Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.10.2017, Az. 29 W (pat) 578/17

29. Senat | REWIS RS 2017, 4149

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Wohnungsbau- und Kommissionsgesellschaft Reichenstrasse" – zu den Anforderungen an die Beschwerdeschrift – Einzahlung der Beschwerdegebühr reicht auch unter Berücksichtigung des Verwendungszwecks nicht zur wirksamen Beschwerdeeinlegung aus – zur Auslegung als Beschwerdeerklärung – kein ausdrücklicher Antrag auf Wiedereinsetzung – zur Auslegung als Antrag auf Wiedereinsetzung – fehlender Wiedereinsetzungsgrund – zur Rückzahlung der Beschwerdegebühr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2016 020 994.8

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] im schriftlichen Verfahren am 11. Oktober 2017 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] und der Richterinnen [X.] und Seyfarth

beschlossen:

Die Beschwerde des Anmelders wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I.

1

Das Wort-/Bildzeichen

Abbildung

2

ist am 19. Juli 2016 für die Dienstleistungen

3

Klasse 35: Geschäftsführung

4

Klasse 36: Immobilienwesen

5

ße), das sich lediglich in der Schreibweise von „-strasse“ unterscheidet, hat der Anmelder zeitgleich für dieselben Dienstleistungen als Markenanmeldung [X.] 30 2016 020 992.1 als Serienanmeldung [X.] von 5 Anmeldungen angemeldet.

6

Die Markenstelle für Klasse 35 hat die Anmeldung mit Beschluss vom 9. Dezember 2016 als nicht unterscheidungskräftige und freihaltebedürftige Angabe gem. §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] zurückgewiesen.

7

Dem Anmelder wurde der Beschluss zum Zwecke der Zustellung per Einschreiben am 13. Dezember 2016 übersandt.

8

Am 16. Dezember 2016 wurden auf das Konto der Bundeskasse Beträge von zweimal 200,- € zur [X.] 300 zum Aktenzeichen 30 2016 020 994.8 einbezahlt. Als Verwendungszweck ist „BEWER[X.]“ angegeben.

9

Mit Schreiben vom 17. Februar 2017 hat die Markenstelle dem Anmelder mitgeteilt, dass er zwei Zahlungen in Höhe von 200,- € geleistet habe. Beide Zahlungen seien allerdings ohne Rechtsgrund erfolgt, da eine Beschwerdeerklärung, die erkennen lasse, welche Entscheidung in welchem Umfang angefochten werde, fehle. Zur Rückerstattung der [X.] erfolgten Zahlungen möge der Anmelder seine Bankverbindung angeben.

Daraufhin hat der Anmelder jeweils unter dem Betreff „Verschiedenen Vorgänge“ zwei Schreiben vom 14. März 2017 an das [X.], dort eingegangen jeweils am 21. März 2017, gerichtet. Im Schreiben „Brief 878“ an die Sachbearbeiterin befindet sich nur der Hinweis „ohne Anschreiben“. Das Schreiben „[X.]“ an die Präsidentin des [X.] enthält den Hinweis auf die fristgerechte Bareinzahlung am 16. Dezember 2016; ferner den Hinweis auf einen notariell beglaubigten Ausdruck des [X.] - Registergericht - vom 27. Februar 2017. Von diesem ist allerdings nur das Vorblatt beigefügt, aus dem sich ergibt, dass es sich um einen chronologischen Ausdruck zur Registernummer ... vom 27. Februar 2017 11:54:25 handelt. Im Übrigen teilt der Anmelder mit, dass es sich bei der Wortfolge „Wohnungsbau- und Kommissionsgesellschaft Reichenstrasse“ um ein „eindeutiges und evidentes Unterscheidungskriterium“ handle, da „eindeutig ist, dass es sich hier um eine ‚Firmierung‘ handelt“. Sofern weitere Erklärungen seinerseits „hilfreich“ seien, bittet der Anmelder um einen postalischen Hinweis.

Das [X.] hat daraufhin die Akte dem [X.] zur Entscheidung über die Beschwerde vorgelegt.

Mit Verfügung vom 17. August 2017 hat der Senat den Anmelder darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen, da das an die Präsidentin des [X.] gerichtete Schreiben zwar als Beschwerde ausgelegt werden könne, aber verfristet sei. Innerhalb der [X.] hat der Anmelder daraufhin ein Schreiben an die Vorsitzende gesandt, in dem er einen „formlose[n] Antrag auf ‚juristische Heilung‘ und Eintragung der angemeldeten Wort-/Bildmarke“ gestellt und eine „angemessene Fristverlängerung“ beantragt hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist gem. § 70 Abs. 1 [X.] durch Beschluss als unzulässig zu verwerfen, da es an einer wirksamen Beschwerdeeinlegung innerhalb der Beschwerdefrist gemäß § 66 Abs. 2 [X.] fehlt. Der Beschluss konnte gem. § 70 Abs. 2 [X.] ohne mündliche Verhandlung ergehen.

1. Gegen Beschlüsse der Markenstellen und [X.] findet gem. § 66 Abs. 1 S. 1 bzw. gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 [X.] die Beschwerde an das [X.] statt. Diese ist gem. § 66 Abs. 2 [X.] innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses schriftlich beim [X.] einzulegen.

Besondere Anforderungen an den Inhalt der Beschwerdeschrift sieht das [X.] nicht vor. Erforderlich ist allerdings eine Beschwerdeerklärung, die erkennen lässt, dass eine Überprüfung, Aufhebung oder Abänderung einer bestimmten Entscheidung des [X.] begehrt wird. Weder ist die Verwendung des Begriffs

In der Einzahlung zweier Gebühren über je 200,- € mit dem Vermerk „BEWER[X.]“ ist keine wirksame Beschwerdeeinlegung zu sehen. Die Zahlungen sind zwar innerhalb der Beschwerdefrist eingegangen. Es kann ihnen aber auch nach weiteren Ermittlungen durch den Senat keine hinreichend deutliche Erklärung dahingehend entnommen werden, dass der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des [X.] vom 9. Dezember 2016 angegriffen werden sollte. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der vom Anmelder in der von ihm getätigten Überweisung als Verwendungszweck angegebenen Bezeichnung „BEWER[X.]“, was unproblematisch als

Auf Anfrage durch den Senat hat die [X.] - Dienstsitz Weiden/[X.] - jedoch mitgeteilt, dass gar kein Überweisungsträger des [X.] vorliege. Eine Rückfrage beim Kompetenzzentrum für das Kassen- und Rechnungswesen des Bundes ([X.]) habe ferner ergeben, dass das [X.] nicht vorsehe, dass dem Empfänger die Art der Überweisung mitgeteilt werde. Der von der Bundeskasse mitübersandte Auszug aus der zentralen [X.] weist ebenfalls nur das Aktenzeichen des [X.], die [X.] 300 und den Begriff „BEWER[X.]“ aus. Eine handschriftliche Erklärung oder Unterzeichnung ist datentechnisch weder vorgesehen noch in irgendeiner Form vorhanden.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Parallelverfahren 29 W (pat) 577/17, in dem ebenfalls zwei Gebühren zum dortigen Aktenzeichen des [X.] eingezahlt und - lediglich als Verwendungszweck - der Begriff „BEWER[X.]“ verwendet wurde. Eine sonstige Beschwerdeerklärung befindet sich auch im dortigen Verfahren nicht, so dass eine Fehlzuordnung von Schriftsätzen ebenfalls ausgeschlossen werden kann.

2. [X.] an die Präsidentin des [X.] vom 14. März 2017 ist als Beschwerde auszulegen. Diese ist aber - worauf der Senat den Anmelder mit Verfügung vom 17. August 2017 hingewiesen hatte - gem. § 66 Abs. 2 [X.] verfristet.

Der Anmelder nimmt in diesem Schreiben Bezug auf die „fristgerechten Bareinzahlungen von jeweils 200,- €“ vom 16. Dezember 2016 und lässt sich inhaltlich in der Sache ein. In seinem späteren Schreiben an das [X.] vom 1. September 2017 bezeichnet er sich im Betreff als „Beschwerdeführer“ und beantragt die Eintragung der angemeldeten Marke in das Markenregister. Aus der Zusammenschau dieser Äußerungen lässt sich die Erklärung entnehmen, dass der Anmelder eine Überprüfung der Entscheidung des [X.] anstrebte, so dass die Schreiben vom 14. März 2017 und vom 1. September 2017 als Beschwerde ausgelegt werden können. Diese ist jedoch gemäß § 66 Abs. 2 [X.] verfristet. Denn der Beschluss des [X.] vom 9. Dezember 2016 gilt gem. § 94 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 4 Abs. 2 S. 2 [X.] am dritten Tag nach der Aufgabe des [X.] am 13. Dezember 2016, mithin am 16. Dezember 2016, als zugestellt. Fristende war somit der 16. Januar 2017; die Monatsfrist wurde daher nicht eingehalten.

3. Wiedereinsetzung gem. § 91 [X.] war nicht zu gewähren.

Weder der Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 14. März 2017 noch vom 1. September 2017 stellen einen begründeten Antrag auf Wiedereinsetzung dar.

Der Wiedereinsetzungsantrag gem. § 91 Abs. 1 [X.] muss erkennen lassen, dass Wiedereinsetzung begehrt wird, ohne dass es allerdings auf die ausdrückliche Verwendung des Begriffs „Wiedereinsetzung“ ankommt. Selbst wenn man zugunsten des Beschwerdeführers seinen weiteren Erklärungen einen Wiedereinsetzungsantrag entnehmen wollte, insbesondere dem formlosen Antrag auf juristische Heilung, ist ein Wiedereinsetzungsgrund nicht ersichtlich, so dass auch für eine Wiedereinsetzung von Amts wegen gem. § 91 Abs. 4 [X.] kein Grund vorliegt.

4. Da eine der beiden Beschwerdegebühren ohne Rechtsgrund gezahlt worden ist, ist sie dem Beschwerdeführer gem. § 71 Abs. 3 [X.] zurückzuerstatten. Nach dem Grundsatz, dass eine rechtswirksam erhobene Beschwerde unabhängig vom Verfahrensausgang gebührenpflichtig ist ([X.] in Ströbele/Hacker, a. a. O., § 71 Rn. 41 und 42), ist die andere Gebühr verfallen.

Meta

29 W (pat) 578/17

11.10.2017

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.10.2017, Az. 29 W (pat) 578/17 (REWIS RS 2017, 4149)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 4149

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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