Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.02.2008, Az. 3 StR 536/07

3. Strafsenat | REWIS RS 2008, 5479

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[X.] vom 19. Februar 2008 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u. a. - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] - zu 2. auf dessen Antrag - am 19. [X.] 2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 18. Juli 2007 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels und die der Nebenklägerin dadurch entstandenen notwen-digen Auslagen, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen [X.] in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von [X.] in vier Fällen, davon in einem Fall darüber hinaus in Tateinheit mit gefähr-licher Körperverletzung, wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tatein-heit mit sexuellem Missbrauch von [X.] in 14 Fällen sowie wegen gefährlicher Körperverletzung in drei Fällen unter Einbeziehung einer früher verhängten Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf verfahrens- und materiellrecht-1 - 3 - liche Beanstandungen gestützte Revision des Angeklagten führt auf die Sach-rüge zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen ist das Rechtsmittel un-begründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1. Die [X.] hat in den vier Fällen, in denen sie den Angeklagten tateinheitlich auch wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern verur-teilt hat, die Strafe einem fehlerhaft bestimmten Strafrahmen entnommen. § 176 a Abs. 1 StGB in der zu den [X.] geltenden Fassung des [X.] vom 26. Januar 1998 sah Freiheitsstrafe nicht unter ei-nem Jahr vor; demgegenüber ist die [X.] von zwei Jahren Freiheits-strafe als Mindeststrafe ausgegangen, hat mithin unter Verstoß gegen § 2 Abs. 3 StGB die erst am 1. April 2004 in [X.] getretene Neufassung der Vorschrift angewendet. Dies führt zur Aufhebung der betreffenden [X.] und der Gesamtfreiheitsstrafe; denn da die [X.] zwar an sich maßvolle, jedoch nur wenig über der von ihr fälschlich angenommenen Mindeststrafe lie-gende [X.] verhängt hat, kann der [X.] nicht ausschließen, dass diese und die Gesamtfreiheitsstrafe auf dem Rechtsfehler beruhen. 2 2. Der Strafausspruch unterliegt im Übrigen insgesamt deshalb der [X.], weil die vom [X.] für die festgestellte Verletzung des Gebots einer zügigen Verfahrenserledigung (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK, Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG) vorgenommene Kompensation keinen Bestand ha-ben kann. 3 Das [X.] hat unter Beachtung der bisherigen Rechtsprechung (vgl. hierzu [X.], 3294) die alle Taten gleichermaßen betreffende rechtsstaatswidrige Verzögerung des Verfahrens dadurch kompensiert, dass es zunächst die an sich verwirkten Einzelstrafen benannt, von diesen jeweils zwei Monate abgezogen und entsprechend niedrigere Einzelstrafen festgesetzt hat. 4 - 4 - Sodann hat es aus den verminderten Einzelstrafen die Gesamtfreiheitsstrafe gebildet. Die fiktive Gesamtfreiheitsstrafe, auf die ohne Kompensation erkannt worden wäre, hat es - obwohl sich dies empfohlen hätte (vgl. [X.], 601) - nicht mitgeteilt. Diese Verfahrensweise ("Strafabschlagslösung") entspricht nicht der - nach dem Erlass der angefochtenen Entscheidung - geänderten Rechtspre-chung des [X.] zur Kompensation des Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK ("Vollstreckungsmodell"; vgl. [X.] - Großer [X.] für Straf-sachen, Beschl. vom 17. Januar 2008 - [X.]). Dies führt hier zur Aufhebung des gesamten Strafausspruchs. Damit erledigen sich zugleich die vom [X.] gegen die Strafzumessung erhobenen Beanstandungen. 5 3. Bei der nunmehr gebotenen Durchführung der Kompensation im Wege des [X.] wird der neue Tatrichter Folgendes zu beachten ha-ben: 6 Zunächst hat er in der neuen Hauptverhandlung nach den Kriterien des § 46 StGB schuldangemessene, die festgestellte rechtsstaatswidrige Verfah-rensverzögerung außer Acht lassende Einzelstrafen festzusetzen und aus [X.] eine Gesamtstrafe zu bilden. Sodann hat er die gebotene Kompensation dadurch vorzunehmen, dass er in der Urteilsformel - zusätzlich zu der neu ge-bildeten Gesamtstrafe - ausspricht, dass ein bezifferter Teil dieser Strafe als vollstreckt gilt. Dabei ist er durch § 358 Abs. 2 StPO nicht gehindert, höhere Einzelstrafen als die bisher erkannten zu verhängen und auch eine höhere Ge-samtstrafe auszusprechen. Indes dürfen die neuen Einzelstrafen die im [X.] als an sich verwirkt und - ohne [X.] - als schuldangemessen ausgewiesenen Einzelstrafen nicht übersteigen. Außerdem darf die im Falle vollständiger Vollstreckung zu verbüßende Strafe ([X.] - 5 - gemessene Gesamtstrafe abzüglich des als vollstreckt geltenden Teils) nicht höher sein, als die im angefochtenen Urteil ausgesprochene Gesamtfreiheits-strafe. Damit wird sichergestellt, dass der Angeklagte, auch wenn der neue [X.] auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren und sechs [X.] erkennt, durch die Kompensation in Form der [X.] im Ergebnis nicht schlechter steht; denn die höchst mögliche Gesamtverbüßung kann im Vergleich zum bisherigen Straferkenntnis auch dann nicht länger [X.]. Zugleich erhält der Angeklagte einen Vorteil, weil sich in Folge der vollen Anrechnung eines fünf Jahre und sechs Monate übersteigenden Teils der [X.] der Zeitpunkt, zu dem ein Strafrest zur Bewährung ausgesetzt werden kann, nach vorne verlagert. Der Angeklagte könnte deshalb - bei [X.] der übrigen Voraussetzungen - früher als bisher aus dem Strafvollzug entlassen werden. [X.] Pfister von [X.][X.]

Meta

3 StR 536/07

19.02.2008

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.02.2008, Az. 3 StR 536/07 (REWIS RS 2008, 5479)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 5479

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