Bundessozialgericht, Beschluss vom 07.10.2014, Az. B 14 AS 55/14 B

14. Senat | REWIS RS 2014, 2431

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Revision - grundsätzliche Bedeutung - Grundsicherung für Arbeitsuchende - Eingliederungsvereinbarung ersetzt nicht die fehlende Antragstellung


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 31. Januar 2014 wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt A W, [X.], beizuordnen, wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil des [X.] ([X.]) ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz ).

2

Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat ([X.]), das Urteil des [X.] von einer Entscheidung des [X.]sozialgerichts ([X.]), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des [X.] oder des [X.]verfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht ([X.]) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann ([X.] 3). Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das [X.] in der Sache richtig entschieden hat, ist nicht zulässig.

3

Den allein geltend gemachten Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache iS des § 160 Abs 2 [X.] SGG hat die Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung nicht schlüssig dargelegt (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Denn dies erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage, der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (vgl [X.], 158 = [X.] 1500 § 160a [X.]1). Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Daher ist aufzuzeigen, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet sind und in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben durch das Revisionsgericht zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint (vgl [X.]/[X.], Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, IX. [X.] Rd[X.] 65 f). Es ist aufzuzeigen, dass die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und die Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (vgl [X.] [X.] 3-1500 § 160a [X.]6).

4

Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Als grundsätzlich klärungsbedürftig erachtet sie die Fragen:

5

"1. Stellt der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung zwischen einer erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und dem jeweiligen Leistungsträger, abweichend von § 37 Abs. 2 Satz 1 [X.] konkludent eine Vereinbarung dergestalt dar, als dass der Leistungsträger verpflichtet ist, zumindest bis zum vereinbarten Zeitpunkt Leistungen nach dem [X.] zu gewähren?

6

2. Bedarf es trotz des Abschlusses einer befristet gültigen Eingliederungsvereinbarung erneut eines Antrages gem. § 37 Abs. 1 Satz 1 [X.] n. F.?

7

3. Ist der Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung losgelöst vom Stellen eines Antrages gem. § 37 Abs. 1 Satz 1 [X.] n. F. zu betrachten?"

8

Spätestens durch das Urteil des 4. Senats vom [X.] ([X.] AS 26/13 R - zur Veröffentlichung in [X.] und [X.] 4-4200 § 15 [X.] 3 vorgesehen) ist die Klärungsbedürftigkeit der formulierten Rechtsfragen entfallen. Doch bereits zuvor waren durch das [X.] Rechtsgrundsätze zur konstitutiven Antragstellung nach § 37 [X.] ([X.]) auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts herausgearbeitet worden (vgl zuletzt [X.] vom 16.5.2012 - [X.] AS 166/11 R - [X.] 4-4200 § 7 [X.] 31 Rd[X.]5 ff mwN). Danach bringt der Leistungsberechtigte durch eine Antragstellung zum Ausdruck, dass aus seiner Sicht sich die tatsächliche und rechtliche Lage nicht grundlegend geändert habe und er weiterhin Leistungen zur Existenzsicherung benötige. Er fordert damit die Verwaltung auf zu überprüfen, ob und ggf in welchem Umfang auch für den nächsten Bewilligungsabschnitt Leistungen zu gewähren sind. Mit dieser Argumentation hat das [X.] im vorgenannten Urteil ein Fortwirken eines Antrags bis zum Ende einer genehmigten Ortsabwesenheit abgelehnt (aaO Rd[X.]6-17). Mit dieser Rechtsprechung, deren Bedeutung für die Erforderlichkeit eines neuen Antrags vor dem bzw für das Fortwirken eines früheren Antrags bis zum Auslaufen einer Eingliederungsvereinbarung ins Auge springt, setzt sich die Beschwerdebegründung nicht auseinander.

9

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich die Rechtsfragen schon nach dem gegenwärtigen Stand der Rechtsprechung des [X.] ohne Weiteres beantworten lassen. Zuletzt durch das - noch auf der Grundlage des Terminberichts auch bereits von der Klägerin in der Beschwerdebegründung herangezogene - Urteil des 4. Senats vom [X.] ist geklärt, dass sich der Leistungsträger nach dem [X.] nicht bindend in Gestalt einer Eingliederungsvereinbarung nach § 15 [X.] zur Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts verpflichten kann; die Gewährung dieser Leistungen durch eine Eingliederungsvereinbarung nach § 15 [X.] ist rechtlich nicht zulässig. Die gesetzlichen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sollen die Lebensgrundlage der Leistungsempfänger sichern und unterliegen keinem Gestaltungsspielraum der Verwaltung und zwar weder im Rahmen einer Eingliederungsvereinbarung noch einer Zusicherung unter der Bedingung einer Verpflichtung zu [X.] (juris Rd[X.] 31 ff). Aus der in diesem Urteil betonten Trennung von Eingliederungsleistungen und Lebensunterhaltsleistungen, von aktiven und passiven Leistungen, folgt, dass der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung auch nicht konkludent im Sinne der Frage 1 eine Vereinbarung über den Zeitpunkt sein kann, bis zu dem Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren sind. Hieraus ergibt sich auch, dass im Sinne der Frage 3 der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung losgelöst vom Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu betrachten ist, und im Sinne der Frage 2, dass es trotz des Abschlusses einer befristet gültigen Eingliederungsvereinbarung eines erneuten Antrags auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bedarf.

Prozesskostenhilfe (PKH) ist der Klägerin nicht zu bewilligen, da ihre Rechtsverfolgung aus den vorstehend genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung ). Da die Klägerin keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH hat, ist auch ihr Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO).

Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

Meta

B 14 AS 55/14 B

07.10.2014

Bundessozialgericht 14. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Chemnitz, 29. November 2011, Az: S 12 AS 5798/09, Gerichtsbescheid

§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 15 Abs 1 SGB 2, § 15 Abs 2 SGB 2, § 37 Abs 1 SGB 2, § 37 Abs 2 S 1 SGB 2

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 07.10.2014, Az. B 14 AS 55/14 B (REWIS RS 2014, 2431)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2431

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