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Stromnetzentgelt: Berücksichtigung des Arbeitspreises bei Bemessung von individuellen Netzentgelten - Pumpspeicherkraftwerke II
Pumpspeicherkraftwerke II
Bei der Bemessung von individuellen Netzentgelten nach § 19 Abs. 2 Satz 1 StromNEV ist allein der Leistungspreis, nicht aber auch der Arbeitspreis zu reduzieren.
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Kartellsenats des [X.] vom 19. Mai 2010 wird auf Kosten der Betroffenen zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 4,35 Mio. € festgesetzt.
I.
Die Betroffene, die drei Pumpspeicherkraftwerke betreibt, entnimmt für den Betrieb dieser Kraftwerke aus dem von der Antragstellerin betriebenen Höchstspannungsnetz Strom. Die Betroffene hat mit der Antragstellerin am 31. Januar 2008 eine Vereinbarung über ein individuelles Netzentgelt für die Stromentnahme der Pumpspeicherkraftwerke aus dem Höchstspannungsnetz getroffen mit insgesamt neun jeweils in Anhängen geregelten Modalitäten, wobei abhängig von der erteilten Genehmigung letztlich nur eine Wirksamkeit erlangen sollte. Für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2008 hat die Antragstellerin eine Genehmigung der [X.] beantragt. Die [X.] hat dem Genehmigungsantrag zu 7. mit Entscheidung vom 15. Januar 2009 stattgegeben und die weitergehenden Anträge zurückgewiesen. Die Betroffene wendet sich gegen die nur eingeschränkte Genehmigung des ausgehandelten individuellen [X.] durch die [X.]. Sie beanstandet, dass die [X.], die grundsätzlich die Voraussetzungen eines solchen individuellen [X.] anerkennt, nur eine Herabsetzung des Leistungs-, aber nicht des Arbeitsentgelts gebilligt habe.
Die Beschwerde der Betroffenen ist erfolglos geblieben. Mit ihrer – vom Senat zugelassenen – Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihre ursprünglich gestellten, auf die Genehmigung eines geringeren Entgelts gerichteten Anträge weiter. Hauptsächlich erstrebt sie die Halbierung des jeweiligen veröffentlichten [X.] (Anhang A), in ihrem Hilfsantrag verzichtet sie im Unterschied zum Hauptantrag auf die vorherige Bezifferung der Entgeltermäßigung und gibt lediglich – insoweit einem Musterschreiben der [X.] folgend – den aus ihrer Sicht hierfür maßgeblichen Berechnungsansatz an (Anhang [X.]).
II.
Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen hat keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht hat die Genehmigungsentscheidung der [X.], die auf der Grundlage der bis zum 25. August 2009 gültigen Fassung des § 19 [X.] ergangen ist, zu Recht bestätigt.
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Auffassung ausgeführt, dass beide Anträge (Anhänge A und [X.]) erfolglos seien, weil sie darauf abzielten, dass nicht nur das Leistungs- sondern auch das Arbeitsentgelt reduziert werde. Zwar könne die Betroffene – wie zwischen den Verfahrensbeteiligten außer Streit sei – ein individuelles Netzentgelt im Sinne des § 19 Abs. 2 Satz 1 [X.] beanspruchen. Dies dürfe aber nur das Leistungs-, nicht jedoch das Arbeitselement des nach §§ 16, 17 [X.] zu bildenden [X.] betreffen. Die Ausnahmeregelung des § 19 Abs. 2 Satz 1 [X.], die eng auszulegen sei, rechtfertige sich daraus, dass der Höchstlastbeitrag des [X.] vorhersehbar erheblich von der zeitgleichen [X.] aller Entnahmen aus der Netz- oder Umspannebene abweiche. Demgegenüber stelle die in Anspruch genommene elektrische Arbeit ein rein verbrauchsabhängiges Nutzungsentgelt dar. Hierfür sei es unerheblich, in welcher zeitlichen Phase die elektrische Arbeit entnommen werde.
Zudem entspreche diese Auslegung dem Sinn der Ausnahmevorschrift, die – weil die [X.] des Netzes den zentralen Kostentreiber bilde – eine Verlagerung der Netznutzung in die lastschwache Zeit fördern wolle. Die Anknüpfung an die individuelle Lastspitze lasse erkennen, dass für die hierfür nicht berührten Arbeitskosten eine Reduzierung nicht in Betracht komme. Auch aus der Entstehungsgeschichte des § 19 Abs. 2 Satz 1 [X.] werde deutlich, dass es allein um die Entlastung des Netzes durch die Verlagerung von Lastspitzen gehe.
Allerdings entstehe dadurch – was die Betroffene rüge – ein Ungleichgewicht zwischen den Benutzern, die niedrigere Benutzungsstunden aufwiesen, im Verhältnis zu denjenigen mit höheren Benutzungsstunden. Für Letztverbraucher mit höheren Benutzungsstunden ergebe sich deshalb ein Vorteil, weil für diese der Leistungspreis anteilig höher sei als für Letztverbraucher mit weniger als 2.500 Benutzungsstunden, mithin steige für sie auch der [X.]. Diesen durch das vom Verordnungsgeber vorgegebene Berechnungsmodell begründeten Nachteil habe die [X.] dadurch ausgeglichen, dass sie auch dem Letztverbraucher mit weniger als 2.500 Benutzungsstunden die Möglichkeit gebe, wie ein Letztverbraucher mit mehr als 2.500 Benutzungsstunden – also auf der Grundlage eines niedrigeren Arbeits- und eines höheren Leistungsentgelts – abzurechnen.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand.
a) Die Regelung des § 19 Abs. 2 Satz 1 [X.] eröffnet die Möglichkeit der Vereinbarung eines individuellen [X.] in Abweichung von § 16 [X.], das dem besonderen Nutzungsverhalten der [X.] angemessen Rechnung trägt. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die von der Betroffenen betriebenen Pumpspeicherkraftwerke ein solches atypisches Nutzungsverhalten aufweisen. Die Pumpspeicherkraftwerke, die Letztverbraucher und damit entgeltpflichtige Netznutzer sind (vgl. [X.], Beschluss vom 17. November 2009 – [X.] 56/08, [X.], 172 – Pumpspeicherkraftwerke), entnehmen dem Netz Strom typischerweise in der [X.], um dann in der Höchstlastphase, wenn hoher Elektrizitätsbedarf besteht, Strom in das Netz einspeisen zu können.
b) Das Beschwerdegericht hat zu Recht nur den Leistungsanteil der Netzentgelte als reduzierbar angesehen. Der Maßstab der möglichen Minderung der Netzentgelte ist der Grad der Entlastung des Netzes, der durch das abweichende Nutzungsverhalten des [X.] bewirkt wird. Hierfür ist nach § 19 Abs. 2 Satz 1 [X.] erheblich, in welchem Umfang der Höchstlastbeitrag dieses [X.] von der zeitgleichen [X.] aller Entnahmen aus dieser Netz- oder Umspannebene abweicht. Die Netzentgelte setzen sich nach § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] aus einem [X.] in Euro pro Kilowatt und einem Arbeitspreis in [X.]ent pro Kilowattstunde zusammen. Die durch § 19 Abs. 2 Satz 1 [X.] ermöglichte Verringerung der Netzentgelte bezieht sich nur auf das Leistungselement des [X.]. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 19 Abs. 2 Satz 1 [X.] und entspricht auch dessen Normzweck.
aa) Nach der Regelung des § 19 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist ein individuelles Netzentgelt anzubieten, das dem besonderen Nutzungsverhalten des jeweiligen [X.] angemessen Rechnung zu tragen hat. Was das besondere Nutzungsverhalten ist, das die Vereinbarung eines individuellen [X.] erlaubt, ist in der Vorschrift selbst ausdrücklich benannt. Danach kommt es auf den – im Vergleich zu anderen Netznutzern – niedrigeren Beitrag des [X.] zur [X.] an. Dies verdeutlicht, dass die Veränderung der Lastcharakteristik die maßgebliche Grundlage für die [X.] zu bilden hat. Damit stellt die Verordnung nach ihrem Wortlaut allein auf das Entgeltelement „Leistung“, nicht aber auf das Entgeltelement „Arbeit“ ab. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde folgt aus der Verordnung auch nicht, dass die Entgeltelemente „Leistung“ und „Arbeit“ gleichzeitig reduziert werden müssten. Zwar geht der Wortlaut der Regelung von einem abweichenden „Netzentgelt“ aus, das dem Letztverbraucher anzubieten ist. Dies bedeutet aber nicht, dass bei der konkreten Entgeltfindung auch beide [X.] verändert werden müssten.
bb) Die Beschränkung auf die Verringerung allein des Leistungselementes bei der Bemessung der individuellen Netzentgelte nach § 19 Abs. 2 Satz 1 [X.] entspricht auch dem Normzweck. Durch die Ermöglichung individueller Entgelte soll insbesondere dem Umstand Rechnung getragen werden, dass das Netz in seinen Leistungsspitzen entlastet wird. Wenn ein Netznutzer den überwiegenden Teil seines Strombezugs in die [X.] des Netzes verlagert, dann kommt dem eine netzstabilisierende Wirkung zu. Liegt die individuelle Lastspitze dieses Netznutzers in der [X.], trägt er zur Entlastung der Netze bei ([X.]). Die Verteilung der Lastspitzen vor allem der großen Letztverbraucher dient der Netzökonomie. Denn die Dimensionierung des Netzes hat sich – wie auch die [X.] in ihren Leitlinien 2009 zu Recht betont – an der zur erwartenden Spitzenlast auszurichten. Dagegen ist der Umstand, wieviel Arbeit ein Letztverbraucher dem Netz entnimmt, für die Dimensionierung des Netzes und damit für die Netzkosten für sich gesehen unerheblich. Deshalb entspricht es dem Zweck der Vorschrift, eine für die Netznutzer günstige Individualvereinbarung für den Fall der Verlagerung seiner Lastspitzen in die [X.]en des Netzes allein auf das Leistungselement der Netzkosten zu beschränken.
c) Die von der [X.] angewandte Berechnungsmethode führt – entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde – nicht zu unerträglichen Verwerfungen.
Allerdings enthält die durch §§ 16, 17 [X.] vorgegebene Berechnung der Arbeitspreise leistungsbezogene Elemente. Diese fließen in die Gleichzeitigkeitsfunktion ein, die nach § 17 Abs. 5 [X.] die Grundlage für die Bestimmung der Arbeitspreise bildet. Unter Anwendung der Gleichzeitigkeitsfunktion sinkt mit zunehmender Benutzungsstundenzahl der Arbeitspreis, während der Leistungspreis steigt. Wegen des mit zunehmender Jahresbenutzungsstundendauer zu unterstellenden höheren Anteils der Einzelentnahme an der Entnahmehöchstlast des Netzes erlangt der Leistungspreis ein höheres Gewicht im Rahmen des [X.]. Dies führt dazu, dass sich die Preissenkungsspielräume bei Netznutzern mit höherer Benutzungsstundenzahl im Vergleich zu solchen mit einer niedrigeren Benutzungsstundenzahl erhöhen.
Die [X.] mildert diesen strukturellen Nachteil dadurch ab, dass sie Nutzern mit 2.500 Benutzungsstunden die Option einräumt, ihre Netzentgelte auf der Basis von über 2.500 Benutzungsstunden zu berechnen. Damit kompensiert die [X.] in ausreichendem Umfang die Nachteile von Netznutzern, die unter 2.500 Benutzungsstunden liegen. Soweit dies bei Netznutzern, deren Benutzungsstundenanzahl deutlich unterhalb der Grenze von 2.500 Stunden liegt, nicht in vollen Umfang wirksam werden kann, ist dies auch dem Umstand geschuldet, dass diese Netznutzer in geringerem Maße zur Auslastung der Netze beitragen.
Im vorliegenden Fall liegen keine Anhaltspunkte vor, dass die von der [X.] bewilligte [X.] dem atypischen Nutzungsverhalten nicht gerecht wird. Allein der Umstand, dass das Mindestentgelt nicht erreicht werden kann, macht die Genehmigungsentscheidung auch nicht rechtswidrig. Der [X.]sspielraum muss nämlich – wie das Beschwerdegericht zutreffend ausführt – nicht in jedem Einzelfall erreicht werden.
[X.] Raum Strohn
Grüneberg [X.]
Meta
09.10.2012
Bundesgerichtshof Kartellsenat
Beschluss
Sachgebiet: False
vorgehend OLG Düsseldorf, 19. Mai 2010, Az: VI-3 Kart 162/09 (V)
§ 19 Abs 2 S 1 StromNEV vom 25.07.2005
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.10.2012, Az. EnVR 47/11 (REWIS RS 2012, 2524)
Papierfundstellen: REWIS RS 2012, 2524
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
EnVR 47/11 (Bundesgerichtshof)
EnVR 42/11 (Bundesgerichtshof)
Stromnetzentgelt: Bestimmung des Mindestentgelts bei Abrechnung von mehr als 2.500 Benutzungsstunden - Pumpspeicherkraftwerke III
EnVR 42/11 (Bundesgerichtshof)
EnVR 35/16 (Bundesgerichtshof)
Energiewirtschaftsrechtliche Verwaltungssache: Anforderungen an eine Vereinbarung individueller Netzentgelte - Individuelles Netzentgelt III
EnVR 24/16 (Bundesgerichtshof)
Energiewirtschaftsrechtliche Verwaltungssache: Umfang der Netzentgeltbefreiung für Energiespeicher - Netzentgeltbefreiung III
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