Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.11.2017, Az. 2 StR 542/16

2. Strafsenat | REWIS RS 2017, 2783

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:081117B2STR542.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
2 StR 542/16
vom
8. November
2017
in der Strafsache
gegen

wegen Beihilfe zum Betrug u.a.

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 8.
November
2017, an der teilgenommen haben:
[X.] am [X.]
Prof. Dr. Krehl

als Vorsitzender,

die [X.] am [X.]
Dr. [X.],
[X.],
[X.]in am [X.]
Dr. [X.],
[X.] am [X.]
Dr. [X.],

Oberstaatsanwalt beim [X.]

in der Verhandlung,
Staatsanwalt beim [X.]

bei der Verkündung

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Amtsinspektorin

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
-
3
-
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 14.
Dezember 2015 im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nach-trägliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§
460, 462 [X.] zu treffen ist.
2.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

[X.] bewiesenen [X.]s hat es den Angeklagten deshalb zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von einem Jahr und sieben Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Nachdem der Angeklagte Revision eingelegt hatte, hat die Strafkammer
den [X.] wegen offensichtlichen Schreibverse-hens

der Einzelfrei-heitsstrafen aus dem Urteil des [X.]
vom 07.01.2015 ([X.].:
1
-
4
-

) und Auflösung der dortigen Gesamtfreiheitsstrafe
zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe

zur Bewährung verurteilt sei. In die schriftlichen Urteilsgründe hat das [X.] den [X.] in dieser berichtigten Fassung
aufgenommen und die nachträgliche Gesamtfreiheitsstrafe in den Urteilsgründen
näher begründet.
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf
die Verletzung formellen und materiellen
Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Sie hat den aus dem [X.] ersichtlichen Teilerfolg und führt zur Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.

I.

Das [X.] hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
1.
Die gesondert verfolgten M.

und B.

gründeten Mitte des
Jahres
2011 die S.

GmbH, die sich mit der Errichtung von Photovoltaikan-
lagen beschäftigte und die Arbeitskräfte benötigte. Die gesondert verfolgten
M.

und B.

bewegten den Angeklagten [X.]

, der zu diesem
Zeitpunkt von Sozialleistungen lebte und über keinerlei wirtschaftliche Erfah-rung verfügte, dazu, gegen eine Entlohnung in Höhe von monatlich 1.000

die Geschäftsführung der Firma pro forma zu übernehmen. Tatsächlich
wurde die Firma von den gesondert verfolgten M.

und B.

geleitet. Der geson-
dert verfolgte M.

kam in der Folgezeit auf die Idee, Gelder
der öffentlichen
Hand für die Vermittlung der von der S.

GmbH benötigten Arbeitskräfte
zu
erlangen. Zu diesem Zweck veranlasste er seine Lebensgefährtin, die geson-dert verfolgte [X.].

, dazu, ein Gewerbe als private Arbeitsvermittlerin anzu-
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-
melden. Diese meldete unter dem 30.
Juni 2011 ein Unternehmen

C.

[X.].

einer
Tätigkeit bei der S.

GmbH interessierten Personen, die er selbst
ebenso wie der gesondert verfolgte B.

und der Angeklagte [X.]

als
Arbeitnehmer anwarb, dazu, sich von dem für sie zuständigen Jobcenter einen Arbeitsvermittlungsgutschein ausstellen zu lassen, der

ebenso wie ein von zwischen
ihnen und der

C.

[X.].

an die gesondert
verfolgte [X.].

weitergereicht werden sollte. Tatsächlich hatte keiner der
Arbeitnehmer
der S.

GmbH Kontakt zu der gesondert verfolgten [X.].

,
die auch im Übrigen keine Vermittlungstätigkeit entfaltete.
Der Angeklagte [X.]

stellte in den verfahrensgegenständlichen
Fällen
für die im Einzelnen aufgeführten Arbeitnehmer eine Bescheinigung über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses mit der S.

GmbH aus und bestä-
tigte auf einem eigens dafür vorgesehenen Formblatt außerdem, dass die Einstellung
auf der Vermittlung durch die gesondert verfolgte [X.].

beruhe,
obwohl dies

wie er wusste

nicht den Tatsachen entsprach. In den [X.] 25 Fällen reichte die gesondert verfolgte [X.].

Vermitt-
lungsgutscheine, [X.] und die von dem Angeklagten [X.]

unterzeichneten Arbeitgeberbestätigungen der S.

GmbH bei den zustän-
digen Jobcentern und Arbeitsagenturen ein, täuschte so eine
angebliche Vermittlungsleistung
vor und erhielt in 18 Fällen zwischen dem 30.
Mai 2012 und dem 16.
August 2012 jeweils Vermittlungsprovisionen in Höhe von 1.000

ausgezahlt, auf die sie

wie sie wusste

keinen Anspruch hatte. In sieben weiteren
Fällen kam es nicht zu einer Auszahlung der Vermittlungsprovisionen, weil die zuständigen Behörden misstrauisch geworden waren.
5
-
6
-
2. Das [X.] hat angenommen, dass die gesondert verfolgten Angeklagten
M.

und
[X.].

des banden-
und gewerbsmäßigen Betrugs und
der gesondert
verfolgte B.

ebenso wie der Angeklagte [X.]

der
Beihilfe hierzu
schuldig seien. Feststellungen zu den exakten Zeitpunkten der
jeweiligen Beihilfehandlungen des Angeklagten [X.]

hat das [X.]
nicht getroffen. Es hat angenommen, dass die einzelnen Taten im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander stehen und hat in sämtlichen Fällen Einzelstrafen in Höhe von sechs Monaten verhängt.

II.
Die Revision des Angeklagten hat den aus dem [X.] ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.
1. Die Formalrüge einer Verletzung der Urteilsabsetzungsfrist (§
338 Nr.
7 [X.])
bleibt aus den vom [X.] in seiner Zuschrift ange-führten Gründen ohne Erfolg.
2. Die auf die Sachrüge hin gebotene umfassende Überprüfung des angegriffenen
Urteils bleibt zum Schuldspruch sowie zum Ausspruch über die Einzelstrafen
ohne Erfolg.
a) Die Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen Beihilfe zum Betrug
(§§
263 Abs.
3, 27 StGB) bzw. wegen Beihilfe zum versuchten Betrug (§§
263 Abs.
3, 22, 27 StGB).
Entgegen der Auffassung der Revision, die sich mit urteilsfremdem Vorbringen
gegen die Feststellungen
zur subjektiven Tatseite wendet, ist der Gehilfenvorsatz des Angeklagten tragfähig belegt. Insoweit genügt es, dass der 6
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-
Gehilfe davon ausgeht, dass er dem Haupttäter ein entscheidendes Tatmittel willentlich an die Hand gibt und damit bewusst das Risiko erhöht, dass eine gerade
durch den Einsatz dieses Mittels geförderte Haupttat verübt wird ([X.], Urteil
vom
18.
April 1996

1
StR 14/96, [X.]St 42, 135, 138). Das [X.] hat sich

auch unter Berücksichtigung des Geständnisses des Angeklagten

rechtsfehlerfrei davon überzeugt, dass der Angeklagte wusste, dass die gesondert
verfolgte [X.].

tatsächlich keine Vermittlungsleistungen erbrachte
und er ihr mit den wahrheitswidrig ausgestellten Bescheinigungen ein Mittel in die Hand gab, um in der Folgezeit die Vermittlungsprovisionen zu Unrecht zu erlangen.
b) Auch die Strafzumessung hält rechtlicher Überprüfung
stand. Das [X.] hat zunächst geprüft, ob sich die Tat des Gehilfen als ein besonders
schwerer Fall des Betrugs darstellt (vgl. dazu [X.],
Urteil
vom
24.
März 2016

2
StR 36/15; NStZ-RR 2016, 205; [X.], Beschluss
vom
31.
Juli 2012

5
StR 188/12, [X.], 342, 343). Es hat dies mit zwar knapper, aber noch tragfähiger Begründung abgelehnt und den Strafrahmen sodann gemäß §§
27, 49 StGB gemildert. Eine

weitere

Strafrahmenver-schiebung gemäß §§
22, 23 Abs. 2, 49 Abs.
1 StGB in den sieben [X.] hat das [X.] mit tragfähiger Begründung abgelehnt. Auch die Straf-zumessung im engeren Sinne begegnet keinen Bedenken.

3. [X.] kann bereits aus formalen Gründen keinen Bestand haben.
Das [X.] hat in den Urteilsgründen zur Bemessung der Gesamt-freiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten ausgeführt, es habe diese aus den verfahrensgegenständlichen 25 Einzelstrafen sowie unter Einbezie-12
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8
-
hung der Einzelstrafen aus dem Urteil des [X.] vom 7.
Januar 2015 im Wege nachträglicher Gesamtstrafenbildung gebildet.
Dies
steht nicht im Einklang mit dem
in der Hauptverhandlung verkünde-ten [X.], wonach eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten allein aus den
verfahrensgegenständlichen Einzelstrafen gebildet worden ist.
Zwar weist die in die [X.] aufgenommene Urteilsformel die Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des [X.] vom 7.
Januar 2015 im Wege nachträglicher Gesamtstrafenbildung (§
55 StGB) aus. Dies beruht jedoch auf dem

undatierten

Berichtigungsbeschluss des Land-gerichts, der unzulässig und damit unwirksam ist. Maßgeblich ist damit die durch die Sitzungsniederschrift bewiesene Urteilsformel, wonach der [X.] wegen der verfahrensgegenständlichen Taten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten verurteilt ist.
a) Eine Berichtigung der Urteilsformel nach Abschluss der mündlichen Urteilsverkündung kommt nur bei einem offensichtlichen [X.] in Betracht ([X.], Urteil vom 16.
Juni 1953

1
StR 508/52, [X.]St 5, 9; Beschluss
vom
28.
Mai 1974

4
StR 633/73, [X.]St 25, 333, 336; [X.], Urteil
vom
14.
Januar 2015

2
StR 290/14, [X.], 119, 120; Beschluss
vom
11.
April 2017

2
StR 345/16, [X.], 212, 213). Bei dieser Prüfung ist ein strenger Maßstab anzulegen, um zu verhindern, dass mit einer solchen Berichtigung
eine unzulässige inhaltliche Abänderung des Urteils verbunden ist ([X.], Urteil
vom
14.
Januar 2015

2
StR 290/14, [X.], 119, 120).
Ein der Berichtigung zugängliches offensichtliches Verkündungsverse-hen kann nur angenommen werden, wenn sich der Fehler ohne Weiteres aus solchen Tatsachen ergibt, die für alle Verfahrensbeteiligten

auch ohne Berich-15
16
17
18
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9
-
tigung

klar zu Tage liegen und der auch nur entfernte Verdacht einer späteren inhaltlichen Änderung des verkündeten Urteils ausgeschlossen ist
([X.], Beschluss
vom
20.
Juni 2017

1
StR 113/17, [X.], 373, 374; [X.]yer-Goßner/[X.], [X.], 60.
Aufl. §
268 Rn.
10; SK-[X.]/[X.], 5.
Aufl.,
§
268 Rn.
17; [X.], 26.
Aufl.,
§
268 Rn.
48). Es muss darüber hinaus eindeutig
und zweifelsfrei erkennbar sein, was das Gericht tatsächlich gewollt und entschieden hat. Hinsichtlich der Frage einer möglichen Berichtigung der mündlich verkündeten
Urteilsformel kann insoweit auch die mündliche Urteils-begründung Berücksichtigung finden ([X.]yer-Goßner/[X.], aaO,
Rn.
10 mwN). In Ansehung der überragenden Bedeutung der Urteilsformel, die

anders als die schriftlichen Urteilsgründe

bei Verkündung schriftlich vorliegen
muss, ist bei einer Berichtigung der Urteilsformel Zurückhaltung gebo-ten ([X.], Urteil
vom
23.
Oktober 1952

5
StR 480/52, [X.]St 3, 245, 247).
b) Gemessen hieran lagen die Voraussetzungen für die vom [X.] vorgenommene Berichtigung der Urteilsformel nicht vor. Die ausweislich der Sitzungsniederschrift mündlich verkündete Urteilsformel lässt
einen offensichtlichen
Fehler oder eine sonstige offensichtliche Unrichtigkeit nicht erkennen. Auch unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände vermag der [X.] nicht mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen, dass ein bloßes
und
offensichtliches [X.] vorlag. Dies gilt auch in Ansehung der vom [X.] in seinem Berichtigungsbeschluss angeführten Umstände, dass die []
Gegenstand der [X.] un
orden
ist.
c) Die Unwirksamkeit der Berichtigung des [X.]s nach Abschluss der Urteilsverkündung führt dazu, dass der Berichtigungsbeschluss im Revisionsverfahren
unbeachtlich ist ([X.], Beschluss
vom
18.
März 2015
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10
-

3
StR 3/15, juris; Beschluss
vom
21.
Dezember 2010

3
StR 440/10, juris; Urteil
vom
14.
November 1990

3
StR 310/90, NStZ 1991, 195).
4. Der [X.] macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Entscheidung über die Bildung einer (nachträglichen) Gesamtfreiheitsstrafe gemäß §
354 Abs.
1b Satz
1 [X.] in das Nachverfahren nach §§
460, 462 [X.] zu verwei-sen.
Der [X.] sieht Anlass zu folgendem Hinweis:
Neben der Höhe der einzubeziehenden Einzelstrafen aus der
Vorverur-teilung sind in der Regel auch die zugrundeliegenden Taten sowie die wesentli-chen [X.] in den Urteilsgründen darzulegen, um dem Revisionsgericht eine Überprüfung dieses Strafzumessungsakts zu ermöglichen
(vgl. [X.], Beschluss vom 11.
Juni 1997

2
StR 134/97, juris; Beschluss
vom 6.
Juni 2017

2
StR 536/16, juris; [X.], Urteil vom 23.
Mai 2013

4
StR 70/13, juris; Beschluss vom 8.
Februar 2011

4
StR 658/10, juris; [X.],
StGB,
64.
Aufl.,
§

55 Rn.
34).
Krehl

[X.] am [X.]

[X.]

Dr. [X.] ist

an der Unterschrifts-

leistung gehindert.

Krehl

[X.]

[X.]

21
22
23

Meta

2 StR 542/16

08.11.2017

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.11.2017, Az. 2 StR 542/16 (REWIS RS 2017, 2783)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 2783

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