Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 21.05.2012, Az. 7 B 71/11

7. Senat | REWIS RS 2012, 6289

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Gegenstand

Abdeckung einer Rückstandshalde aus dem Kalibergbau; Grenzwert; Bindungswirkung


Gründe

I.

1

Der Kläger, ein anerkannter Naturschutzverein, wendet sich gegen einen bergrechtlichen Planfeststellungsbeschluss sowie einen Änderungsbeschluss für die Zulassung des Rahmenbetriebsplans zur Erweiterung einer Rückstandshalde aus dem [X.]. Neben der Erweiterung der [X.] wird dem beigeladenen [X.]ergbauunternehmen u.a. die Abdeckung der [X.] mit "schwarzem Material" gestattet, das als Grundlage für deren [X.]egrünung dienen soll. Dieses Material besteht zu 70 % aus [X.] ([X.]), das aus der in [X.] anfallenden [X.] gewonnen wird, und zu 30 % aus einem Stabilisat, das sich aus [X.] und [X.] zusammensetzt. Der Klage, mit der sich der Kläger im Wesentlichen gegen die Nutzung des [X.]-Stabilisat-Gemisches als [X.]nabdeckung wandte, gab das Verwaltungsgericht statt wegen eines Verstoßes gegen abfallrechtliche [X.]estimmungen, auf die sich der Kläger berufen könne. Das Gemisch sei als Abfall anzusehen; dessen Ablagerung könne weder als Abfallverwertung noch als Abfallbeseitigung zugelassen werden. Auf die [X.]erufung der [X.]eklagten und der [X.]eigeladenen hat das Oberverwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger sei zwar jedenfalls als Naturschutzverband klagebefugt. Er könne sich auf Vorschriften berufen, die auch den [X.]elangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt seien. Hierzu gehörten im Rahmen der Überprüfung eines bergrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses nach § 52 Abs. 2a Satz 3, § 48 Abs. 2 Satz 1 [X.][X.]ergG gemäß § 5 Abs. 3, § 10 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG [X.]estimmungen, die die umweltverträgliche Entsorgung von Abfällen regelten. Das Aufbringen des Gemisches sei eine stoffliche Verwertung von Abfällen. Sie erfolge ordnungsgemäß und schadlos im Sinne von § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG. Eine [X.]eeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit durch eine Gefährdung von Tieren und Pflanzen oder eine sonstige unzulässige [X.]eeinträchtigung von Natur und Landschaft sei nicht zu erwarten. Die Festsetzung eines Überwachungswerts für Kupfer, der den im einschlägigen technischen Regelwerk für den [X.]ergbau niedergelegten [X.] überschreite, führe nicht zur Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Diese technischen Regeln könnten lediglich als allgemeine Erfahrungssätze eine Orientierungshilfe bieten. Die darin festgelegten [X.]e seien nicht als absolut geltende Grenzwerte zu verstehen. Sie entfalteten lediglich eine positive Indizwirkung im Falle der Einhaltung, bei Überschreitung der Werte sei eine konkrete Einzelfallprüfung erforderlich. Eine solche Einzelfalluntersuchung sei hier in [X.]ezug auf alle relevanten Parameter und Kausalverläufe mit jeweils positivem Ergebnis durchgeführt worden. Zur [X.] sei ein Gutachten im gerichtlichen Verfahren vorgelegt worden.

2

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die [X.]eschwerde des [X.].

II.

3

Die [X.]eschwerde ist unzulässig. Das Vorbringen des [X.] im fristgerecht vorgelegten [X.] führt auf keinen der von ihm in Anspruch genommenen Zulassungsgründe; auch soweit die [X.]eschwerde sich nicht lediglich im Stil einer [X.]erufungsbegründung mit den Ausführungen des [X.] auseinandersetzt, genügt sie den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht.

4

1. Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und sowohl für das [X.]erufungsurteil als auch für die angestrebte Revisionsentscheidung entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus und verlangt außerdem die Angabe, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende [X.]edeutung bestehen soll (stRspr, vgl. [X.]eschlüsse vom 2. Oktober 1961 - [X.]VerwG 8 [X.] 78.61 - [X.]VerwGE 13, 90 <91> = [X.] 310 § 132 VwGO Nr. 18 S. 21 f. und vom 19. August 1997 - [X.]VerwG 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26). Diese Voraussetzungen müssen dargelegt, d.h. - ggf. unter Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung - näher erläutert werden. Daran fehlt es hier.

5

Soweit der Kläger geklärt wissen will, ob er sein Rechtsschutzbegehren auch auf der Grundlage des [X.] oder unmittelbar anwendbarer Richtlinienbestimmungen verfolgen kann, wird schon die Klärungsfähigkeit nicht aufgezeigt. Denn nach der angefochtenen Entscheidung ist dem Kläger jedenfalls nach § 60 c NNatG a.F. die Möglichkeit eröffnet, einen Verstoß gegen abfallrechtliche Pflichten zu rügen; nur auf solche Verstöße ist das [X.]eschwerdevorbringen zur Grundsatzrüge bezogen. Es beanstandet ein unzutreffendes Verständnis solcher Vorschriften.

6

Rechtsgrundsätzlich bedeutsame Fragen zeigt die [X.]eschwerde aber auch in dieser Hinsicht nicht auf.

7

Die Frage, ob der Kläger sich auf die Einhaltung von Vorschriften des vorsorgenden Umweltschutzes berufen könne, wird ersichtlich vor dem Hintergrund der Festlegung im Planfeststellungsbeschluss zum Überwachungswert für Kupfer als entscheidungserheblich aufgeworfen. Auch hier wird indessen die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage nicht dargetan. Denn sie setzt voraus, dass es sich bei dem abweichenden [X.] in den Anforderungen an die Verwertung von bergbaufremden Abfällen im [X.]ergbau über Tage - Technische Regeln - des [X.] ([X.] [X.]ergbau, [X.] Nr. 1.1.2 und Tabelle [X.]) um einen rechtlich verbindlichen Grenzwert handelt. Davon geht die angefochtene Entscheidung aber nicht aus. Die [X.]eschwerde legt auch nicht substantiiert dar, dass die Rechtsauffassung des [X.] unzutreffend ist. Soweit die [X.]eschwerde die [X.] [X.]ergbau als normkonkretisierend einordnet und ihr die gleiche [X.]indungswirkung wie etwa der [X.] beimessen will (siehe hierzu Urteil vom 29. August 2007 - [X.]VerwG 4 [X.] 2.07 - [X.]VerwGE 129, 209 = [X.] 406.25 § 48 [X.]ImschG Nr. 9), steht schon dies im Widerspruch zur Rechtsprechung des [X.] (Urteil vom 14. April 2005 - [X.]VerwG 7 [X.] 26.03 - [X.]VerwGE 123, 247 <256> Rn. 23 = [X.] 406.27 § 48 [X.][X.]ergG Nr. 6 S. 7).

8

Hinsichtlich der Auslegung des [X.]egriffs der schadlosen Abfallentsorgung (§ 5 Abs. 3 KrW-/AbfG) wird eine rechtsgrundsätzliche [X.]edeutung ebenso wenig dargelegt. Soweit der Kläger sich gegen die maßstäblichen Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung wendet, wonach eine absolute Schadlosigkeit nicht gefordert sei, und einen Widerspruch zu unionsrechtlichen Vorgaben behauptet, fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit. Denn das Oberverwaltungsgericht hat auf der Grundlage der vorgelegten Gutachten festgestellt, dass eine Schädigung in verschiedenen Wirkungspfaden auszuschließen und Schadstoffeinträge nicht anzunehmen seien. Hiergegen wendet sich die [X.]eschwerde nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen. Im Übrigen geht die [X.]eschwerde wohl davon aus, dass es sich bei dem zur [X.]nabdeckung zu verwendenden Gemisch um gefährlichen Abfall im Sinne von § 3 Abs. 8, § 41 Satz 2 KrW-/AbfG in Verbindung mit der Verordnung über das [X.] Abfallverzeichnis - [X.] - ([X.]) vom 10. Dezember 2001 ([X.]) handele. Das hat aber weder das Oberverwaltungsgericht festgestellt, noch legt die [X.]eschwerde diese den Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss ([X.].2.1.3.5, S. 149; [X.].4.3.5.40, S. 250) widersprechende Einstufung substantiiert dar. Des Weiteren scheint die [X.]eschwerde davon auszugehen, dass gefährliche Abfälle ausschließlich zu beseitigen und nicht zu verwerten seien; auch das ist so nicht nachvollziehbar. Schließlich erschließt sich nicht, welche [X.]edeutung das Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 Abs. 3 AEUV in der Rechtssache [X.]-358/11 (A[X.]l EG Nr. [X.] 269 vom 10. September 2011, [X.]6 f.), das sich auf die [X.]estimmung des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98/[X.] und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien ([X.] vom 22. November 2008, [X.]) bezieht und das Ende der Abfalleigenschaft zum Gegenstand hat, für das vorliegende Verfahren haben könnte.

9

Soweit die [X.]eschwerde rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf im [X.]ezug auf die Gewährleistung des [X.]eteiligungsrechts eines anerkannten Naturschutzverbandes sieht, führt auch das nicht zur Zulassung der Revision. Denn zu Unrecht geht die [X.]eschwerde davon aus, dass "die Auffassung des [X.] (...) nunmehr die Feststellung des Planfeststellungsbeschlusses (ändert)". Vielmehr hat die Nebenbestimmung [X.] über den Maßnahmeplan bei Überschreitung eines Überwachungswerts nach Nebenbestimmung [X.] weiterhin [X.]estand.

2. Auch mit der Verfahrensrüge dringt der Kläger nicht durch. Nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Ein Verfahrensmangel ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ausreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihnen (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird. Die Pflicht zur [X.]ezeichnung des [X.] erfordert die schlüssige Darlegung einer Verfahrensrüge (stRspr, siehe etwa [X.]eschlüsse vom 19. August 1997 - [X.]VerwG 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14 f. und vom 1. Dezember 2000 - [X.]VerwG 9 [X.] 549.00 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 60 S. 18 f.). Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen des [X.] nicht.

[X.]ei wohlwollendem Verständnis der [X.]eschwerdeschrift ist anzunehmen, dass der Kläger mit dem Vortrag, dass sich verschiedene von ihm vorgetragene und im Tatbestand des angefochtenen Urteils angeführte Argumente in den Entscheidungsgründen nicht wiederfänden, eine Gehörsrüge geltend machen will. Mit diesem Vorbringen ist eine Gehörsverletzung allerdings nicht ordnungsgemäß dargetan.

Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verlangt vom Gericht, die Ausführungen der [X.]eteiligten nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern auch in Erwägung zu ziehen. Daraus folgt aber keine Verpflichtung des Gerichts, jeglichen Vortrag in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu bescheiden. Vielmehr ist regelmäßig davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Anderes gilt nur dann, wenn besondere Umstände deutlich ergeben, dass das Gericht ein bestimmtes Vorbringen nicht berücksichtigt hat. Dieser Ausnahmefall ist indessen nicht gegeben, wenn das Gericht den Sachvortrag eines [X.]eteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt gelassen hat, namentlich wenn er nach der materiellrechtlichen Auffassung des Gerichts nicht entscheidungserheblich war (vgl. etwa [X.]eschlüsse vom 22. Mai 2006 - [X.]VerwG 10 [X.] 9.06 - [X.] - juris und vom 13. Dezember 2010 - [X.]VerwG 7 [X.] 64.10 -Rn. 24 - juris, jeweils m.w.N.). Hiernach wird ein Gehörsverstoß nicht dargelegt.

Mit der Frage der Abdichtung der [X.] nach unten, der "Leckage", hat sich das Oberverwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen ausdrücklich befasst (siehe [X.]). Auf die Frage der Notwendigkeit der Aufhaldung geht das Oberverwaltungsgericht demgegenüber nicht ein. Das ist jedoch Folge seiner materiellen Rechtsauffassung zur gerichtlichen Prüfungsdichte bei einer auf das naturschutzrechtliche Verbandsklagerecht gestützten Anfechtungsklage; sie ist danach bezogen auf die Ordnungsgemäßheit und Schadlosigkeit der Abfallverwertung in [X.]ezug auf Naturschäden ([X.] f.). Soweit der Kläger schließlich eine "[X.] über die Frage einer fehlerhaft durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung" rügt, fehlt es an jeglichem erläuternden Vortrag dazu, auf welche Elemente sich dies beziehen soll.

Meta

7 B 71/11

21.05.2012

Bundesverwaltungsgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend OVG Lüneburg, 24. Juni 2011, Az: 7 LC 9/10, Urteil

§ 5 Abs 3 KrW-/AbfG, § 3 Abs 8 KrW-/AbfG, § 41 S 2 KrW-/AbfG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 21.05.2012, Az. 7 B 71/11 (REWIS RS 2012, 6289)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6289

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