Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.04.2016, Az. II ZB 7/11

II. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 13183

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:120416BIIZB7.11.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II [X.]/11

vom

12.
April 2016

in der Partnerschaftsregistersache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.] § 59a Abs. 1 Satz 1; [X.] § 1 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3; § 2
a)
Die Ausübung des selbständigen Berufs des Apothekers stellt bei nur gut-achterlicher und fachlich beratender Tätigkeit die Ausübung eines Freien Berufs im Sinne von § 1 Abs. 1 und Abs. 2 [X.] dar.
b)
§ 59a Abs. 1 Satz 1 [X.] (in Verbindung mit § 1 Abs. 3 [X.]) enthält eine abschließende Aufzählung derjenigen Berufe, mit deren Angehörigen sich ein Rechtsanwalt in einer Partnerschaftsgesellschaft zur gemeinsamen Berufsausübung verbinden darf. Mit diesem abschließenden Inhalt ist § 59a Abs. 1 Satz 1 [X.] insoweit nichtig, als die Regelung einer Verbindung von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten mit Ärztinnen und Ärzten [X.] mit Apothekerinnen und Apothekern zur gemeinschaftlichen Berufsaus-übung im Rahmen einer Partnerschaftsgesellschaft entgegensteht ([X.], Beschluss vom 12.
Januar 2016
1
BvL
6/13, [X.], 700 Rn.
44-93).

[X.], Beschluss vom 12. April 2016
II [X.]/11
LG [X.]

[X.]

-
2
-

Der II.
Zivilsenat des [X.] hat am 12.
April 2016
durch den
Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Bergmann, die
Richterin
Caliebe
und
die Richter Dr.
Drescher, Born und
Sunder
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerden
der Antragsteller zu
1 und 2 werden der Beschluss des 4. Zivilsenats des [X.] vom 12.
April 2011 und der Beschluss des [X.]

Registergericht
vom 22.
Dezember 2010 aufgehoben.
Das Registergericht wird angewiesen, der Partnerschaftsre-gisteranmeldung der Antragsteller zu
1 und 2 vom 7.
Mai 2010 zu entsprechen und die Partnerschaft mit dem Namen "Dr.
iur.

H.

, Rechtsanwalt, Prof.
Dr.
med.
Dr. rer. nat.

A.

, Ärztin und Apothekerin, interprofessionelle Partnerschaft für das Recht des Arztes und des Apothekers" in das Partnerschaftsregister beim [X.] einzutragen.
Der Geschäftswert wird auf 6.000

Gründe:

I.
Der [X.] zu
1 ist Rechtsanwalt, die Rechtsbe-schwerdeführerin
zu
2 ist Ärztin und Apothekerin. Sie gründeten eine [X.]sgesellschaft und meldeten diese mit dem Namen "Dr. iur.

1
-
3
-

H.

, Rechtsanwalt, Prof.
Dr.
med. Dr. rer. nat.

A.

, Ärztin und Apothekerin, interprofessionelle Partnerschaft für das Recht des Arztes und des Apothekers" beim Amtsgericht zur Eintragung in das Partnerschaftsregister an. Zum Gegenstand nach §
3 Abs.
2 Nr.
3 [X.] heißt es in der Anmeldung:
"Gegenstand der Partnerschaft ist die Ausübung des selbständigen Berufes des Rechtsanwalts durch den Partner Dr.

H.

und der Ärztin und Apo-thekerin durch die Partnerin Dr.
Dr.

A.

. Die Partnerin Dr.
Dr.

A.

wird jedoch nur gutachterlich und beratend tä-tig; sie übt in der Partnerschaft weder die Heilkunde am Menschen aus, noch betreibt sie in der Partnerschaft eine Apotheke."
Das Amtsgericht hat die Anmeldung zurückgewiesen. Das Beschwerde-gericht hat die Beschwerde zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde [X.]. Es hat zur
Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Eintra-gung die abschließende Regelung des (§
1 Abs.
3 [X.] iVm) §
59a [X.] entgegen stehe, in der der Beruf des Arztes und des Apothekers nicht [X.] sei. Eine erweiternde Auslegung komme nicht in Betracht; eine Lockerung sei dem Gesetzgeber vorbehalten. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen [X.] bestünden nicht. Als Berufsausübungsregelung verstoße sie nicht gegen Art.
3, 9 oder 12 Abs.
1 des Grundgesetzes, weil die Einschränkung der Sozietätsfähigkeit durch vernünftige Gründe des allgemeinen Wohls gerechtfer-tigt und in Ausmaß und Auswirkungen zumutbar sei. Sie sei auch verhältnismä-ßig. Wegen der besonderen Pflichten eines Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege, insbesondere im Hinblick auf das Verbot der Vertretung [X.] Interessen, seiner besonderen Verschwiegenheitsverpflichtung und der besonderen Regelungen zum Abhörschutz sei die Beschränkung der Sozie-tätsfähigkeit gerechtfertigt. Eine Zusammenarbeit sei nicht vollständig ausge-schlossen, denn es bestünde die Möglichkeit einer Kooperation nach der [X.]
-
4
-

rufsordnung für Rechtsanwälte ([X.]). Die Anwendung der [X.] (Richtlinie 2006/123 [X.] des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.
Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt, [X.]. L
376 vom 27.
Dezember 2006, S.
36

Dienstleistungs-richtlinie) auf den vorliegenden Sachverhalt erscheine bereits fraglich. [X.] davon finde deren Anwendbarkeit ihre Grenzen in der Auslegungsfähig-keit und Ergänzungsfähigkeit des nationalen Rechts und könne nicht zu einer Auslegung contra legem
führen.
Auf die Rechtsbeschwerde, mit der die Antragsteller ihren Antrag auf Anmeldung ins Partnerschaftsregister weiterverfolgen, hat der Senat mit Be-schluss vom 16.
Mai 2013 (NJW 2013, 2674 ff.) das Verfahren ausgesetzt und eine Entscheidung des [X.] zu folgender Frage einge-holt:
"Ist §
59a Abs.
1 [X.] in der Fassung vom 12.
Dezember 2007 mit Art.
3 Abs.
1, Art.
9 Abs.
1 und Art.
12 Abs.
1 Grundgesetz
vereinbar?"

Das
Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 12.
Januar 2016 (1
BvL
6/13, [X.], 700 ff.)
entschieden:
"§ 59a Absatz 1 Satz 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung in der im [X.], Gliederungsnummer 303-8, veröffentlichten bereinigten Fassung, die zuletzt durch Arti-kel
4 des Gesetzes vom 12. Dezember 2007 ([X.]) geändert worden ist, ist mit Artikel
12
Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig, soweit Rechtsanwälten
untersagt wird, sich mit Ärzten und Apothe-kern zur Ausübung ihrer Berufe zu einer Partnerschaftsge-sellschaft zusammenzuschließen."
3
4
-
5
-

II.
Die Rechtsbeschwerden
haben
Erfolg. Sie führen
unter Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen zur Weisung an das Registergericht, die von den Beteiligten zu
1 und 2 am 7.
Mai 2010 zur Eintragung in das [X.]sregister angemeldete Partnerschaftsgesellschaft in das [X.] bei dem [X.] einzutragen.
1.
Die Rechtsbeschwerden
sind zulässig. Sie sind nach §
70 Abs.
1
FamFG statthaft und nach §
71 FamFG sowohl rechtzeitig als auch ordnungs-gemäß eingelegt.

2.
Die Rechtsbeschwerden
sind auch begründet. Das Beschwerdegericht hat zu Unrecht angenommen, dass das Registergericht die Eintragung der Partnerschaftsgesellschaft in das Partnerschaftsregister ablehnen durfte, weil der Eintragung die abschließende Regelung des (§
1 Abs.
3 [X.] iVm) §
59a [X.] entgegenstehe, gegen die
verfassungsrechtliche Bedenken nicht be-stünden.
a)
Die formellen und materiellen Voraussetzungen für die Eintragung nach dem Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger Freier Berufe (Partnerschaftsgesellschaftsgesetz
vom 25.
Juli 1994, [X.]
I Seite 1744

[X.]) sind erfüllt. Insbesondere stehen der Eintragung weder die Ausge-staltung und der Gegenstand der angemeldeten Partnerschaft noch der [X.] entgegen, dass sich die [X.]in zu
2 als Ärztin und Apothekerin beteiligen will; auch greifen Bedenken nach §
2 [X.], §
18 Abs.
2 HGB gegen den Namen der Partnerschaft nicht durch.
aa)
Die angemeldete Partnerschaft stellt eine Gesellschaft dar, in der sich Angehörige Freier Berufe zur Ausübung ihrer Berufe zusammenschließen. Sie übt kein Handelsgewerbe aus (vgl. §
1 Abs.
1 Satz
1 und Satz
2 [X.]).
5
6
7
8
9
-
6
-

(1)
Nach dem Inhalt der beantragten Eintragung handelt es sich um eine "interprofessionelle Partnerschaft für das Recht des Arztes und des [X.]" (Name), deren Gegenstand die Ausübung des selbständigen Berufs des Rechtsanwalts durch den
[X.] zu
1 und der Ärztin und Apothekerin durch die [X.]in zu
2 ist, wobei letztere nur gutachterlich und beratend tätig werden und in der Partnerschaft weder die Heilkunde am Menschen ausüben noch eine Apotheke betreiben soll (Nr.
2 des Eintragungsantrags).
(2)
Die selbständige Ausübung des Berufs des Arztes und diejenige des Rechtsanwalts gehören zu den in §
1 Abs.
2 Satz
2 [X.] ausdrücklich [X.]en Beispielen für die Ausübung eines Freien Berufs im Sinne des Geset-zes. Die Tatsache, dass die [X.]in zu
2 in der [X.] nur gutachterlich und beratend tätig werden soll, steht ihrer Eignung als Partnerin im Sinne des §
1 Abs.
1 und Abs. 2 [X.] nicht entgegen.
Die selbständige Ausübung des Berufs des Arztes setzt nicht voraus, dass die Heilkunde auch in Form der Heilbehandlung ausgeübt wird. Die gut-achterliche und fachlich beratende Tätigkeit des Arztes stellt ebenso eine selb-ständige Ausübung dieses Berufes dar ([X.]/[X.], 6.
Aufl., §
1 [X.] Rn.
50 [X.]; [X.]/[X.], [X.], 3.
Aufl., §
1 Rn.
40). [X.] unterliegt auch der nur gutachterlich tätige Arzt grundsätzlich der nach §
203 Abs.
1 Nr.
1 StGB strafbewehrten Verschwiegenheitspflicht ([X.], Urteil vom 28.
Oktober 1992

3
StR
367/92, [X.]St
38, 369, 370
f.), und das [X.] nach §
383 Abs.
1 Nr.
6 ZPO umfasst grundsätzlich alle Tatsachen, deren Kenntnis der Arzt als ärztlicher Sachverständiger erlangt hat ([X.], Urteil vom 14.
November 1963
III
ZR
19/63, [X.]Z
40, 288, 293
f.). Das kommt auch in §
23c der (Muster-)Berufsordnung für die in [X.] tätigen 10
11
12
-
7
-

Ärztinnen und Ärzte
MBOÄ
1997 (in der Fassung der Beschlüsse des 114.
Deutschen Ärztetages 2011, in [X.] ab 3.
Juni 2011) zum Ausdruck, nach der es Ärztinnen und Ärzten gestattet ist, "mit Angehörigen anderer Berufe als den in §
23b beschriebenen in allen Rechtsformen zusammen
zu
arbeiten, wenn sie nicht die Heilkunde am Menschen ausüben". Dementsprechend hat auch
ausweislich der Feststellungen im Beschluss des Amtsgerichts
die [X.] in ihrer Stellungnahme aus der Sicht des Be-rufsrechts der Ärzte keine Einwendungen gegen die Eintragung der [X.]sgesellschaft erhoben.
(3)
Auch die Ausübung des selbständigen Berufs des Apothekers stellt jedenfalls bei nur gutachterlicher und fachlich beratender Tätigkeit die Aus-übung eines Freien Berufs im Sinne von §
1 Abs.
1 und Abs.
2 [X.] dar.
Zwar findet sich der Beruf des Apothekers nicht unter den ausdrücklich benannten Beispielen des §
1 Abs.
2 Satz
2 [X.]. Nach §
1 Abs.
2 Satz
2 [X.] ist aber auch die Ausübung "ähnlicher Berufe" Ausübung eines Freien Berufs im Sinne des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes. Die selbständige Ausübung des Berufs des Apothekers
stellt, jedenfalls dann, wenn keine Apo-theke betrieben, sondern eine gutachterliche und fachlich beratende Tätigkeit ausgeübt wird, die Ausübung eines solchen ähnlichen Berufs dar.
Der nur gutachterlich und beratend ausgeübte [X.] ist den in §
1 Abs.
2 Satz
2 [X.] ausdrücklich aufgeführten Berufen als ein akademi-scher Heilberuf ähnlich. Die Ähnlichkeit im Sinne dieser Vorschrift setzt voraus, dass der nicht ausdrücklich genannte Beruf mit einem der Katalogberufe in [X.] vergleichbar ist, wobei auf die für die Freiberuflichkeit typi-schen Merkmale abzustellen und ein wertender Vergleich anzustellen ist
13
14
15
-
8
-

([X.]/[X.], [X.], 3.
Aufl., §
1 Rn.
75; [X.]/[X.], 6.
Aufl., §
1 [X.] Rn.
66
ff.; vgl. auch [X.], BStBl.
II
93, 100 [X.] zu §
18 Abs.
1 Nr.
1 EStG).
§
1 Abs.
2 Satz
1 [X.] definiert die Freien Berufe als Berufe, die im Allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der [X.] und der Allgemeinheit zum Inhalt haben. Diese Voraussetzungen er-füllt auch der Beruf des Apothekers, wenn er durch gutachterliche und fachlich beratende Tätigkeit ausgeübt wird. Grundlage ist eine Hochschulausbildung; es werden persönliche, eigenverantwortliche
und fachlich unabhängige Dienstleis-tungen höherer Art erbracht, die im Interesse des Auftraggebers und

mittelbar
auch im Interesse der Allgemeinheit (Volksgesundheit) liegen. [X.] in den wesentlichen Punkten besteht
unter Berücksichtigung der hier relevanten gutachterlichen und fachlich beratenden Berufsausübung
danach insbesondere mit den anderen Heilberufen, vor allem dem
des Arztes, sowie mit dem des [X.]. Weiter besteht eine Nähe zum Beruf des hauptberuflichen Sachverständigen.
Diesem Verständnis steht nicht entgegen, dass der Gesetzgeber [X.] von der Aufnahme des [X.]s in den Katalog des §
1 Abs.
2 Satz
2 [X.]
abgesehen hat, weil er, ohne die Freiberuflichkeit des [X.] in Frage stellen zu wollen, den berufsrechtlichen Vorschriften Vorrang einräumen und der Vorschrift des §
8 [X.] Rechnung tragen wollte, nach der eine Apotheke von mehreren nur in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerli-chen Rechts oder einer offenen Handelsgesellschaft betrieben werden darf (vgl. Begr. [X.], BT-Drucks.
12/6152, S.
10). Zwar wird deshalb der Apotheker 16
17
-
9
-

auch vom Schrifttum überwiegend nicht zu den partnerschaftsfähigen Berufen gezählt (Hirtz
in Henssler/[X.], Gesellschaftsrecht,
2.
Aufl.,
§
1 [X.] Rn.
25; [X.]/[X.], 6.
Aufl., §
1 [X.] Rn.
43, 79; [X.]/
[X.], [X.], 3.
Aufl., §
1 Rn.
36, 48; [X.] in [X.], [X.], 4.
Aufl., §
1 Rn.
57; [X.], [X.], §
1 Rn.
11: ähnlicher Beruf). Gesetzgeber und Schrifttum stellen hierbei aber auf den Betrieb einer Apotheke und nicht auf die gutachterliche und fachlich beratende Tätigkeit ei-nes Apothekers ab. Jedenfalls für einen solchen Fall der nichtgewerblichen Be-tätigung ist der Apotheker als "ähnlicher Beruf" i.S.d.
§
1 Abs.
2 Satz
2 [X.] anzusehen, ohne dass dieser
Auslegung der gesetzgeberische Wille entgegen-stünde.
Entsprechend hat auch
ausweislich der Feststellungen im Beschluss des Amtsgerichts
die [X.] in ihrer Stellung-nahme aus apothekenrechtlicher Sicht gegen die Eintragung der [X.]sgesellschaft keine Einwendungen erhoben.
bb)
Der Eintragung stehen auch keine Einwände nach §
2 [X.], §
18 Abs.
2 HGB gegen den Namen der Partnerschaftsgesellschaft entgegen.
Der Einwand der [X.], der beabsichtigte [X.] "Dr. iur.

H.

, Rechtsanwalt, Prof.
Dr.
med. Dr.
rer. nat.

A.

, Ärztin und Apothekerin, interprofessionelle Partnerschaft für das Recht des Arztes und des Apothekers" sei irreführend und erwecke den Eindruck, dass
Heilkunde und Heilfürsorge neben Rechtsberatung angeboten und die Ärztin und Apothekerin ihrerseits Mandatsverträge anneh-men und rechtsberatend tätig sein würde, ist nicht begründet. Maßgeblich ist, wie die Verkehrsauffassung, nämlich der durchschnittliche Angehörige des an-18
19
20
-
10
-

gesprochenen Personenkreises den Namen bei verständiger Würdigung ver-steht
(siehe [X.] in [X.]/Boujong/[X.]/[X.], HGB, 3.
Aufl., §
18 Rn.
35
f. [X.]). Der durchschnittliche Angehörige des angesprochenen [X.] erhält bei verständiger Würdigung aber nicht den Eindruck, dass ihm eine interprofessionelle Partnerschaft für das Recht des Arztes und Apo-thekers auch Heilkunde und Heilfürsorge anböte oder dass ihm durch einen Arzt oder Apotheker Rechtsrat erteilt werde. Vielmehr geht er bei verständiger Würdigung davon aus, dass jede der beteiligten Professionen sich
im Rahmen der eigenen beruflichen Befähigung und Befugnisse zur Verwirklichung des Gegenstands der Partnerschaft einbringt.
b)
Entgegen der Ansicht des [X.] steht §
59a Abs.
1 [X.] der Eintragung der Partnerschaft der [X.] nicht ent-gegen.
Das Beschwerdegericht hat zwar (noch) zutreffend gesehen, dass §
59a Abs.
1 [X.] eine abschließende Aufzählung derjenigen Berufe enthält, mit deren Angehörigen sich ein Rechtsanwalt in einer Berufsausübungsgesellschaft verbinden darf (aa). §
59a Abs.
1 Satz
1 [X.] ist jedoch, anders als das [X.] meint, mit Art.
12 Abs.
1 des [X.] unvereinbar und nichtig, soweit Rechtsanwälten untersagt wird, sich mit Ärzten und Apothekern zur Ausübung ihrer Berufe zu einer Partnerschaftsgesellschaft zusammenzuschließen (bb).
aa)
§
59a Abs.
1 [X.], der bestimmt, dass Rechtsanwälten eine ge-meinschaftliche Berufsausübung nur mit Mitgliedern einer Rechtsanwaltskam-mer und der Patentanwaltskammer, mit Steuerberatern, [X.], Wirtschaftsprüfern und vereidigten [X.] erlaubt
ist, enthält eine ab-schließende Regelung der sozietätsfähigen Berufe. Dies ergibt die Auslegung nach dem Wortlaut
(1), der Entstehungsgeschichte und dem gesetzgeberischen Willen
(2) sowie dem Sinn der Vorschrift (3).
21
22
-
11
-

(1)
Aus dem Wortlaut der Vorschrift folgt, dass sich Rechtsanwälte mit anderen als den in §
59a Abs.
1 [X.] aufgezählten Berufe nicht zur [X.] Berufsausübung verbinden dürfen. Dies ergibt sich aus der [X.] "dürfen"
mit der Aufzählung bestimmter Berufe. Etwas [X.] kann
entgegen der Rechtsbeschwerde
auch nicht daraus abgeleitet wer-den, dass es an einem einschränkenden Zusatz fehlt, wie etwa dem in der ver-gleichbaren Regelung von §
9 Abs.
1 und Abs.
2 [X.] enthaltenen Wort "nur". Der Umstand, dass der abschließende Charakter der Aufzählung in vergleich-baren berufsrechtlichen Vorschriften grammatisch verstärkt geregelt ist, nimmt dem Wortlaut des §
59a Abs.
1 [X.] nicht seine Klarheit. Es handelt sich nicht lediglich
wie die Rechtsbeschwerde meint

um einen Hinweis des Gesetzge-bers, dass er die Zusammenarbeit mit den in §
59a Abs.
1 [X.] genannten freien Berufen als anwaltstypisch ansieht.
(2)
Ein anderes Verständnis ist vor dem Hintergrund der Entstehungsge-schichte dieser Vorschrift und der jüngsten gesetzgeberischen Entwicklungen ausgeschlossen.
Bis zur gesetzlichen Regelung durch das [X.] und der Patentanwälte vom 2. September 1994 ([X.] I S. 2278) sah man das grundsätzliche Verbot interprofessioneller [X.] von Rechtsanwälten nicht nur in § 30 der Standesrichtlinien (Richtlinien gemäß §
177 Abs. 2 Nr.
2 [X.] a.F.) geregelt, wonach der Rechtsanwalt mit Patentanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern, nicht aber mit Angehö-rigen anderer Berufe eine Sozietät eingehen durfte, sondern leitete es direkt aus §
43 [X.]
im Zusammenhang mit dem sich aus den einzelnen Vorschrif-ten der Bundesrechtsanwaltsordnung (§§
1, 2, 7 Nr.
8, §
14 Nr. 9) und deren [X.] ergebenden Berufsbild her (vgl. AGH Baden-23
24
25
-
12
-

Württemberg, NJW-RR 1995, 1017, 1018; [X.]/[X.], [X.], 1993, S.
33, Rn.
30). Maßgebliche Gesichtspunkte für die Zulässigkeit einer Zusammenarbeit eines Rechtsanwalts mit anderen Berufsgruppen seien im Hinblick auf die Frage, ob die Zusammenarbeit wegen der Zurechnung der Tä-tigkeit seiner Sozien (vgl. [X.], Urteil vom 20. November 1978

Stb
StR
1/78, [X.]St 28, 199, 204
f.) die Unabhängigkeit des Rechtsanwalts und seinen frei-beruflichen nicht-gewerblichen Status gefährde und mit seinem Beruf vereinbar sei ([X.], Beschluss vom 30.
Juni 1986

[X.]
(B)
17/86, [X.]. 1986, 223; [X.], [X.], 2. Aufl.,
§
45 Rn.
149 ff.), die Artverwandtschaft oder die Artverschiedenheit der Berufe ([X.], Beschluss vom 10.
November 1975
-
[X.]
(B)
10/75, [X.]Z
65, 276, 279
f.; Beschluss vom 27.
Februar 1978

[X.]
(R)
7/77, [X.]St
27, 390
f.; Beschluss vom 4.
Januar 1968

[X.]
(B)
10/67, [X.]Z
49, 244, 246
ff.; [X.], NJW-RR
1995, 1017, 1018; [X.], NJW 1988, 1888, 1893; [X.]/[X.], [X.], 1993, S.
33,
Rn. 30).
Mit der Entscheidung des [X.] vom 14. Juli 1987, nach der die Standesrichtlinien der Rechtsanwälte weder weiterhin als [X.] noch als rechtserhebliches Hilfs-mittel zur Konkretisierung der Generalklausel des §
43 [X.] in Betracht ka-men und auch die Generalklausel selbst dem Gesetzesvorbehalt nicht genügte (NJW 1988, 191, 192
f.), war eine Regelung der statusbildenden grundsätzli-chen Pflichten des Rechtsanwalts durch den Gesetzgeber veranlasst (vgl. [X.] zum Entwurf eines [X.] und der Patentanwälte vom 19. Mai
1993, BT-Drucks. 12/4993, S.
22). Mit der Einführung des § 59a [X.] durch das [X.] des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der [X.] vom 2. September 1994 ([X.] I S. 2278) sollten nach der Begründung des 26
-
13
-

Gesetzesentwurfs vor dem Hintergrund eines seit dem Inkrafttreten der [X.] am 1.
Oktober 1959 gewandelten Verständnisses vom Beruf des Rechtsanwalts "klare Regeln über die berufliche Zusammenar-beit mit anderen Berufen"
aufgestellt, "die gemeinsame Berufsausübung und die Sozietät mit Kollegen und Angehörigen anderer Berufe ausdrücklich"
gere-gelt und "die sozietätsfähigen Berufe abschließend aufgezählt werden"
(BT-Drucks. 12/4993, S.
22
f.). Es handele sich "um Berufsausübungsregelungen von erheblichem Gewicht für die Rechtsanwälte und für das Funktionieren des Rechts-, Wirtschafts-
und [X.], die durch den Gesetzgeber selbst zu treffen"
seien (BT-Drucks. 12/4993, [X.]). Der Gesetzgeber hat dabei die Zu-lässigkeit der interprofessionellen Zusammenarbeit der
Rechtsanwälte auf die gemeinsame Berufsausübung mit Angehörigen bestimmter wirtschaftsberaten-der Berufe mit Bezug zur Rechtsberatung beschränkt.
§ 59a Abs. 1 [X.] ist auch in der Folgezeit einhellig als abschließende Regelung verstanden und angewandt worden (vgl. [X.], Beschluss vom 29.
September 2003

[X.]
(B)
24/00, [X.], 268
f.; [X.], NJW-RR
2006, 927, 928; [X.], NJW-RR 2003, 129
f.; [X.], NJW-RR 1995, 1017, 1018; [X.] in [X.]/Wolf/Göcken, An-waltliches Berufsrecht, 2. Aufl., § 59a [X.] Rn.
85; [X.]/v. Wedel,
[X.]/[X.], 5.
Aufl., §
59a
[X.]
Rn.
1, 3; [X.] in Henssler/Prütting,
[X.], 4.
Aufl., § 59a Rn.
28, 129; Kleine-Cosack, [X.], 7. Aufl., § 59a Rn. 7; [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., S.
42, Rn.
42; Damm/v. Mickwitz, [X.], 76).
Eine im Zuge der jüngsten Reform der Bundesrechtsanwaltsordnung vorgesehene Erweiterung des [X.] assoziationsfähiger Berufe wurde wieder fallen gelassen: Der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des 27
28
-
14
-

Rechtsberatungsrechts vom 30. November 2006 sah in §
59a Abs.
4 [X.] eine Erweiterung der beruflichen Zusammenarbeit von Rechtsanwälten mit "Angehörigen vereinbarer Berufe"
vor (BT-Drucks. 16/3655, S.
15). Damit sollte nach der Begründung des [X.] "Ärztin oder eines Arztes als Gesellschafterin/Gesellschafter in eine medizin-"
ermöglicht werden (BT-Drucks.
16/3655, [X.]). "Angesichts des Wandels der gesellschaftlichen [X.]"
sei "eine weitgehende Aufhebung des Verbots angezeigt. Die Einhal-tung des anwaltlichen Berufsrechts"
könne "auf andere Weise gesichert werden als durch ein Zusammenarbeitsverbot, das die Berufsfreiheit erheblich"
ein-schränke (BT-Drucks. 16/3655, S.
83). Diese erweiternde Regelung in § 59a Abs.
4 [X.] wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens auf Empfehlung des Rechtsausschusses aus dem am 12.
Dezember 2007 verabschiedeten [X.] zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts ([X.] I S.
2840, 2848) ge-strichen (BT-Drucks. 16/6634, S.
54). "Angesichts erheblicher Meinungsunter-schiede innerhalb der Anwaltschaft"
stellte man diese "weitreichende Änderung des anwaltlichen Berufsrechts"
zurück, um sie "einem gesonderten Gesetzge-bungsvorhaben"
vorzubehalten (BT-Drucks. 16/6634, S.
1, 54). Zu einem sol-chen ist es bislang nicht gekommen.
(3) Auch der Sinn und Zweck der Regelung des § 59a Abs. 1 [X.], im Interesse des rechtsuchenden Publikums zu gewährleisten, dass der Rechts-anwalt nur mit Angehörigen der im Gesetz
genannten rechtsberatenden, [X.] und wirtschaftsprüfenden Berufe zusammenarbeitet, die in glei-cher Weise wie der Rechtsanwalt zur Verschwiegenheit verpflichtet sind und den damit korrespondierenden Aussageverweigerungsrechten und Beschlag-nahmeverboten unterfallen sowie der Aufsicht durch eigene [X.] unterliegen wie der Rechtsanwalt ([X.], Beschluss vom 29.
September 2003 29
-
15
-

[X.]
(B)
24/00, ZIP
2004, 268, 269 unter Bezugnahme auf BT-Drucks.
12/4993, S.
34), stehen einem abschließenden Verständnis der Aufzäh-lung in §
59a Abs. 1 [X.] jedenfalls nicht entgegen. Das gesetzgeberische Konzept, sich auf die wirtschaftsberatenden Berufe mit Überschneidungen zur Rechtsberatung zu beschränken, ist auch weder unstimmig noch widersprüch-lich umgesetzt.
bb)
Mit diesem abschließenden Inhalt ist §
59a Abs.
1 Satz
1 [X.] mit Art.
12 Abs.
1 [X.] insoweit unvereinbar
und nichtig, als die Regelung einer [X.] von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten mit Ärztinnen und Ärzten sowie mit Apothekerinnen und Apothekern zur gemeinschaftlichen Berufsaus-übung im Rahmen einer Partnerschaftsgesellschaft entgegensteht ([X.], Beschluss vom 12.
Januar 2016

1
BvL
6/13, [X.], 700 Rn.
44-93).
30
-
16
-

3.
Das [X.] hätte daher der Beschwerde stattgeben und das Registergericht anweisen müssen, die Partnerschaftsgesellschaft der An-tragsteller zu
1 und 2 in das Partnerschaftsregister einzutragen. Dies kann der Senat selbst nachholen, weil die Sache zur Endentscheidung reif ist (§
74 Abs.
6
Satz
1 FamFG).

Bergmann

Caliebe

Drescher

Born

Sunder

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 22.12.2010 -
4 AR 332/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 12.04.2011 -
4 W 9/11 -

31

Meta

II ZB 7/11

12.04.2016

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.04.2016, Az. II ZB 7/11 (REWIS RS 2016, 13183)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 13183

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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II ZB 7/11

VIII ZR 70/08

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