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PDF anzeigen [X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 16. September 2010 Freitag Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: [X.] § 839 [X.]; [X.] § 36; BayBO Art. 74 a.[X.], Art. 67 n.[X.] Im Baugenehmigungsverfahren obliegen der Gemeinde bei der Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 [X.] keine den [X.] schützenden Amtspflichten, wenn die Baugenehmigungsbehörde nach § 36 Abs. 2 Satz 3 [X.] i.V.m. landesrechtlichen Vorschriften das rechtswid-rig verweigerte Einvernehmen ersetzen kann. [X.], Urteil vom 16. September 2010 - [X.] - [X.]- 2 - Der II[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. September 2010 durch den Vizepräsidenten [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Die Revision des [X.] gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des [X.] vom 18. Januar 2010 wird [X.]. Der Kläger hat die Kosten des [X.] zu tragen. Von Rechts wegen Tatbestand Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche des [X.] wegen eines verweigerten Einvernehmens des beklagten Markts (Gemeinde) in einem Baugenehmigungsverfahren. 1 Im September 2001 beantragte der Kläger beim Landratsamt S. - [X.]die Baugenehmigung für einen im Außenbereich gelegenen Neubau ei-nes [X.] mit 1.489 [X.] im Gemeindeteil [X.] -
des Beklagten. Dieser verweigerte sein Einvernehmen im Sinne des § 36 [X.], weil weder die Wasserversorgung noch die Abwasserbeseitigung [X.] seien und das zur Bebauung vorgesehene Grundstück in der Nähe eines 2 - 3 - Waldes und eines Bodendenkmals liege. Daraufhin lehnte das Landratsamt S. -[X.]im Februar 2002 den Antrag auf Erteilung der Baugenehmigung unter Hinweis auf das Fehlen des gemeindlichen Einvernehmens ab. Dabei sah es von dessen Ersetzung ab. Daraufhin erhob der Kläger Klage auf Erteilung der Baugenehmigung beim [X.]. Dieses hob den ablehnenden Bescheid durch Urteil vom 20. Januar 2004 auf und verpflichtete das Landratsamt, den Bauantrag nach der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Das Bauvorhaben des [X.] sei planungsrechtlich zulässig, so dass der Beklagte sein Einvernehmen rechtswidrig verweigert habe. Im März 2004 erteilte das Landratsamt S. -B. die beantragte Baugenehmigung bei gleichzeitiger Ersetzung des Einvernehmens des Beklagten nach Art. 74 BayBO a. [X.] Der Kläger macht geltend, dass ihm durch die verzögerte Erteilung der Genehmigung, deren Ursache das rechtswidrig verweigerte Einvernehmen des Beklagten gewesen sei, ein Schaden in Höhe von 144.789,25 • entstanden sei. Bei rechtmäßigem Verhalten des Beklagten wäre die Baugenehmigung bereits im Februar 2002 erteilt worden. Unter Berücksichtigung der Bauzeit hätten die von ihm geplanten Ställe bereits ab Juni 2003 und nicht erst ab Juni 2005 ge-nutzt werden können. 3 Das [X.] hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt er-klärt. Die gegen das Grundurteil eingelegte Berufung des Beklagten hat Erfolg gehabt. 4 Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. 5 - 4 - Entscheidungsgründe Die Revision hat keinen Erfolg. 6 [X.] Das Berufungsgericht hat einen Anspruch aus Amtshaftung und aus ent-eignungsgleichem Eingriff verneint. Dem Beklagten habe bei der Versagung seines Einvernehmens nach § 36 [X.] keine drittschützende Amtspflicht hin-sichtlich des [X.] obgelegen. Die Versagung stelle keinen unmittelbaren Eingriff in eine durch Art. 14 [X.] geschützte Rechtsposition des [X.] dar. Zwar sei die Verweigerung des Einvernehmens durch den Beklagten rechtswid-rig gewesen. Dieses Einvernehmen stelle aber ein reines Verwaltungsinternum dar, das nach § 36 Abs. 2 Satz 3 [X.] i.V.m. Art. 74 BayBO a.[X.] ersetzt wer-den könne. Außenwirkung komme dem Verwaltungshandeln erst mit der ge-nehmigenden oder versagenden Entscheidung der Baugenehmigungsbehörde zu. Dem stehe nicht entgegen, dass Art. 74 BayBO a.[X.] als [X.] ausgestaltet sei. Das Ermessen der Genehmigungsbehörde sei nämlich auf Null reduziert, wenn das Einvernehmen angesichts der bauplanungsrechtli-chen Zulässigkeit des Vorhabens nicht hätte versagt werden dürfen. Mangels eines unmittelbaren Eingriffs des Beklagten in eine durch Art. 14 [X.] geschützte Rechtsposition des [X.] scheide auch ein Anspruch aus enteignungsglei-chem Eingriff aus. 7 - 5 - I[X.] Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision stand. 8 1. Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf [X.] nach § 839 [X.] i.V.m. Art. 34 [X.] zu. 9 Die rechtswidrige Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 Satz 1 [X.] stellt hier keine Amtspflichtverletzung des Beklagten gegenüber dem Kläger dar. 10 a) Nach der Rechtsprechung des Senats zu § 36 [X.] in der bis zum Inkrafttreten des Bau- und [X.] 1998 vom 18. August 1997 ([X.]l. 1997 I S. 2081) geltenden Fassung - durch dieses Gesetz ist in § 36 Abs. 2 [X.] der neue Satz 3 eingefügt worden - kommt eine Amtspflichtver-letzung der das Einvernehmen versagenden Gemeinde in Betracht, wenn dies Bindungswirkung für die Baugenehmigungsbehörde hat. Der auf der Planungs-hoheit beruhenden Beteiligung der Gemeinde am Baugenehmigungsverfahren kann nämlich im Falle der Versagung des Einvernehmens eine für den Bauwilli-gen ausschlaggebende Bedeutung zukommen, wenn die Baugenehmigungsbe-hörde nach der Rechtslage gehindert ist, eine Baugenehmigung auszuspre-chen, solange die Gemeinde ihr Einvernehmen nicht erklärt hat (übereinstim-mende Rechtsprechung des [X.] und des [X.]; vgl. z.B. [X.], 342, 345 ff; BVerwG UPR 1992, 234, 235; Senatsurteile vom 29. September 1975 - [X.], [X.] 65, 182, 186; vom 18. Dezember 1986 - [X.], [X.] 99, 262, 273; vom 21. Mai 1992 - [X.], [X.] 118, 263, 265; vom 13. Oktober 2005 - [X.], NVwZ 2006, 1177). [X.] oder verzögert die Gemeinde durch eine unbe-11 - 6 - rechtigte Versagung des Einvernehmens ein planungsrechtlich zulässiges Bau-vorhaben, so berührt dies - sei es auch nur mittelbar - notwendig und bestim-mungsgemäß die Rechtsstellung des [X.]. Dies genügt, um eine beson-dere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem [X.] als einem geschützten "Dritten" im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 [X.] zu bejahen. Dessen Interessen werden durch die Amtspflicht, das Einvernehmen nicht zu verweigern, wenn das Bauvorhaben nach den §§ 31, 33, 34 oder 35 [X.] zulässig ist, in individualisierter und qualifizierter Weise geschützt (Senat aaO [X.] 65, 182, 184 ff; seither [X.] Rspr. aaO [X.] 118, 263, 265 f m.w.N.). b) Im vorliegenden Fall besteht die bislang in der Senatsrechtsprechung noch nicht beurteilte Besonderheit, dass nach § 36 Abs. 2 Satz 3 [X.] i.V.m. Art. 74 Abs. 1 BayBO a.[X.] das rechtswidrig versagte aber erforderliche Einver-nehmen durch die Baugenehmigungsbehörde, die nicht zugleich die Gemeinde ist, ersetzt werden konnte. [X.] hat der Senat bisher, ob in einem solchen Fall eine Amtshaftung der Gemeinde in Betracht kommt, wenn [X.] wie hier - die Baugenehmigungsbehörde davon absieht, das verweigerte gemeindli-che Einvernehmen zu ersetzen (vgl. Senatsbeschluss vom 19. März 2008 - [X.], [X.], 815, 816). Diese nunmehr entscheidungserhebliche Frage ist zu verneinen (zustimmend für eine Amtshaftung allein der [X.], [X.], Neubearbeitung 2007, § 839 Rn. 606; Desens, [X.], 197, 205; [X.], [X.]. 2002, 481, 484 f; [X.], [X.] nach § 36 [X.], 1998, [X.]; so wohl auch [X.], 560, 571; a.[X.], in Handbuch des öffentlichen Baurechts, [12. EL] M Rn. 97; [X.] 2004, 286, 288; [X.], 491, 498 f, wonach sich durch die Einführung der [X.]sbefugnis die Maßstäbe für die Haftung der Gemeinde nicht geändert [X.] sollen). 12 - 7 - aa) Soweit der Baugenehmigungsbehörde die Befugnis eingeräumt ist, das versagte gemeindliche Einvernehmen zu ersetzen, wird ihre Prüfungs- und Entscheidungskompetenz erweitert. Sie umfasst nicht nur die Frage, ob ein gemeindliches Einvernehmen erforderlich ist, sondern auch, ob die Verweige-rung der Gemeinde rechtswidrig i[X.] Die Bindungswirkung der negativen Ent-scheidung der Gemeinde für die Baugenehmigungsbehörde ist aufgehoben. Die Behörde ist mithin nicht mehr unter Umständen gezwungen, den Antrag auf Genehmigung eines an sich genehmigungsfähigen Bauvorhabens sehenden Auges allein wegen des rechtswidrig verweigerten Einvernehmens abzulehnen. Der maßgebliche Grund für die Annahme einer drittgerichteten Amtspflicht sei-tens der Gemeinde bei der Entscheidung über die Erteilung des Einvernehmens und damit ihrer haftungsrechtlichen Verantwortlichkeit zum Bauherren - die Bin-dungswirkung ihrer Versagung für die Baugenehmigungsbehörde, obschon es sich bei dem gemeindlichen Einvernehmen nur um ein Verwaltungsinternum handelt - ist entfallen (vgl. [X.]/[X.] aaO). 13 bb) Ein Bedürfnis dafür, die der Gemeinde bei ihrer Entscheidung über die Erteilung des Einvernehmens obliegenden Amtspflichten trotz fehlender Bindungswirkung gleichwohl als drittgerichtet anzusehen und so auch weiterhin eine (Mit-)Haftung der Gemeinde für möglich zu halten, lässt sich auch nicht aus dem Umstand herleiten, dass § 36 Abs. 2 Satz 3 [X.] und der vorliegend noch anwendbare § 74 Abs. 1 BayBO in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. August 1997 (GVBl. 1997, 433) als [X.] ausgestaltet sind. Insoweit spricht bereits vieles dafür, dass es sich bei diesen Vorschriften um bloße Befugnisnormen handelt, bei denen auf der [X.] kein Er-messen besteht, sondern eine gebundene Entscheidung zu treffen ist (in [X.], in [X.] Kommentar zum [X.], [September 2007] § 36 14 - 8 - Rn. 14; [X.] [X.]. 2002, 481, 483; [X.], 491, 498; [X.] NVwZ 2002, 406, 414; [X.] NVwZ 1999, 921, 924; [X.], [X.] 1999, 560, 570). Zudem hat der Bauwillige, dessen Vorhaben mit den materiell-rechtlichen Vorschriften in Einklang steht, einen durch Art. 14 [X.] geschützten Anspruch gegenüber der Baugenehmigungsbehörde auf Erteilung der Bauge-nehmigung (Senat aaO [X.] 65, 182, 186; vgl. Urteil vom 11. Januar 2007 - [X.]/05 - [X.] 170, 260 Rn. 33 f m.w.N.). Hiermit wäre es nicht in [X.] zu bringen, wenn die Baugenehmigungsbehörde unter Berufung auf ein ihr eingeräumtes Ermessen die rechtswidrige Verweigerung des Einverneh-mens durch die Gemeinde nicht ersetzen und deshalb mit der Ablehnung des Bauantrages rechtswidrig in das Eigentumsrecht des [X.] eingreifen dürfte (Ermessenreduzierung auf Null, Desens [X.], 197, 203 f; Jach-mann [X.]. 1995, 481, 482 f; de Witt/[X.] aaO M Rn. 95; [X.], aaO S. 209; [X.]. - allerdings zurückhaltender < Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung> - [X.]. 1998, 609, 615; vgl. auch [X.], in [X.]/Busse, BayBO, 87. Ergänzungslieferung 2007, Art. 74 Rn. 61: Ermessenreduzierung auf Null in beson[X.] gelagerten Fällen; ähnlich [X.] NVwZ-RR 2001, 371; [X.]/[X.], [X.], 7. Aufl., § 36 Rn. 23: bei offenkundig rechtswid-riger Versagung ist Ersetzung "intendiert"; von einem größeren Entscheidungs-spielraum der Behörde gehen insbesondere aus Söfker in [X.]/[X.]/[X.], [X.]
Meta
16.09.2010
Bundesgerichtshof III. Zivilsenat
Sachgebiet: ZR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.09.2010, Az. III ZR 29/10 (REWIS RS 2010, 3255)
Papierfundstellen: REWIS RS 2010, 3255
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