsche als Bettwäsche.

Mit Schreiben vom 3. Mai 2017, eingegangen beim [X.] am gleichen Tag, hat die Inhaberin der angegriffenen Marke die Einrede der Nichtbenutzung der [X.] gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.] a. F. erhoben. Mit Schreiben vom 19. Mai 2017 und 6. Februar 2018 wurde sie unter Zugrundelegung einer inländischen Wiederholungsanmeldung im Hinblick auf die Widerspruchsmarke [X.] 057 333 aufrechterhalten. Mit weiterem Schreiben vom 6. Februar 2018 hat die Inhaberin der angegriffenen Marke erklärt, dass sie auch im Hinblick auf die Widerspruchsmarke 1 096 872 die Nichtbenutzungseinrede aufrechterhalte.

Mit Beschluss des [X.]s, Markenstelle für Klasse 5, besetzt mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes, vom 16. Januar 2020 wurden die Widersprüche zurückgewiesen, da keine Verwechslungsgefahr vorliege. Die Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke [X.] 057 333 sei erst zulässig, wenn seit dem Zugang der abschließenden Mitteilung über ihre Schutzbewilligung beim [X.] am 17. September 2012 mindestens fünf Jahre vergangen seien. Dies sei zum Zeitpunkt der Erhebung der Einrede am 3. Mai 2017 noch nicht der Fall gewesen. Mit Schriftsätzen vom 19. Mai 2017 und 6. Februar 2018 habe die Inhaberin der angegriffenen Marke zwar die Einrede aufrechterhalten. Allerdings sei sie nach dem Ablauf der Benutzungsschonfrist der Widerspruchsmarke IR 057 333 nicht erneut erhoben worden, so dass sie nicht wirksam sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der hinsichtlich Markenform und -text identischen, ebenfalls der Widersprechenden gehörenden nationalen Marke 1 096 872 – FRAU [X.] und aus der Rechtsprechung zu [X.]. Die Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke 1 096 872 sei hingegen wirksam erhoben worden. Ob ihre Benutzung glaubhaft gemacht worden sei, könne jedoch dahinstehen. Eine Verwechslungsgefahr sei schon nach der [X.] nicht zu bejahen. Die Kennzeichnungskraft der [X.] sei durchschnittlich. Mögliche Assoziationen zwischen der Märchenfigur "Frau [X.]" sowie dem Ausschütteln von Betten einerseits und den Waren der [X.] andererseits reichten nicht aus, um Letztgenannten einen beschreibenden Sinngehalt beimessen zu können. Die sich gegenüberstehenden Marken seien nicht ähnlich, da der Gesamteindruck der [X.] nicht durch den Bestandteil "[X.]" geprägt werde. Bei "Frau [X.]" handele es sich um den Namen einer Märchenfigur, die jedermann geläufig sei. Der Verkehr werde die [X.] demzufolge als Gesamtheit wahrnehmen. Trotz des übereinstimmenden Zeichenbestandteils "[X.]" bzw. "[X.]" genügten die Unterschiede der Vergleichsmarken, um diese in klanglicher und schriftbildlicher Sicht hinreichend sicher auseinanderzuhalten. Nur die [X.] würden am Anfang den zusätzlichen Bestandteil "Frau" aufweisen. Auch eine begriffliche Markenähnlichkeit sei vorliegend zu verneinen. Während die älteren Marken in ihrer maßgeblichen Gesamtheit unmittelbar die Vorstellung von einer bestimmten Märchenfigur vermittelten, sei dies bei dem Wort "[X.]" in Alleinstellung nicht der Fall. Der Verkehr werde die angegriffene Marke vielmehr als Fantasiebezeichnung verstehen, weil der Name "[X.]" als Vor- oder Nachname wenig geläufig sei. Auch die Voraussetzungen für die Bejahung einer Verwechslungsgefahr aufgrund gedanklichen [X.] seien vorliegend nicht gegeben.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden vom 14. Februar 2020. Zur Begründung trägt sie vor, dass ausgehend von [X.] bzw. einer überdurchschnittlichen [X.] und einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der [X.] die angegriffene Marke den erforderlichen Abstand zu ihnen nicht mehr einhalte. Der angesprochene Verkehr werde durch die Vergleichsmarken an die Märchenfigur "Frau [X.]" erinnert, so dass eine relevante Markenähnlichkeit zu bejahen sei. Darüber hinaus komme dem Bestandteil "[X.]" zumindest eine selbständig kennzeichnende Stellung in den [X.] zu. Ihr weiteres Element "FRAU" trete in den Hintergrund und werde vom Verkehr im Zusammenhang mit dem Begriff "[X.]" mitgelesen.

Mit Schreiben vom 29. März 2022 und 20. September 2022 hat die Widersprechende ergänzend zu den bereits im Verfahren vor dem [X.] eingereichten Belegen weitere Benutzungsunterlagen in Form von Rechnungen und einer eidesstattlichen Versicherung vorgelegt.

Sie beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des [X.]s vom 16. Januar 2020 aufzuheben, soweit die Widersprüche aus den Marken 1 096 872 und [X.] 057 333 zurückgewiesen worden sind, und die Löschung der Eintragung der Marke 30 2016 027 319 anzuordnen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt demgegenüber,

die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.

Sie rügt die von der Widersprechenden vorgelegten Benutzungsunterlagen als nicht ausreichend. Insofern sei die Benutzung der [X.] zumindest für den Zeitraum gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 [X.] a. F. nicht glaubhaft gemacht worden. Bei dem Begriff "[X.]" sei die Assoziation mit "Frau [X.]" nicht naheliegend. "[X.]" erinnere eher an "Hölle", zumal das Märchen "Frau [X.]" nur noch eingeschränkt dem Verkehr bekannt sei. Eine [X.]recherche nach dem Begriff "[X.]" ergebe deshalb ausschließlich Treffer mit Hinweisen auf die Produkte der Inhaberin der angegriffenen Marke, nicht jedoch auf die Widersprechende oder die Märchenfigur "Frau [X.]".

Der Senat hat seine vorläufige Auffassung zur Sach- und Rechtslage den Beteiligten mit Schreiben vom 19. Januar 2022 mitgeteilt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angegriffenen Beschluss vom 16. Januar 2020 sowie den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die nach § 64 Abs. 6 Satz 1 i. V. m § 66 Abs. 1 Satz 1 [X.] statthafte und auch ansonsten zulässige Beschwerde der Widersprechenden führt zur Aufhebung des Beschlusses vom 16. Januar 2020, soweit die Widersprüche aus den Marken 1 096 872 und [X.] 057 333 zurückgewiesen worden sind, und zur Anordnung der Löschung der Eintragung angegriffenen Marke im tenorierten Umfang.

1.  Im Laufe des Widerspruchsverfahrens haben sich die Vorschriften des Markengesetzes mit Wirkung zum 14. Januar 2019 geändert. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus nicht. Da die angegriffene Marke am 22. September 2016 und somit zwischen dem 1. Oktober 2009 und dem 14. Januar 2019 angemeldet worden ist, ist gemäß § 158 Abs. 3 [X.] auf gegen ihre Eintragung erhobene Widersprüche § 42 Abs. 1 und 2 [X.] in der bis einschließlich 13. Januar 2019 jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Da die Widersprüche am 15. März 2017 und damit vor dem 14. Januar 2019 erhoben wurden, sind §§ 26 und 43 Abs. 1 [X.] a. F. einschlägig (§ 158 Abs. 5 [X.]).

2.  Beide Widersprüche sind beschränkt erhoben worden. Sie richten sich u. a. gegen die Waren

Klasse 24:

Textile Waren, insbesondere Wäsche als Bettwäsche.

der angegriffenen Marke. Es handelt sich bei "Textile Waren" um einen Oberbegriff, der durch das nachfolgende Adverb "insbesondere" beispielhaft konkretisiert wird. Demzufolge finden sich im Verzeichnis der angegriffenen Marke weitere Unterbegriffe:

Klasse 24:

Textile Waren, insbesondere Wäsche als Bett- und Tischwäsche sowie Badewäsche.

Die Widersprechende hat durch ihre Beschränkung zwar zu erkennen gegeben, dass sie vornehmlich die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke im Bereich der Klasse 24 für "Bettwäsche" begehrt. Allerdings kann sie dieses Ziel dadurch nicht erreichen. Würde die Eintragung der jüngeren Marke für "Textile Waren, insbesondere Wäsche als Bettwäsche" gelöscht, verblieben die Waren "Textile Waren, insbesondere Wäsche als Tischwäsche sowie Badewäsche" im Register. Unter den Oberbegriff "Textile Waren" fällt jedoch weiterhin die Ware "Bettwäsche".

Auch kann die Formulierung "Textile Waren, insbesondere Wäsche als Bett- und Tischwäsche sowie Badewäsche" nicht durch "Textile Waren, nämlich Wäsche als Bett- und Tischwäsche sowie Badewäsche" ersetzt werden. In diesem Fall könnte zwar der Begriff "Bettwäsche" gesondert gelöscht werden, da es sich nunmehr um eigenständige Unterbegriffe handelt. Allerdings kommt nur der Inhaberin der angegriffenen Marke die Befugnis zu, deren Waren- und Dienstleistungsverzeichnis zu beschränken (vgl. hierzu [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, a. a. [X.], § 43, Rn. 99; andere Ansicht zumindest im Hinblick auf das Verfallsverfahren: Thiering in [X.]/[X.]/Thiering, a. a. [X.], § 49, Rn. 78). Dies hat sie vorliegend nicht getan. Demzufolge ist der Antrag der Widersprechenden dahingehend auszulegen, dass sich ihre Widersprüche gegen "Textile Waren, insbesondere Wäsche als Bett- und Tischwäsche sowie Badewäsche" insgesamt richten.

Da es allein Sache der Inhaberin der angegriffenen Marke ist, darüber zu entscheiden, für welche Waren oder Dienstleistungen Markenschutz beansprucht wird, bestand keine Verpflichtung des Senats, sie auf die Möglichkeit einer möglichen Beschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses hinzuweisen (vgl. [X.], 710, Rn. 33 – [X.]; [X.], 1044, Rn. 18 – Neuschwanstein).

3. Auf die wirksam erhobene Einrede der Nichtbenutzung hat die Widersprechende die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke 1 096 872 für die Waren "fertig konfektionierte und gefüllte Bettwaren, nämlich Decken, Einziehdecken, Kissen, Steppdecken" glaubhaft gemacht.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat bereits im Verfahren vor der Markenstelle des [X.]s mit Schriftsatz vom 3. Mai 2017 rechtswirksam die Einrede der Nichtbenutzung der am 24. September 1986 eingetragenen Widerspruchsmarke 1 096 872 erhoben, so dass die Widersprechende deren Benutzung gemäß § 43 Abs. 1 [X.] a. F. glaubhaft zu machen hat.

a) Die pauschal bzw. undifferenziert erhobene Einrede der Nichtbenutzung ist als zulässige Einrede nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.] a. F. auszulegen (vgl. [X.], 714 Rn. 23 – [X.]; [X.], 286, 288 – Yosaya/[X.]). Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke am 16. Dezember 2016 war die am 24. September 1986 registrierte Widerspruchsmarke 1 096 872 bereits über fünf Jahre eingetragen. Demzufolge oblag es der Widersprechenden, deren rechtserhaltende Benutzung im Zeitraum vom 16. Dezember 2011 bis 16. Dezember 2016 (§ 43 Abs. 1 Satz 1 [X.] a. F.) und von März 2018 bis März 2023 (§ 43 Abs. 1 Satz 2 [X.] a. F.) glaubhaft zu machen.

b) Bei der Glaubhaftmachung der bestrittenen Benutzung handelt es sich um eine verfahrensrechtliche Obliegenheit der Widersprechenden, so dass sie die volle Verantwortung für eine vollständige Glaubhaftmachung trägt ([X.]/[X.]/Thiering, a. a. [X.], § 43, Rn. 64 und 65). Glaubhaftmachung gemäß § 43 Abs. 1 [X.] a. F. i. V. m. § 294 ZPO verlangt keine volle Beweisführung. Vielmehr genügt eine geringere, lediglich überwiegende Wahrscheinlichkeit der (bestrittenen) Benutzung (vgl. [X.]/[X.], ZPO, 43. Auflage, § 294, Rn. 1; [X.]/[X.]/Thiering, a. a. [X.], § 43, Rn. 60 ff.). Die Widersprechende hat dazu die wesentlichen Umstände der Benutzung ihrer Marke 1 096 872, insbesondere nach Art, Zeit, Ort und Umfang in den maßgeblichen Benutzungszeiträumen darzutun und glaubhaft zu machen. [X.] benutzt wird eine Marke, wenn sie in üblicher und sinnvoller Weise für die Waren und Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, im Inland verwendet wird, um für diese einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, wobei die Fälle ausgeschlossen sind, in denen die Marke nur symbolisch verwendet wird, um die durch sie begründeten Rechte zu wahren. Die [X.]igkeit der Benutzung ist anhand sämtlicher Tatsachen und Umstände zu beurteilen, durch die die wirtschaftliche Verwertung der Marke im Geschäftsverkehr belegt werden kann. Dazu gehören vor allem Dauer und Intensität der Benutzung sowie die Art der Waren (vgl. [X.] [X.] 2003, 425, Rn. 38 – [X.]/Ansul; [X.], 582, 584, Rn. 70 – [X.]; [X.], 662, Rn. 12 – Probiotik; [X.] 2013, 925, Rn. 38 – [X.]). Die Frage der Benutzung der Widerspruchsmarke in den nach § 43 Abs. 1 [X.] a. F. maßgeblichen Zeiträumen unterliegt abweichend von dem das patentamtliche und das patentgerichtliche Verfahren ansonsten beherrschenden Untersuchungsgrundsatz dem Beibringungs- und Verhandlungsgrundsatz (vgl. [X.]/[X.]/Thiering, a. a. [X.], § 43, Rn. 6).

c) Diesen Anforderungen genügen die von der Widersprechenden im Amts- und Beschwerdeverfahren vorgelegten Benutzungsunterlagen.

(1) In der eidesstattlichen Versicherung des [X.]… der Widersprechenden vom 5. September 2017 wird u. a. dargelegt, dass die [X.] Frau [X.] Naturbettwaren in [X.] und die [X.] in [X.] seit 2011 bzw. 2016 die beiden [X.] als Lizenznehmerinnen nutzen würden. Die [X.] verkaufe seit 2016 Kissen und Decken über den Online-Versandhändler [X.] unter dem Zeichen "Frau [X.]" an Kunden in [X.]. Der eidesstattlichen Versicherung waren entsprechende Rechnungen aus dem [X.] über Kissen und Bettdecken sowie [X.]-Angebote aus dem Jahr 2017 beigefügt.

In einer weiteren eidesstattlichen Versicherung des [X.]…der Widersprechenden vom 3. August 2018 wird ausgeführt, dass die [X.] mit Zudecken, Kopfkissen und Auflagen, die mit Federn, Daunen, Naturhaaren und/oder Naturfasern gefüllt und mit den [X.] gekennzeichnet waren, in den Jahren 2015, 2016, 2017 und 2018 (1. Halbjahr) Umsätze zwischen ca. … Euro und ca. … Euro erzielt habe. Ergänzend wurden verschiedene Rechnungen der Lizenznehmerin Frau [X.] Naturbettwaren betreffend Bettdecken und/oder Kopfkissen aus den Jahren 2014 bis 2018 vorgelegt, die an Kunden im Inland adressiert sind. Die eidesstattliche Versicherung vom 3. August 2018 enthält darüber hinaus einen Verweis auf eine weitere Anlage, die eine Abbildung der auf den Waren angebrachten Marke zeigt.

Weiterhin hat die Widersprechende eine eidesstattliche Versicherung des [X.]… der [X.] vom 19. September 2022 eingereicht, worin versichert wird, dass diese Lizenznehmerin mit Kissen und Decken, die mit dem Zeichen "Frau [X.]" versehen waren, in den Jahren 2018 bis 2021 Umsätze zwischen ca. … Euro und ca. … Euro erwirtschaftet habe. Die eidesstattliche Versicherung enthält auch eine Abbildung der genutzten Kennzeichnung.

Diese Mittel der Glaubhaftmachung reichen aus, um eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke 1 096 872 für "Kissen" und "Decken" glaubhaft zu machen, auch wenn die genannten Umsatzzahlen nicht einzelnen Waren zugeordnet werden. Zwar wird die Glaubhaftmachung bzw. der Nachweis "globaler" Umsatzzahlen von der Rechtsprechung regelmäßig als nicht ausreichend erachtet (vgl. BPatG 29 W (pat) 41/17; 29 W (pat) 528/18 und 26 W (pat) 543/20). Allerdings ergibt sich aus den vorgelegten Rechnungen, dass "Kissen" und "Decken" vertrieben wurden. Zudem bewegen sich alle für die Jahre 2015 bis 2021 angegebenen Umsätze im sechsstelligen Euro-Bereich. Sie sind somit ausreichend hoch, um die Erlöse aus dem Verkauf sowohl von "Kissen" als auch von "Decken" umfassen zu können.

Die eingereichten Benutzungsunterlagen decken zwar nicht die gesamten Benutzungszeiträume vom 16. Dezember 2011 bis 16. Dezember 2016 und von März 2018 bis März 2023 ab. Dies ist jedoch nicht erforderlich. Entscheidend ist vielmehr, ob unter Berücksichtigung sämtlicher, für eine wirtschaftliche Verwendung der Marke in der einschlägigen Branche maßgeblicher Tatsachen und Umstände von einer ernsthaften Benutzung und nicht nur von bloßen Scheinhandlungen auszugehen ist (vgl. [X.]/[X.]/Thiering, a. a. [X.], § 26, Rn. 107). Dies ist vorliegend der Fall. Die aufgezeigten Umsätze sprechen aufgrund ihrer Höhe und Kontinuität für eine ausreichende markenmäßige Benutzung in den maßgeblichen Zeiträumen im Inland für "Kissen" und "Decken" durch die Widersprechende.

(2) Ebenso ist die in den eingereichten Benutzungsunterlagen zum Ausdruck kommende Art der Benutzung der Widerspruchsmarke 1 096 872 anzuerkennen.

Ihnen ist zu entnehmen, dass die "Kissen" und "Decken" wie folgt gekennzeichnet waren:

Abbildung

Diese Form der Benutzung weicht von der eingetragenen Form der Widerspruchsmarke 1 096 872 – FRAU [X.] ab, weil es sich bei dieser um eine reine Wortmarke handelt. Allerdings verändert das tatsächlich benutzte [X.] nicht ihren kennzeichnenden Charakter (§ 26 Abs. 3 [X.]). Eine solche Beeinflussung der Unterscheidungskraft ist zu verneinen, wenn der Verkehr das abweichend benutzte Zeichen gerade bei Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach noch mit der eingetragenen Marke gleichsetzt, das heißt, in der benutzten Form noch dieselbe Marke sieht (vgl. [X.], 1043, Rn. 19 – [X.]; [X.] 2013, 840, Rn. 20 – PROTI II).

Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei der hinzugefügten Wortkombination "[X.] [X.]" um einen unmittelbar verständlichen, werblich anpreisenden Hinweis handelt. Der angesprochene Verkehr wird sie dahingehend verstehen, dass die so gekennzeichneten "Kissen" und "Decken" für einen besonders angenehmen Schlaf sorgen. Die Hinzufügung von beschreibenden Wortelementen führt in der Regel nicht zu einer Veränderung des kennzeichnenden Charakters einer Marke (vgl. u. a. [X.] [X.] 2015, 587, Rn. 19, 20, 32 – [X.]). Des Weiteren sind die beiden Wortbestanteile "Frau [X.]" und "[X.] [X.]" des tatsächlich benutzten [X.]s durch die zweizeilige Anordnung, eine deutlich unterschiedliche Typografie und eine abweichende Schriftgröße schon auf den ersten Blick klar erkennbar voneinander abgegrenzt. Insofern wird der Verkehr sie nicht als Einheit ansehen, zumal die Widerspruchsmarke in größerer blauer Schrift und damit vor dem weißen Hintergrund viel auffälliger erscheint.

Das hinzugefügte Bildelement symbolisiert lediglich den gedanklichen Inhalt der Widerspruchsmarke 1 096 872. Der Verkehr wird es bei Wahrnehmung des benutzten Zeichens ohne weiteres Nachdenken als Darstellung der Märchenfigur "Frau [X.]" auffassen. Diese Illustration der wörtlichen Aussage der Widerspruchsmarke beeinflusst ebenfalls nicht ihren kennzeichnenden Charakter (vgl. u. a. [X.] [X.] 1999, 167, 168 – Karolus-Magnus).

d) Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 3 [X.] a. F. können nur die Waren der Entscheidung zugrunde gelegt werden, für die eine rechtserhaltende Benutzung glaubhaft gemacht worden ist. Dies sind vorliegend "Kissen" und "Decken", die unter "fertig konfektionierte und gefüllte Bettwaren, nämlich Decken, Einziehdecken, Kissen, Steppdecken" der Widerspruchsmarke 1 096 872 fallen.

4. Die angegriffene Marke hält den erforderlichen Abstand zur Widerspruchsmarke 1 096 872 in klanglicher und begrifflicher Hinsicht nicht ein, soweit sich die beiden Kennzeichen auf identischen oder ähnlichen beschwerdegegenständlichen Waren begegnen. In diesem Umfang besteht Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] i. V. m. § 42 Abs. 2 Nr. 1 [X.] a. F.

Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach ständiger Rechtsprechung sowohl des [X.] als auch des [X.] unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. hierzu z. B. [X.] [X.] 2010, 933, Rn. 32 – [X.]; [X.] 2010, 1098, Rn. 44 – [X.]/[X.]; [X.] [X.], 64, Rn. 9 – Maalox/[X.]; [X.], 1040, Rn. 25 – [X.]/pure; [X.] 2013, 833, Rn. 30 – [X.]/[X.]; [X.] 2016, 382, Rn. 19 – [X.]; [X.] 2019, 173 – Combit/Commit). Von maßgeblicher Bedeutung sind insbesondere die Identität oder Ähnlichkeit der relevanten Vergleichsprodukte (Waren und/oder Dienstleistungen), die Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie die Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese einzelnen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. [X.] [X.] 2008, 343, Rn. 48 – [X.]/[X.]; [X.], a. a. [X.], Rn. 9 – Maalox/[X.]; [X.], 1040, Rn. 25 – [X.]/pure). Darüber hinaus können für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren entscheidungserheblich sein, wie u. a. etwa die Art der Waren oder der Dienstleistungen, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das anzunehmende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.

a) Zwischen den Waren, für die die Widerspruchsmarke 1 096 872 benutzt wurde, und den Waren der angegriffenen Marke, gegen die sich der Widerspruch richtet, besteht Identität oder Ähnlichkeit.

Eine Ähnlichkeit ist grundsätzlich anzunehmen, wenn die sich gegenüberstehenden Waren und/oder Dienstleistungen unter Berücksichtigung aller für die Frage der Verwechslungsgefahr erheblicher Faktoren wie insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- und Erbringungsart, ihres Verwendungszwecks und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung sowie ihrer Eigenart als miteinander konkurrierender oder einander ergänzender Produkte oder Leistungen so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben Unternehmen oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (vgl. [X.] [X.]-RR 2009, 356, Rn. 65 – [X.]/[X.] [[X.]/[X.]]; [X.], 488, Rn. 12 – [X.]/ [X.]; [X.] 2015, 176, 177, Rn. 16 – [X.]). Von einer absoluten Warenunähnlichkeit kann nur dann ausgegangen werden, wenn die Annahme einer Verwechslungsgefahr trotz (unterstellter) Identität der Marken wegen des Abstands der Waren von vornherein ausgeschlossen ist (vgl. [X.], a. a. [X.] – [X.]/[X.]; a. a. [X.], Rn. 17 – [X.]).

Das stärkste Gewicht kommt der regelmäßigen betrieblichen Herkunft, also dem gemeinsamen betrieblichen Verantwortungsbereich für die Qualität der Waren und/oder Dienstleistungen zu, während der regelmäßigen Vertriebs- und Erbringungsstätte eine geringere Bedeutung beigemessen wird. Bei der funktionellen Ergänzung ist ein enger Zusammenhang in dem Sinne erforderlich, dass die Ware oder Dienstleistung für die Verwendung der anderen unentbehrlich oder wichtig ist (vgl. [X.], a. a. [X.], Rn. 16 – [X.]/[X.] m. w. N.; BPatG 26 W (pat) 18/14 – [X.]/CADA; EuG [X.] Int 2007, 1023, Rn. 36 f. – TOSCA BLU).

Es stehen sich die Waren der Widerspruchsmarke 1 096 872

"fertig konfektionierte und gefüllte Bettwaren, nämlich Decken, Einziehdecken, Kissen, Steppdecken",

für die die Benutzung glaubhaft gemacht wurde, und die Waren der angegriffenen Marke

"Klasse 20:

Matratzen; Kissen; Stillkissen; Schlafsäcke für Babys und Kleinkinder aus Web- und Wirkstoffen aus natürlichen oder synthetischen Fasern, mit oder ohne Einlage aus Plastikfolie;

Klasse 24:

Textile Waren, insbesondere Wäsche als Bett- und Tischwäsche sowie Badewäsche",

gegen die sich die Widersprüche richten, gegenüber.

"Fertig konfektionierte und gefüllte Bettwaren, nämlich Kissen" auf Seiten der Widerspruchsmarke 1 096 872 und "Kissen; Stillkissen" auf Seiten der jüngeren Marke sind identisch. Deren Waren "Matratzen; Schlafsäcke für Babys und Kleinkinder aus Web- und Wirkstoffen aus natürlichen oder synthetischen Fasern, mit oder ohne Einlage aus Plastikfolie" und "Textile Waren, insbesondere Wäsche als Bett- und Tischwäsche sowie Badewäsche" sind wiederum hochgradig ähnlich zu den angreifenden Waren "fertig konfektionierte und gefüllte Bettwaren, nämlich Decken, Einziehdecken, Kissen, Steppdecken". Auch "Matratzen; Schlafsäcke für Babys und Kleinkinder aus Web- und Wirkstoffen aus natürlichen oder synthetischen Fasern, mit oder ohne Einlage aus Plastikfolie" sind "Bettwaren". Zu diesen gehören auch "Textile Waren", was durch deren beispielhafte Konkretisierung "Bettwäsche" deutlich wird. Demzufolge sind die Vergleichswaren für das Schlafen im Allgemeinen und die Ausstattung von Betten im Besonderen bestimmt oder können dafür bestimmt sein. Sie werden demzufolge regelmäßig von denselben Herstellerbetrieben stammen, als zusammengehörige Waren von speziellen Fachgeschäften angeboten werden und sich zudem funktional ergänzen. Auf die entsprechenden Rechercheergebnisse des Senats (vgl. [X.] 1, übermittelt mit dem Hinweis des Senats vom 19. Januar 2022) wird insoweit verwiesen.

b) Die identischen und ähnlichen Vergleichswaren richten sich an breite Verkehrskreise, nämlich sowohl an den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (vgl. [X.] [X.], 411, Rn. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.] [X.] 1999, 723, Rn. 29 – [X.]) als auch an den Fachverkehr für Bettwaren. Die Aufmerksamkeit des Publikums bei der Auswahl von Bettwaren ist eher erhöht, da solche Produkte nicht täglich erworben werden.

c) Die Widerspruchsmarke 1 096 872 verfügt über durchschnittliche Kennzeichnungskraft.

Die originäre Kennzeichnungskraft einer Marke wird durch deren Eignung bestimmt, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. [X.], 75, Rn. 19 – [X.]; [X.] 2016, 283, Rn. 10 – [X.]/[X.] DEUTSCHE [X.]). Bei der Bestimmung der Kennzeichnungskraft sind alle relevanten Umstände zu berücksichtigen, zu denen insbesondere die Eigenschaften, die die Marke von Haus aus besitzt, der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geografische Verbreitung und die Dauer der Benutzung der Marke, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke und der Teil der beteiligten Verkehrskreise gehören, die die Waren oder Dienstleistungen auf Grund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen (vgl. [X.] [X.] Int 1999, 734 – [X.]; [X.] Int 2000, 73 - [X.]; [X.] 2005, 763 - [X.]/[X.]; [X.] [X.] 2013, 833, Rn. 41 – [X.]/[X.]; [X.] 2007, 1071, Rn. 27 – [X.]; [X.] 2007, 1066, Rn. 33 – Kinderzeit; [X.] 2009, 766, Rn. 30 – [X.]; [X.] 2009, 672, Rn. 21 – OSTSEE-POST).

Die Wortkombination "FRAU [X.]" bezeichnet eine weithin bekannte Märchenfigur. Deren wichtigste Aufgabe ist es, die Betten auszuschütteln, weil es dann – jedenfalls dem Märchen zufolge – auf der [X.] schneit. Insofern wird der angesprochene Verkehr die Widerspruchsmarke 1 096 872 in Verbindung mit ihren Waren zwar als Anspielung auf die Märchenfigur "Frau [X.]" und damit auch als Anspielung auf auszuschüttelnde Bettwaren verstehen. Jedoch vermittelt sie auch unter Zugrundelegung dieses Verständnisses keinen konkreten gedanklichen Inhalt und beschreibt die beanspruchten Waren nicht. [X.] assoziative Zusammenhänge stehen der Bejahung einer originär durchschnittlichen Kennzeichnungskraft nicht entgegen.

Hinweise dahingehend, dass die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke durch eine intensive Benutzung gesteigert worden sein könnte, wurden weder vorgetragen, noch sind sie sonst ersichtlich.

d)  Wegen der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und der [X.] bzw.-ähnlichkeit hat die jüngere Marke trotz der leicht erhöhten Aufmerksamkeit des Publikums grundsätzlich einen erhöhten Abstand einzuhalten. Diesen Anforderungen wird sie jedoch nicht gerecht.

Die Ähnlichkeit von [X.] ist nach deren Ähnlichkeit im (Schrift)Bild, im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die von ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Dabei genügt für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten [X.]. Bei ihrer Beurteilung ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Auszugehen ist dabei auf die Wahrnehmung der angesprochenen Verkehrskreise, die eine Marke regelmäßig in ihrer Gesamtheit erfassen und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achten (vgl. [X.] [X.] 2016, 283, Rn. 37 – [X.] m. w. N.).

Zwar unterscheiden sich die Vergleichsmarken aufgrund ihrer Länge, ihrer Vokalfolge, ihres Konsonantengerüsts und ihrer Umrisscharakteristik insgesamt voneinander, da nur in der Widerspruchsmarke 1 096 872 der Wortbestandteil "FRAU" enthalten ist. Ob diese Unterschiede ausreichen, um in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht einen ausreichenden Markenabstand zu gewährleisten, kann vorliegend als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben. Denn beide Marken kommen sich jedenfalls in begrifflicher Hinsicht zu nahe. Bei der angegriffenen Marke "[X.]" handelt es sich nicht um eine Fantasiebezeichnung, sondern zum einen um einen Ortsnamen und zum anderen um einen im Inland gebräuchlichen Vor- und Familiennamen (vgl. [X.] 2, übermittelt mit dem Hinweis des Senats vom 19. Januar 2022). Auch wenn der Name nicht sehr häufig vorkommt, ist er dem angesprochenen Verkehr letztlich wegen der bekannten Märchenfigur "Frau [X.]" weitgehend bekannt. Hiervon ausgehend wird er nicht nur die Widerspruchsmarke 1 096 872, sondern auch die angegriffene Marke sofort und ohne weiteren Denkvorgang, insbesondere im Zusammenhang mit Bettwaren, als den Namen der Märchenfigur "Frau [X.]" verstehen, so dass in begrifflicher Hinsicht zumindest von einer hochgradigen Markenähnlichkeit auszugehen ist. Hierbei wirkt sich der Umstand, dass es sich um einen (berühmten) Personennamen handelt, nicht kollisionshemmend aus (vgl. [X.]/[X.]/Thiering, a. a. [X.], § 9, Rn. 312).

5. Da die Beschwerde wegen der Zurückweisung des Widerspruchs aus der Marke 1 096 872 bereits Erfolg hat, sind der auf die gleiche Teillöschung der Eintragung der Marke 30 2016 027 319 gerichtete Widerspruch aus der Marke [X.] 057 333 und die Beschwerde wegen seiner Zurückweisung derzeit gegenstandslos. Mit dem Eintritt der Rechtskraft dieses Beschlusses werden sowohl dieser Widerspruch als auch diese Beschwerde endgültig gegenstandslos werden.

6. Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bietet der Streitfall keinen Anlass. Demzufolge verbleibt es bei der Regelung, dass jede Beteiligte die ihr erwachsenen Kosten selbst trägt (§ 71 Abs. 1 Satz 2 [X.]).

7. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Die Beteiligten haben keine mündliche Verhandlung beantragt (§ 69 Abs. 1 [X.]). Auch hat der Senat eine solche nicht für sachdienlich erachtet (§ 69 Nr. 3 [X.]).

Meta

25 W (pat) 548/20

16.03.2023

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 16.03.2023, Az. 25 W (pat) 548/20 (REWIS RS 2023, 3016)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 3016

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