Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.10.2012, Az. EnVR 47/11

Kartellsenat | REWIS RS 2012, 2519

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BUNDESGERI[X.]HTSHOF

BES[X.]HLUSS
[X.] 47/11
[X.]erkündet am:

9. Oktober 2012

Bürk

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in der
energiewirtschaftsrechtlichen [X.]erwaltungssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
Pumpspeicherkraftwerke
II
[X.] § 19 Abs. 2 Satz 1
Bei der Bemessung von individuellen Netzentgelten nach § 19 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist allein der Leistungspreis, nicht aber auch der Arbeitspreis zu [X.].
[X.], Beschluss vom 9. Oktober 2012 -
[X.] 47/11 -
[X.]

-
2
-
Der Kartellsenat des [X.] hat aufgrund der mündlichen [X.] vom 9. Oktober 2012
durch den Präsidenten des [X.] Prof.
Dr.
Tolksdorf und [X.] Raum, Dr.
Strohn, [X.] und Dr.
Bacher

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Kartellsenats des [X.] vom 19. Mai 2010 wird auf Kosten der Betroffenen zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des [X.] wird auf

Gründe:
I.
Die Betroffene, die drei Pumpspeicherkraftwerke betreibt, entnimmt für den Betrieb dieser Kraftwerke
aus dem von der Antragstellerin betriebenen Höchstspannungsnetz Strom. Die Betroffene
hat
mit der Antragstellerin
am 31.
Januar 2008
eine [X.]ereinbarung über ein
individuelles Netzentgelt
für die Stromentnahme der Pumpspeicherkraftwerke aus dem Höchstspannungsnetz getroffen mit insgesamt neun jeweils in Anhängen
geregelten Modalitäten, [X.] abhängig von
der erteilten Genehmigung letztlich nur eine Wirksamkeit er-langen sollte.
Für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2008
hat die Antragstellerin eine Genehmigung der [X.]
beantragt.
Die [X.] hat dem Genehmigungsantrag zu 7.
mit Entscheidung vom 1

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-
15. Januar 2009
stattgegeben und die weitergehenden Anträge zurückgewie-sen.
Die Betroffene wendet sich gegen die nur eingeschränkte Genehmigung des ausgehandelten individuellen [X.] durch die [X.]. Sie beanstandet, dass die [X.], die grundsätzlich die [X.]orausset-zungen
eines solchen individuellen [X.] anerkennt, nur eine Herabset-zung des Leistungs-, aber nicht des Arbeitsentgelts gebilligt habe.
Die Beschwerde der Betroffenen
ist
erfolglos
geblieben. Mit ihrer

vom
Senat
zugelassenen

Rechtsbeschwerde
verfolgt sie ihre ursprünglich gestell-ten, auf die Genehmigung eines
geringeren Entgelts gerichteten Anträge weiter.
Hauptsächlich erstrebt sie die
Halbierung des jeweiligen veröffentlichten [X.]
(Anhang A), in ihrem Hilfsantrag verzichtet sie im Unterschied zum Hauptantrag auf die vorherige Bezifferung der Entgeltermäßigung und gibt le-diglich

insoweit einem Musterschreiben der [X.] folgend

den aus ihrer Sicht hierfür maßgeblichen Berechnungsansatz an
(Anhang [X.]).
II.
Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen hat keinen Erfolg.
Das Be-schwerdegericht hat die Genehmigungsentscheidung der [X.], die auf der Grundlage der bis zum 25. August 2009 gültigen Fassung des § 19 [X.] ergangen ist, zu Recht bestätigt.
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Auffassung ausge-führt, dass beide Anträge (Anhänge A und [X.]) erfolglos seien, weil sie darauf abzielten, dass nicht nur das Leistungs-
sondern auch das Arbeitsentgelt redu-ziert werde. Zwar könne die Betroffene

wie zwischen den [X.]erfahrensbeteilig-ten außer Streit sei

ein individuelles Netzentgelt im Sinne des § 19 Abs. 2 Satz 1 [X.] beanspruchen. Dies dürfe
aber nur das Leistungs-,
nicht je-doch
das Arbeitselement des nach §§ 16, 17 [X.] zu bildenden Netzent-2
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-
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-
gelts
betreffen. Die Ausnahmeregelung des § 19 Abs. 2 Satz 1 [X.], die eng auszulegen sei, rechtfertige sich daraus, dass der Höchstlastbeitrag des [X.] vorhersehbar erheblich von der zeitgleichen Jahreshöchst-last aller Entnahmen aus der Netz-
oder Umspannebene abweiche. [X.] stelle die
in Anspruch genommene elektrische Arbeit ein rein ver-brauchsabhängiges Nutzungsentgelt
dar. Hierfür sei es unerheblich, in welcher zeitlichen Phase die elektrische Arbeit entnommen werde.
Zudem entspreche diese Auslegung
dem Sinn der Ausnahmevorschrift, die

weil die [X.] des Netzes den zentralen Kostentreiber bilde

eine [X.]erlagerung
der Netznutzung in
die
lastschwache Zeit fördern wolle. Die Anknüpfung an die
individuelle
Lastspitze lasse erkennen, dass für die hierfür nicht berührten Arbeitskosten eine Reduzierung nicht in Betracht komme. Auch aus der Entstehungsgeschichte des § 19 Abs. 2 Satz 1 [X.] werde deut-lich, dass es allein um die Entlastung des Netzes durch die [X.]erlagerung von Lastspitzen gehe.
Allerdings entstehe dadurch

was die Betroffene rüge

ein Ungleich-gewicht zwischen den Benutzern, die niedrigere Benutzungsstunden aufwiesen,
im [X.]erhältnis zu denjenigen mit höheren Benutzungsstunden. Für [X.] mit höheren Benutzungsstunden ergebe sich deshalb ein [X.]orteil, weil für diese der Leistungspreis anteilig
höher sei als für Letztverbraucher mit weniger als 2.500 Benutzungsstunden, mithin steige für sie auch der [X.]. Diesen durch das vom [X.]erordnungsgeber vorgegebene Berechnungs-modell begründeten Nachteil habe die [X.] dadurch [X.], dass sie auch dem Letztverbraucher mit weniger als 2.500 Benutzungs-stunden die Möglichkeit gebe, wie ein Letztverbraucher mit mehr als 2.500 Be-nutzungsstunden

also auf der Grundlage eines niedrigeren Arbeits-
und eines
höheren Leistungsentgelts

abzurechnen.
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2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand.
a) Die Regelung des § 19 Abs. 2 Satz 1 [X.] eröffnet die Möglich-keit der [X.]ereinbarung eines individuellen [X.] in Abweichung von § 16 [X.], das dem besonderen Nutzungsverhalten der [X.] ange-messen Rechnung trägt. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die von der Betroffenen betriebenen Pumpspeicherkraftwerke ein solches atypisches Nut-zungsverhalten aufweisen. Die Pumpspeicherkraftwerke, die Letztverbraucher und damit entgeltpflichtige Netznutzer sind
(vgl. [X.], Beschluss vom 17. No-vember 2009

[X.] 56/08, [X.] 2010, 172

Pumpspeicherkraftwerke),
ent-nehmen dem Netz Strom
typischerweise
in der [X.], um dann in der Höchstlastphase, wenn hoher Elektrizitätsbedarf besteht, Strom in das Netz einspeisen zu können.
b) Das Beschwerdegericht hat zu Recht nur den Leistungsanteil der Netzentgelte als reduzierbar angesehen. Der Maßstab der möglichen Minde-rung der Netzentgelte ist der Grad der Entlastung des Netzes, der durch das abweichende Nutzungsverhalten des [X.] bewirkt wird. Hierfür ist nach § 19 Abs. 2 Satz 1 [X.] erheblich, in welchem Umfang der Höchstlastbei-trag dieses [X.] von der zeitgleichen [X.] aller [X.] aus dieser Netz-
oder Umspannebene abweicht. Die Netzentgelte [X.] sich nach §
17 Abs. 2 Satz 1 [X.] aus einem [X.] in Euro pro Kilowatt und einem Arbeitspreis in [X.]ent pro Kilowattstunde zusam-men. Die durch §
19 Abs. 2 Satz 1 [X.] ermöglichte [X.]erringerung der Netzentgelte bezieht sich nur auf das Leistungselement des [X.]. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 19 Abs. 2 Satz 1 [X.] und entspricht auch dessen Normzweck.
aa) Nach der Regelung des § 19 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist ein indivi-duelles Netzentgelt
anzubieten, das dem besonderen Nutzungsverhalten des 7
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jeweiligen
[X.] angemessen Rechnung zu tragen hat. Was das beson-dere Nutzungsverhalten ist, das die [X.]ereinbarung eines individuellen [X.] erlaubt, ist in der [X.]orschrift selbst ausdrücklich
benannt. Danach kommt es auf den

im [X.]ergleich zu anderen Netznutzern

niedrigeren Beitrag des [X.] zur [X.] an. Dies verdeutlicht, dass die [X.] die maßgebliche Grundlage für die Entgeltredu-zierung
zu bilden hat. Damit stellt die [X.]erordnung nach ihrem Wortlaut allein auf das Entgeltelement Leistung, nicht aber auf das Entgeltelement Arbeit

ab. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde folgt aus der [X.]erordnung auch nicht, dass die Entgeltelemente Leistung

und Arbeit

gleichzeitig redu-ziert werden müssten. Zwar geht der Wortlaut der Regelung von einem abwei-e-deutet aber nicht, dass bei der konkreten Entgeltfindung auch beide Preisele-mente verändert werden müssten.
[X.]) Die Beschränkung auf die [X.]erringerung allein des [X.] bei der Bemessung der individuellen Netzentgelte nach § 19 Abs. 2 Satz 1 [X.] entspricht auch dem Normzweck. Durch die Ermöglichung
individu-eller Entgelte soll insbesondere dem Umstand Rechnung getragen werden, dass das Netz in seinen
Leistungsspitzen entlastet wird. Wenn ein Netznutzer den überwiegenden Teil seines Strombezugs in die [X.] des Netzes verlagert, dann kommt dem eine netzstabilisierende Wirkung zu. Liegt die [X.] Lastspitze dieses Netznutzers in der [X.], trägt er zur Ent-lastung der Netze bei ([X.]). Die [X.]erteilung der Lastspitzen vor allem der großen Letztverbraucher dient der Netzökonomie. Denn die Di-mensionierung des Netzes hat sich

wie auch die [X.] in ihren Leitlinien 2009 zu Recht
betont

an der zur erwartenden Spitzenlast auszurich-ten. Dagegen ist der Umstand, wieviel Arbeit ein Letztverbraucher dem Netz entnimmt, für die Dimensionierung des Netzes und damit für die Netzkosten für sich gesehen unerheblich. Deshalb entspricht es dem Zweck der [X.]orschrift, 11

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eine
für die Netznutzer günstige Individualvereinbarung
für den Fall der [X.]erla-gerung seiner
Lastspitzen in die [X.]en des Netzes allein auf das Leistungselement der Netzkosten zu beschränken.
c) Die von der [X.] angewandte Berechnungsmethode
führt

entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde

nicht zu unerträgli-chen [X.]erwerfungen.
Allerdings enthält die durch §§ 16, 17 [X.] vorgegebene Berech-nung der Arbeitspreise leistungsbezogene Elemente. Diese fließen in die Gleichzeitigkeitsfunktion ein, die nach § 17 Abs. 5 [X.] die Grundlage für die Bestimmung der Arbeitspreise bildet. Unter Anwendung der Gleichzeitig-keitsfunktion sinkt mit zunehmender Benutzungsstundenzahl der Arbeitspreis, während der Leistungspreis steigt. Wegen des mit zunehmender Jahresbenut-zungsstundendauer zu unterstellenden höheren Anteils der Einzelentnahme an der Entnahmehöchstlast des Netzes erlangt der Leistungspreis ein höheres Gewicht im Rahmen des [X.]. Dies führt dazu, dass sich die [X.] mit höherer Benutzungsstundenzahl im [X.]er-gleich zu solchen mit einer
niedrigeren Benutzungsstundenzahl erhöhen.
Die [X.] mildert diesen strukturellen Nachteil dadurch ab, dass sie Nutzern mit 2.500 Benutzungsstunden die Option einräumt, ihre Netz-entgelte auf der Basis von über 2.500 Benutzungsstunden zu berechnen. Damit kompensiert die [X.] in ausreichendem Umfang die Nachteile von Netznutzern, die unter 2.500 Benutzungsstunden liegen. Soweit dies bei Netznutzern, deren Benutzungsstundenanzahl deutlich unterhalb der Grenze von 2.500 Stunden liegt, nicht in vollen Umfang wirksam werden kann, ist dies auch dem Umstand geschuldet, dass diese Netznutzer in geringerem Maße zur Auslastung der Netze beitragen.
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Im vorliegenden Fall liegen keine Anhaltspunkte vor, dass die von der [X.] bewilligte [X.] dem atypischen Nutzungs-verhalten nicht gerecht wird.
Allein der Umstand, dass das Mindestentgelt nicht erreicht werden kann, macht die Genehmigungsentscheidung auch nicht rechtswidrig. Der [X.]sspielraum muss nämlich

wie das Be-schwerdegericht zutreffend ausführt

nicht in jedem Einzelfall erreicht werden.
Tolksdorf
Raum
Strohn

Grüneberg
Bacher
[X.]orinstanz:
[X.], Entscheidung vom 19.05.2010 -
[X.]I-3 Kart 162/09 ([X.]) -

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Meta

EnVR 47/11

09.10.2012

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.10.2012, Az. EnVR 47/11 (REWIS RS 2012, 2519)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2519

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