Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.04.2016, Az. II ZB 7/11

2. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 13176

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

BUNDESGERICHTSHOF (BGH) SCHIEDSGERICHTSBARKEIT ANWALTSBERUF BERUFS- UND STANDESRECHT SCHIEDRICHTERLICHES VERFAHREN OLG FRANKFURT BGH

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Partnerschaftsgesellschaft: Verfassungswidrigkeit des Verbots einer Partnerschaft zwischen Rechtsanwalt, Arzt und Apotheker


Leitsatz

1. Die Ausübung des selbstständigen Berufs des Apothekers stellt bei nur gutachterlicher und fachlich beratender Tätigkeit die Ausübung eines Freien Berufs im Sinne von § 1 Abs. 1 und Abs. 2 PartGG dar.

2. § 59a Abs. 1 Satz 1 BRAO (in Verbindung mit § 1 Abs. 3 PartGG) enthält eine abschließende Aufzählung derjenigen Berufe, mit deren Angehörigen sich ein Rechtsanwalt in einer Partnerschaftsgesellschaft zur gemeinsamen Berufsausübung verbinden darf. Mit diesem abschließenden Inhalt ist § 59a Abs. 1 Satz 1 BRAO insoweit nichtig, als die Regelung einer Verbindung von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten mit Ärztinnen und Ärzten sowie mit Apothekerinnen und Apothekern zur gemeinschaftlichen Berufsausübung im Rahmen einer Partnerschaftsgesellschaft entgegensteht (BVerfG, Beschluss vom 12. Januar 2016, 1 BvL 6/13, NJW 2016, 700 Rn. 44-93).

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerden der Antragsteller zu 1 und 2 werden der Beschluss des 4. Zivilsenats des [X.] vom 12. April 2011 und der Beschluss des [X.] - Registergericht - vom 22. Dezember 2010 aufgehoben.

Das Registergericht wird angewiesen, der Partnerschaftsregisteranmeldung der Antragsteller zu 1 und 2 vom 7. Mai 2010 zu entsprechen und die Partnerschaft mit dem Namen "Dr. iur.        [X.]  , Rechtsanwalt, Prof. Dr. med. Dr. rer. nat.          A.       , Ärztin und Apothekerin, interprofessionelle Partnerschaft für das Recht des Arztes und des Apothekers" in das Partnerschaftsregister beim [X.] einzutragen.

Der Geschäftswert wird auf 6.000 € festgesetzt.

Gründe

1

I. Der [X.] zu 1 ist [X.]echtsanwalt, die [X.]in zu 2 ist Ärztin und Apothekerin. Sie gründeten eine Partnerschaftsgesellschaft und meldeten diese mit dem Namen "Dr. iur.       [X.]  , [X.]echtsanwalt, Prof. Dr. med. Dr. rer. nat.          A.         , Ärztin und Apothekerin, interprofessionelle Partnerschaft für das [X.]echt des Arztes und des Apothekers" beim Amtsgericht zur Eintragung in das Partnerschaftsregister an. Zum Gegenstand nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 [X.] heißt es in der Anmeldung: "Gegenstand der Partnerschaft ist die Ausübung des selbständigen [X.]erufes des [X.]echtsanwalts durch den Partner Dr.         [X.]und der Ärztin und Apothekerin durch die Partnerin Dr. Dr.          A.        . Die Partnerin Dr. Dr.           A.         wird jedoch nur gutachterlich und beratend tätig; sie übt in der Partnerschaft weder die Heilkunde am Menschen aus, noch betreibt sie in der Partnerschaft eine Apotheke."

2

Das Amtsgericht hat die Anmeldung zurückgewiesen. Das [X.]eschwerdegericht hat die [X.]eschwerde zurückgewiesen und die [X.]echtsbeschwerde zugelassen. Es hat zur [X.]egründung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Eintragung die abschließende [X.]egelung des (§ 1 Abs. 3 [X.] iVm) § 59a [X.] entgegen stehe, in der der [X.]eruf des Arztes und des Apothekers nicht aufgeführt sei. Eine erweiternde Auslegung komme nicht in [X.]etracht; eine Lockerung sei dem Gesetzgeber vorbehalten. Verfassungsrechtliche [X.]edenken gegen diese Vorschrift bestünden nicht. Als [X.]erufsausübungsregelung verstoße sie nicht gegen Art. 3, 9 oder 12 Abs. 1 des Grundgesetzes, weil die Einschränkung der Sozietätsfähigkeit durch vernünftige Gründe des allgemeinen Wohls gerechtfertigt und in Ausmaß und Auswirkungen zumutbar sei. Sie sei auch verhältnismäßig. Wegen der besonderen Pflichten eines [X.]echtsanwalts als Organ der [X.]echtspflege, insbesondere im Hinblick auf das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen, seiner besonderen Verschwiegenheitsverpflichtung und der besonderen [X.]egelungen zum Abhörschutz sei die [X.]eschränkung der Sozietätsfähigkeit gerechtfertigt. Eine Zusammenarbeit sei nicht vollständig ausgeschlossen, denn es bestünde die Möglichkeit einer Kooperation nach der [X.]erufsordnung für [X.]echtsanwälte ([X.]). Die Anwendung der Dienstleistungsrichtlinie der [X.] ([X.]ichtlinie 2006/123 [X.] des Europäischen Parlaments und des [X.]ates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im [X.]innenmarkt, A[X.]l. L 376 vom 27. Dezember 2006, [X.] - [X.]) auf den vorliegenden Sachverhalt erscheine bereits fraglich. Unabhängig davon finde deren Anwendbarkeit ihre Grenzen in der Auslegungsfähigkeit und Ergänzungsfähigkeit des nationalen [X.]echts und könne nicht zu einer Auslegung contra legem führen.

3

Auf die [X.]echtsbeschwerde, mit der die Antragsteller ihren Antrag auf Anmeldung ins Partnerschaftsregister weiterverfolgen, hat der Senat mit [X.]eschluss vom 16. Mai 2013 (NJW 2013, 2674 ff.) das Verfahren ausgesetzt und eine Entscheidung des [X.] zu folgender Frage eingeholt:

"Ist § 59a Abs. 1 [X.] in der Fassung vom 12. Dezember 2007 mit Art. 3 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz vereinbar?"

4

Das [X.] hat mit [X.]eschluss vom 12. Januar 2016 (1 [X.], [X.], 700 ff.) entschieden:

"§ 59a Absatz 1 Satz 1 der [X.]undesrechtsanwaltsordnung in der im [X.], Gliederungsnummer 303-8, veröffentlichten bereinigten Fassung, die zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 12. Dezember 2007 ([X.] I Seite 2840) geändert worden ist, ist mit Artikel 12Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig, soweit [X.]echtsanwälten untersagt wird, sich mit Ärzten und Apothekern zur Ausübung ihrer [X.]erufe zu einer Partnerschaftsgesellschaft zusammenzuschließen."

5

II. [X.] haben Erfolg. Sie führen unter Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen zur Weisung an das [X.]egistergericht, die von den [X.]eteiligten zu 1 und 2 am 7. Mai 2010 zur Eintragung in das Partnerschaftsregister angemeldete Partnerschaftsgesellschaft in das Partnerschaftsregister bei dem Amtsgericht Würzburg einzutragen.

6

1. [X.] sind zulässig. Sie sind nach § 70 Abs. 1FamFG statthaft und nach § 71 FamFG sowohl rechtzeitig als auch ordnungsgemäß eingelegt.

7

2. [X.] sind auch begründet. Das [X.]eschwerdegericht hat zu Unrecht angenommen, dass das [X.]egistergericht die Eintragung der Partnerschaftsgesellschaft in das Partnerschaftsregister ablehnen durfte, weil der Eintragung die abschließende [X.]egelung des (§ 1 Abs. 3 [X.] iVm) § 59a [X.] entgegenstehe, gegen die verfassungsrechtliche [X.]edenken nicht bestünden.

8

a) Die formellen und materiellen Voraussetzungen für die Eintragung nach dem Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger Freier [X.]erufe (Partnerschaftsgesellschaftsgesetz vom 25. Juli 1994, [X.]. I Seite 1744 - [X.]) sind erfüllt. Insbesondere stehen der Eintragung weder die Ausgestaltung und der Gegenstand der angemeldeten Partnerschaft noch der Umstand entgegen, dass sich die [X.]in zu 2 als Ärztin und Apothekerin beteiligen will; auch greifen [X.]edenken nach § 2 [X.], § 18 Abs. 2 HG[X.] gegen den Namen der Partnerschaft nicht durch.

9

aa) Die angemeldete Partnerschaft stellt eine Gesellschaft dar, in der sich Angehörige Freier [X.]erufe zur Ausübung ihrer [X.]erufe zusammenschließen. Sie übt kein Handelsgewerbe aus (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 [X.]).

(1) Nach dem Inhalt der beantragten Eintragung handelt es sich um eine "interprofessionelle Partnerschaft für das [X.]echt des Arztes und des Apothekers" (Name), deren Gegenstand die Ausübung des selbständigen [X.]erufs des [X.]echtsanwalts durch den [X.] zu 1 und der Ärztin und Apothekerin durch die [X.]in zu 2 ist, wobei letztere nur gutachterlich und beratend tätig werden und in der Partnerschaft weder die Heilkunde am Menschen ausüben noch eine Apotheke betreiben soll (Nr. 2 des Eintragungsantrags).

(2) Die selbständige Ausübung des [X.]erufs des Arztes und diejenige des [X.]echtsanwalts gehören zu den in § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] ausdrücklich aufgeführten [X.]eispielen für die Ausübung eines Freien [X.]erufs im Sinne des Gesetzes. Die Tatsache, dass die [X.]in zu 2 in der Partnerschaft nur gutachterlich und beratend tätig werden soll, steht ihrer Eignung als Partnerin im Sinne des § 1 Abs. 1 und Abs. 2 [X.] nicht entgegen.

Die selbständige Ausübung des [X.]erufs des Arztes setzt nicht voraus, dass die Heilkunde auch in Form der Heilbehandlung ausgeübt wird. Die gutachterliche und fachlich beratende Tätigkeit des Arztes stellt ebenso eine selbständige Ausübung dieses [X.]erufes dar ([X.]/[X.], 6. Aufl., § 1 [X.] [X.]n. 50 mwN; [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 1 [X.]n. 40). Dementsprechend unterliegt auch der nur gutachterlich tätige Arzt grundsätzlich der nach § 203 Abs. 1 Nr. 1 StG[X.] strafbewehrten Verschwiegenheitspflicht ([X.], Urteil vom 28. Oktober 1992 - 3 [X.], [X.]St 38, 369, 370 f.), und das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO umfasst grundsätzlich alle Tatsachen, deren Kenntnis der Arzt als ärztlicher Sachverständiger erlangt hat ([X.], Urteil vom 14. November 1963 - [X.], [X.]Z 40, 288, 293 f.). Das kommt auch in § 23c der (Muster-)[X.]erufsordnung für die in [X.] tätigen Ärztinnen und Ärzte - [X.] 1997 (in der Fassung der [X.]eschlüsse des [X.] 2011, in [X.] ab 3. Juni 2011) zum Ausdruck, nach der es Ärztinnen und Ärzten gestattet ist, "mit Angehörigen anderer [X.]erufe als den in § 23b beschriebenen in allen [X.]echtsformen zusammen zu arbeiten, wenn sie nicht die Heilkunde am Menschen ausüben". Dementsprechend hat auch - ausweislich der Feststellungen im [X.]eschluss des Amtsgerichts - die [X.] in ihrer Stellungnahme aus der Sicht des [X.]erufsrechts der Ärzte keine Einwendungen gegen die Eintragung der Partnerschaftsgesellschaft erhoben.

(3) Auch die Ausübung des selbständigen [X.]erufs des Apothekers stellt jedenfalls bei nur gutachterlicher und fachlich beratender Tätigkeit die Ausübung eines Freien [X.]erufs im Sinne von § 1 Abs. 1 und Abs. 2 [X.] dar.

Zwar findet sich der [X.]eruf des Apothekers nicht unter den ausdrücklich benannten [X.]eispielen des § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.]. Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] ist aber auch die Ausübung "ähnlicher [X.]erufe" Ausübung eines Freien [X.]erufs im Sinne des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes. Die selbständige Ausübung des [X.]erufs des Apothekers stellt, jedenfalls dann, wenn keine Apotheke betrieben, sondern eine gutachterliche und fachlich beratende Tätigkeit ausgeübt wird, die Ausübung eines solchen ähnlichen [X.]erufs dar.

Der nur gutachterlich und beratend ausgeübte [X.] ist den in § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] ausdrücklich aufgeführten [X.]erufen als ein akademischer Heilberuf ähnlich. Die Ähnlichkeit im Sinne dieser Vorschrift setzt voraus, dass der nicht ausdrücklich genannte [X.]eruf mit einem der Katalogberufe in wesentlichen Punkten vergleichbar ist, wobei auf die für die Freiberuflichkeit typischen Merkmale abzustellen und ein wertender Vergleich anzustellen ist([X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 1 [X.]n. 75; [X.]/[X.], 6. Aufl., § 1 [X.] [X.]n. 66 ff.; vgl. auch [X.], [X.]St[X.]l. [X.], 100 mwN zu § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG).

§ 1 Abs. 2 Satz 1 [X.] definiert die Freien [X.]erufe als [X.]erufe, die im Allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer [X.]egabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt haben. Diese Voraussetzungen erfüllt auch der [X.]eruf des Apothekers, wenn er durch gutachterliche und fachlich beratende Tätigkeit ausgeübt wird. Grundlage ist eine Hochschulausbildung; es werden persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Dienstleistungen höherer Art erbracht, die im Interesse des Auftraggebers und - mittelbar - auch im Interesse der Allgemeinheit (Volksgesundheit) liegen. Ähnlichkeit in den wesentlichen Punkten besteht - unter [X.]erücksichtigung der hier relevanten gutachterlichen und fachlich beratenden [X.]erufsausübung - danach insbesondere mit den anderen Heilberufen, vor allem dem des Arztes, sowie mit dem des [X.]. Weiter besteht eine Nähe zum [X.]eruf des hauptberuflichen Sachverständigen.

Diesem Verständnis steht nicht entgegen, dass der Gesetzgeber bewusst von der Aufnahme des [X.]s in den Katalog des § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] abgesehen hat, weil er, ohne die Freiberuflichkeit des [X.]s in Frage stellen zu wollen, den berufsrechtlichen Vorschriften Vorrang einräumen und der Vorschrift des § 8 [X.] [X.]echnung tragen wollte, nach der eine Apotheke von mehreren nur in der [X.]echtsform einer Gesellschaft bürgerlichen [X.]echts oder einer offenen Handelsgesellschaft betrieben werden darf (vgl. [X.]egr. [X.], [X.]T-Drucks. 12/6152, [X.]). Zwar wird deshalb der Apotheker auch vom Schrifttum überwiegend nicht zu den partnerschaftsfähigen [X.]erufen gezählt ([X.] in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., § 1 [X.] [X.]n. 25; [X.]/[X.], 6. Aufl., § 1 [X.] [X.]n. 43, 79; [X.]/ [X.], [X.], 3. Aufl., § 1 [X.]n. 36, 48; [X.] in [X.], [X.], 4. Aufl., § 1 [X.]n. 57; [X.], [X.], § 1 [X.]n. 11: ähnlicher [X.]eruf). Gesetzgeber und Schrifttum stellen hierbei aber auf den [X.]etrieb einer Apotheke und nicht auf die gutachterliche und fachlich beratende Tätigkeit eines Apothekers ab. Jedenfalls für einen solchen Fall der nichtgewerblichen [X.]etätigung ist der Apotheker als "ähnlicher [X.]eruf" i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] anzusehen, ohne dass dieser Auslegung der gesetzgeberische Wille entgegenstünde.

Entsprechend hat auch - ausweislich der Feststellungen im [X.]eschluss des Amtsgerichts - die [X.] in ihrer Stellungnahme aus apothekenrechtlicher Sicht gegen die Eintragung der Partnerschaftsgesellschaft keine Einwendungen erhoben.

bb) Der Eintragung stehen auch keine Einwände nach § 2 [X.], § 18 Abs. 2 HG[X.] gegen den Namen der Partnerschaftsgesellschaft entgegen.

Der Einwand der [X.], der beabsichtigte [X.] "Dr. iur.         [X.]  , [X.]echtsanwalt, Prof. Dr. med. Dr. rer. nat.       A.       , Ärztin und Apothekerin, interprofessionelle Partnerschaft für das [X.]echt des Arztes und des Apothekers" sei irreführend und erwecke den Eindruck, dass Heilkunde und Heilfürsorge neben [X.]echtsberatung angeboten und die Ärztin und Apothekerin ihrerseits Mandatsverträge annehmen und rechtsberatend tätig sein würde, ist nicht begründet. Maßgeblich ist, wie die Verkehrsauffassung, nämlich der durchschnittliche Angehörige des angesprochenen Personenkreises den Namen bei verständiger Würdigung versteht (siehe [X.] in [X.]/[X.]oujong/[X.]/Strohn, HG[X.], 3. Aufl., § 18 [X.]n. 35 f. mwN). Der durchschnittliche Angehörige des angesprochenen Personenkreises erhält bei verständiger Würdigung aber nicht den Eindruck, dass ihm eine interprofessionelle Partnerschaft für das [X.]echt des Arztes und Apothekers auch Heilkunde und Heilfürsorge anböte oder dass ihm durch einen Arzt oder Apotheker [X.]echtsrat erteilt werde. Vielmehr geht er bei verständiger Würdigung davon aus, dass jede der beteiligten Professionen sich im [X.]ahmen der eigenen beruflichen [X.]efähigung und [X.]efugnisse zur Verwirklichung des Gegenstands der Partnerschaft einbringt.

b) Entgegen der Ansicht des [X.] steht § 59a Abs. 1 [X.] der Eintragung der Partnerschaft der [X.] nicht entgegen. Das [X.]eschwerdegericht hat zwar (noch) zutreffend gesehen, dass § 59a Abs. 1 [X.] eine abschließende Aufzählung derjenigen [X.]erufe enthält, mit deren Angehörigen sich ein [X.]echtsanwalt in einer [X.]erufsausübungsgesellschaft verbinden darf (aa). § 59a Abs. 1 Satz 1 [X.] ist jedoch, anders als das [X.]erufungsgericht meint, mit Art. 12 Abs. 1 des [X.] unvereinbar und nichtig, soweit [X.]echtsanwälten untersagt wird, sich mit Ärzten und Apothekern zur Ausübung ihrer [X.]erufe zu einer Partnerschaftsgesellschaft zusammenzuschließen (bb).

aa) § 59a Abs. 1 [X.], der bestimmt, dass [X.]echtsanwälten eine gemeinschaftliche [X.]erufsausübung nur mit Mitgliedern einer [X.]echtsanwaltskammer und der Patentanwaltskammer, mit Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfern und vereidigten [X.] erlaubt ist, enthält eine abschließende [X.]egelung der sozietätsfähigen [X.]erufe. Dies ergibt die Auslegung nach dem Wortlaut (1), der Entstehungsgeschichte und dem gesetzgeberischen Willen (2) sowie dem Sinn der Vorschrift (3).

(1) Aus dem Wortlaut der Vorschrift folgt, dass sich [X.]echtsanwälte mit anderen als den in § 59a Abs. 1 [X.] aufgezählten [X.]erufe nicht zur gemeinschaftlichen [X.]erufsausübung verbinden dürfen. Dies ergibt sich aus der Kombination des Verbs "dürfen" mit der Aufzählung bestimmter [X.]erufe. Etwas anderes kann - entgegen der [X.]echtsbeschwerde - auch nicht daraus abgeleitet werden, dass es an einem einschränkenden Zusatz fehlt, wie etwa dem in der vergleichbaren [X.]egelung von § 9 Abs. 1 und Abs. 2 [X.] enthaltenen Wort "nur". Der Umstand, dass der abschließende Charakter der Aufzählung in vergleichbaren berufsrechtlichen Vorschriften grammatisch verstärkt geregelt ist, nimmt dem Wortlaut des § 59a Abs. 1 [X.] nicht seine Klarheit. Es handelt sich nicht lediglich - wie die [X.]echtsbeschwerde meint - um einen Hinweis des Gesetzgebers, dass er die Zusammenarbeit mit den in § 59a Abs. 1 [X.] genannten freien [X.]erufen als anwaltstypisch ansieht.

(2) Ein anderes Verständnis ist vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift und der jüngsten gesetzgeberischen Entwicklungen ausgeschlossen.

[X.]is zur gesetzlichen [X.]egelung durch das [X.] und der Patentanwälte vom 2. September 1994 ([X.]. I [X.]78) sah man das grundsätzliche Verbot interprofessioneller Assoziation von [X.]echtsanwälten nicht nur in § 30 der Standesrichtlinien ([X.]ichtlinien gemäß § 177 Abs. 2 Nr. 2 [X.] a.F.) geregelt, wonach der [X.]echtsanwalt mit Patentanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern, nicht aber mit Angehörigen anderer [X.]erufe eine Sozietät eingehen durfte, sondern leitete es direkt aus § 43 [X.] im Zusammenhang mit dem sich aus den einzelnen Vorschriften der [X.]undesrechtsanwaltsordnung (§§ 1, 2, 7 Nr. 8, § 14 Nr. 9) und deren [X.] ergebenden [X.]erufsbild her (vgl. [X.], NJW-[X.][X.] 1995, 1017, 1018; [X.]/[X.], [X.], 1993, [X.], [X.]n. 30). Maßgebliche Gesichtspunkte für die Zulässigkeit einer Zusammenarbeit eines [X.]echtsanwalts mit anderen [X.]erufsgruppen seien im Hinblick auf die Frage, ob die Zusammenarbeit wegen der Zurechnung der Tätigkeit seiner Sozien (vgl. [X.], Urteil vom 20. November 1978 - Stb [X.], [X.]St 28, 199, 204 f.) die Unabhängigkeit des [X.]echtsanwalts und seinen freiberuflichen nicht-gewerblichen Status gefährde und mit seinem [X.]eruf vereinbar sei ([X.], [X.]eschluss vom 30. Juni 1986 - [X.] ([X.]) 17/86, [X.][X.]AK-Mitt. 1986, 223; [X.], [X.], 2. Aufl., § 45 [X.]n. 149 ff.), die Artverwandtschaft oder die Artverschiedenheit der [X.]erufe ([X.], [X.]eschluss vom 10. November 1975- [X.] ([X.]) 10/75, [X.]Z 65, 276, 279 f.; [X.]eschluss vom 27. Februar 1978 - [X.] ([X.]) 7/77, [X.]St 27, 390 f.; [X.]eschluss vom 4. Januar 1968 - [X.] ([X.]) 10/67, [X.]Z 49, 244, 246 ff.; [X.], NJW-[X.][X.] 1995, 1017, 1018; [X.], NJW 1988, 1888, 1893; [X.]/[X.], [X.], 1993, [X.], [X.]n. 30).

Mit der Entscheidung des [X.] vom 14. Juli 1987, nach der die Standesrichtlinien der [X.]echtsanwälte weder weiterhin als normative [X.]egelung der anwaltlichen [X.]erufspflichten noch als rechtserhebliches Hilfsmittel zur Konkretisierung der Generalklausel des § 43 [X.] in [X.]etracht kamen und auch die Generalklausel selbst dem Gesetzesvorbehalt nicht genügte (NJW 1988, 191, 192 f.), war eine [X.]egelung der statusbildenden grundsätzlichen Pflichten des [X.]echtsanwalts durch den Gesetzgeber veranlasst (vgl. [X.]egründung der [X.]undesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des [X.]erufsrechts der [X.]echtsanwälte und der Patentanwälte vom 19. Mai 1993, [X.]T-Drucks. 12/4993, [X.]). Mit der Einführung des § 59a [X.] durch das [X.] und der Patentanwälte vom 2. September 1994 ([X.]. I [X.]78) sollten nach der [X.]egründung des Gesetzesentwurfs vor dem Hintergrund eines seit dem Inkrafttreten der [X.]undesrechtsanwaltsordnung am 1. Oktober 1959 gewandelten Verständnisses vom [X.]eruf des [X.]echtsanwalts "klare [X.]egeln über die berufliche Zusammenarbeit mit anderen [X.]erufen" aufgestellt, "die gemeinsame [X.]erufsausübung und die Sozietät mit Kollegen und Angehörigen anderer [X.]erufe ausdrücklich" geregelt und "die sozietätsfähigen [X.]erufe abschließend aufgezählt werden" ([X.]T-Drucks. 12/4993, [X.] f.). Es handele sich "um [X.]erufsausübungsregelungen von erheblichem Gewicht für die [X.]echtsanwälte und für das Funktionieren des [X.]echts-, Wirtschafts- und [X.], die durch den Gesetzgeber selbst zu treffen" seien ([X.]T-Drucks. 12/4993, [X.]). Der Gesetzgeber hat dabei die Zulässigkeit der interprofessionellen Zusammenarbeit der [X.]echtsanwälte auf die gemeinsame [X.]erufsausübung mit Angehörigen bestimmter wirtschaftsberatender [X.]erufe mit [X.]ezug zur [X.]echtsberatung beschränkt.

§ 59a Abs. 1 [X.] ist auch in der Folgezeit einhellig als abschließende [X.]egelung verstanden und angewandt worden (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 29. September 2003 - [X.] ([X.]) 24/00, [X.], 268 f.; [X.], NJW-[X.][X.] 2006, 927, 928; [X.], NJW-[X.][X.] 2003, 129 f.; [X.], NJW-[X.][X.] 1995, 1017, 1018; [X.]ormann in [X.]/Wolf/Göcken, Anwaltliches [X.]erufsrecht, 2. Aufl., § 59a [X.] [X.]n. 85; [X.]/[X.],[X.]/[X.], 5. Aufl., § 59a [X.] [X.]n. 1, 3; [X.] in Henssler/Prütting,[X.], 4. Aufl., § 59a [X.]n. 28, 129; Kleine-Cosack, [X.], 7. Aufl., § 59a [X.]n. 7; [X.]/[X.], Die Anwaltssozietät, 2. Aufl., [X.], [X.]n. 42; Damm/v. Mickwitz, [X.], 76).

Eine im Zuge der jüngsten [X.]eform der [X.]undesrechtsanwaltsordnung vorgesehene Erweiterung des [X.] assoziationsfähiger [X.]erufe wurde wieder fallen gelassen: Der [X.]egierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des [X.]echtsberatungsrechts vom 30. November 2006 sah in § 59a Abs. 4 [X.] eine Erweiterung der beruflichen Zusammenarbeit von [X.]echtsanwälten mit "Angehörigen vereinbarer [X.]erufe" vor ([X.]T-Drucks. 16/3655, [X.]). Damit sollte nach der [X.]egründung des [X.]egierungsentwurfs "z.[X.]. (...) die Aufnahme einer Ärztin oder eines Arztes als Gesellschafterin/Gesellschafter in eine medizinrechtlich ausgerichtete Anwaltskanzlei (...)" ermöglicht werden ([X.]T-Drucks. 16/3655, [X.]). "Angesichts des Wandels der gesellschaftlichen Verhältnisse" sei "eine weitgehende Aufhebung des Verbots angezeigt. Die Einhaltung des anwaltlichen [X.]erufsrechts" könne "auf andere Weise gesichert werden als durch ein Zusammenarbeitsverbot, das die [X.]erufsfreiheit erheblich" einschränke ([X.]T-Drucks. 16/3655, [X.]). Diese erweiternde [X.]egelung in § 59a Abs. 4 [X.] wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens auf Empfehlung des [X.]echtsausschusses aus dem am 12. Dezember 2007 verabschiedeten Gesetz zur Neuregelung des [X.]echtsberatungsrechts ([X.]. I S. 2840, 2848) gestrichen ([X.]T-Drucks. 16/6634, [X.]). "Angesichts erheblicher Meinungsunterschiede innerhalb der Anwaltschaft" stellte man diese "weitreichende Änderung des anwaltlichen [X.]erufsrechts" zurück, um sie "einem gesonderten Gesetzgebungsvorhaben" vorzubehalten ([X.]T-Drucks. 16/6634, [X.], 54). Zu einem solchen ist es bislang nicht gekommen.

(3) Auch der Sinn und Zweck der [X.]egelung des § 59a Abs. 1 [X.], im Interesse des rechtsuchenden Publikums zu gewährleisten, dass der [X.]echtsanwalt nur mit Angehörigen der im Gesetz genannten rechtsberatenden, steuerberatenden und wirtschaftsprüfenden [X.]erufe zusammenarbeitet, die in gleicher Weise wie der [X.]echtsanwalt zur Verschwiegenheit verpflichtet sind und den damit korrespondierenden Aussageverweigerungsrechten und [X.]eschlagnahmeverboten unterfallen sowie der Aufsicht durch eigene [X.]erufskammern unterliegen wie der [X.]echtsanwalt ([X.], [X.]eschluss vom 29. September 2003 - [X.] ([X.]) 24/00, [X.], 268, 269 unter [X.]ezugnahme auf [X.]T-Drucks. 12/4993, [X.]), stehen einem abschließenden Verständnis der Aufzählung in § 59a Abs. 1 [X.] jedenfalls nicht entgegen. Das gesetzgeberische Konzept, sich auf die wirtschaftsberatenden [X.]erufe mit Überschneidungen zur [X.]echtsberatung zu beschränken, ist auch weder unstimmig noch widersprüchlich umgesetzt.

bb) Mit diesem abschließenden Inhalt ist § 59a Abs. 1 Satz 1 [X.] mit Art. 12 Abs. 1 [X.] insoweit unvereinbar und nichtig, als die [X.]egelung einer Verbindung von [X.]echtsanwältinnen und [X.]echtsanwälten mit Ärztinnen und Ärzten sowie mit Apothekerinnen und Apothekern zur gemeinschaftlichen [X.]erufsausübung im [X.]ahmen einer Partnerschaftsgesellschaft entgegensteht ([X.]VerfG, [X.]eschluss vom 12. Januar 2016 - 1 [X.], [X.], 700 [X.]n. 44-93).

3. Das [X.] hätte daher der [X.]eschwerde stattgeben und das [X.]egistergericht anweisen müssen, die Partnerschaftsgesellschaft der Antragsteller zu 1 und 2 in das Partnerschaftsregister einzutragen. Dies kann der Senat selbst nachholen, weil die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG).

[X.]ergmann                           Caliebe                           Drescher

                       [X.]orn                              Sunder

Meta

II ZB 7/11

12.04.2016

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend BVerfG, 12. Januar 2016, Az: 1 BvL 6/13, Beschluss

§ 59a Abs 1 S 1 BRAO, § 1 Abs 1 PartGG, § 1 Abs 2 PartGG, § 1 Abs 3 PartGG, § 2 PartGG, Art 12 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.04.2016, Az. II ZB 7/11 (REWIS RS 2016, 13176)

Papier­fundstellen: NJW 2016, 2263 WM 2016, 1177 REWIS RS 2016, 13176


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. II ZB 7/11

Bundesgerichtshof, II ZB 7/11, 12.04.2016.

Bundesgerichtshof, II ZB 7/11, 16.05.2013.


Az. 1 BvL 6/13

Bundesverfassungsgericht, 1 BvL 6/13, 12.01.2016.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

II ZB 7/11 (Bundesgerichtshof)


II ZB 7/11 (Bundesgerichtshof)

Partnerschaftsregistersache: Vorlage an das Bundesverfassungsgericht zur Prüfung des Verbots der beruflichen Verbindung von Rechtsanwälten mit …


II ZB 7/11 (Bundesgerichtshof)


1 BvL 6/13 (Bundesverfassungsgericht)

Zur Zulässigkeit von Partnerschaftsgesellschaften von Rechtsanwälten mit Ärzten und Apothekern - § 59a Abs 1 …


II ZB 6/21 (Bundesgerichtshof)

Partnerschaftsregistersache: Zulässigkeit einer Partnerschaft zwischen einem Tierarzt und einem Betriebswirt in Baden-Württemberg


Literatur & Presse BETA

Diese Funktion steht nur angemeldeten Nutzern zur Verfügung.

Anmelden
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.