Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.02.2017, Az. V ZB 116/16

V. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 15491

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[X.]:[X.]:BGH:2017:160217BVZB116.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 116/16
vom

16. Februar 2017

in der Abschiebungshaftsache

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Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 16. Februar 2017
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und die Richter Dr.
Kazele und Dr. Hamdorf

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 4.
Zivilkammer des [X.] vom 18. Juli 2016 aufgehoben. Es wird
festgestellt, dass die Beschlüsse des [X.] vom 15. Juni 2016 und vom 27.
Juni 2016 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt haben.

Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden der [X.] auferlegt.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 5.000

Gründe:

I.

Der Betroffene, ein [X.] Staatsangehöriger, reiste am 18.
Dezember 2015 in die [X.] ein, ohne im Besitz ei-1
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nes Passes oder aufenthaltslegitimierender
Papiere zu sein. Er wurde vorläufig festgenommen und am 19. Dezember 2015 polizeilich vernommen. Am glei-chen Tag wurde die Abschiebung nach [X.] verfügt. Auf Antrag der betei-ligten Behörde wurde gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung der [X.] bis längstens 17. Juni 2016 angeordnet.

Das Amtsgericht hat auf Antrag der beteiligten Behörde mit Beschluss vom 15. Juni 2016 die Haft bis zum 1. Juli 2016 und mit Beschluss vom 27.
Juni
2016 bis zum 15.
Juli 2016 verlängert. Die hiergegen gerichteten Be-schwerden
des Betroffenen, die jeweils mit dem Antrag, die Rechtswidrigkeit der Haftanordnung des Amtsgerichts festzustellen, fortgeführt wurden, hat das [X.] mit Beschluss vom 18. Juli 2016 zurückgewiesen. Mit der Rechts-beschwerde verfolgt der Betroffene, der am 7. Juli 2016 abgeschoben worden ist, seine Feststellungsanträge weiter. Die beteiligte Behörde beantragt die Zu-rückweisung der Rechtsbeschwerde.

II.

Das Beschwerdegericht meint, die Voraussetzungen für die Verlänge-rung der Abschiebungshaft hätten vorgelegen. Insbesondere habe die Haft über sechs Monate hinaus
angeordnet werden
können. Der Betroffene habe die über drei Monate hinausgehende Dauer selbst zu vertreten. Er habe nach seinen Angaben bei der Polizei seinen Pass zerrissen und sei anschließend ohne Pass nach [X.] eingereist. Soweit er sich bei seiner Anhörung am 5. Februar 2016 dahingehend eingelassen habe, dass ihm sein Reisepass von Schleusern ab-genommen worden sei, stehe dies in Widerspruch zu seinen bisherigen Anga-ben und sei unglaubwürdig. Durch die Vernichtung des Reisepasses sei ein 2
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langwieriges Verfahren zur Beschaffung des Passersatzpapieres erforderlich geworden. Trotz der Belehrung anlässlich seiner Anhörung am 5.
Februar 2016 habe der Betroffene keine Versuche unternommen, die Bearbeitung zu be-schleunigen (§
48 Abs. 3, § 82 [X.]). Er habe von Anfang an deutlich [X.], an seiner Abschiebung nach [X.] nicht mitzuwirken. Dies sei zur Überzeugung der Kammer mitursächlich dafür, dass die Abschiebung bislang nicht habe durchgeführt werden können.

III.

Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.

1. Die Feststellungen des [X.] sind nicht geeignet, die Verlängerung der Abschiebungshaft über sechs Monate hinaus zu tragen. Dies setzt nach §
62 Abs. 4 Satz 2 [X.] voraus, dass der Ausländer seine Ab-schiebung verhindert. Die Vernichtung des Passes durch den Betroffenen vor seiner Einreise in die [X.] weist nicht den erforderli-chen Bezug zu einer konkret zu erwartenden und sich bereits abzeichnenden Abschiebung auf (vgl. näher Senat, Beschluss vom 19. Januar 2017

V
ZB
99/16, juris Rn.
8
ff.). In Bezug auf die von dem Beschwerdegericht an-genommene pflichtwidrige Verletzung von Mitwirkungspflichten (vgl. §§ 48, 49 [X.], § 15 [X.]) fehlt es an Feststellungen, dass die Ausländerbehörde den Betroffenen über diese belehrt, sie ihn zur Vornahme der im jeweiligen [X.] erforderlichen konkreten Mitwirkungshandlung aufgefordert und der Be-troffene deren Vornahme verweigert hat (Senat, Beschluss vom 19.
Januar
2017 -
V [X.], juris Rn.
13).

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2. Die Verlängerung der Haft durch den Beschluss des Amtsgerichts vom 15.
Juni 2016 ist auch, soweit sie den Zeitraum bis zum 18. Juni 2016 betrifft, rechtswidrig. Zwar überschreitet die Abschiebungshaft bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht die Frist von sechs Monaten. Nach den Ausführungen in dem Antrag auf Haftverlängerung war aber ausgeschlossen, dass
die Abschiebung des [X.] innerhalb von drei Tagen erfolgen
konnte. Die Haft durfte daher auch insoweit nicht aufrechterhalten werden.

3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 74 Abs. 7 FamFG).

Stresemann Brückner Weinland

Kazele

Hamdorf

Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 15.06.2016 -
1 [X.]/16
(B) -
AG [X.], Entscheidung vom 27.06.2016 -
3 [X.] (B) -

LG Traunstein, Entscheidung vom 18.07.2016 -
4 [X.], 4 T 2295/16 -

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Meta

V ZB 116/16

16.02.2017

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.02.2017, Az. V ZB 116/16 (REWIS RS 2017, 15491)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 15491

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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