Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.05.2019, Az. 4 StR 591/18

4. Strafsenat | REWIS RS 2019, 7281

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Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 30. Juli 2018

a) abgeändert

aa) im Schuldspruch im Fall B.I.4. der Urteilsgründe dahingehend, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist;

bb) im Ausspruch über die Einziehung dahingehend, dass die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 20.000 Euro, davon in Höhe von 1.000 Euro als Gesamtschuldner angeordnet ist;

b) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben im Ausspruch über

aa) die Einzelstrafe im Fall B.I.4. der Urteilsgründe

sowie

bb) die Gesamtstrafe.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen, wegen Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt, von denen es drei Monate für bereits vollstreckt erklärt hat. Außerdem hat es die „Einziehung des Wertes des Taterlangten“ in Höhe von 20.000 Euro angeordnet.

2

Gegen seine Verurteilung richtet sich die auf die Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

3

1. Den Verfahrensrügen bleibt aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] vom 7. Januar 2019 der Erfolg versagt.

4

2. Der Schuldspruch hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht vollumfassend stand. Im Fall B.I.4. der Urteilsgründe kann die tateinheitliche Verurteilung wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge – neben dem rechtsfehlerfrei ausgeurteilten unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge – nicht bestehen bleiben, weil die Urteilsgründe eine (mittäterschaftliche) Einfuhr von Betäubungsmitteln (§ 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG, § 25 Abs. 2 StGB) durch den Angeklagten [X.]nicht belegen.

5

a) Nach den Urteilsfeststellungen erwarb der gesondert Verfolgte [X.]    am 27. April 2016 „absprachegemäß, dem gemeinsamen [X.] mit dem Angeklagten [X.]entsprechend“ in [X.] 98,75 g Methamphetamin (72,61 Gramm Methamphetaminbase), die er am Nachmittag desselben Tages per Zug in die [X.] verbrachte und die nach dem Grenzübertritt bei ihm aufgefunden und sichergestellt wurden.

6

b) Zwar erfordert der Tatbestand der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln keinen eigenhändigen Transport der Betäubungsmittel über die Grenze, so dass Mittäter nach § 25 Abs. 2 StGB grundsätzlich auch ein Beteiligter sein kann, der das Rauschgift nicht selbst in das Inland verbringt. Voraussetzung dafür ist nach den auch insoweit geltenden Grundsätzen des allgemeinen Strafrechts aber ein die Tatbegehung objektiv fördernder Beitrag, der sich als ein Teil der Tätigkeit aller darstellt und der die Handlungen der anderen als Ergänzung des eigenen [X.] erscheinen lässt. Hierzu ist eine wertende Gesamtbetrachtung erforderlich ([X.], Beschlüsse vom 2. Juni 2015 – 4 [X.], [X.]R BtMG § 30 Abs. 1 Nr. 4 Einfuhr 3; vom 14. Februar 2017 – 4 StR 578/16, [X.], 146 mwN). Von besonderer Bedeutung sind dabei der Grad des eigenen Interesses am [X.], der Einfluss bei der Vorbereitung der Tat und der [X.]ung, der Umfang der Tatbeteiligung und die Teilhabe an der Tatherrschaft oder jedenfalls der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch von dem Willen des Betreffenden abhängen. Entscheidender Bezugspunkt ist der Einfuhrvorgang selbst. Das bloße Interesse an dessen Gelingen genügt nicht, wenn der Betreffende keine Tatherrschaft oder keinen Tatherrschaftswillen hat ([X.], Beschluss vom 8. September 2016 – 1 [X.], juris Rn. 14; Beschluss vom 14. Februar 2017 – 4 StR 578/16, [X.], 146 f. mwN). Eine Person, die den Einfuhrvorgang zwar veranlasst, aber keinen Einfluss auf dessen Durchführung hat, kann weder Mittäter noch Gehilfe der Einfuhr sein ([X.], Beschlüsse vom 31. März 2015 – 3 [X.], [X.], 632; vom 8. September 2016 – 1 [X.], aaO).

7

Ausgehend hiervon tragen die Urteilsfeststellungen lediglich die Verurteilung wegen (mittäterschaftlichen) Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, nicht aber wegen deren unerlaubter Einfuhr. Eine irgendwie geartete Einflussnahme auf die Durchführung des [X.] weisen die Urteilsgründe nicht aus. Allein aus dem Umstand, dass der Ankauf der Drogen in [X.] und ihr beabsichtigter Verkauf im [X.] einem „gemeinsamen [X.]“ des gesondert Verfolgten [X.]    und des Angeklagten entsprachen, lässt sich ein maßgebliches Abhängen der Durchführung und des Ausgangs der Betäubungsmitteleinfuhr auch vom Willen des Angeklagten nicht ableiten.

8

c) Da weiter gehende Feststellungen, die eine Beteiligung des Angeklagten an der Einfuhr der Betäubungsmittel rechtfertigten könnten, nicht mehr zu erwarten sind, ändert der Senat den Schuldspruch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO – unter Wegfall der tateinheitlichen Verurteilung wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge – auf das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ab.

9

3. Die mit der Änderung des Schuldspruchs einhergehende Milderung des Strafrahmens zieht die Aufhebung der für diesen Fall verhängten [X.] von zwei Jahren und sechs Monaten nach sich. Daher kann auch der [X.] nicht bestehen bleiben. Die [X.] bleibt hiervon unberührt (vgl. [X.], Urteil vom 27. August 2009 – 3 [X.], [X.]St 54, 134, 138).

4. Die Einziehungsentscheidung war um die gesamtschuldnerische Mithaftung des gesondert Verfolgten [X.]    wegen des [X.] von 1.000 Euro zu ergänzen. Hierzu hat der [X.] in seiner Antragsschrift vom 7. Januar 2019 zutreffend ausgeführt:

„Hinsichtlich der im Fall I.3.a) geleisteten Anzahlung von 1.000 Euro an [X.]    ([X.]) ergibt sich aus der dem [X.] entsprechenden untereinander erfolgten Aufteilung, dass der Angeklagte – wie auch [X.]    – vor Teilung Mitverfügungsgewalt (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 24. Mai 2018 – 5 [X.] und 5 [X.]) an den gesamten 1.000 Euro hatte. Aus diesem Grund besteht in Höhe dieses Betrages auch eine gesamtschuldnerische Haftung mit dem Tatbeteiligten [X.]    . Den Ausspruch über die gesamtschuldnerische Haftung kann der Senat in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO nachholen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 29. August 2018 – 4 [X.]; vom 18. Juli 2018 – 2 StR 245/18 – mwN).“

Sost-Scheible     

      

Roggenbuck     

      

Quentin

      

Feilcke     

      

Bartel     

      

Meta

4 StR 591/18

15.05.2019

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

§ 30 Abs 1 Nr 4 BtMG, § 25 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.05.2019, Az. 4 StR 591/18 (REWIS RS 2019, 7281)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 7281

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