Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.07.2017, Az. III R 18/16

3. Senat | REWIS RS 2017, 7380

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Gegenstand

Konkurrenz von Kindergeldansprüchen zwischen zwei EU-Staaten - Bindungswirkung der Entscheidungen ausländischer Behörden - Kindergeldanspruch bei Leistungen nach dem SGB II


Leitsatz

1. Die positive Entscheidung, mit der die zuständige ausländische Behörde einen Kindergeldanspruch nach ihrem nationalen Recht bejaht hat, ist für die Familienkasse bindend, soweit die Auslegung von Unionsrecht nicht betroffen ist.

2. Die Bindungswirkung hat zur Folge, dass die Familienkassen und die Finanzgerichte nicht befugt sind, die Richtigkeit dieser Entscheidung zu überprüfen und selbst das ausländische Recht festzustellen und anzuwenden. Nach den Grundsätzen der vertrauensvollen Zusammenarbeit (Art. 4 Abs. 3 EUV) ist davon auszugehen, dass die inländische Familienkasse von der Verpflichtung und Berechtigung enthoben werden soll, die Frage nach dem tatsächlichen Vorliegen des materiellen Anspruchs im anderen Mitgliedstaat selbst zu beantworten.

3. Für die im Rahmen der Konkurrenzregelung des Art. 68 Abs. 1 der VO Nr. 883/2004 zu prüfende Frage, was die Ansprüche auslöst, ist nicht auf die nationalen Regelungen nach §§ 62 ff. EStG, sondern auf die Vorschriften der Art. 11 bis 16 der VO Nr. 883/2004 abzustellen.

4. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Arbeitssuchende nach dem SGB II sind weder Leistungen nach Art. 11 Abs. 2 noch nach Art. 11 Abs. 3 Buchst. c, sondern Leistungen gemäß Art. 11 Abs. 3 Buchst. e der VO Nr. 883/2004.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 6. April 2016  2 K 727/14 (Kg) aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Streitig ist der Kindergeldanspruch für die Zeit von August 2013 bis Januar 2014.

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist Mutter der im November 2011 geborenen Tochter [X.] Die Klägerin wohnte zunächst gemeinsam mit dem Kindsvater in [X.]. Seit Juli 2013 wohnt sie mit [X.] in der [X.] ([X.]) und erhält [X.]eistungen nach dem Sozialgesetzbuch ([X.]) II.

3

[X.] ist in [X.] erwerbstätig. Er erhielt in [X.] für die Tochter ab August 2013 bis einschließlich Januar 2014 [X.]eistungen der [X.] ([X.]) [X.] als "allocation de base" in Höhe von monatlich 185,54 €.

4

Die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) hob das zunächst auf Antrag der Klägerin mit [X.] vom 29. Oktober 2012 festgesetzte Kindergeld für die Tochter ab November 2011 mit [X.] vom 22. November 2013 auf und wies den dagegen eingelegten Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 7. Mai 2014 als unbegründet zurück. Seit Februar 2014 erhält die Klägerin Kindergeld in Höhe von 184 €.

5

Die daraufhin erhobene Klage hatte Erfolg. Zur Begründung führte das Finanzgericht ([X.]) aus, dem Kindergeldanspruch der Klägerin nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) stehe nicht entgegen, dass der Kindsvater in [X.] bis Januar 2014 die dem Kindergeld vergleichbare [X.]eistung der allocation de base erhalten habe. [X.] habe nach dem vom [X.] überprüfbaren ausländischen Recht keinen Anspruch auf diese [X.]eistung gehabt, so dass kein Ausschluss nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG entgegenstehe. Selbst wenn der Kindsvater einen Anspruch in [X.] im Streitzeitraum gehabt hätte, sei der Anspruch der Klägerin auf [X.] Kindergeld gegenüber dem Anspruch des Kindsvaters auf [X.] Familienleistung nach Art. 68 Abs. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 883/2004 des [X.] und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit ([X.] 2004 Nr. [X.] 166, S. 1) in der für den Streitzeitraum maßgeblichen Fassung (VO Nr. 883/2004 --Grundverordnung--) vorrangig gewesen.

6

Mit der Revision rügt die Familienkasse die Verletzung materiellen Rechts.

7

Die Familienkasse beantragt,
das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

9

[X.]ie Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). [X.]as [X.] hat zu Unrecht entschieden, dass der Anspruch auf Kindergeld der Klägerin vorrangig zusteht. [X.]ie Klägerin ist zwar nach nationalem Recht (§ 62 [X.]StG) anspruchsberechtigt. Sie hat aber keinen Anspruch auf Zahlung des Kindergeldes; denn unionsrechtlich ist [X.] gemäß Art. 68 Abs. 1 [X.]uchst. a [X.]. Art. 11 Abs. 3 [X.]uchst. e der [X.] 883/2004 der vorrangige Staat.

1. [X.]ie im Inland wohnende Klägerin erfüllt, was zwischen den [X.]eteiligten unstreitig ist, die Anspruchsvoraussetzungen für den [X.]ezug von Kindergeld für ihre gleichfalls im Inland wohnende und nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]StG [X.]. § 32 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2, § 32 Abs. 3 [X.]StG zu berücksichtigende Tochter.

2. Ist der persönliche und sachliche Geltungsbereich der [X.] Nr. 883/2004 eröffnet, dann richtet sich die Kindergeldberechtigung nach den §§ 62 ff. [X.]StG und die Anspruchskonkurrenz zwischen dem [X.] Kindergeldanspruch und der ausländischen Familienleistung nach Art. 68 der [X.] Nr. 883/2004. [X.]iese Prioritätsregelung ist gegenüber § 65 [X.]StG grundsätzlich vorrangig ([X.]surteil vom 4. Februar 2016 III R 9/15, [X.], 139, [X.], 121, Rz 17, m.w.N.).

a) [X.]er Anwendungsbereich der [X.] 883/2004 ist im Streitfall eröffnet.

[X.]ie Klägerin ist Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der [X.] ([X.]) und fällt damit nach Art. 2 Abs. 1 der [X.] Nr. 883/2004 in den persönlichen Anwendungsbereich der Grundverordnung. [X.]benso ist das Kindergeld nach dem [X.]StG eine Familienleistung i.S. des Art. 1 [X.]uchst. z der [X.] Nr. 883/2004, weshalb auch deren sachlicher Anwendungsbereich nach Art. 3 Abs. 1 [X.]uchst. j der [X.] Nr. 883/2004 eröffnet ist.

b) [X.]ntgegen der Auffassung des [X.] ist auch der Anwendungsbereich des Art. 68 der [X.] Nr. 883/2004 eröffnet, da konkurrierende Ansprüche im Sinne dieser Vorschrift vorliegen.

Gemäß Art. 68 Abs. 2 Satz 1 der [X.] Nr. 883/2004 werden beim Zusammentreffen von Ansprüchen die Familienleistungen nach den [X.] gewährt, die nach Art. 68 Abs. 1 der [X.] Nr. 883/2004 Vorrang haben. Im vorliegenden Fall treffen die Ansprüche der Klägerin auf Familienleistungen nach [X.] Recht und die Ansprüche des Kindsvaters nach [X.] Recht für dasselbe Kind und denselben Zeitraum aufeinander. [X.]er [X.] Träger ([X.]) hat mit [X.]indungswirkung für den [X.] Träger (die Familienkasse) einen ausländischen Kindergeldanspruch für den Streitzeitraum festgestellt.

aa) Für die Frage, ob ein Zusammentreffen von Ansprüchen auf Familienleistungen vorliegt, ist im Grundsatz ausreichend, dass ein materiell-rechtlicher Anspruch auf die entsprechende Leistung nach [X.] und ausländischem Recht besteht. [X.]abei hat die Prüfung eines materiell-rechtlichen Anspruchs nach ausländischem Recht zu unterbleiben, wenn hierüber bereits eine ausländische [X.]ehörde für den Streitzeitraum entschieden hat und dieser [X.]ntscheidung [X.]indungswirkung für die [X.] [X.]ehörden und Gerichte zukommt ([X.]surteile vom 13. Juni 2013 III R 63/11, [X.], 34, [X.] 2014, 711, Rz 22; vom 13. Juni 2013 III R 10/11, [X.], 562, [X.] 2014, 706, Rz 25).

bb) Im vorliegenden Fall hat das [X.] in für den [X.] bindender Weise (§ 118 Abs. 2 [X.]O) festgestellt, dass der Kindsvater für die Tochter die dem Kindergeld vergleichbaren Leistungen der [X.] (allocation de base) in Höhe von monatlich 185,54 € von August 2013 bis Januar 2014 erhalten hat. Insoweit liegt eine [X.]ntscheidung der ausländischen [X.]ehörde vor, dass ein materiell-rechtlicher Anspruch nach ausländischem Recht gegeben ist.

(1) [X.]er [X.] hat bislang offengelassen, ob der [X.]ntscheidung einer ausländischen [X.]ehörde über das [X.]estehen eines Anspruchs auf Familienleistungen nach nationalem Recht [X.]indungswirkung zukommt mit der Folge, dass die Familienkassen und die Finanzgerichte nicht befugt sind, die Richtigkeit dieser [X.]ntscheidung zu überprüfen und selbst das ausländische Recht festzustellen und anzuwenden ([X.]surteile in [X.], 562, [X.] 2014, 706, Rz 26, und in [X.], 34, [X.] 2014, 711, Rz 23).

[X.]er [X.] beantwortet nun diese Frage dahingehend, dass eine derartige [X.]indungswirkung besteht (so auch [X.] München, Urteil vom 4. Mai 2011  9 K 2928/10, [X.]ntscheidungen der Finanzgerichte --[X.][X.]-- 2011, 2173; [X.] Münster, Urteil vom 18. Oktober 2011  15 K 2883/08 Kg, [X.][X.] 2012, 140; Niedersächsisches [X.], Urteil vom 15. [X.]ezember 2011  3 K 154/11, [X.][X.] 2012, 1071, Rz 25; vgl. Urteil des [X.] --[X.]FH-- vom 11. Juli 2013 VI R 67/11, [X.] 2014, 20, Rz 19; [X.] vom 8. April 2013 V [X.] 122/11, [X.] 2013, 1384, Rz 8; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]StG/[X.], § 65 [X.]StG Rz 6; [X.] in Kirchhof, [X.]StG 16. Aufl., § 65 Rz 2; vgl. [X.] in [X.], [X.]StG, § 65 Rz 15, 34; vgl. [X.], [X.] 45/2013, [X.]. 5).

(2) [X.]escheinigungen einer [X.]ehörde im [X.]-Ausland über das [X.]estehen von Ansprüchen auf ausländische Familienleistungen sind für inländische [X.]ehörden und Gerichte, soweit die Auslegung von Unionsrecht nicht betroffen ist, bindend. [X.]ei der Prüfung, ob ein dem Kindergeld vergleichbarer Anspruch auf ausländische Familienleistungen besteht, wird schon seit der Vorgängerregelung zu Art. 68 der [X.] Nr. 883/2004 (Art. 76 der [X.] Nr. 1408/71) in allen Mitgliedstaaten der [X.] der Vordruck [X.] 411 verwendet (vgl. [X.]eschluss Nr. 147 der Verwaltungskommission vom 10. Oktober 1990, [X.] Nr. L 235/21 vom 23. August 1991). [X.]r dient der Überprüfung, ob ein Zusammentreffen von Familienleistungen vorliegt. [X.]er Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit nach Art. 4 Abs. 3 des Vertrags über die [X.] verpflichtet den ausstellenden Träger, den Sachverhalt, der für den Inhalt seiner [X.]rklärung nach seinen eigenen Rechtsvorschriften maßgebend ist, ordnungsgemäß zu beurteilen und damit die Richtigkeit der in der [X.]escheinigung aufgeführten Angaben zu gewährleisten (vgl. Urteil des [X.] --[X.]uGH-- [X.] vom 26. Januar 2006, [X.], [X.]:[X.], Rz 22, m.w.N.). [X.]amit verfolgt der Vordruck [X.] 411 auch den Zweck, die Träger der Mitgliedstaaten, die die Anwendbarkeit der in Art. 68 der [X.] Nr. 883/2004 getroffenen Koordinierungsregelung überprüfen, von der Verpflichtung und [X.]erechtigung zu entheben, die Frage nach dem tatsächlichen [X.]estehen eines materiellen Anspruchs im anderen Mitgliedstaat zu beantworten. Jede andere Lösung würde den Grundsatz, dass ein Zusammentreffen von Familienleistungen gleicher Art verhindert werden soll, beeinträchtigen (vgl. [X.] in [X.] 2013, 1384, Rz 8). Solange daher eine [X.]escheinigung [X.] 411 nicht zurückgezogen oder für ungültig erklärt wird (vgl. Art. 5 Abs. 2 bis 4 der [X.] Nr. 987/2009), hat der zuständige Träger des Mitgliedstaats, der nach Art. 68 der [X.] Nr. 883/2004 überprüft, ob neben dem inländischen Kindergeldanspruch ein vergleichbarer ausländischer Anspruch auf Familienleistungen besteht, den Inhalt der [X.]estätigung zu beachten (vgl. [X.]uGH-Urteil [X.] vom 27. April 2017 [X.]/15, [X.]:[X.], Rz 49 zur [X.]ntsendebescheinigung [X.] 101).

(3) Hat eine [X.]escheinigung einer [X.]ehörde im [X.]-Ausland über das [X.]estehen ausländischer Familienleistungen [X.]indungswirkung, so muss dies auch und erst recht für die [X.]ntscheidungen einer [X.]ehörde gelten, durch die ausländische Familienleistungen bewilligt worden sind, da die [X.]escheinigung nur einen formalisierten Nachweis für das Vorliegen einer entsprechenden [X.]ntscheidung der ausländischen [X.]ehörde darstellt.

Unabhängig hiervon ist aus den dem [X.] vorliegenden Akten zu ersehen, dass die zuständige [X.] [X.]ehörde eine [X.] 411-[X.]escheinigung ausgestellt hat, in der das [X.]estehen des Anspruchs des Kindsvaters auf [X.] Familienleistungen (allocations de base) bestätigt wird. [X.]aher war das [X.] nicht berechtigt, die materielle Richtigkeit des Anspruchs auf [X.] Familienleistungen selbst zu prüfen und zu verneinen.

3. Nach Art. 68 Abs. 1 der [X.] Nr. 883/2004 ist der Anspruch des Kindsvaters auf [X.] Familienleistungen gegenüber dem Anspruch der Klägerin auf [X.] Kindergeld vorrangig.

a) [X.]ie Anspruchskumulierung ist nach Art. 68 der [X.] Nr. 883/2004 aufzulösen. [X.]anach sind zur Vermeidung grenzüberschreitender [X.]oppelleistungen konkurrierende Kindergeldansprüche wie folgt zu priorisieren: Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer [X.]-Mitgliedstaaten zu gewähren, so stehen nach Art. 68 Abs. 1 [X.]uchst. a der [X.] Nr. 883/2004 an erster Stelle die durch eine [X.]eschäftigung oder eine selbständige [X.]rwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche. Hiernach folgen die durch den [X.]ezug einer Rente und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche. Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren, so richtet sich die Rangfolge nach den folgenden subsidiären Kriterien: [X.]ei Ansprüchen, die durch eine [X.]eschäftigung oder eine selbstständige [X.]rwerbstätigkeit ausgelöst werden, ist der Wohnort der Kinder maßgeblich (Art. 68 Abs. 1 [X.]uchst. b Ziff. i der [X.] Nr. 883/2004).

b) Für die Frage, was die Ansprüche i.S. des Art. 68 Abs. 1 der [X.] Nr. 883/2004 auslöst, ist darauf abzustellen, aufgrund welchen Tatbestands die berechtigte Person den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats nach Art. 11 bis 16 der [X.] 883/2004 unterstellt ist ([X.]/[X.], [X.], Art. 68 der [X.] Nr. 883/2004, Fach [X.] Rz 5; [X.] [X.]erlin-[X.]randenburg, [X.]eschluss vom 21. Oktober 2013  3 K 3137/12, [X.][X.] 2014, 214, Rz 11, m.w.N.).

c) Nach den bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) war der Kindsvater erwerbstätig. Gemäß Art. 11 Abs. 3 [X.]uchst. a der [X.] Nr. 883/2004 unterlag er daher den Rechtsvorschriften des [X.]eschäftigungsstaats ([X.]).

d) [X.]ie Klägerin bezog im Streitzeitraum [X.]; sie unterlag daher gemäß Art. 11 Abs. 3 [X.]uchst. e der [X.] Nr. 883/2004 den Rechtsvorschriften des [X.] ([X.]eutschland), sodass [X.]eutschland nach Art. 68 Abs. 1 der [X.] Nr. 883/2004 der nachrangige Staat ist.

aa) [X.]ie Grundsicherungsleistungen, die erwerbsfähige Leistungsberechtigte nach §§ 7 Abs. 1, 19 Abs. 1 [X.] II erhalten ([X.]), sind keine Leistungen bei Arbeitslosigkeit i.S. des Art. 11 Abs. 2 und 3 [X.]uchst. a der [X.] Nr. 883/2004. Für die [X.]estimmung der anwendbaren Rechtsvorschriften bei Personen, die aufgrund oder infolge ihrer [X.]eschäftigung eine Geldleistung beziehen, ist davon ausgegangen, dass sie diese [X.]eschäftigung oder Tätigkeit ausüben. Insoweit soll die vorübergehende [X.] noch einer [X.]eschäftigung gleichgestellt werden.

[X.]er [X.]mpfänger von [X.] erhält seine Leistung aber --im Gegensatz zum [X.] nach dem [X.] III-- nicht aufgrund oder infolge seiner vorherigen [X.]eschäftigung. Voraussetzungen für seinen Leistungsanspruch sind lediglich, dass er die Anforderungen des § 7 Abs. 1 [X.] II erfüllt (Altersgrenze, [X.]rwerbsfähigkeit, Hilfebedürftigkeit und gewöhnlicher Aufenthalt in [X.]eutschland). [X.]in Zusammenhang mit einer vorherigen [X.]eschäftigung besteht nicht. [X.]as [X.] ist vielmehr eine besondere beitragsunabhängige Geldleistung i.S. des Art. 70 der [X.] Nr. 883/2004 [X.]. Anhang X zur [X.] Nr. 883/2004, [X.]eutschland [X.]uchst. b (vgl. [X.]GH-Vorlage des [X.] --[X.]SG-- vom 12. [X.]ezember 2013 [X.] 4 AS 9/13 R, N[X.]V-R[X.] 2014, 86, Rz 33). Mangels [X.]ezug zu einer früheren [X.]rwerbstätigkeit hat das [X.] keine an den bisherigen Verdienst anknüpfende [X.]ntgeltersatzfunktion (vgl. [X.]FH-Urteil vom 26. Juli 2012 III R 97/08, [X.]FH[X.] 238, 120, [X.] 2013, 24, Rz 16; vgl. [X.] vom 18. Januar 2011 [X.] 4 AS 14/10 R, [X.]SG[X.] 107, 206, Rz 15; vom 16. [X.]ezember 2015 [X.] AS 15/14 R, Sozialrecht 4-4200 § 7 Nr. 48, Rz 35).

Im Gegensatz hierzu erhält nur derjenige [X.] nach dem [X.] III, der auch eine Anwartschaftszeit erfüllt hat, nämlich mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis innerhalb einer Rahmenfrist gestanden hat (§§ 118, 142, 143 [X.] III).

[X.]arüber hinaus ergibt sich auch aus der [X.]emessungsgrundlage für das [X.] (§§ 149 ff. [X.] III), dass dieses auf einen [X.]ntgeltersatz für eine vorherige [X.]eschäftigung gerichtet ist. Insoweit wird das [X.] infolge oder aufgrund einer [X.]eschäftigung gezahlt. [X.]amit stellt das [X.] --entgegen der Auffassung des [X.]-- auch keine Leistung i.S. des Art. 11 Abs. 3 [X.]uchst. c der [X.] Nr. 883/2004 [X.]. Art. 65 der [X.] Nr. 883/2004 dar. [X.]arüber hinaus setzt Art. 65 der [X.] Nr. 883/2004 ein Auseinanderfallen von [X.] und (vorherigem) [X.]eschäftigungsstaat in der Person des Arbeitslosen voraus (vgl. Urteil des [X.] [X.]remen vom 27. Februar 2017  3 K 77/16(1), Rz 70, juris). [X.]er in Art. 65 der [X.] Nr. 883/2004 geregelte Fall liegt im Streitfall nicht vor.

bb) Für die [X.]ezieher von [X.] ist somit Art. 11 Abs. 2 [X.]uchst. e der [X.] Nr. 883/2004 einschlägig, nach der jede andere Person, die nicht unter die [X.]uchst. a bis d fällt, den Rechtsvorschriften des [X.] unterliegt (vgl. [X.]surteil vom 28. April 2016 III R 40/12, [X.] 2016, 1469, Rz 17; [X.] [X.]erlin-[X.]randenburg, Urteil vom 16. Mai 2012  12 K 12134/11, Rz 17, 18, juris; [X.] Niedersachsen, Urteil vom 8. Februar 2012  9 K 353/10, [X.][X.] 2012, 1284, Rz 13; vgl. Sozialgericht [X.]resden, [X.]eschluss vom 18. März 2013 S [X.] 121/13 [X.]R, Rz 30, juris; a.A. [X.] [X.]erlin-[X.]randenburg, Urteil vom 22. April 2015  10 K 10044/12, Rz 20, juris; [X.] [X.]erlin-[X.]randenburg, [X.]eschluss vom 21. Oktober 2013, [X.][X.] 2014, 214, Rz 11).

4. [X.]ie Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 [X.]O.

Meta

III R 18/16

26.07.2017

Bundesfinanzhof 3. Senat

Urteil

vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 6. April 2016, Az: 2 K 727/14 (Kg), Urteil

§ 62 Abs 1 Nr 1 EStG 2009, § 63 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009, § 63 Abs 2 EStG 2009, § 32 Abs 1 EStG 2009, § 32 Abs 3 EStG 2009, § 65 EStG 2009, Art 11 Abs 3 Buchst c EGV 883/2004, Art 68 Abs 1 EGV 883/2004, Art 5 EGV 987/2009, § 7 Abs 1 SGB 2, § 19 Abs 1 SGB 2, Art 4 Abs 3 EUVtr, Art 11 Abs 3 Buchst e EGV 883/2004, Art 11 Abs 2 EGV 883/2004

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.07.2017, Az. III R 18/16 (REWIS RS 2017, 7380)

Papier­fundstellen: NJW 2017, 3680 REWIS RS 2017, 7380

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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