Bundesfinanzhof, Beschluss vom 05.03.2010, Az. V B 56/09

5. Senat | REWIS RS 2010, 8733

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Gegenstand

Klagebefugnis bei Streit über das Bestehen einer Gesellschaft


Leitsatz

1. NV: Ein (wirklicher oder vermeintlicher) Gesellschafter einer GbR ist nicht befugt, gegen einen Umsatzsteuerbescheid Klage zu erheben, der gegen die (angebliche) GbR gerichtet ist. Zur Beseitigung des Rechtsscheins eines gegen die GbR gerichteten Umsatzsteuerbescheides sind lediglich die Gesellschafter gemeinschaftlich befugt.

2. NV: Zur Klagebefugnis eines einzelnen Gesellschafters kommt es erst, wenn das FA ihm gegenüber einen Haftungsbescheid erlässt.

Tatbestand

1

I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --[X.]--) geht davon aus, dass zwischen der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) sowie ihrem Ehemann wegen einer Vielzahl von Grundstücksveräußerungen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) besteht und hat gegenüber der GbR am 7. März 2002 einen Haftungsbescheid nach § 55 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung a.[X.]. § 191 der Abgabenordnung ([X.]) erlassen, weil die [X.] von ausländischen Bauunternehmen in den Streitjahren 1996 und 1997 keine Umsatzsteuer einbehalten habe. Nachdem das [X.] den hiergegen von der GbR eingelegten Einspruch als unbegründet und das Finanzgericht ([X.]) die von der Klägerin im eigenen Namen erhobene Klage mangels Klagebefugnis als unzulässig zurückgewiesen hatte, wendet sich die Klägerin hiergegen mit der Nichtzulassungsbeschwerde.

2

Das [X.] habe verfahrensfehlerhaft seine Pflicht zur Gewährung des rechtlichen Gehörs verletzt, weil es die zeitgleich mit identischen Schriftsätzen jeweils von jedem der Ehegatten im eigenen Namen erhobene Klage als unzulässig abgewiesen habe und hierdurch den Eheleuten die Chance auf ein faires Verfahren nehme. Dies führe im Ergebnis zur "totalen Rechtsverweigerung". Eine nicht existente GbR könne auch nicht durch Dritte vertreten werden. Den angeblichen Gesellschaftern einer angeblichen GbR müsse das Recht zugestanden werden, die Nichtigkeit der Gesellschaft im eigenen Namen geltend zu machen.

Entscheidungsgründe

3

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

4

1. Dem [X.] ist durch die Abweisung der Klage durch Prozessurteil kein die Zulassung der Revision begründender Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) unterlaufen (zum Verfahrensfehler bei unrichtiger Auslegung der Klagebefugnis vgl. [X.] in Gräber, [X.]O, § 115, 6. Aufl., Rz 80).

5

a) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ([X.]) sind die Gesellschafter einer GbR durch einen Umsatzsteuerbescheid, der sich gegen die (bestehende oder vermeintliche) Gesellschaft richtet, nicht beschwert, weil eine Vollstreckung aus diesem Bescheid nur in das Gesellschaftsvermögen erfolgen kann. Daher fehlt den (wirklichen oder vermeintlichen) Gesellschaftern für eine persönlich gegen den [X.] gerichtete Klage die Klagebefugnis (§ 40 Abs. 2 [X.]O). Zur Beseitigung des Rechtsscheins eines gegen eine angebliche GbR gerichteten Steuerbescheides können nur die (angeblichen) Gesellschafter im Namen der GbR Klage erheben ([X.]-Beschlüsse vom 30. April 2007 [X.], [X.]/NV 2007, 1523; vom 13. November 2003 [X.], [X.]/NV 2004, 360; vom 6. Februar 1997 [X.], [X.]/NV 1997, 459; Urteil des [X.] München vom 17. Juni 2004  15 [X.], Entscheidungen der Finanzgerichte 2004, 1707), woran es im Streitfall fehlt. Dies gilt auch für eine beendete GbR, da diese steuerrechtlich so lange fortbesteht, bis alle Rechtsbeziehungen, zu denen auch die Rechtsbeziehung der GbR und dem [X.] gehört, beseitigt sind ([X.]-Beschlüsse in [X.]/NV 2004, 360, und vom 31. Oktober 1991 [X.]/91, [X.]/NV 1992, 402).

6

b) Zu einer die Klagebefugnis begründenden Beschwer (§ 40 Abs. 2 [X.]O) der vermeintlichen Gesellschafter kann es erst dann kommen, wenn das [X.] ihnen gegenüber wegen der Steuer- oder Haftungsschuld der Gesellschaft einen Haftungsbescheid erlässt. Im Rahmen dieses Verfahrens gegen den Haftungsbescheid kann der wirkliche oder vermeintliche Gesellschafter den Einwand erheben, dass es wegen Nichtbestehens der Gesellschaft zu keiner die Haftung begründenden Primärschuld der Gesellschaft gekommen ist. Mit diesem Einwand ist er auch nicht wegen der sog. Drittwirkung der Steuerfestsetzung (§ [X.]) ausgeschlossen, denn diese gilt nicht gegenüber dem Gesellschafter einer GbR, der für Steuerschulden der [X.] in Anspruch genommen worden ist, wenn dieser nicht zur Alleinvertretung der GbR berechtigt war ([X.]-Beschluss vom 10. April 2001 [X.]/00, [X.]/NV 2001, 1220; [X.]-Urteil vom 16. Dezember 1997 [X.]/97, [X.]E 185, 105, [X.] 1998, 319).

7

2. Die Revision war auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O) oder zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 [X.]O) zuzulassen, da die Klägerin die Zulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.]O zwar begehrt, nicht aber diese Zulassungsgründe gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O dargelegt hat.

Meta

V B 56/09

05.03.2010

Bundesfinanzhof 5. Senat

Beschluss

vorgehend FG Münster, 10. März 2009, Az: 15 K 731/05 U, Urteil

§ 40 Abs 2 FGO, § 55 UStDV, § 191 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 05.03.2010, Az. V B 56/09 (REWIS RS 2010, 8733)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8733

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