Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.06.2009, Az. XII ZR 145/07

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 2902

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/07 Verkündet am: 24. Juni 2009 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] § 566 a; BGB a.F. § 572 Der durch das Mietrechtsreformgesetz eingefügte § 566 a BGB findet keine Anwendung, wenn zwar der dingliche Erwerb des Mietobjekts nach dem [X.] am 1. September 2001 erfolgt ist, das diesem Erwerb zugrunde liegende schuldrechtliche Rechtsgeschäft jedoch bereits vor diesem [X.]punkt abgeschlossen worden ist. In diesem Fall bleibt es bei der [X.] des § 572 BGB a.F. [X.], Urteil vom 24. Juni 2009 - [X.]/07 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. Juni 2009 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.] Dr. [X.], [X.], Dose und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 20. September 2007 aufgeho-ben. Die Berufung gegen das Urteil der 34. Zivilkammer des Landge-richts [X.] vom 5. Oktober 2006 wird auf Kosten der Klägerin zu-rückgewiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Rückzahlung einer von ihr [X.] Mietsicherheit. 1 Die Klägerin schloss am 30. Januar 1996 mit einem [X.] einen Mietvertrag über eine Lagerfläche auf einem von [X.] 1994 gekauften [X.]. Die vereinbarte Sicherheit in Höhe von zwei Monatsmieten ("Mietkosten-vorauszahlung" über 47.817 DM) hatte sie bereits zuvor an [X.] überwiesen. [X.] wurde am 16. Oktober 1996 als Eigentümer des Grundstücks [X.] - 3 - gen. Am 9. November 1996 wurde über das Vermögen des [X.] das Gesamt-vollstreckungsverfahren eröffnet. 3 Am 16. Mai 2001 erklärte der Gesamtvollstreckungsverwalter die [X.] an den Beklagten zu Alleineigentum; für diesen wurde am 25. Mai 2001 eine Eigentumsverschaffungsvormerkung eingetragen. Am 14. März 2002 wurde der Beklagte als Eigentümer eingetragen. Die Klägerin kündigte das Mietverhältnis zum 30. November 2004. Sie fordert vom Beklagten Rückzahlung der an [X.] erbrachten Sicherheitsleistung sowie Schadensersatz für deren nicht erfolgte Verzinsung. 4 Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläge-rin hat das [X.] den Beklagten antragsgemäß verurteilt, an die Klä-gerin [X.] • mit Zinsen für die [X.] vom 1. Januar 1996 bis 31. Mai 2005 in Höhe von 2.182 • sowie Verzugszinsen zu zahlen. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der zugelassenen Revision. 5 Entscheidungsgründe: Das Rechtsmittel hat Erfolg. 6 1. Nach Auffassung des [X.] ist der Beklagte gemäß § 566 BGB - mit dem Erwerb des die vermietete Lagerfläche umfassenden [X.]s - in das bis dahin zwischen der Klägerin und [X.] bestehende Mietver-hältnis eingetreten. Er sei deshalb nach § 566 a Abs. 1 BGB zur Rückzahlung der von der Klägerin an [X.] erbrachten Sicherheitsleistung verpflichtet - und zwar ungeachtet der Tatsache, dass er weder diese Sicherheit von [X.] oder 7 - 4 - dem Zwangsverwalter ausgehändigt erhalten noch sich gegenüber [X.] oder dem Zwangsverwalter zu deren Rückgewähr verpflichtet habe (so aber noch § 572 Satz 2 BGB a.F.). Der vom Mietrechtsreformgesetz eingefügte § 566 a BGB, für den es keine Überleitungsvorschrift gebe, sei anwendbar. Denn die Veräußerung an den Beklagten sei erst nach dem Inkrafttreten dieser Vorschrift (am 1. September 2001) - mit seiner Eintragung in das Grundbuch am 14. März 2002 - erfolgt. Der Umstand, dass die Auflassung noch unter der Geltung des früheren Rechts erklärt worden sei, stehe nicht entgegen. Zwar habe der [X.] die zeitliche Geltung des § 566 a BGB hinsichtlich solcher Er-werbsvorgänge eingeschränkt, die vor dem Inkrafttreten dieser Regelung gele-gen hätten. Hierbei habe es sich aber um Sachverhalte gehandelt, in denen - anders als im vorliegenden Fall - auch die Eintragung im Grundbuch vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts erfolgt sei. Die Erstreckung des § 566 a BGB auf den vorliegenden Fall stelle sich als eine nur unechte Rückwirkung dar, die zulässig sei. Zwar habe der Beklagte - bei Zugrundelegung des damals noch geltenden § 572 Satz 2 BGB a.F. - für den Fall der Beendigung des Mietver-hältnisses mit der Klägerin keine Verpflichtung zur Kautionsrückzahlung be-fürchten und deshalb auch keine Vorkehrungen - etwa im Kaufvertrag mit dem Gesamtvollstreckungsverwalter - treffen müssen. Dennoch sei das Vertrauen des Beklagten auf den Fortbestand der bisherigen Rechtslage nicht schutzwür-dig. Der notarielle Kaufvertrag zwischen dem Gesamtvollstreckungsverwalter und dem Beklagten sei zwar bereits am 16. Mai 2001 geschlossen worden. Auch wenn das Mietrechtsreformgesetz erst danach - am 19. Juni 2001 - ver-kündet worden sei, so sei die entsprechende Beschlussfassung des [X.] aber schon vor Abschluss des Kaufvertrags - nämlich am 29. März 2001 - erfolgt. Der Beklagte habe deshalb bei Abschluss des Kaufvertrags mit der Gesetzesänderung rechnen und dieser erforderlichenfalls durch entspre-chende vertragliche Regelungen begegnen müssen. - 5 - 2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der durch das Mietrechtsreformgesetz eingefügte § 566 a BGB findet keine Anwendung, wenn zwar der dingliche Erwerb des Mietobjekts nach dem [X.] am 1. September 2001 erfolgt ist, das diesem Erwerb zugrunde liegende schuldrechtliche Rechtsgeschäft jedoch bereits vor diesem [X.]punkt abgeschlossen worden ist. In diesem Fall bleibt es bei der [X.] des § 572 BGB a.F. 8 a) Das [X.] geht zu Recht davon aus, dass nach § 566 a BGB der Erwerber eines vermieteten Grundstücks (vgl. § 578 Abs. 1 BGB) un-eingeschränkt in die Rechte und Pflichten eintritt, die sich daraus ergeben, dass der Mieter dem bisherigen Vermieter für die Erfüllung seiner Pflichten Sicherheit geleistet hat. Damit geht die Vorschrift über die bis dahin geltende Regelung des § 572 BGB a.F. hinaus. Danach war der Erwerber dem Mieter bei [X.] nur dann zur Rückgewähr einer von diesem an den bisherigen Vermieter geleisteten Sicherheit verpflichtet, wenn der bisherige Vermieter dem Erwerber diese Sicherheit ausgehändigt hatte oder wenn der Erwerber gegenüber dem bisherigen Vermieter dessen Verpflichtung zur Rück-gewähr übernommen hatte (§ 572 Satz 2 BGB a.F.). 9 Richtig ist auch, dass das Inkrafttreten des § 566 a BGB (am [X.] 2001) von keiner Übergangsregelung begleitet wird. Ebenso trifft zu, dass der [X.] - auch der [X.] - zwar die Anwendung des § 566 a BGB in Fällen eingeschränkt hat, in denen der Eintritt des Erwerbers eines vermieteten Grundstücks in das bestehende Mietverhältnis auf [X.] beruht, die bereits vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts erfolgt sind; die hierzu ergangenen Entscheidungen hatten, worauf das [X.] zu Recht hinweist, jedoch Sachverhalte zum Gegenstand, in denen der dingli-che Erwerbsvorgang vor dem 1. September 2001 abgeschlossen, der Erwerber 10 - 6 - also - anders als hier der Beklagte - bei Inkrafttreten des neuen Rechts bereits als Eigentümer im Grundbuch eingetragen war. 11 Wie der [X.] - auch der [X.] - dargelegt hat, entspricht es in derartigen Fällen dem Willen des Gesetzgebers, das berechtigte [X.] eines Grundstückserwerbers zu schützen, die dem Veräußerer gezahlte Kaution nur unter den in § 572 Satz 2 BGB a.F. genannten Voraussetzungen erstatten zu müssen. Der Gesetzgeber hat in Art. 229 § 3 EGBGB zum Aus-druck gebracht, dass aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Rechtssi-cherheit für Miet- und Pachtverträge [X.] erforderlich sind. Begründet wird dies damit, dass diese Verträge zum Teil schon lange vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts bestanden haben und Mieter und Vermieter ihre Verträge entsprechend der alten Rechtslage gestaltet haben. Letzteres gilt in gleicher Weise für Kaufverträge über vermietete Grundstücke, die vor dem 1. September 2001 abgeschlossen und abgewickelt worden sind. In vielen Fäl-len wird der Erwerber die [X.] bei den Verhandlungen über den Kaufpreis und bei der Abwicklung des [X.] nicht berücksich-tigt haben. Hierzu wird für ihn in der Regel auch kein Anlass bestanden haben, da eine Haftung des Erwerbers nach der [X.] nur in Betracht gekommen ist, wenn diesem die Kaution ausgehändigt worden ist oder er gegenüber dem Veräußerer die Pflicht zu deren Rückgewähr übernommen hat ([X.] Urteil vom 9. März 2005 - [X.] - NJW-RR 2005, 962, 963 f.; [X.]surteil vom 16. November 2005 - [X.] ZR 124/03 - NJW-RR 2006, 443, 444; jeweils m.w.[X.]). b) Diese Überlegungen können indes auch für solche - vom Bundesge-richtshof bislang nicht entschiedenen - Fälle Geltung beanspruchen, in denen zwar der Erwerbsvorgang erst nach dem Inkrafttreten des neuen Rechts abge-schlossen wird, der dem Veräußerungsgeschäft als causa zugrunde liegende schuldrechtliche Vertrag aber bereits vorher, also unter der Geltung des [X.] - 7 - ren Rechts, zustande gekommen ist. Denn auch in diesen Fällen wird für den Erwerber regelmäßig - mit Blick auf das im [X.]punkt des schuldrechtlichen [X.] geltende Recht - keine Veranlassung bestanden haben, die - dem Erwerber damals nur unter den engen Voraussetzungen des § 572 Satz 2 BGB a.F. obliegende - Rückzahlung der Kaution in besonderer Weise, etwa über den Kaufpreis, zu regeln (vgl. - freilich mit im Grundsatz kritischer Tendenz - auch [X.]. § 566 a Rdn. 5; a.A. Blank/ [X.] Miete 3. Aufl. § 566 a Rdn. 31). Dem [X.] ist zuzugeben, dass der verfassungsrechtlich gebo-tene Vertrauensschutz einer "unechten" Rückwirkung des § 566 a BGB auf vor seinem Inkrafttreten geschlossene, aber dinglich noch nicht oder nicht [X.] abgewickelte Kaufverträge jedenfalls in solchen Fällen nicht notwendig ent-gegensteht, in denen - wie hier - die an Verkauf und Veräußerung Beteiligten aufgrund des bereits vorliegenden Gesetzesbeschlusses des [X.] zumindest die Möglichkeit hatten, sich bei ihrer Vertragsgestaltung auch auf die vom Mietrechtsreformgesetz geschaffene neue Rechtslage einzu-stellen. Indes hat der [X.] seine den zeitlichen Geltungsbereich des § 566 a BGB einschränkende Rechtsprechung nicht vorrangig auf verfas-sungsrechtliche Überlegungen gestützt; er hat seine Auffassung hierzu vielmehr primär mit einer am Willen des historischen Gesetzgebers orientierten Ausle-gung des § 566 a BGB begründet. Bei einer solchen Auslegung wird sich der zeitliche Anwendungsbereich des § 566 a BGB im Interesse der [X.] und leichten Handhabbarkeit nur generell bestimmen und nicht danach [X.] lassen, ob der Erwerber des vermieteten Grundstücks im Einzelfall Ver-trauensschutz genießt. Auch eine Differenzierung danach, ob die für eine Rege-lung der Kautionsfrage maßgebenden Abreden zwischen Erwerber und Veräu-ßerer vor oder nach dem Gesetzesbeschluss zum Mietrechtsreformgesetz ge-troffen worden sind, erscheint praktisch unbefriedigend und kann nicht als vom 13 - 8 - Gesetzgeber gewollt angenommen werden; sie findet in den vom Gesetzgeber in Art. 229 § 3 EGBGB ausdrücklich getroffenen Übergangsregelungen auch keine Parallele. 14 Aus § 111 [X.] lässt sich - entgegen der Auffassung der Revisionsbe-klagten - nichts Gegenteiliges herleiten. Diese Vorschrift eröffnet demjenigen, der vom Insolvenzverwalter einen vom Schuldner vermieteten unbeweglichen Gegenstand erworben hat und anstelle des Schuldners in das Mietverhältnis eingetreten ist, ein Kündigungsrecht. Schon im Hinblick auf die völlig andere Rechtfolge lassen sich aus dieser Regelung keine Schlüsse auf den zeitlichen Anwendungsbereich des § 566 a BGB ziehen. 3. Nach allem kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand ha-ben. § 566 a BGB vermag das Begehren der Klägerin auf Rückzahlung der Kaution nicht zu rechtfertigen. Die Voraussetzungen des § 572 Satz 2 BGB a.F. liegen nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Kammerge-richts nicht vor. Der [X.] kann daher in der Sache selbst abschließend [X.]. Die Entscheidung führt zur Aufhebung des angefochten Urteils und 15 - 9 - zur Zurückweisung der Berufung der Klägerin gegen das klagabweisende Urteil des [X.]s. Frau Vorsitzende Richterin am [X.] [X.] [X.] [X.] ist im Urlaub und kann deshalb nicht unterschreiben.
[X.] [X.] Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom 05.10.2006 - 34 O 173/06 - KG [X.], Entscheidung vom 20.09.2007 - 8 U 190/06 -

Meta

XII ZR 145/07

24.06.2009

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.06.2009, Az. XII ZR 145/07 (REWIS RS 2009, 2902)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 2902

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZR 124/03 (Bundesgerichtshof)


VIII ZR 11/03 (Bundesgerichtshof)


VIII ZR 381/03 (Bundesgerichtshof)


VIII ZR 304/10 (Bundesgerichtshof)

Wohnraummietverhältnis: Vertragseintritt des Letzerwerbers einer Veräußerungskette trotz Nichtweiterleitung einer an einen ehemaligen Vermieter unter Geltung …


VIII ZR 304/10 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

8 U 190/06

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.