Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.08.2004, Az. 5 StR 134/04

5. Strafsenat | REWIS RS 2004, 2018

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5 [X.]/04BUNDESGERICHTSHOFIM [X.] DES VOLKESURTEILvom 4. August 2004in der [X.] versuchten Mordes u. [X.] 2 -Der 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom [X.], an der teilgenommen haben:[X.] als Vorsitzender,[X.],[X.] Raum,[X.] Brause,[X.] [X.] beisitzende [X.],[X.] Vertreter der [X.],Rechtsanwaltals Verteidiger,[X.] Vertreterin der Nebenklägerin,[X.] Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,- 3 -für Recht erkannt:Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 21. November 2003 wird verworfen.Es wird davon abgesehen, dem Angeklagten die Kosten [X.] des Revisionsverfahrens aufzuerlegen. Er hat [X.] die der Nebenklägerin durch seine Revision entstande-nen notwendigen Auslagen zu tragen.[X.] Von Rechts wegen [X.]G r ü n d eDas [X.] hat den Angeklagten des versuchten Mordes in [X.] mit versuchter sexueller Nötigung und gefährlicher Körperverletzungsowie des Diebstahls schuldig gesprochen und ihn unter Einbeziehung vondrei [X.] zu einer Einheitsjugendstrafe von sechs Jahren und sechsMonaten verurteilt. Die dagegen mit der Sachrüge geführte Revision des [X.] bleibt erfolglos.1. Das [X.] hat folgende Feststellungen getroffen:Der knapp 20 Jahre alte Angeklagte verbrachte den Abend des15. April 2003 in einer [X.] Gaststätte. Er traf auf mehrere Bekannte,darunter die Nebenklägerin [X.]und [X.] , die er wäh-rend einer Faschingsfeier in diesem Lokal kennengelernt hatte. [X.] tanzte zunächst mit [X.]. Diesen wollte sie eifersüchtig machen.Deshalb flirtete sie mit dem Angeklagten. Es kam zum Austausch von Küs-- 4 -sen und Zärtlichkeiten. Der Angeklagte deutete gegenüber mehreren Perso-nen an, daß er mit [X.]sexuell verkehren wolle. Gegen zwei [X.] die alkoholisierte [X.]den Angeklagten, sie zu ihrer nahegele-genen Wohnung zu begleiten. Dort angekommen, drückte der mit einer Blut-alkoholkonzentration von 1,9 › unter [X.] stehende kräftige Ange-klagte die schmächtige [X.] gegen deren Willen in ihre Wohnung,schloß die Wohnungstür und schob die Frau in das Wohnzimmer. [X.]forderte den Angeklagten auf, die Wohnung zu verlassen. Der Ange-klagte drückte die Frau zu Boden, setzte oder legte sich auf sie und verur-sachte dadurch eine Rippenserienfraktur. —[X.]wehrte sich undschrie um Hilfe. Der Angeklagte hielt ihr den Mund und die Nase zu undsagte, wenn sie jetzt nicht ruhig sei, werde er sie umbringen. Als [X.]weiterhin versuchte, den Angeklagten abzuwehren und sich zu befreien,umfaßte er ihren Hals mit seinen Händen und würgte [X.]kraftvoll,bis sie bewußtlos wurde und reglos am Boden lag. Anschließend entkleideteder Angeklagte ihren Genitalbereich, um mit ihr den Geschlechtsverkehrdurchzuführen, jedoch ohne daß es hierzu kam, ließ er von ihr [X.] ([X.]. 10 f.). Der Angeklagte schüttete Wasser auf die Bewußtlose und hüllte [X.] eine Decke. Er —hielt es für möglich, daß [X.] nicht mehr lebte. [X.], daß seine Handlung dazu geeignet war, [X.] erheblich zuverletzen und ihren Tod herbeizuführen. Er nahm billigend in Kauf, daß [X.] eine lebensgefährliche Verletzung erleidet und stirbt, um [X.] des Geschlechtsverkehrs zu erzwingenfi ([X.] 11).Der Angeklagte nahm sodann eine Geldbörse mit etwa 100 Euro ausder Jacke der [X.]. Ferner nahm er den zweiten [X.] im Flur an sich und verließ die Wohnung. Gegen 7.30 Uhr erwachte [X.]. Sie konnte den Notarzt anrufen. Nach dreitägiger Behandlung inder Intensivstation wurde die Lebensgefahr überwunden, die durch die [X.] und das Würgen bis zur Bewußtlosigkeit hervorgerufen wordenwar. [X.] leidet noch immer unter Alpträumen und lebt in der Angst,erneut in ihrer Wohnung Opfer einer Straftat zu werden.- 5 -2. Die Revision des Angeklagten zeigt keinen durchgreifendenRechtsfehler [X.]) Zwar hat das [X.] zur Feststellung des Tötungsvorsatzesund des [X.] Befriedigung des [X.] keine ins [X.] gehende Beweiswürdigung vorgenommen. Solches war hier angesichtsder den Vorsatz und das Mordmerkmal begründenden offen zu Tage liegen-den objektiven Tatsachen und der von dem Angeklagten geäußerten Todes-drohung auch nicht unerläßlich (vgl. [X.]R StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz [X.] 57; [X.]R StGB § 211 Abs. 2 Befriedigung des [X.] 2).Der daraus von der [X.] gezogene Schluß auf den subjektivenTatbestand ist ohne weiteres tragfähig. Der Angeklagte hatte bereits in [X.] die Vornahme des Geschlechtsverkehrs mit [X.] ange-kündigt und den ersten Widerstand des Opfers durch Zufügung der lebens-gefährlichen Rippenfraktur überwunden. Weiterem Widerstand und den Hil-feschreien begegnete der Angeklagte zunächst mit der Drohung, [X.]umzubringen. Nachdem diese Drohung ergebnislos geblieben war, dadas Opfer sich wehrte, würgte der Angeklagte [X.] kraftvoll bis [X.] der [X.] mehrere Stunden anhaltenden [X.] Bewußtlosigkeit. Damit [X.] Angeklagte seinen zuvor geäußerten Tötungswillen durch Vornahme [X.] verwirklicht. Das kraft-volle Würgen hatte unter diesen Umständen seine Eignung als bloße Verlet-zungshandlung bereits vollständig verloren (vgl. [X.]R StGB § 212 Abs. [X.] bedingter 57). Der Angeklagte verfolgte damit auch das Ziel weiter,seinen Geschlechtstrieb zu befriedigen. Denn nachfolgend entkleidete er[X.] im [X.]) Nach den Darlegungen des [X.]s verbleiben auch [X.] hinsichtlich der für eine Vorsatzbildung erforderlichen Erkenntnisfä-higkeit und Willenskräfte des Angeklagten (vgl. [X.]R StGB § 212 Abs. [X.] bedingter 54). Zwar hat das [X.] solches nicht ausdrücklicherörtert. Der Senat entnimmt aber den vom psychiatrischen [X.] 6 -gen übernommenen Feststellungen und dem weiteren Tatgeschehen, daßkeine die Vorsatzbildung beeinträchtigenden psychischen Faktoren zur Wir-kung gelangten. Der Angeklagte litt zwar an einer leichten Intelligenzminde-rung, die dazu führte, daß er komplexere Sachverhalte und Probleme nurschwer überschauen konnte. Die im Alltag geltenden Normen waren ihm [X.] gut bekannt, und er konnte sich auch danach verhalten. Die hier [X.] zu leistende Erkenntnis, daß kräftiges Würgen bis zur Bewußt-losigkeit zur Herbeiführung des Todes geeignet ist, erfordert aber geradenicht die Bewertung eines komplexen Sachverhalts, sondern zählt zu demauch dem Angeklagten zur Verfügung stehenden Erfahrungswissen. [X.] die Alkoholisierung des Angeklagten keine andere Bewertung von [X.] intellektueller Leistungsfähigkeit erfordert, belegt auch der Umstand, daßder Angeklagte sich die in der Gaststätte erworbene Erkenntnis vom [X.] erheblichen Geldbetrages der [X.]([X.] 9, 20 f.) nach [X.] zunutze machte und den Geldbeutel seinesOpfers [X.]) Das Verhalten des Angeklagten nach dem Würgen rechtfertigt keineandere Betrachtung. Die naheliegende Wertung des [X.]s, der Ange-klagte habe aufgrund der wesentlich veränderten Umstände sein [X.] nicht weiterverfolgt ([X.] 28 f.), stellt den Tötungsvorsatz und [X.] nicht in Frage. Zwar hat das [X.] die aufgrund derAussage der Zeugin P festgestellten Handlungen des Angeklagten, [X.] mit Wasser zur Wiederbelebung und Zudecken [X.], nicht [X.] wie die Verteidigung es für geboten hält [X.] als Ausdruck [X.] des Angeklagten für das noch für lebend gehaltene Opfer bewertet,was einen vorherigen Tötungsvorsatz in Frage stellen könnte. Solches warvor dem Hintergrund eines naheliegenden spontanen Handlungsantriebsnach der bedrückenden Wahrnehmung der regungslosen schwerverletztenFrau aber auch nicht geboten, um eine Lücke in der Beweiswürdigung zuvermeiden, zumal der Angeklagte durch Begehung des Diebstahls rasch seinnächstes Handlungsziel erkannt und verwirklicht [X.] -d) Damit ist die Wertung des [X.]s, der Angeklagte habe [X.] für möglich gehalten, daß [X.] nicht mehr lebe, als er [X.] verließ, nicht zu beanstanden. Seine Überlegung, die [X.] auf Grund der Verletzungen versterben, versteht sich danach vonselbst. Ein Rücktritt von dem hier ersichtlich vorliegenden beendeten [X.] (vgl. [X.]St 39, 221, 227) scheidet aus. Die von dem Angeklagten [X.] erkannte Erfolglosigkeit seiner Wiederbelebungsversuche ändert [X.]. Der durchweg sprunghaft agierende Angeklagte hat sich danach nichtmehr im Sinne von § 24 Abs. 1 Satz 2 StGB bemüht, die Vollendung zu [X.]) Der Senat kann dahingestellt lassen, ob hinsichtlich des tateinheit-lich begangenen [X.] ein Rücktritt bereits deshalb ausgeschlossenist, weil schon das Ausziehen nach zur Durchführung des [X.] eingesetzter Gewalt eine vollendete sexuelle Nötigung darstellt (vgl.[X.], [X.]. vom 31. Juli 2002 [X.] 1 StR 241/02; [X.] NStZ 1993, 78). [X.] Annahme eines bloßen Versuchs ist der Angeklagte nicht beschwert. [X.] davon scheidet nach dem eindeutigen Gesamtzusammenhang [X.] wegen Fehlschlags aus (vgl. [X.]St 39, 221, 228).3. Auch die Bemessung der Jugendstrafe hält [X.] stand. Zwar stoßen die Erwägungen des [X.]s, bei Anwen-dung des allgemeinen Strafrechts spreche gegen eine Strafmilderung wegenVersuchs, daß dessen Handlungsunwert nicht wesentlich hinter dem [X.] der vollendeten Straftat zurückgeblieben sei, bezogen auf denversuchten Mord auf erhebliche Bedenken. Zudem durfte die [X.]nicht in erster Linie auf das Tatunrecht abstellen (vgl. [X.]R [X.] § 18Abs. 2 Erziehung 10), dem für die Beurteilung der Schuldschwere lediglichinsoweit Bedeutung zukommt, als es auch Rückschlüsse auf das Maß [X.] zuläßt (vgl. [X.]R [X.] § 17 Abs. 2 schädliche Neigungen 8 m.w.[X.] Bedenken greifen aber nicht durch, weil die [X.] das insge-- 8 -samt massive Tatbild zutreffend bewertet und unter Berücksichtigung [X.] zu einem vertretbaren Ergebnis gefunden hat.[X.] [X.] RaumBrause Schaal

Meta

5 StR 134/04

04.08.2004

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.08.2004, Az. 5 StR 134/04 (REWIS RS 2004, 2018)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2018

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