Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.04.2005, Az. 5 StR 22/05

5. Strafsenat | REWIS RS 2005, 4213

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5 StR 22/05
BUNDES[X.]ERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
vom 6. April 2005 in der Strafsache gegen

wegen Totschlags u. a.

- 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat auf [X.]rund der Hauptverhand-lung vom 5. und 6. April 2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin [X.],

Richterin [X.], [X.] Raum, [X.] Brause, [X.]

als [X.],

Oberstaatsanwalt beim [X.]

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt [X.], Rechtsanwalt [X.]

als Verteidiger,

Rechtsanwalt [X.], Rechtsanwalt K

als Vertreter der Nebenklägerin,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der [X.]eschäftsstelle,
- 3 - am 6. April 2005 für Recht erkannt:

1. Die Revision der Staatsanwaltschaft und die Revision der Nebenklägerin gegen das Urteil des [X.] vom 29. Juni 2004 werden verworfen.
2. Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten im [X.] entstandenen notwendigen Auslagen. Die Nebenklägerin trägt die Kosten ihres Rechtsmit-tels. Die im Revisionsverfahren entstandenen gerichtli-chen Auslagen tragen die Staatskasse und die Neben-klägerin je zur Hälfte.
[X.] Von Rechts wegen [X.]

[X.] r ü n d e
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Totschlags in Tatein-heit mit unerlaubtem Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Die Staatsanwaltschaft, deren Re-vision vom [X.]eneralbundesanwalt nicht vertreten wird, und die Nebenklägerin erstreben mit ihren Rechtsmitteln eine Verurteilung wegen Mordes. Die [X.] bleiben erfolglos.
1. Das [X.] hat im wesentlichen folgende Feststellungen ge-troffen: - 4 - Der 46 Jahre alte Angeklagte, ein ehemaliger Offizier der [X.], nahm bei dem aus [X.] stammenden Autohändler [X.]gelegentlich hoch verzinsliche Darlehen für sein Kfz-Handelsunternehmen auf. [X.]verlangte im Oktober 2003 mehrfach die umgehende Rückzahlung eines seit März 2003 geschuldeten Betrages von 3.000 •. Der Angeklagte war zur vollständigen Rückzahlung aber nicht in der Lage. Am Abend des 21. Oktober 2003 suchte der Angeklagte den Auto-verkaufsplatz seines [X.]läubigers auf. In seiner Jackentasche führte er eine mit acht Patronen geladene und einem Schalldämpfer versehene Pistole mit sich. Damit wollte er [X.]notfalls einschüchtern und einen weiteren Zahlungsaufschub durchsetzen. Der Angeklagte bot die Zahlung von 1.000 • an und stellte die Begleichung der Restschuld nach erwarteten eigenen Zah-lungseingängen für die nächste [X.] in Aussicht. Damit war [X.]nicht einverstanden. Er verlangte die vollständige Begleichung der Schulden noch am selben Tag und drohte, die Kinder des Angeklagten könnten zu Invaliden werden. Er forderte den Angeklagten auf, über die [X.]esundheit seiner Familie nachzudenken; er werde noch heute seine Leute mobilisieren. Dagegen ver-wahrte sich der Angeklagte unter anderem mit den Worten: —Wenn du oder jemand anderes [X.] oder meiner Familie etwas antun sollten, wirst du dafür [X.] Er holte gleichzeitig [X.] aus Sorge um seine Familie [X.] die Pistole aus der Jacke und richtete sie auf seinen Widersacher, um diesen einzuschüch-tern. Als [X.]die Waffe sah, versuchte er sofort, sie dem Angeklagten mit einem Fußtritt aus der Hand zu schlagen. Der Angeklagte kam diesem aber zuvor und schoß zweimal auf seinen [X.]läubiger. Der Schalldämpfer fiel zu Boden. [X.]brüllte den Angeklagten an, daß dieser —ein toter Mannfi sei. Daraufhin schoß der Angeklagte sechsmal auf sein Opfer, um ihn zu tö-ten. [X.] verstarb trotz einer mehrstündigen Notoperation am [X.] aufgrund nicht mehr beherrschbarer Blutungen.
Das Schwurgericht hat nicht ausschließen können, daß der Ange-klagte mit den beiden ersten Schüssen seinen [X.]egner nur verletzen wollte - 5 - und diese [X.]eschosse den rechten Oberschenkel und den rechten Fuß des Opfers trafen.
2. Den Revisionen bleibt der Erfolg versagt.

a) Die von der Nebenklägerin erhobenen Aufklärungsrügen sind nicht zulässig (vgl. B[X.]HR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Aufklärungsrüge 6). Sie [X.] schon die Beweismittel letztlich offen und benennen keine bestimmt zu erwartenden Beweisergebnisse.
b) Die Sachrügen zeigen keinen Rechtsfehler auf.

aa) Ein Darlegungsfehler ergibt sich nicht daraus, daß das [X.] die Einlassung des Angeklagten nicht gesondert dargestellt hat (vgl. B[X.]HR StPO § 267 Abs. 1 Satz 2 Einlassung 1). Die Einlassung des Ange-klagten erschließt sich aus den Darlegungen zu den einzelnen [X.]. Die Bewertung der Angaben des Angeklagten kann anhand des [X.] zureichend geprüft werden.
[X.]) Die den Feststellungen des [X.]s zugrunde liegende Be-weiswürdigung ist nicht zu beanstanden. Das Schwurgericht hat das Tatge-schehen zwar im wesentlichen aufgrund der Einlassung des Angeklagten festgestellt. Solches wäre aber nur rechtsfehlerhaft, wenn das [X.] die entlastenden Angaben ohne weiteres als unwiderlegt hingenommen hätte (vgl. B[X.]H NJW 2003, 2179 m.w.[X.]). So ist es hier aber nicht. Das [X.] hat die Einlassung des Angeklagten mit zahlreichen anderen Beweiser-gebnissen [X.] insbesondere dem [X.]utachten des [X.] und Zeugenaus-sagen zur [X.]eschäftspraxis des Opfers [X.] in Beziehung gesetzt und erwogen. Zu einer eigenen abweichenden [X.]esamtwürdigung der belastenden Indizien ist der [X.] nicht befugt (vgl. B[X.]HR StPO § 261 Beweiswürdigung 2; B[X.]HSt 36, 1, 14). Soweit die Revisionen mit urteilsfremden Erwägungen die Beweiswürdigung angreifen, bleibt dies erfolglos (vgl. B[X.]HSt 35, 238, 241). - 6 - Damit fehlt den weitergehenden Angriffen der Revisionen, das [X.] habe es unterlassen, eine Tötung in [X.] zu prüfen, schon die tatsächliche [X.]rundlage. Der Angeklagte hat die letzten sechs Schüsse [X.] ohne Schalldämpfer [X.] in Tötungsabsicht abgegeben, um der vom Opfer gegen den Angeklagten und seine Familie ausgesprochenen —Bedro-hung den Boden zu entziehenfi. Der Angeklagte tötete demnach, um sich und seine Familie vor befürchteten Angriffen des [X.]

zu schützen. Dies steht der Annahme eines Handelns zur Verschleierung der dem Opfer beige-fügten Verletzungen oder zur Vermeidung außerstrafrechtlicher Konsequen-zen (vgl. B[X.]HSt 41, 8) entgegen. Eine solche Betrachtung verstieße auch gegen den [X.], weil sich ein für den Angeklagten günstiger [X.] zu einer belastenden Folge [X.] der Annahme des Mordmerkmals [X.] wen-den würde (vgl. B[X.]H StV 2001, 553).
[X.]) Das [X.] hat auch die Arglosigkeit des Opfers fehlerfrei verneint. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] kommt es beim heimtückisch begangenen Mord hinsichtlich der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers auf den Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs an (B[X.]HR St[X.]B § 211 Abs. 2 Heimtücke 16 m.w.[X.]). Allerdings kann das Opfer auch dann arglos sein, wenn der Täter ihm zwar offen feindselig ent-gegentritt, die [X.]spanne zwischen dem Erkennen der [X.]efahr und dem [X.] Angriff aber so kurz ist, daß keine Möglichkeit bleibt, dem Angriff irgendwie zu begegnen (B[X.]H aaO m.w.[X.]). So liegt es hier aber nicht. Der Angeklagte zog seine Pistole nach einem Streit, um seinen [X.]egner einzu-schüchtern. Auf die [X.]egenwehr des [X.] gab der Angeklagte zwei Schüsse ab, die das Opfer verletzten. Erst nach dessen weiterer Drohung faßte der Angeklagte den Tötungsvorsatz und erschoß M

. Die tödli-chen Schüsse erfolgten unter diesen Umständen in einer durch die Abwehr, die Verletzung und die Drohung des Opfers geänderten Situation. Bei dieser Sachlage kann nicht davon gesprochen werden, es sei von Beginn an keine [X.] zu irgendwie gearteten [X.]egenmaßnahmen geblieben (vgl. B[X.]HR aaO; B[X.]H NStZ-RR 1999, 234). - 7 - [X.]) Soweit der Angeklagte nicht auch wegen gefährlicher Körperver-letzung verurteilt worden ist, begegnet dies keinen Bedenken. Das [X.] hat unter Anwendung des [X.]es angenommen, daß der Ange-klagte die beiden ersten Schüsse noch nicht mit Tötungsvorsatz abgegeben hat. In einer solchen Fallgestaltung ist der [X.], der zur Verneinung eines versuchten Totschlags führte, bei der Beurteilung der Konkurrenzen nochmals heranzuziehen (vgl. B[X.]HSt 47, 243 m.w.[X.]). Danach würden die Verbrechen des versuchten und vollendeten Totschlags zum Nachteil des gleichen Opfers in Tateinheit stehen. Dabei tritt der Versuch als materiell subsidiär zurück (vgl. B[X.]H [X.]A 19, 56, 26, 28; [X.]/Kühl, St[X.]B 25. Aufl. vor § 52 Rdn. 26).
3. Soweit die Verteidigung in der Revisionshauptverhandlung im Blick auf § 301 StPO die Strafzumessung als gegen § 46 Abs. 3 St[X.]B ver-stoßend angegriffen hat, greift dies nicht durch. Die Abgabe von insgesamt acht Pistolenschüssen auf das unbewaffnete Opfer durfte als intensive Tat-ausführung strafschärfend gewertet werden.
4. Wegen der Kostenentscheidung verweist der [X.] auf B[X.]HSt 11, 189.
[X.] [X.]erhardt Raum Brause [X.]

Meta

5 StR 22/05

06.04.2005

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.04.2005, Az. 5 StR 22/05 (REWIS RS 2005, 4213)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4213

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