Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.01.2018, Az. IX ZR 144/16

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 15448

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:180118UIXZR144.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL

IX ZR 144/16

Verkündet am:

18. Januar 2018

Preuß

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 133 Abs. 1
Schweigt der Schuldner einer erheblichen, seit mehr als neun Monaten fälligen For-derung nach anwaltlicher Mahnung und Androhung gerichtlicher Maßnahmen bis zum Erlass eines [X.]s und bietet er erst nach dessen [X.] die Begleichung der Forderung in nicht näher bestimmten Teilbeträgen aus sei-nem laufenden Geschäftsbetrieb an, hat der Gläubiger die Zahlungseinstellung des Schuldners erkannt.
[X.], Urteil vom 18. Januar 2018 -
IX ZR 144/16 -
KG [X.]

LG [X.]

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
18. Januar
2018
durch [X.] [X.],
die Richter
Prof. Dr.
Gehrlein, Prof. [X.],
Grupp und
die Richterin Möhring

für Recht erkannt:

Auf die Revision
des [X.]
wird
das Urteil des
14. Zivilsenats
des Kammergerichts
in [X.] vom 17. Juni
2016
aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 3. Juni
2010 über das Vermögen der L.

AG
(nachfolgend: Schuldnerin) am 16. Juli 2010
eröffneten Insolvenzverfahren.
Die Beklagte vermittelt Gewer-beimmobilien.

[X.] unterhielt die Schuldnerin in [X.], [X.] und Frankfurt
insgesamt
vier Restaurants. Sie beabsichtigte, ihren Betrieb um
ein fünftes Restaurant in [X.] zu erweitern. Zu diesem Zweck ließ sie sich von der Beklagten im Juli 2008 Gewerberäume nachweisen. Hierfür berechnete die [X.]
der Schuldnerin
am 13. November 2008 eine Courtage in Höhe von 1
2
-
3
-
117.810

, die zum 1. Dezember 2008 fällig war. Auf diese Rechnung zahlte die Schuldnerin an die Beklagte bis zum 17. September 2009 einen Betrag von Androhung gerichtlicher Maßnahmen
mit Schreiben vom 17. September 2009
erging
am 3. November 2009 gegen die Schuldnerin ein [X.]

Hierauf kündigte diese
der Beklagten gegenüber an, nunmehr Teilleistungen auf die Schuld erbringen zu wollen, die aus dem lau-fenden
[X.]er
Geschäftsbetrieb, dessen Aufnahme sich verzögert habe, erfol-gen
sollten. Nach dieser Ankündigung zahlte sie am 23. Dezember 2009 einen 23.

und in der [X.] vom 20. April bis 20.

Die unter dem Gesichtspunkt der Vorsatz-
und Deckungsanfechtung
er-hobene Klage auf
Rückgewähr der in der [X.] vom 23. Dezember 2009 bis zum 20. Mai 2010 geleisteten Beträge ist im ersten Rechtszug erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat das Rechtsmittel des [X.] zurückgewiesen. Mit seiner vom Bundesgerichtshof
zugelassenen Revision verfolgt der Kläger
sein Klagebegehren
weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des [X.]
führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

3
4
-
4
-
I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dem Kläger stehe gegen die [X.] kein Anspruch aus § 143 Abs. 1 Satz 1, §§ 129, 133 Abs. 1 [X.] zu. Die Behauptung des [X.], die
Beklagte
habe erkannt, dass die Schuldnerin die Zahlungen in der [X.] vom 23. Dezember 2009 bis zum 20. Mai 2010 mit dem Vorsatz erbracht habe, ihre Gläubiger zu benachteiligen, sei nicht erwiesen. Ein Gläubiger kenne den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners, wenn er selbst bei [X.] seine Ansprüche ernsthaft eingefordert habe, diese ver-hältnismäßig hoch seien und er wisse, dass der Schuldner nicht in der Lage sei, die Forderungen zu erfüllen. Ersatzweise reiche es auch aus, wenn der Schuld-ner selbst erkläre, zahlungsunfähig zu sein,
oder der Leistungsempfänger [X.] von solcher Beweiskraft kenne, dass sich daraus eindeutig eine [X.] ergebe.

Ein solcher Fall liege nicht vor. Die vom Kläger vorgetragenen Hilfstatsa-chen ließen weder für sich genommen noch in einer Gesamtschau den Schluss zu, die Beklagte habe den Vorsatz der Schuldnerin, ihre Gläubiger zu benach-teiligen,
gekannt. Das Gesamtbild eines "am Rand des finanzwirtschaftlichen Abgrunds operierenden Schuldners"
ergebe sich nicht. Die Beklagte habe zwar gering gewesen sei, es habe sich aber nicht um betriebsnotwendige
oder fort-laufende
Verbindlichkeiten
gehandelt. Eine nur schleppende Tilgung der Forde-rung, die ebenfalls ein Beweisanzeichen für die Kenntnis sein könne, liege nicht vor. Auch wenn die Titulierung einer Forderung, gegen die der Schuldner nichts einzuwenden habe, ein Beweisanzeichen sein könne, stelle der Erlass des [X.]s keine Zäsur dar. Der [X.]ablauf sei nur in [X.] mit der Einschaltung eines Inkassounternehmens von Bedeutung. Dass 5
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5
-
es der Schuldnerin gelungen sei, nach der Titulierung über einen [X.]raum von vier Monaten ifür deren [X.]. Insoweit sei zu würdigen, dass der Restaurantbetrieb wegen baulicher Verzögerungen erst sehr viel
später als geplant habe eröffnet werden können und sich die Schuldnerin von der Beklagten eine "Starthilfe"
erbeten habe. Dies deute eher auf eine Priorisierung hin. Deshalb sei es auch nicht von Bedeutung, dass die Zahlungen nach dem Vortrag des [X.] von unterschiedlichen [X.] bei verschiedenen Kreditinstituten erfolgt seien, was für "strategische [X.]"
sprechen könne.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung in wesentlichen Punkten nicht stand. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Voraussetzun-gen eines Anfechtungsanspruchs aus § 133 Abs. 1 [X.] verneint hat, beruht
auf einer unvollständigen Auswertung des maßgeblichen Sachvortrags.

1. Die angefochtenen Ratenzahlungen stellen Rechtshandlungen der Schuldnerin dar, die selbstbestimmt darüber entschieden hat, die ihr
im
Voll-streckungsbescheid auferlegte
Zahlungspflicht durch Teilzahlungen zu erfüllen. Infolge des [X.] haben die Rechtshandlungen eine Gläubiger-benachteiligung (§ 129
Abs. 1
[X.])
ausgelöst (vgl. [X.], Urteil vom 7. Mai 2015 -
IX [X.], Z[X.] 2015, 1262 Rn. 8 mwN; vom 25. Februar 2016
-
IX [X.], Z[X.] 2016, 628 Rn. 9).

7
8
-
6
-

2. Die aus
revisionsrechtlicher Sicht
zum [X.]punkt der jeweiligen Rechtshandlungen zahlungsunfähige Schuldnerin hat
die Zahlungen mit einem von der Beklagten erkannten Benachteiligungsvorsatz vorgenommen.

a) Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung können -
weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt
-
meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden ([X.], Urteil vom 13. August 2009
-
IX ZR 159/06, Z[X.] 2009, 1901 Rn. 8 mwN; vom 25. Februar 2016 -
IX [X.], Z[X.] 2016, 628 Rn. 11, ständige Rspr.). Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz. In diesem Fall weiß der Schuldner, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Kennt der Gläubiger die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so weiß er auch, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmög-lichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern. Mithin ist ein solcher Gläubiger zugleich regelmäßig über den [X.] im Bilde. Dies gilt insbesondere, wenn der Schuldner gewerblich tätig ist, weil der Gläubiger in diesem Fall mit weiteren Gläubigern des [X.] mit ungedeckten Ansprüchen rechnen muss
([X.],
Urteil vom [X.] 2012 -
IX ZR 3/12, Z[X.]
2013, 190
Rn. 15; vom 24. Oktober 2013 -
IX [X.], Z[X.]
2013, 2378
Rn. 11; vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 11 mwN).

b) Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die Schuldnerin zum [X.]punkt der von ihr erbrachten Teilzahlungen
bereits zahlungsunfähig war oder
die Zahlungsunfähigkeit erst später eingetreten ist. Nach dem unter [X.] gestellten Vortrag des [X.] gab es
am 30. September
2009 zwar be-reits fällige

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7
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4.

n-stellung sprechen könnte. Nachdem das Berufungsgericht die Feststellung der Zahlungseinstellung zum [X.]punkt der angefochtenen
Zahlungen
aber
für ent-behrlich gehalten hat und die Beklagte diese bestreitet, muss revisionsrechtlich davon ausgegangen werden, dass die Schuldnerin zum 30. September 2009 ihre Zahlungen eingestellt hatte
und nach § 17 Abs. 2 Satz 2 [X.] ihre [X.] vermutet wurde. Ausgehend von dieser Annahme kann nach dem weiteren revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalt die Kenntnis vom
Benachteiligungsvorsatz
bei der Beklagten nicht verneint werden.

c) Zwar beschränkt sich die revisionsgerichtliche Kontrolle der vom [X.] zur Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes getroffenen [X.] darauf, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt ([X.], Urteil
vom 25. Februar 2016, aaO
Rn.
12 mwN). Einer solchen Überprüfung hält die Würdigung des [X.]s jedoch nicht stand. Das Berufungsgericht hat maßgebliche, aus Sicht der Beklagten auf eine Zahlungseinstellung der Schuldnerin deutende Beweisanzeichen nicht beachtet und bei seiner Würdigung, die unterbliebene Zahlung der Schuldnerin habe aus der Sicht eines Außenstehenden anstelle einer Zahlungsunfähigkeit auf der fehlenden Betriebsnotwendigkeit der Bezah-lung der Maklercourtage und der verzögerten
Aufnahme des Restaurantbe-triebs der Schuldnerin in [X.] beruht, gegen Denkgesetze und [X.] verstoßen.
Dies gilt auch für die Annahme
des Berufungsgerichts, die [X.] habe davon ausgehen können,
die Schuldnerin habe der Begleichung ihrer Forderung nur keine Priorität eingeräumt.

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8
-

aa) Das monatelange völlige Schweigen der Schuldnerin auf die Rech-nung
der Beklagten
kann
schon für sich genommen ein Indiz für eine [X.]
begründen ([X.], Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn.
13 mwN).

(1) Die Forderung der Beklagten war der Schuldnerin am 13. November 2008
in Rechnung gestellt worden
und am 1. Dezember 2008 fällig.
Bis zum 30.
September 2009 hatte die Schuldnerin
eine Zahlung in Höhe von 39.270

erbracht, wobei die Beklagte
die ausstehende Bezahlung der Restforderung auf bauliche Verzögerungen bei der Einrichtung des Restaurantbetriebes in
[X.] zurückführte. Ob die Schuldnerin zu der ausstehenden Begleichung der ganz erheblichen Forderung überhaupt eine Erklärung abgab und ob es vor Einschal-tung eines Rechtsanwalts Mahnungen
gab, ist nicht festgestellt.
Jedenfalls ließ
die Beklagte am 17.
September 2009 die Schuldnerin anwaltlich mahnen und drohte die Einleitung gerichtlicher Maßnahmen an. Durch diese
nachdrückliche
Zahlungsaufforderung mit der Androhung von Zwangsmaßnahmen
entfaltete
die Beklagte einen erheblichen Zahlungsdruck.
Dieser gab
der Schuldnerin al-len Anlass, sich zur
Vermeidung
der angekündigten kostenträchtigen gerichtli-chen Maßnahmen wegen der Begleichung der Forderung, mit der sie sich [X.] seit neuneinhalb Monaten in
Verzug
befand und der sie keine Einwen-dungen entgegenzusetzen hatte, schleunigst mit der Beklagten in Verbindung zu setzen.
Stattdessen ließ es
die Schuldnerin bis zum Erlass des Vollstre-ckungsbescheids am 3. November 2009
kommen.
Dies stellt
im Blick auf die besonderen zeitlichen Abläufe (insoweit anders als in [X.], Urteil vom 22. Juni 2017, Z[X.] 2017, 1616)
entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts eine Zäsur dar, aus der die Beklagte Rückschlüsse auf die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ziehen musste.
Nachdem
die Schuldnerin angesichts des intensi-ven
Zahlungsverlangens mit der alsbaldigen Geltendmachung gerichtlicher Schritte rechnen musste, deutete ihr monatelanges Schweigen gerade aus der 13
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9
-
Sicht der Beklagten nach aller Erfahrung nicht -
wie das Berufungsgericht meint -
auf zeitnah überwindbare Anlaufschwierigkeiten
bei der Einrichtung des [X.] in [X.] hin, sondern auf schwerwiegende Liquiditätsprobleme. Im Falle fortbestehender Zahlungsfähigkeit hätte es der Interessenlage der Schuldnerin entsprochen, nach Erhalt des anwaltlichen Mahnschreibens
ent-weder begründete Einwendungen gegen die Forderung zu erheben oder diese zur Vermeidung einer zu befürchtenden kostenträchtigen gerichtlichen Inan-spruchnahme umgehend zu tilgen. Mit Anlaufschwierigkeiten des Restaurantbe-triebs in [X.]
war der
inzwischen
seit
fast einem Jahr
ausstehende Ausgleich der Forderung und das fast zwei
Monate dauernde Schweigen der Schuldnerin zwischen der anwaltlichen Mahnung
und dem Erwirken des [X.]es am 3. November 2009 nach aller Erfahrung nicht
zu erklären. Als im Wirtschaftsverkehr allein realistische Schlussfolgerung begründete der knapp einjährige
Zahlungsverzug der Schuldnerin, die keine Einwendungen gegen die Forderung erhob, die Annahme [X.] Zahlungsschwierigkeiten. Die in dem einjährigen Herausschieben der Forderung zum Ausdruck kommende schlechte Zahlungsmoral verdeutlichte
entgegen der Auffassung des [X.]s, dass die Schuldnerin am Rande des finanzwirtschaftlichen [X.] operierte (vgl. [X.], Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 14;
MünchKomm-[X.]/[X.], 3.
Aufl., § 17 Rn. 30).
Mit Anlaufschwierigkeit bei der Einrichtung des Betriebs in [X.] war das Zahlungsverhalten der Schuldnerin
ohnehin -
entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
-
nicht zu erklären, weil die Schuldnerin über vier weitere Restaurants in anderen [X.] Großstädten verfügte, hinsichtlich derer
die Beklagte keine [X.] geltend gemacht hat, die auf
kurzfristig überwindbare
Liquiditätsprobleme
hindeuteten.

-
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-

(2) Entgegen der weiteren Würdigung des Berufungsgerichts ließ sich auch das prozessuale Verhalten der Schuldnerin, die
sich
gegen den Mahnbe-scheid
nicht
verteidigte
und es zum Erlass eines [X.]s kommen ließ, bevor sie Teilzahlungen anbot und diese Ende Dezember 2009 aufnahm, nicht auf zeitlich überschaubare bauliche Probleme
zurückführen. Durch das weitere Schweigen auf die Androhung gerichtlicher Maßnahmen bis zum Erlass des [X.]s waren erhebliche zusätzliche Kosten angefallen, die ein zahlungsfähiger Schuldner durch Begleichung der begründe-ten Forderung vermieden hätte. Auch insofern
offenbarte die monatelange völli-ge Untätigkeit der Schuldnerin und die Inkaufnahme des von vornherein [X.] gerichtlichen Verfahrens, dass sie mangels flüssiger Zahlungsmittel lediglich [X.] zu gewinnen suchte. Mit dem Angebot,
Teilzahlungen zu erbrin-gen, offenbarte die Schuldnerin entgegen der Würdigung des
Berufungsge-richts, das
einfach unterstellt hat, die Schuldnerin hätte die Forderung der [X.]n nicht erfüllt, weil sie diese nicht für vordringlich gehalten hat,
sehr wohl, dass
sie
zum baldigen Ausgleich der Forderung nicht in der Lage war.
Dies musste die Beklagte insbesondere
aus der Ankündigung entnehmen, die [X.] nur aus den laufenden Einnahmen des [X.]er Restaurants tätigen zu können.
Die
Schuldnerin
kam
damit
aus der Warte der Beklagten
nur der
Voll-streckung aus dem [X.], die nach
der
Titulierung der Forde-rung ernsthaft drohte,
zuvor. Ihr Unvermögen, im Falle einer
Vollstreckung den
Gesamtbetrag zu zahlen, ergab sich ohne weiteres
aus der Ankündigung,
Teil-zahlungen
in unbestimmter Höhe
nur aus dem laufenden Geschäftsbetrieb er-bringen zu können.

bb) Ein weiteres
Indiz einer Zahlungseinstellung verkörperte sich in dem für die Beklagte infolge des [X.]ablaufs zutage getretenen Unvermögen der Schuldnerin, die erhebliche Verbindlichkeit der Beklagten zu tilgen.

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-
11
-

(1) Ein Gläubiger kennt die Zahlungseinstellung schon dann, wenn er selbst bei [X.] seine
Ansprüche ernsthaft eingefordert hat, diese verhältnismäßig hoch sind und er weiß, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, die Forderungen zu erfüllen
([X.], Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 17 mwN). Aus Rechtsgründen genügt es, wenn die Zahlungseinstellung auf Grund der Nichtbezahlung nur einer -
nicht unwesentlichen -
Forderung dem Anfech-tungsgegner bekannt wird
([X.], Urteil vom 11. Februar 2010 -
IX ZR 104/07, Z[X.]
2010, 673
Rn. 39
mwN). In dieser Weise verhält es sich im Streitfall.

(2) Die
Beklagte hatte ihre noch immer hohe Restforderung von mehr als 78.540

[X.]raum von mehr als neun
Monaten ab der [X.] Rechnungsstellung vergeblich eingefordert.
Ob es
sich
dabei um eine be-triebsnotwendige oder fortlaufende Forderung handelte, ist entgegen der Auf-fassung des Berufungsgerichts ohne Bedeutung.
Gleichwohl war die Schuldne-rin ersichtlich außerstande, die Verbindlichkeit zu tilgen. Selbst die Einschaltung eines Rechtsanwalts und die Betreibung des Mahnverfahrens sowie der Antrag auf Erlass eines [X.]s
konnten die Schuldnerin
nicht zur Zahlung bewegen. Angesichts der zeitlichen Gegebenheiten gestattete bereits die schlichte Nichtbegleichung der offenen Forderung, deren Berechtigung zu keinem [X.]punkt im Zweifel stand,
den Schluss auf eine Zahlungseinstellung (vgl.
[X.],
Beschluss vom 12. Juli 2012 -
IX [X.], Z[X.] 2012, 1418 Rn.
9; Urteil vom 25. Februar 2016 -
IX [X.], Z[X.] 2016, 628 Rn. 18).
Mit dem Fall, dass sich der Schuldner einer geringfügigen Forderung gegen-über dem Gerichtsvollzieher zum Abschluss einer Zahlungsvereinbarung [X.] und diese dann auch einhält (vgl. [X.], Urteil vom 6. Juli 2017
-
IX [X.], Z[X.] 2017, 1881), ist dies nicht vergleichbar.
Aus
der mehr als einjährigen Zahlungsverzögerung
konnte und musste die Beklagte entnehmen, 17
18
-
12
-
dass die Schuldnerin nicht in der Lage war, ihre Verbindlichkeiten zurückzufüh-ren (vgl. [X.], Urteil vom 20. Dezember 2007 -
IX ZR 93/06, Z[X.]
2008, 273
Rn. 35; vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 18). Da die Beklagte mit weiteren Gläubigern der gewerblich tätigen Schuldnerin rechnen musste, war sie über deren Zahlungseinstellung unterrichtet (vgl. [X.], Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 18).
Dies folgt schon aus dem
Umstand, dass ihr die Schuldnerin [X.] hatte, die Teilzahlungen nur aus den laufenden Einnahmen des Restau-rantbetriebs in [X.] erbringen zu können. Hieraus musste die Beklagte ent-nehmen, dass die Schuldnerin, welche
auch die Kosten dieses Betriebes aus diesen Einnahmen bestreiten musste,
am finanziellen Abgrund stand. Sie
war
entweder nicht in der Lage, ihre Miete, den Wareneinkauf und das Personal
zu bezahlen, wenn sie
die Forderung der Beklagten
durch Einmalzahlung
aus den Einnahmen beglich, oder sie konnte ihre laufenden Kosten decken
und nur den verbleibenden Rest zur ratenweisen Rückführung der Maklerforderung einset-zen.

cc) Schließlich offenbarte sich in dem als alternativlos unterbreiteten Vorschlag der Schuldnerin,
Teilzahlungen aus dem Restaurantbetrieb in [X.] zu erbringen,
gegenüber der Beklagten ein zusätzliches Indiz einer [X.].

(1) Die Bitte des Schuldners auf Abschluss einer Ratenzahlungsverein-barung ist, wenn sie sich im Rahmen der Gepflogenheiten des Geschäftsver-kehrs hält, als solche kein Indiz für eine Zahlungseinstellung oder [X.]. Die Bitte
um eine Ratenzahlungsvereinbarung kann auf den ver-schiedensten Gründen beruhen, die mit einer Zahlungseinstellung nichts zu tun haben, etwa der Erzielung von Zinsvorteilen oder der Vermeidung von Kosten und Mühen im Zusammenhang mit der Aufnahme eines ohne weiteres erlang-19
20
-
13
-
baren Darlehens ([X.], Beschluss vom 16. April 2015 -
IX ZR 6/14, Z[X.]
2015, 898
Rn. 3; Urteil vom 25. Februar 2016,
aaO
Rn. 20).
Eine Bitte um Ra-tenzahlung ist jedoch ein Indiz für eine Zahlungseinstellung, wenn sie vom Schuldner mit der Erklärung verbunden wird, seine fälligen Verbindlichkeiten (anders) nicht begleichen zu können (vgl. [X.], Urteil vom 30. Juni 2011
-
IX ZR 134/10, Z[X.] 2011, 1410 Rn. 17; Beschluss vom 16. April 2015,
aaO Rn.
4 mwN).

(2) In dieser Weise verhält es sich im Streitfall. Die Schuldnerin war die Begleichung der Forderung über viele Monate schuldig geblieben
und
gut neun Monate nach Fälligkeit hatte
die Beklagte
ohne Erfolg die Zahlung der rück-ständigen Rechnungen
durch einen Rechtsanwalt
angemahnt. Danach
hatte die Beklagte den Rechtsanwalt
mit dem Forderungseinzug betraut. Mangels Zahlung der Schuldnerin hatte die Beklagte einen [X.] er-wirkt, auf den die Schuldnerin nicht zahlte. Die erst nach [X.] der Zahlungsschwierigkeiten erfolgte Ankündigung,
nunmehr Teilzahlungen auf die Forderung aus den Einnahmen des [X.] in
[X.] in
nicht näher bezeichneter Höhe
und [X.]
leisten zu wollen,
entspricht nicht den üblichen Ge-pflogenheiten des Geschäftsverkehrs.
Ebenso entspricht es
entgegen der [X.] des Berufungsgerichts
nicht diesen Gepflogenheiten, einem
Gläubiger, dessen Forderung seit über einem Jahr rückständig ist, eine Starthilfe abzuver-langen. Ein solches Ansinnen kann vielmehr nur als erzwungene weitere Stun-dung
zugunsten
eines insolventen Schuldners -
eine Stundungsvereinbarung haben die Schuldnerin und die Beklagte nicht getroffen -
verstanden werden.
Kein redlicher Schuldner lässt sich, ohne die geltend gemachte Forderung sachlich abwehren zu wollen, gerichtlich in Anspruch nehmen, nur um die [X.] hinauszuzögern und dem Gläubiger ein Teilzahlungsangebot abzuringen.
Das Verlangen einer Starthilfe von einem Gläubiger, mit dem der Schuldner 21
-
14
-
sonst in keiner Geschäftsbeziehung steht, kann ebenfalls nicht als Erscheinung des normalen Geschäftsverkehrs angesehen werden, sondern erscheint auf dem Hintergrund eines mehr als einjährigen Zahlungsverzugs höchst unge-wöhnlich.
Dabei fällt ins Gewicht, dass die Schuldnerin nach Titulierung der Forderung nicht einmal in der Lage war, die Forderung innerhalb von drei [X.] zu tilgen,
und schließlich nur noch tägliche Zahlungen von jeweils 500

erbringen konnte, ohne die Forderung vollständig auszugleichen.

(3) Im Blick auf diese Art der Schuldentilgung deutet -
entgegen der Auf-fassung des Berufungsgerichts -
auch der Umstand, dass die Teilzahlungen über bei unterschiedlichen Kreditinstituten
unterhaltene Konten erfolgten, darauf hin, dass es sich um strategische Zahlungen der Schuldnerin handelte, die sich zur Schonung der schwindenden Liquidität
auf Teilzahlungen über gerade eine hinreichende Deckung ausweisende Konten beschränkte, was
eine [X.] erkennen ließ (vgl. [X.], Urteil vom 7. Mai
2015 -
IX [X.], Z[X.] 2015, 1262
Rn. 21
mwN). Dass die Zahlungen über unterschiedliche Konten erfolgten, war mit der Ankündigung,
sie aus den Einnahmen
eines
der
Restaurants leisten zu wollen, nicht in Einklang zu bringen. Vor diesem Hinter-grund ging es der Schuldnerin angesichts des monatelangen [X.] entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts ersichtlich nicht darum, verfügbare Finanzmittel anderweitig einzusetzen. Vielmehr konnte die ange-sichts der Titulierung der Forderung erfolgte einseitige Ankündigung
der Schuldnerin, nunmehr Teilzahlungen
in ungenannter Höhe und innerhalb einer nicht näher bestimmten [X.] aus den Einnahmen des [X.] in [X.] erbringen zu wollen,
nur dahin verstanden werden, ihre fälligen [X.] anders nicht begleichen zu können (vgl.
[X.],
Urteil
vom 25. Februar
2016, aaO Rn. 21). Einer
ausdrücklich erklärten
Erfüllungsverweigerung oder eines sonstigen Verhaltens der Schuldnerin, das ihre Zahlungsunfähigkeit
22
-
15
-
dokumentierte, bedurfte es nicht ([X.], Urteil vom 22. November 1990 -
IX ZR 103/90,
ZIP 1991, 39, 40).

dd) Bei dieser Sachlage haben sich mehrere Beweisanzeichen verwirk-licht, die aus Sicht der Beklagten nur auf eine Zahlungseinstellung der Schuld-nerin und damit auf einen Benachteiligungsvorsatz hindeuteten (vgl.
[X.],
Urteil vom 30.
Juni 2011 -
IX ZR 134/10, Z[X.]
2011, 1410
Rn. 18; vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 22). Nach der fruchtlosen monatelangen Beitreibung ihrer erheb-lichen Forderung und der
Ankündigung
von
Teilzahlungen angesichts der [X.] Vollstreckung aus einem [X.]
konnte sich die [X.] der Tatsache nicht verschließen, dass die Schuldnerin zahlungsunfähig war und eine bevorzugte Befriedigung der Beklagten zum Nachteil anderer Gläubiger zumindest billigend in Kauf nahm.
Die Entscheidung des [X.] kann deshalb keinen Bestand haben.

III.

Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache an das [X.] zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine eigene Sach-entscheidung (§ 563 Abs. 3 ZPO) kann der Senat auf der Grundlage der bishe-rigen Feststellungen des Berufungsgerichts
mangels Feststellung der [X.]/Zahlungseinstellung
nicht treffen.
Hinsichtlich der Zahlungen, welche die Schuldnerin in der [X.] vom 23. März 2010 bis zum 20. Mai 2010

23
24
-
16
-
geleistet hat, wird sich das Berufungsgericht auch mit den Voraussetzungen des § 130 [X.] zu befassen haben, den es bislang nicht in den Blick genom-men hat.

Kayser
Gehrlein
Pape

Grupp
Möhring

Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 13.07.2015 -
36 O 23/14 -

KG
[X.], Entscheidung vom 17.06.2016 -
14 [X.] -

Meta

IX ZR 144/16

18.01.2018

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.01.2018, Az. IX ZR 144/16 (REWIS RS 2018, 15448)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 15448

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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