Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.09.2012, Az. IX ZB 143/11

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 3192

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 143/11

vom

13. September 2012

in dem Insolvenzverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] §§ 189, 193; ZPO §§ 167, 253 Abs. 1
a)
Der Gläubiger einer im Anmeldungsverfahren bestrittenen Forderung hat den Nachweis der rechtzeitigen Klageerhebung so zu führen, dass der Insolvenz-verwalter sicher erkennen kann, ob die Klage innerhalb der zweiwöchigen Ausschlussfrist erhoben ist.

-
2
-
b)
[X.] sich der Gläubiger zur Wahrung der Frist die Vorwirkungen der [X.] der Klage bei deren Zustellung demnächst zunutze machen, muss er dem Verwalter den tatsächlichen Eingang der Klage bei dem zuständigen Gericht und, wenn rechtlich erforderlich, die Einzahlung des Kostenvor-schusses nachweisen.

[X.], Beschluss vom 13. September 2012 -
IX ZB 143/11 -
LG [X.]

[X.]

Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Dr.
Kayser, die
Richter
Raebel,
Dr.
Pape, [X.] und die Richterin
Möhring

am
13. September 2012
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 8.
Zivilkammer des [X.] vom 31.
März 2011 wird auf Kosten der Gläubigerin zurückgewiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 100.000

festgesetzt.

Gründe:

-

3

-
I.

In dem im Jahre 2003
eröffneten Insolvenzverfahren meldete die weitere Beteiligte zu
2 (fortan
Gläubigerin)
zwei Forderungen
über 258.425,66

39.054

68 und 69 zur Insolvenztabelle an, die vom Insolvenz-verwalter bestritten wurden. Mit Beschluss vom 13.
Dezember 2010 erteilte das Insolvenzgericht die Zustimmung zur [X.]. Am 15.
Dezember 2010 veröffentlichte es im [X.] den Hinweis, dass die [X.] er-folgen solle und das [X.] auf der Geschäftsstelle des [X.] zur Einsichtnahme für die Beteiligten niedergelegt sei. Der verfüg-bare [X.] betrage 295.574,55

e-verbindlichkeiten, Insolvenzforderungen seien in Höhe von 357.379,38

e-rücksichtigen. Am 23.
Dezember 2010 teilte der Prozessbevollmächtigte der Gläubigerin dem Insolvenzverwalter per Telefax mit, dass er eine -
in Abschrift beigefügte
-
Klage an diesem Tage beim [X.] eingereicht habe. Nach Ablauf der Auslegungsfrist weigerte sich der Insolvenzverwalter, die Forderung der Gläubigerin in die Tabelle aufzunehmen, weil diese nicht [X.] den Nachweis der Erhebung der Feststellungsklage ihm gegenüber ge-führt habe. Die am 23.
Dezember 2010 beim [X.] eingereichte Klage wurde dem Insolvenzverwalter am 10.
Januar 2011 zugestellt.

Im Schlusstermin am 16.
Februar 2011 hat das Insolvenzgericht die Ein-wendungen der Gläubigerin gegen das [X.] zurückgewiesen, weil sie nicht rechtzeitig den Nachweis der Klageerhebung gegenüber dem In-solvenzverwalter erbracht habe. Die gegen diesen Beschluss gerichtete [X.] Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit ihrer Rechtsbeschwerde möchte die Gläubigerin die Berücksichtigung ihrer Forderungen
im [X.] erreichen.
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-

II.

Die wegen grundsätzlicher Bedeutung zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdegericht
hat die Einwendungen der Gläubigerin gegen das Schlussverzeichnis mit Recht zurückgewiesen.

1. Das Beschwerdegericht führt aus, die Gläubigerin habe die Aus-schlussfrist des §
189
Abs. 1
[X.], die gemäß §§
4, 9 Abs.
1 [X.], §
187 Abs.
1, §
188 Abs.
2 BGB am 30.
Dezember 2010 abgelaufen sei, nicht ge-wahrt. Zwar hätte es im Hinblick auf die Vorwirkung der Rechtshängigkeit ge-nügt, die Einreichung der Klage und die
Voraussetzungen
für eine
demnächst
erfolgende
Zustellung nachzuweisen. Die Übermittlung der Klageschrift mit dem schriftlichen Hinweis darauf, diese eingereicht zu haben, sei ungeachtet des Fehlens eines Formerfordernisses für den Nachweis nach §
189 [X.]
jedoch
nicht geeignet gewesen, ohne Eingangsstempel oder Empfangsbekenntnis des Gerichts die rechtzeitige Klageerhebung zu belegen. Entsprechend der von we-sentlichen Teilen der Literatur vertretenen Auffassung genüge die bloße Zusen-dung der Klageschrift nicht, weil hieraus für den Verwalter nicht ersichtlich sei, ob und wann die Klage bei dem Gericht tatsächlich eingegangen sei.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.

a) Gemäß §
189 Abs.
1 [X.] muss ein Insolvenzgläubiger, dessen [X.] nicht festgestellt ist und für dessen Forderung ein vollstreckbarer Titel oder ein Endurteil nicht vorliegt, innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei [X.] nach der öffentlichen Bekanntmachung dem Insolvenzverwalter nachwei-3
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5

-
sen, dass und für welchen Betrag die Feststellungsklage erhoben oder das Ver-fahren in dem früher anhängigen Rechtsstreit aufgenommen worden ist. Wird dieser Nachweis rechtzeitig geführt, so behält der Verwalter den auf die Forde-rung entfallenden Anteil bei der Verteilung gemäß §
189 Abs.
2 [X.] zurück, solange
der Rechtsstreit anhängig ist. Wird der Nachweis
nicht rechtzeitig ge-führt, so bleibt die Forderung bei der Verteilung unberücksichtigt (§
189 Abs.
3 [X.]).

Wie die rechtzeitige
Klageerhebung nachzuweisen ist, sagt
das Gesetz nicht. Unbestritten ist, dass der Nachweis gegenüber dem Insolvenzverwalter und nicht gegenüber dem Insolvenzgericht zu erbringen ist (vgl. Graf-Schlicker/[X.], [X.], 3. Aufl., § 189 Rn. 4; [X.] in Kübler/
Prütting/Bork, [X.], 2009 §
189 Rn.
9; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 189 Rn. 3). An eine bestimmte Form ist der
Nachweis
nicht gebunden. Steht die für eine Klageerhebung nach § 253 Abs. 1 ZPO erforderliche
Zustel-lung der Feststellungsklage noch aus,
sind nach der im Schrifttum herrschen-den Meinung
die Voraussetzungen der Vorwirkung der Klageeinreichung ge-mäß §
167 ZPO nachzuweisen ([X.]/[X.], [X.], §
189 Rn.
8; MünchKomm-[X.]/[X.]/[X.], 2.
Aufl., §
189 Rn.
5; [X.]/
[X.]/[X.], [X.],
2008, §
189 Rn.
9; HmbKomm-[X.]/Herchen, 4.
Aufl., §
189 Rn.
7). Streitig ist, ob der Nachweis der Klageerhebung allein dadurch geführt werden kann, dass dem Insolvenzverwalter die Klageschrift übersandt und ihm
erkennbar gemacht wird, bei welchem Gericht Klage einge-reicht ist (so etwa FK-[X.]/[X.], 6.
Aufl., §
189 Rn.
12; [X.], [X.]O Rn.
10;
wohl auch [X.], [X.],
13.
Aufl., §
189 Rn.
5),
oder ob zusätzlich der Nachweis geführt werden muss, dass die Klage bei dem Prozessgericht auch tatsächlich eingegangen ist
(vgl.
Graf-Schlicker/[X.], [X.]O; [X.]
-

6

-
Komm/[X.]/[X.]/[X.],
[X.]O; [X.]/[X.]/[X.],
[X.]O;
Wagner in [X.]/[X.]/Ringstmeier, [X.], §
189 Rn.
3
f).

b) Die letztgenannte Auffassung ist zutreffend. Allerdings sind
an den Nachweis der rechtzeitigen Klageerhebung keine besonderen formalen Erfor-dernisse zu stellen.
Der
Nachweis
kann in jeder zulässigen Art und Weise er-bracht werden, auf die der Insolvenzverwalter Gewissheit darüber erlangt, dass die Klage innerhalb der Ausschlussfrist des §
189 Abs.
1 [X.] erhoben ist. [X.] Nachweises durch öffentliche Urkunde, wie
er vereinzelt
([X.]/
Wutzke/Förster, Handbuch zur Insolvenzordnung, 3.
Aufl.,
Kap.
8 Rn.
26) für erforderlich gehalten wird, bedarf es nicht.

[X.]) Der Nachweis muss in Fällen, in denen es um eine Wahrung der Frist durch Einreichung der Klage und deren Zustellung geht, zunächst den
tat-sächlichen
Eingang
der Klage
bei dem zuständigen Gericht und die sonst
für die Zustellung erforderlichen Voraussetzungen
umfassen. Nur dann ist [X.], dass die Klage tatsächlich erhoben wird. Allein die Übersendung einer Klageschrift mit der Erklärung, diese bei dem Gericht eingereicht zu haben, reicht zur Fristwahrung nicht aus. Durch die bloße Übersendung der [X.] und die Erklärung, diese eingereicht zu haben oder einreichen zu wollen, ist nicht sicher, dass diese auch tatsächlich bei dem Prozessgericht eingegan-gen ist.
Der erforderliche Nachweis kann etwa durch Vorlage einer schriftlichen Eingangsbestätigung des [X.], Übersendung einer Kopie der [X.] mit dem Eingangsstempel des Gerichts, durch eidesstattliche oder auch ausdrückliche anwaltliche Versicherung der persönlichen Abgabe der [X.] geführt werden. Für den Insolvenzverwalter muss sicher erkennbar sein, dass die Klage innerhalb der Ausschlussfrist in den Machtbereich des [X.] gelangt ist und ihre Zustellung erfolgen kann.

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bb) Fehlt
die Einzahlung des Vorschusses,
kann die Feststellungsklage
möglicherweise
nicht zugestellt werden, weil die Einzahlung des Vorschusses
trotz Aufforderung durch das Gericht
unterbleibt.
Für die Wahrung der
Voraus-setzungen
des
§
167 ZPO
reicht es zwar grundsätzlich aus, dass der Kläger die Anforderung des Kostenvorschusses durch das angerufene Gericht abwartet. Um die Ausschlussfrist des §
189 Abs.
1 [X.] im Fall des §
167 ZPO zu wah-ren, ist
gleichwohl
auch die Einzahlung des Vorschusses innerhalb der Frist
nachzuweisen
(vgl. MünchKomm/[X.]/[X.]/[X.], [X.]O).
Der Insolvenz-verwalter hat nach Ablauf der in § 189 Abs. 1 [X.] vorgesehenen [X.] gemäß §
193 [X.] binnen drei Tagen die erforderlich gewordenen Ände-rungen des Verzeichnisses vorzunehmen. Dies setzt voraus, dass die Zustel-lung der Klage auch insoweit gesichert ist, als der gegebenenfalls erforderliche Kostenvorschuss eingezahlt ist. Ohne den entsprechenden Nachweis kann der Insolvenzverwalter die Änderung des Verzeichnisses
wegen der verbleibenden Unsicherheiten hinsichtlich der Zustellung der Klage nicht vornehmen.

c) Vorliegend ist das Beschwerdegericht mit Recht davon ausgegangen, dass das Telefax des Prozessbevollmächtigten der Gläubigerin vom 23.
Dezember 2010 an den Insolvenzverwalter nicht ausreichte, um die Aus-schlussfrist des §
189 Abs.
1 [X.] zu wahren.
Das Schreiben enthielt keine ausdrückliche anwaltliche Versicherung. Davon abgesehen entsprach die
Erklä-rung auch nicht den inhaltlichen Anforderungen an eine solche Versicherung.
Zwar musste der Prozessbevollmächtigte in dem Telefax keine Erklärung zu der Frage der Einzahlung des Kostenvorschusses abgeben, weil die Klägerin als Kommune
gemäß § 2 GKG
Kostenfreiheit genießt.
An der unterlassenen [X.] konnte die Zustellung der Klage nicht [X.].
Aus dem Schreiben war aber nicht ersichtlich, dass die Klageschrift tat-10
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sächlich beim zuständigen Prozessgericht eingegangen war. Der bloße [X.], die Klage sei eingereicht,
erschöpfte sich in der Mitteilung eines Rechts-begriffs. Er
ließ offen, ob dies durch Übersendung der Klage auf dem Postweg,
persönliche
Abgabe durch den Prozessbevollmächtigten oder
Einwurf durch einen Kanzleiangestellten bei
dem Gericht geschehen war. Der Erklärung
war
nicht zu entnehmen, ob der Schriftsatz tatsächlich beim Prozessgericht [X.] war. Der dem
Telefax
beigefügte Abdruck der Klage enthielt auch kei-nen entsprechenden Hinweis. Ein Eingangsstempel des [X.]s war auf dem Schriftsatz nicht angebracht. Eine Eingangsbestätigung des [X.]s fehlte. Im Hinblick auf diese Versäumnisse musste der Insolvenzverwalter nicht die Überzeugung gewinnen, dass demnächst mit einer Zustellung der
Klage zu rechnen war. Solange dem Insolvenzverwalter dieser Nachweis nicht vorlag, brauchte er das [X.] nicht zu ändern.

Kayser
Raebel
Pape

[X.]
Möhring
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.02.2011 -
55 IN 68/03 (64) -

LG [X.], Entscheidung vom 31.03.2011 -
8 [X.] -

Meta

IX ZB 143/11

13.09.2012

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.09.2012, Az. IX ZB 143/11 (REWIS RS 2012, 3192)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3192

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