Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.06.2011, Az. VIII ZR 304/10

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 6087

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII
ZR
304/10
Verkündet am:

1. Juni 2011

Vorusso

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 566a
Infolge einer nach Inkrafttreten von §
566a BGB erfolgten Veräußerung vermieteten Wohnraums tritt der Erwerber auch dann in die durch die Zahlung der Kaution an den ursprünglichen Vermieter begründeten Rechte und Pflichten ein, wenn es zuvor -
noch unter der Geltung des §
572 [X.]
-
weitere Veräußerungsgeschäfte gege-ben hat und die Kaution in der Kette der vorangegangenen Vermieter nicht weiterge-leitet worden war (im [X.] an [X.]surteil vom 9.
März 2005 -
VIII
ZR 381/03, NZM
2005, 639 unter II
2b).

[X.], Urteil vom 1. Juni 2011 -
VIII ZR 304/10 -
LG Oldenburg

[X.]

-
2
-

Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 1. Juni 2011 durch den Vorsitzenden [X.], [X.]
Frellesen, die Richterin [X.] sowie
die Richter Dr.
Achilles und Dr.
Schneider

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 4. Zivilkammer des [X.] vom 28. Oktober 2010 aufgehoben.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 15. Juni 2010 im Kostenpunkt und insoweit abgeändert, als hinsichtlich der Klage zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist.

Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. November 2009 zu zahlen.
Die Kosten der ersten Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren haben die [X.] zu tra-gen.

Von Rechts wegen
-
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-

Tatbestand:
Die Klägerin war bis Ende Mai 2009 Mieterin einer Wohnung der Beklag-ten in W.

. Das Mietverhältnis war im Jahr 1987 mit dem damaligen Eigentümer B.

begründet worden, an den die Klägerin die vereinbarte [X.] gezahlt hat. Das Mietobjekt wurde zunächst im Jahr 1993 veräußert; im Jahr 2004 wurde es im Wege der Zwangsversteigerung von einem weiteren Eigentümer erworben, der es seinerseits im Jahr 2005 an die [X.] veräu-ßerte.
Die Klägerin hat Rückzahlung der Kaution begehrt, insgesamt 480,39

nebst Zinsen, die [X.] haben widerklagend Zahlung rückständiger [X.] Klage abgewiesen und der Widerklage unter Abweisung im Übrigen in Höhe Klage gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin
ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im We-sentlichen ausgeführt:
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Der Klägerin stehe gegen die [X.] kein Anspruch auf Rückzahlung der an den ursprünglichen Vermieter erbrachten Kaution zu. Die Rückzahlung der Mietkaution richte sich nach § 556a BGB und -
bei einem Erwerbsvorgang vor dem 1. September 2001
-
wegen des Fehlens einer Übergangsregelung nach § 572 BGB aF.
§ 566a BGB setze voraus, dass der Mieter die Kaution an den Vermieter gezahlt habe. Im Verhältnis zum zweiten Vermieter der Klägerin werde diese Frage durch § 572a [X.] beantwortet. Dieser sei nur im Falle der Weiterlei-tung der Kaution durch den ursprünglichen Vermieter zur Rückzahlung [X.]. Da dies nicht feststehe, fehle es an der Tatbestandsvoraussetzung des § 566a BGB. Denn der dritte Vermieter der Klägerin und die [X.] als vierte Vermieter könnten nur in die Rechtsposition eintreten, die bereits ihr Rechtsvorgänger gehabt habe, wie sich auch aus § 566 BGB ergebe. Die Kette der [X.] sei hier bereits beim Erwerb des zweiten Vermieters [X.].
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es nicht darauf an, ob der ursprüngli-che Vermieter die Kaution bei der Veräußerung des [X.] an den ersten Erwerber weitergeleitet hat. Denn die [X.] haben das Miet-objekt im Jahr 2005 erworben und sind deshalb nach § 566a BGB in die durch Zahlung der Kaution an den ursprünglichen Vermieter begründeten Rechte und Pflichten eingetreten. Dies gilt unabhängig davon, ob die Kaution in der Kette der vorangegangenen Vermieter an sie weitergeleitet worden ist.
1. Im Ansatzpunkt zutreffend stellt das Berufungsgericht darauf ab, dass es in Art. 229 § 3 EGBGB für die Anwendung des neuen §
566a BGB, der die 5
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frühere Regelung des § 572 BGB aF abgelöst hat, keine Übergangsregelung gibt. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des [X.] geht das Berufungsgericht ferner davon aus, dass deshalb auf [X.], die vor dem Inkrafttreten des § 566a BGB am 1. September 2001 stattgefunden haben, noch § 572 BGB aF Anwendung findet. Denn anderenfalls würde das berechtigte Vertrauen
eines Erwerbers, der bei Vertragsschluss entsprechend der zu diesem Zeitpunkt gültigen gesetzlichen Regelung davon ausgehen [X.], dass er nur für eine an ihn weitergeleiteten Kaution einzustehen hatte, [X.] und der gesetzlichen Neuregelung eine unzulässige "echte"
Rückwir-kung beigelegt ([X.]surteil vom 9. März 2005 -
VIII ZR 381/03, [X.], 639, unter [X.] (1); vgl. auch [X.], Urteil vom 24. Juni 2009 -
XII [X.], NJW-RR 2009, 1164 Rn. 10 f.).
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts findet § 556a BGB hier jedoch uneingeschränkt Anwendung, weil die [X.] die an die Klägerin vermietete Wohnung erst im Jahr 2005 und somit unter der Geltung des § 566a BGB erworben haben. Dem steht auch nicht entgegen, dass einer der Rechts-vorgänger der [X.] die Mietwohnung schon 1993, also noch unter der Geltung des § 572 BGB aF, erworben hatte. Entgegen der Auffassung des Be-rufungsgerichts setzt § 566a BGB keine ununterbrochene "[X.]"
in der Weise voraus, dass bei einer Folge von Veräußerungsgeschäften, die -
wie hier
-
teils vor und teils nach der Neuregelung liegen, auch der unter der [X.] der Neuregelung erwerbende Vermieter für die Rückzahlung der dem ur-sprünglichen Vermieter erbrachten Kaution nur haftet, wenn auch sämtliche frühere Vermieter einer entsprechenden Haftung ausgesetzt waren.
Die Vorschrift des § 566a BGB dient dem Schutz des Mieters und soll ein Auseinanderfallen von Kaution und Mietvertrag vermeiden. Dem Mieter sollen Schwierigkeiten bei der Durchsetzung der Ansprüche aus der Kaution gegen-9
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über dem unter Umständen schon lange aus dem Mietverhältnis ausgeschiede-nen Vermieter, dessen Aufenthalt dem Mieter häufig nicht bekannt sein wird, erspart werden (vgl. [X.]. 439/00, abgedruckt in [X.], 20, 27; BT-Drucks. 14/5663, [X.]). Dieser Schutzzweck greift auch dann ein, wenn nach-einander mehrere Veräußerungen stattgefunden haben, von denen -
wie hier
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eine noch vor dem Inkrafttreten des § 566a BGB erfolgt ist. Dann haftet zwar, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, der erste Erwerber nur unter den Voraussetzungen des § 572 BGB aF, also wenn der Mieter die Wei-terleitung der Kaution an ihn beweisen kann. Weitere Erwerber, die das [X.] erst nach dem Inkrafttreten des § 566a BGB gekauft haben,
werden dadurch aber nicht begünstigt; sie haften nach § 566a BGB und können sich weder darauf berufen, dass sie die Kaution nicht erhalten haben, noch geltend machen, dass ein früherer Veräußerer, der selbst noch unter der Geltung des §
572 [X.] erworben hat, der Haftung des § 566a BGB nicht unterlag. [X.] der Auffassung des Berufungsgerichts folgt aus § 566 BGB nicht, dass die Haftung der Erwerbers nicht weiter gehen kann als die des [X.] früheren Vermieters, denn die Haftung des Erwerbers bezüglich der Kaution richtet sich nach der insoweit weitergehenden Bestimmung des § 566a BGB.
Diesem Haftungsrisiko kann der Vermieter, der das Mietobjekt nach In-krafttreten des § 566a BGB erwirbt, dadurch begegnen, dass er bei Abschluss des Kaufvertrags dafür Sorge trägt, dass ihm entweder die Kaution ausgehän-digt wird oder der Umstand, dass er dem Mieter gegenüber in jedem Fall in die Pflichten aus der Kaution eintritt, bei der Preisgestaltung berücksichtigt wird. Auch bei dem Erwerb eines vermieteten Grundstücks in der Zwangsversteige-rung nach Inkrafttreten des § 566a BGB kann der Erwerber die ihn gegenüber dem Mieter treffende Verpflichtung aus der Kaution bei der Kalkulation seines Gebotes berücksichtigen. Gesichtspunkte der (echten) Rückwirkung spielen keine Rolle, wenn das Veräußerungsgeschäft nach dem Inkrafttreten des 11
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§
566a BGB erfolgt ist. Dass es während der Dauer des Mietverhältnisses zuvor schon unter § 572 BGB aF fallende Veräußerungsgeschäfte gegeben hat, die mangels Weiterleitung der Kaution an den damaligen Erwerber dessen Haftung für die Kaution nicht herbeigeführt haben, steht der Haftung eines nach der Ge-setzesänderung eingetretenen Erwerbers nach §
566a BGB somit nicht entge-gen (ebenso [X.], Mietrecht, 10. Aufl., § 566a BGB Rn. 3).

III.

Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand ha-ben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der [X.] entscheidet in der Sache selbst, da es keiner weiterer Feststellungen bedarf (§ 563 Abs. 1 ZPO). Dies führt zur Abänderung des erstinstanzlichen Urteils hinsichtlich der Klage und zur Verurteilung der [X.] zur Rückzahlung der Kaution nebst Zinsen.
Ball

Dr. Frellesen

[X.]

Dr. Achilles

Dr. Schneider

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 15.06.2010 -
6 C 15/10 -

LG Oldenburg, Entscheidung vom 28.10.2010 -
4 [X.] -

12

Meta

VIII ZR 304/10

01.06.2011

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.06.2011, Az. VIII ZR 304/10 (REWIS RS 2011, 6087)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6087

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VIII ZR 304/10

6 C 15/10

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